Interview mit Colorado

© March 2000 / Bruno Michel

 

In rund zwanzig Jahren Bühnenpräsenz spielten sie in der Grand Ole Opry, waren Begleitband für zahllose US-Stars an Gross-Anlässen wie dem Country-Festival im Londoner Wembley Stadion, haben neun mal den Award der British Country Music Association als beste Band geholt usw. usw. Die Erfolgsstory liesse sich endlos fortsetzen. Als die Geleise, auf denen sich die Band bewegte, etwas ausgeleiert schienen, engagierten sie zwei junge Nachwuchsmusiker, nannten sich “New Colorado” und brachten so frisches Blut in ihren Sound und in ihre Auftritte. Ihre Beliebtheit beim Publikum ist ungebrochen, auch wenn sie es heute etwas ruhiger angehen lassen und sich mehr Zeit für ihre Familien nehmen. Das neue Album “Live In Europe” ist mit seinen vierzehn Songs ein Beweis dafür, dass es mit Colorado weitergeht.

Anlässlich ihres Auftritts am 14. Internationalen Country & Western Festival im Zürcher Schützenhaus Albisgütli sprach ich mit Geordie Jack (GJ) und Bryan Coghill (BC) über die Vergangenheit und die Zukunft von Colorado.

 

bm: Euch und Eure Musik kennt auch in der Schweiz fast jeder Country Fan. Aber wo seht Ihr Euch selbst im musikalischen Spektrum ?
GJ: Das Markenzeichen ist die Einbindung unserer schottischen Heimatmusik in das grosse Gesamtbild der Country Music. Das frische Blut in unserer Band und unsere langjährige Erfahrung sehe ich als ideale Kombination für künftige Erfolge.

 

bm: Mit frischem Blut meinst Du Deine beiden Söhne, Kevin und Trevor. Also ist Colorado jetzt eine Familienband ?

GJ: Fast…..

BC: Ich bin auch Geordie’s Sohn, schliesslich sehe ich von uns drei “Alten” am jüngsten aus (Gelächter). Das macht die Pflege der Haut. Ich halte sie stets feucht mit Whisky und Bier.

 

bm: Welchen Song würdet Ihr spielen, um all Eure Talente zeigen zu können ?

GJ: Für mich persönlich der Song Road Of Life auf unserem neuen Live-Album. Wir haben wirklich einen guten Teil dieser Strasse hinter uns, und sind auch immer mal wieder auf unserem Weg gestolpert. Aber wir sind auch einige Hügel hochgeklettert und haben deren Gipfel erreicht.

 

bm: Journalisten suchen immer nach Worten, um den Stil eines Künstlers zu beschreiben. Wie beschreibt Ihr Euren Stil ?

GJ: Im weitesten Sinn ist er von unserer Liebe zur Country Music beeinflusst. Aber weil wir Schotten sind, tragen wir in unseren Shows keine Cowboyhüte und geben nicht vor, in der Prairie aufgewachsen zu sein. Wir glauben, dass der beste Weg, sich dem Publikum zu präsentieren, der ehrliche Weg ist. Wir müssen nicht kopieren, wir nehmen unsere Musik und spielen sie im Country-Stil.

 

bm: Was tut Ihr heute dafür, damit in zehn Jahren der Act “Colorado” noch immer im Musikgeschäft gefragt ist.

GJ: Wir haben schon was gemacht. Wir haben junge Leute in der Band – zu denen sich auch Bryan zählt – die uns neue Ideen geben und uns voran bringen.

 

bm: Ihr gebt sehr viel mit Eurer Musik. Was kommt dafür zurück ?

BC: Es ist schön zu sehen, wie das Publikum mitgeht. Nicht immer, aber in neun von zehn Fällen haben wir das Glück, dass unser Publikum seine Begeisterung zeigt. Ich denke, das kommt daher, dass wir nicht nur auf der Bühne zusammen sind, sondern auch sonst als echte Freunde viel gemeinsam unternehmen. Ich hoffe, dass wir heute in zehn Jahren immer noch dasselbe sagen können.

GJ: Dass Dich Leute nach bestimmten Songs fragen, die wir spielen sollen zeigt, dass sie sich mit unserer Musik befassen und sie auch zuhause hören. Mit vielen Leuten haben wir über die Jahre zudem bleibende Kontakte entwickelt.

 

bm: Was sind die Schattenseiten des Herumreisens und Auftretens ?

GJ: Vor einigen Jahren wurden wir etwas müde. Wir hatten die Wahl, entweder aufzuhören oder es etwas langsamer angehen zu lassen. Wir haben uns für die zweite Wahl entschieden. Wir spielten nur noch die Gigs, die wir wirklich spielen wollten. Glücklicherweise waren wir dazu in der Lage. Wenn irgendein Bandmitglied nicht mehr bei jedem Auftritt Spass hat, so wirkt sich dies mittelfristig negativ auf unsere Shows aus.

 

bm: Gibt es einen speziellen Anlass, der in Eurer Karriere den Wendepunkt darstellte ?

GJ: Ich glaube nicht. Wir hatten viele Erfolge in kleinen Mengen. Natürlich glauben die Leute, dass es solche Wendepunkte gegeben haben muss, wenn wir erzählen, dass wir neun Jahre hintereinander Top British Country Band waren, mehrmals in der Grand Ole Opry spielten oder in über 25 Ländern Tourneen absolviert haben. Es klingt beeindruckend. Aber wenn Du es wirklich erlebst, ist das einzige das zählt, raus auf die Bühne zu gehen, und den Leuten die bestmögliche Show zu bieten.

 

bm: Was war das grösste Hindernis in Eurer Laufbahn ?

GJ: Der Wille zum Erfolg. Wir hatten Bandmitglieder, die mit dem Erfolg selbstzufrieden und damit “faul” wurden. Wir mussten plötzlich nicht mehr unser eigenes Equipment mitschleppen, nicht mehr in kleinen Bed & Breakfast Zimmern übernachten und konnten einen Auftritt nach einem kleinen Soundcheck einfach beginnen. Einige von uns hatten Mühe, diesen Erfolg zu verarbeiten. Heute in der neuen Formation hat sich dies gottseidank erledigt.

 

bm: Was war das verrückteste Erlebnis, das Euch auf Euren Tourneen passiert ist ?

GJ: Vielleicht sollte ich ein Buch darüber schreiben (Gelächter). Ich habe keine Ahnung wo ich beginnen soll. Wir haben laufend irgendwelche verrückten Dinge erlebt. Vielleicht nur eine Geschichte. Da wir Schotten sind, weiss jeder, dass wir einem Drink nicht abgeneigt sind. Wir traten an einem Freitag abend in Süddeutschland auf und Samstagabend in Südengland. Vom Zeitplan und den Verkehrsverbindungen her, kein Problem. Als wir in Deutschland ankamen, realisierten wir, dass die Firma Jack Daniels offenbar einer der Hauptsponsoren war und es gab am Bühnenrand jede Menge “Nahrung” für die Band. Wir wollten natürlich nichts verkommen lassen. Prompt verpassten wir die erste unserer Zugsverbindungen. Wir hingen unserem Zeitplan immer eine Stunde hinterher, folglich nahmen wir ein Taxi zum Flughafen. Beim Einladen der Instrumente schlug ein Koffer gegen das Taxi und beschädigte es leicht. Der Fahrer wollte Geld. Aber Dado, wollte ihm nicht soviel geben. Da rief der Fahrer die Polizei und nach einem intensiven Wortwechsel nahmen die Bryan und Dado kurzerhand mit auf die Wache. Und ich stand da mit dem Rest der Band, immer noch in unsern Kleidern vom letzten Auftritt, ohne Geld und ohne Pässe. Alles bei Dado. Schliesslich konnten wir unsere Verspätung telefonisch ankündigen und kamen wesentlich später als geplant zu unserm Auftritt in England. Publikum und Veranstalter hatten die Zeit überbrückt und auf uns gewartet. Wir spielten unsere Show und es wurde ein grossartiger Abend.

 

bm: Lasst uns über die neue CD sprechen.

GJ: Wir wollten unsere Fans wissen lassen, dass wir noch da sind. Deshalb das Live-Album, welches wir letzten Juni veröffentlicht haben. Wir machten das Album wirklich für uns, daher auch sehr wenig Marketing drum herum. Aber so langsam kommt der Verkauf in Schwung. Die nächste Produktion wird wohl wieder ein richtiges Studio-Album.

 

bm: Und die Pläne für die Zukunft ?
GJ: So oft wie möglich in Europa zu spielen, und den Leuten zu zeigen, dass wir viel neues Material präsentieren können. Wir spielen dieses Jahr im Juni wieder in der Schweiz, am Trucker & Country Festival in Interlaken. Solche Anlässe möchten wir wieder vermehrt spielen. Auch in Schupfart im September werden wir wieder präsent sein.

 

bm: Wenn Ihr ein Interview mit Colorado führen solltet, welche Frage würdet Ihr stellen, die ich nicht gestellt habe ?

BC: Warum das älteste Mitglied der Band so jung aussieht (Gelächter) ? Gute Frage für ein Zeitungsinterview oder am Radio, da sieht man mich nicht…..

GJ: Am Fernsehen würde ich die Frage auch nie stellen….

 

bm: …und die Antwort ?
BC: Mindestens im Herzen ist er jung geblieben…das hilft auch schon.

 

bm: Ein guter Abschluss. Ich wünsche Euch viel Erfolg bei all Euren Aktivitäten und freue mich auf ein Wiedersehen.