Interview mit DJ Slam! Duncan, Roanoke, VA

© February 2000 / Bruno Michel

 

bm: Slam!…netter Künstlername. Wie heisst Du wirklich?

SD:     Billy. Aber mein erster Radioboss meinte, als Billy könne ich nicht auftreten. Das klinge nach kleinem Kind. Himmel, ich war erst 20 Jahre alt. Also nannte ich mich Bill Duncan….das klang irgendwie nach gar nichts. Eines morgens kam Roger St. John ins Studio und rief: ‚Hey, Slam, wie geht’s?’ Und ich: ‚Bitte was?’ Er meinte, Slam sei ein cooler Name, ich sollte mich ab sofort so nennen. Zuerst fand ich den Namen grässlich. Nach einigen Wochen stellte ich mich an einer Radiomesse als Bill Duncan vor, keiner kannte mich. Als ich erwähnte, dass ich seit einiger Zeit auch den Namen Slam Duncan benutze, konnten sich die Leute plötzlich an mich erinnern. So kam das.

 

bm: Bist Du mit einer Schallplatte in der Hand geboren, oder wann hast Du Dich entschieden, DJ zu werden?

SD:     Ich schlief als Kind immer zu Radiomusik ein. Die Discjockeys fand ich damals cool. Du weisst schon, Gratis T-Shirts, immer die neuesten Platten und so. Ich war aber sehr schüchtern, also erzählte ich niemandem von meinem Berufswunsch. Bis ich im College dem Campusradio zuhörte. Die suchten Nachwuchs-DJ’s… und hier bin ich.

 

bm: Es gibt mehrere tausend Country Radiostationen in den USA. Wie hast Du Deine gefunden?

SD:     Eigentlich fand sie mich. Ich arbeite für eine grosse Medienfirma, denen gehören hunderte von Stationen. Mit der Zeit habe ich mich auf Morgensendungen spezialisiert. Aber in meiner früheren Station in Nashville hatten sie einen erstklassigen Morgen-DJ. Also versetzte man mich nach Virginia.

 

bm: Was machst Du beim Radio, wenn Du mal nicht auf Sendung bist?

SD:     Bei diesem Sender werde ich wieder Musikdirektor. Ich habe in den letzten Jahren den Kontakt zur Plattenindustrie etwas verloren. Mein letzter Job als Musikdirektor liegt fast zehn Jahre zurück. Ich freue mich darauf, wieder vermehrt mit diesen Leuten zusammen zu kommen.


bm: Was ist das Beste an Deinem Job?

SD:     Öffentlichkeitsarbeit. Ich habe 1995 einen Anlass erfunden, Bikes Or Bust. Es gibt in den USA eine grosse Sammelaktion des Marine Corps namens Toys For Tots. Die sammeln jedes Jahr Spielsachen für Kinder, deren Familien sich wenig leisten können. Was aber wünscht sich jedes Kind im Leben? Ein Fahrrad. Also haben wir einen 6,5 Meter Trailer in ein mobiles Studio umgebaut und auf dem Vorplatz eines Shoppingcenters 30 Meter hoch an einem Kranwagen in die Luft gehängt. Ich habe 100 Stunden nonstop gesendet und zu Fahrradspenden aufgerufen. Unser Ziel war 93 Bikes zu sammeln, weil der Sender J 93.5 heisst. Nach vier Tagen hatten wir 620 neue Fahrräder. Im Folgejahr setzten wir unser Ziel bei 1000 Bikes an…und kamen auf 1511. Im Jahr 97 kamen 1965 zusammen. Und beim letzten Event, 1998 brachten die Leute 2428 Fahrräder zum Event.

 

bm: Warum 1999 kein solcher Event?

SD:     Nun, wir dachten uns, dass nach über 6500 beschenkten Kindern in unserem Einzugsgebiet möglicherweise nicht mehr genügend übrig waren, die noch kein Fahrrad besassen. Und wir wollten verhindern, dass ein Kind nach kurzer Zeit wieder ein neues Bike erhielt, das wäre nicht fair gewesen. Aber das Publikumsecho war so gross, dass wir den Anlass zu Weihnachten 2000 wieder durchführen werden.

 

bm: Wer ist Dein Lieblingskünstler?

SD:     Garth Brooks, keine Frage. Ich höre bei einem Künstler hinter die Songs und beobachte, wie er sich neben der Bühne verhält, was für ein Mensch er ist. Garth ist einer der grosszügigsten und selbstlosesten Menschen, den ich kenne.

 

bm: Welches war der beste Rat, den Du jemals bekommen hast?

SD:     Ein alter Mann, der über 30 Jahre Radio Erfahrung hatte, sagte mir einmal: ‚Slam, ich geb Dir einen Rat. Du kannst ihn annehmen oder nicht. Alle Radios senden mehr oder weniger dieselben Songs. Keine grossen Unterschiede. Also ist das, was Du zwischen den Songs ans Publikum vermittelst, wichtig. Das ist es, was Dich von der grossen Masse der DJs abheben wird.’ Das habe ich nie mehr vergessen.

 

bm: Wenn Du nicht beim Radio wärst, was würdest Du beruflich machen?

SD:     Sicher nicht hier sitzen und mit Dir reden (lacht). Mein Grossvater, bei dem ich aufgewachsen bin, hielt mich immer für ein sehr aufgestelltes Kind und meinte, dass ich einen guten Verkäufer abgeben würde. Ich wollte nach dem College eigentlich eine Marketing Karriere anstreben und wahrscheinlich würde ich jetzt irgendwo da draussen Produkte anpreisen. Aber wenn ich recht überlege, hatte mein Grossvater recht. Ich bin Verkäufer geworden, ich verkaufe mich am Radio.

 

bm: Was brachte Dich dazu, Dich in der Schweiz einem Live Publikum vorzustellen?

SD:     Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich wahrscheinlich das Radiogeschäft verlassen und bei einer Agentur Tour Manager für eine Band werden wollen. Ich mag es, in der Welt herumzureisen und dafür auch noch bezahlt zu werden (lacht). Zudem bin ich gerne mit Menschen zusammen und glaube, ein grosses Organisationstalent zu besitzen. Im November rief mich Jay Barron an und fragte, ob ich Lust hätte, beim längsten Country Festival der Welt in der Schweiz knapp zwei Monate als Live-DJ dabei zu sein.

 

bm: Gibt es einen Unterschied ob Du in ein Mikrofon oder zu Live Publikum sprichst?

SD:     Ich bin im Studio niemand anders als bei einem Live Anlass. Ok, ich muss am Radio keine Leute anfeuern, brauche weniger Energie. Aber ich muss mich nicht anstrengen bei einem Live Event, eher muss ich mich am Radio bremsen.

 

bm: Welchen Rat gibst Du Deinen Hörern auf den Weg in den Tag mit?

SD:     Wie überall auf der Welt stehen auch in Amerika die meisten Leute dauernd unter Stress. Es gibt soviel, an das sie denken müssen, Job, Familie, Rechnungen. Ich hoffe, dass ich den Hörern auf dem Weg zur Arbeit oder beim Frühstück etwas geben kann, dass sie zum Lachen bringt, oder worüber sie diskutieren können. Einfach etwas, dass sie für eine Weile vom Alltagsgeschäft ablenkt.

 

bm: Aladdin erfüllt Dir drei Wünsche. Welche?

SD:     Jetzt wird’s ernst. Mein erster Wunsch wäre, einen weiteren Tag mit meinem Grossvater zu verbringen. Er verstarb leider, ohne dass ich mich von ihm verabschieden konnte. Ich würde einfach gerne Auf Wiedersehen sagen.

Zweitens: ‚Aladdin, wenn Du schon beim Wünsche erfüllen bist, kannst Du mich mal eben um 50 Pfund Gewicht erleichtern?’ Und drittens, ich würde ihn bitten, mir die Weisheit zu geben, das was ich momentan erlebe, zu geniessen und zu schätzen. Es gibt so viele Menschen, die alles geben würden, um zum Beispiel in Eurem Land Ferien zu machen. Und mir wird’s auch noch bezahlt. Wir schätzen die guten Dinge des Lebens meistens erst, wenn wir uns zwanzig Jahre später daran erinnern.

 

bm: Wenn Du DJ Slam Duncan interviewen würdest, welche Frage stellst Du, die ich nicht gestellt habe?

SD: Ich würde ihn fragen: ‚Fühlst Du Dich in Deinem Leben und in Deinem Alltag wohl?

bm: Und die Antwort?

SD:     Die Antwort geht in die Richtung meines dritten Wunsches an Aladdin. Ich sollte mich eigentlich wohlfühlen. Und trotzdem denke ich manchmal darüber nach, was anders sein könnte.

 

bm: Vielen Dank für das interessante Gespräch.