Interview mit Tom Astor

 © March 2000 / Bruno Michel

Tom Astor braucht man auch hierzulande nicht mehr vorzustellen. Bereits zum 5. Mal war der beliebte und sympathische Interpret aus Deutschland am Internationalen Country & Wesern Festival im Zürcher Schützenhaus Albisgüetli zu Gast. Seit zwei Dekaden geht Tom Astor unbeirrt seinen Weg. Heute hat er im Wesentlichen alles erreicht, was ein Country Künstler aus Europa überhaupt erreichen kann. Ich wollte im Hinblick auf seine 1998er Tournee mehr von Tom Astor wissen.

 

bm: Tom, rund 20 Jahre im Dienste der Country Music sind eine lange Zeit. Blicken wir in die ersten Jahre zurück : Du bist 1981an der Fan Fair in Nashville aufgetreten, und zum Beispiel 1983 in Fort Worth, Texas. Aber den Durchbruch in Deutschland hast Du erst 1984 geschafft ? War der Prophet im eigenen Land nichts wert ?

TA: Nein, das sehe ich nicht so. Jeder Künstler braucht wahrscheinlich eine Weile um sich selber und die richtigen Songs zu finden. Ich habe nicht erwartet, dass alles gleich zu Anfang funktioniert. Natürlich wollte ich als Country Musik Freund nach Nashville und live die ganze Athmosphäre miterleben.

 

bm: Nebst vielen Awards, die Du gewonnen hast, wurdest Du seit 1992 durch die Jury der GACMF (Deutsche Country Music Association) ununterbrochen zum Sänger des Jahres gewählt. 1997 musstest Du diesen Titel abtreten. Was bedeutet Dir der Verlust dieser - fast schon auf Dich abbonnierten - Auszeichnung ?

TA: Nun ja, es ist schön, wenn man einen solchen Titel gewinnt, es ist die Bestätigung für die Bemühungen im abgelaufenen Jahr. Aber ich sehe das eigentlich nicht so eng. Dafür ist man ein anderesmal wieder mit dabei. Es ist gut, wenn in solche Award Shows ab und zu mal frischer Wind hinein kommt.

 

bm: Auf Deinem Album “Meilensteine” konntest Du mit vielen grossen Stars Duette aufnehmen. So mit Willie & Waylon, Don Williams, Emmylou Harris oder Buck Owens, um nur einige zu nennen. Dann folgten Aufnahmen mit Johnny Cash, ebenfalls ein lang gehegter Traum von Dir. Was kann man eigentlich noch erreichen ?

TA: Ich freue mich wirklich, sagen zu können, dass ich das meiste, was ich mir vorgenommen habe, auch erreichen durfte. Es gibt da noch ein paar Wünsche, die offen sind, aber das meiste habe ich wirklich geschafft. Ich kann rundherum zufrieden sein. Ich bin heute in der glücklichen Lage, nicht mehr alles machen zu müssen. Ich bin ein sehr kreativer Mensch und brauche Zeit für Studioarbeit, um Songs zu schreiben oder um einfach Dinge zu tun, die ich sonst nicht mache. So wird zum Beispiel auf meiner neuen CD ein Bluegrass Titel drauf sein, nur akustisch gespielt. Eine Premiere.

 

bm: Und was tust Du, damit heute in zehn Jahren der Name Tom Astor immer noch gefragt ist im Musikgeschäft ?

TA: Da mach’ ich mir keine grossen Gedanken drüber. Ich tue, was ich immer gemacht habe : Ich bin draussen viel präsent und versuche Produktionen auf den Markt zu bringen, die erfolgreich sind. Langfristige Konzepte zu machen liegt mir nicht, ich mache das lieber aus dem Bauch heraus.

 

bm: Journalisten suchen immer nach Worten, um den Stil eines Künstlers zu beschreiben. Wie würdest Du den “Tom Astor” Stil beschreiben ?

TA: Mein typischer Tom-Astor-Stil ist eine Mischung aus amerikanischem Country und deutschen Hörgewohnheiten. Auf meinen Alben hingegen habe ich vielfach Dinge gemacht, die ich eben auf der Bühne nicht machen kann oder will. Zum Beispiel mein Duettalbum, welches Du eben schon erwähnt hast, ist so ein Produkt.

 

bm: War der Grund für die deutschsprachigen Songs eventuell auch, dass Dir in einem Song der Text wichtiger ist als die Melodie ?

TA: Nein, ich denke, das muss schon eine Einheit sein. Starke Melodien gehören ebenso dazu wie gute Texte.

 

bm: Welchen Song würdest Du wählen, wenn Du in einem Lied möglichst viele Deiner Talente zeigen solltest. ?

TA: Oh. Bei fünfhundert Songs, die ich bisher aufgenommen habe, ist das nicht so einfach zu beantworten…. Spontan fällt mir da keiner ein.

bm: Welches sind die Nachteile des ständigen Herumreisens ?

TA: Nun, es geht ganz schön an die Substanz. Daneben ist natürlich die Abwesenheit von der Familie immer wieder zu verkraften. Aber ich denke, wir haben das bisher ganz gut hingekriegt.

 

bm: Was geht in Dir vor, wenn Du von der Bühne herab das Publikum betrachtest ?

TA: Ich bin eigentlich immer angespannt – und ich denke, das muss so sein. Du hast jedesmal anderes Publikum, andere Hallen, andere Akkustik. Kein Konzert ist im Vorfeld gleich. Ein Kollege von mir hat es mal sehr schön formuliert : Eine gewisse Nervosität und Lampenfieber vor dem Auftritt ist Respekt vor dem Publikum. Und das ist genau richtig so.

 

bm : Stichwort Bühne : Das bringt mich zu Deiner bevorstehenden Tournee.

TA: Ein gutes Stichwort. Das ist eine ganz wichtige Sache. Auf Wunsch meiner Plattenfirma habe ich den Start meiner diesjährigen Tournee auf den 11. September verschoben. Die wollten unbedingt, dass bei meiner Tour ein aktuelles Album dabei ist. Deshalb habe ich mir jetzt den ganzen März freigehalten, und werde in meinem Studio das neue Album produzieren, dass dann etwa vier bis 6 Wochen vor der Tournee erscheinen wird. Die kurzfristige Verschiebung war ganz schön schwierig. Aber die Profis von Mama Concerts haben innert einer Woche alles geregelt und einen neuen Konzertplan erstellt. Fans die schon Karten haben, können sie behalten. Wir touren vier Wochen kreuz und quer durch Deutschland. Die südlichsten Punkte sind München, Stuttgart und Ravensburg. Wir reisen mit Bussen und rund 42 Leuten – inklusive eigenem Koch – auf dieser Tour. Das wird eine grossartige Sache.

 

bm: Wenn Du Tom Astor interviewen müsstest, welche Frage würdest Du ihm stellen, die Dir bisher in keinem Interview gestellt wurde ?
TA: (lacht) Das ist eine gute Frage. Nun, ich würde ihn fragen, ob er in diesem Tempo und in diesem Ausmass seine Arbeit weitermachen will. Und ich würde ihm raten, es etwas ruhiger angehen zu lassen.

 

bm: Und was ist die Antwort von Tom Astor darauf ?

TA: Ich sollte das wirklich tun. Ich möchte auch mal wieder jemanden produzieren, da muss ich aber mit Leib und Seele dabei sein, sonst muss ich gar nicht erst anfangen. Wir werden dieses Jahr wohl wieder so um die hundert Auftritte haben, da bleibt nicht viel Zeit. Andererseits macht die ganze Sache eben auch unheimlich viel Spass. Johnny Cash sagte mir einmal, dass er sich nicht vorstellen könne, nur zuhause herum zu sitzen und nicht raus auf die Bühne zu gehen. Mir geht’s irgendwie ähnlich. Ich würde wahrscheinlich Probleme mit meiner eigenen Ausgeglichenheit kriegen.

 

bm: Und die Fans sicher auch. Wünschen wir uns und Dir, dass Du dem Publikum noch möglichst lange erhalten bleibst. Besten Dank für das Gespräch und für Deine bevorstehenden Projekte viel Erfolg.