Interview mit den Buckaroos

© September 2003 / Bruno Michel

 

Alvis Edgar Owens jr. war vier Jahre alt, als er seinen Eltern erklärte, dass er fortan gleich heissen wolle, wie der Esel, der mit auf der Familien-Farm lebte, nämlich Buck. 1957 stiess Buck Owens zu Capitol Records und spielte und sang sich seither in die Herzen zahlloser Fans.

 

Seit über 30 Jahren begleiten die meisten der Buckaroos, so der Name von Buck’s Band, ihren Chef auf den Bühnen dieser Welt. Es sind schon fast „Familienbande“, welche diese Truppe zusammen halten. Als die Auftritte weniger werden, sorgte der Boss für die Zukunft seiner Jungs. Jeder der Musiker arbeitet zusätzlich zu den Auftritten in einer von Buck’s Firmen.

 

1996 eröffnete Buck den Crystal Palace in Bakersfield, dem Ort, in dem er seit 1951 lebt. Dort tritt er noch heute jeden Freitag und Samstag auf, sofern es sein Gesundheitszustand erlaubt. Allein der Besuch dieses Clubs ist eine Reise wert. Zu excellenter Verpflegung wird fast täglich Live Music geboten und der Besucher kann sich in den Pausen in dem als Museum ausgestalteten Gebäude die vielen Souvenirs ansehen, die Buck im Laufe seiner fast 50jährigen Karriere gesammelt hat. Wer aus der Schweiz live dabei sein will, muss früh aufstehen. Auf www.buckowens.com/bucklive.html werden die Konzerte übertragen. Start 7.30 p.m. Pacific Time, also 4.30 morgens hierzulande.

 

Klar, dass auch wir im Crystal Palace vorbei schauten. Keyboarder Jim Shaw (JS) warnte mich im Voraus, dass Buck selber wohl kein Interview mehr geben würde. Ich war jedoch überzeugt, dass ein Gespräch mit den legendären Buckaroos für unsere Leser ebenso wertvoll wäre. Kurzerhand organisierte Shaw zwei weitere Buckaroos für das Gespräch. Bassist Doyle Curtsinger (DC) und Gitarrist, Steeler und Banjospieler Terry Christoffersen (TC). Nicht teilnehmen konnten Schlagzeuger Dave Wulfekuehler und Sängerin Kim McAbee, die seit den frühen 90er Jahren mit Buck auftritt.

 

bm: Doyle du kamst 1969 zu Buck, Jim 1970 und Terry 1975. Seit 1960 hatte Buck aber schon zahllose Hits gelandet. Wie war es für Euch, zu so einer Berühmtheit zu stossen?

DC: Für mich war es einfach toll. Ich hatte ein paar Jahre mit andern Bands gespielt. Aber Buck’s Anfrage hat mich sehr motiviert. Und nun bin ich seit 33 Jahren, elf  Monaten und zwei Tagen mit dabei.

TC: Ich kam erst 1975 dazu, aber es war auch für mich eine grossartige Zeit. Und wir sind immer noch zusammen.

 

bm: Heute besteht Country Music vor allem aus viel Marketing. Ihr habt alle die Zeiten erlebt, als die Musik noch wichtiger war als die Verkaufszahlen. Welche „Verhaltensregeln“ würdet Ihr jüngeren Künstlern geben, die auch heute noch ihre Musik in den Vordergrund stellen wollen?

JS: Das wird vor allem in Europa gelesen, richtig? Nun, ich kenn mich bei Euch nicht sehr gut aus, aber von dem, was ich bisher gesehen habe, ist Eure Szene besser als unsere hier. Country Music in Europa erinnert mich an die USA vor dreissig Jahren. Es gibt keine Regeln. Hier ist es fast aussichtslos, wenn Du nicht bei einem grossen Label spielst. Wobei diese heute Riesenprobleme haben. Ich glaube, dass sich der gesamte Markt in den nächsten fünf Jahren stark verändern wird. Vielleicht gewinnen die Independent Labels dank dem Internet mehr Marktanteile. Vielleicht kannst Du dann die Musik spielen, die Du liebst und musst nicht mehr wie ein Model oder Filmstar aussehen, um Karriere zu machen.

 

bm: Ihr seid viel in der Welt herum gekommen. Welche Orte mochtet Ihr am Meisten und warum?

DC: Die Touren in Übersee waren immer toll. Wir konnten die Kulturen und Menschen ein bisschen kennen lernen. Schottland und Irland haben mir sehr gut gefallen, mit den vielen alten Schlössern und den netten Menschen.

JS: Die Schweiz ist klar einer meiner Lieblingsorte, kein Witz. Es schien mir so perfekt, fast zu perfekt, um wahr zu sein. Wir genossen die ganzen Berge, die Landschaften um Zürich, Gstaad oder Montreux auf unseren Reisen mit dem Zug – einfach wunderbar. Nach der Schweiz kommt bei mir Irland als nächster Favorit.

DC:: Ja Gstaad war genial, wir hatten nur schon eine tolle Aussicht von unsern Hotelzimmern...

 

bm: ...klar, Ihr wart ja auch im Palace untergebracht – dort sind aber nur die Headliners.

JS: Wir hatten schon das Glück, viele Dinge sehen zu dürfen, die andere Musiker nie zu Gesicht bekommen.

 

bm: Jim, Du hast zum Beispiel Keyboards gespielt auf der CD von Kimber Heart und Debbie Soul...

JS: ...was, Du kennst die Scheibe?...

 

bm: ...ja, ziemlich gelungen...

JS: ...wir haben alle darauf mitgespielt. Machen wir gern und oft.

 

bm: Doyle, Du hast Arlo Guthrie und anderen ausgeholfen. Kriegt Ihr viele solcher Anfragen?

JS: Ja, gleich morgen haben wir wieder so einen Auftrag. Die Anzahl dieser Anfragen variert. Für viele Künstler ist es einfacher, anstelle von einzelnen Studiomusikern gleich die ganze Band zu verpflichten. Wir Buckaroos sind seit über dreissig Jahren ein eingespieltes Team – im wahrsten Sinne des Wortes.

 

bm: Es gab, zumindest bis Mitte der 70er Jahre, viele Veränderungen in der Besetzung der Buckaroos. Trotzdem hat sich der Name zu einer Art Markenartikel entwickelt. Wie konnte diese Marke über all die Jahre überleben?

TC: Sie hat überlebt, weil Buck überlebt hat.

JS: Ich glaube aber auch, dass es einfach ein grossartiger Name für eine Band war. Wie Terry sagte, Buck war dermassen gefragt, aber gleichzeitig ist er einer der wenigen Künstler, die auch ihrer Band einen Freiraum gewähren. So verwendete er zum Beispiel keine Studiomusiker für seine Plattenaufnahmen. Wir waren immer ein Teil des Ganzen.

 

bm: Jemand erzählte, dass Buck vor Jahren einen Plattenvertrag mit Capitol Records ablehnte, weil der Vertrag 57 Seiten lang war und Buck alles auf einer Seite haben wollte. Gibt es – trotz der heutigen Unabhängigkeit – Pläne für neue Projekte?

JS: Das war sogar nur für eine Produktion, nicht für einen langfristigen Vertrag. Wir entschieden uns damals für das Box-Set, welches dann bei Rhino Records erschien und für weitere Projekte bei kleinen Firmen. Buck mag einfach die kleineren, familiären Labels mehr. Er arbeitet seit langer Zeit an einem neuen Album, ist aber erst ca. zur Hälfte durch und ich frage mich, ob er es je fertig stellen wird. Im Moment sind alle Produktionen die auf den Markt kommen Neuauflagen seiner früheren Hits.

 

bm: Gibt es Pläne für eine Buckaroo-Produktion?
JS: Nein, bis heute nicht.

TC: Sag niemals nie. Man weiss nicht, was noch kommt.

DC: Aber Ihr könntet uns wieder mal in die Schweiz einladen...

JS: ...ja, wer immer in Europa die Buckaroos ohne Buck verpflichten will, ich geb Dir meine Karte.

 

bm: Was müssten Radiostationen und Medien ändern um sicher zu stellen, dass das musikalische Vermächtnis von Buck Owens, Merle Haggard, George Jones oder Waylon Jennings nicht in Vergessenheit gerät und für die jüngeren Generationen präsent bleibt?

JS: Sie sollten sich für die Musik interessieren, sich um diese Künstler kümmern. Es trifft ja nicht nur die Generation, die Du gerade erwähnt hast. Dasselbe passierte Leuten wie Lefty Frizzell oder Jimmie Rodgers. Mit diesem ganzen, so genannten Fortschritt werden all diese Künstler eines Tages nur noch Fussnoten in Geschichtsbüchern darstellen. Es gibt aber jüngere Fans, die Johnny Cash, Jerry Lee Lewis oder auch Buck Owens wieder entdecken. Wir spielen oft vor jungen Leuten in den Zwanzigern, und die finden Buck echt cool. Heute sind offenbar die Unangepassten, jene, die das Establishment nicht auf ihrer Seite haben, wieder gefragter als auch schon.

DC: Ja, wir spielen für Leute mit verrückten Haarfarben und jeder Menge Piercings.

JS: Heute zum Beispiel kommt eine Band namens Cake nach Buck’s Auftritt, eine sehr erfolgreiche, alternative Band. Die kosten normalerweise einen Haufen Geld. Wir bekamen sie aber ziemlich günstig, weil sie einfach mal im Crystal Palace nach Buck spielen wollten.

 

bm: Wenn man Euch einladen würde, auf einem Tribute-Album zu spielen, für welchen Künstler müsste das sein und warum?

DC: Wir haben das mal 1971 für Merle Haggard gemacht. Aber wenn wir heute entscheiden müssten?

JS: Nun, kürzlich haben wir für Buck in Austin das Happy Birthday Buck Album aufgenommen. Terry und ich haben mit David Ball die Single Made In Japan aufgenommen.

TC: Keine Ahnung für wen ich spielen möchte,  ich habe keinen wirklichen Favoriten.

DC: Hm, vielleicht Shania Twain? (Gelächter)...

JS: ...ja, wenn wenigstens einer von uns so aussehen und klingen würde wie sie...

TC: ... Doyle sieht echt cool aus im Minirock.

bm: Wenn Ihr die Buckaroos interviewen sollt, welche Frage stellt Ihr, die ich nicht gestellt habe?
JS: Wow, keine Ahnung.

DC: Planst Du, weitere 33 Jahre, elf Monate und zwei Tage auf der Bühne zu stehen (Gelächter).

 

bm: Und die Antwort?
DC:: Ein klares Nein.

JS: Wir wissen nicht, wie lange Buck noch auftreten wird. Wir haben alle „normale“ Jobs von ihm erhalten. In den letzten Jahren haben wir viel mehr im Büro gearbeitet als auf Bühnen gestanden. Als Buck entschied, den Crystal Palace zu eröffnen, dachten wir alle, dass es keine sechs Monate dauern würde, bis er genug hat von den wöchentlichen Auftritten. Nun sind’s schon sieben Jahre. Er hat uns alle überrascht. Wenn er einmal aufhören sollte, hören vielleicht auch wir auf...

TC: ...nein, ich glaube, wir werden immer Musik machen. Vielleicht nicht als Band, aber jeder für sich...

JS: ...schon, aber wohl kaum mehr so sehr im Rampenlicht wie heute...

DC: ...oder Ihr holt uns nach Europa, dann sind wir sofort dabei.

 

bm: Herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch und weiterhin Euch allen viel Erfolg.