Interview mit Iris Huggler & Lorenz Krebs, Promoter des Trucker- & Country Festivals Interlaken

© April 2003 / Bruno Michel

 

1994 liessen zwei „Laien“ der Country Szene das erste Internationale Trucker und Country Festival im Berner Oberland steigen. Damals wurden die sympathischen Veranstalter, Iris Huggler (IH) und Lorenz Krebs (LK) von vielen Insidern der Szene belächelt, und man gab ihnen mit ihrem Anlass keine grossen Überlebenschancen... So lautete mein Vorwort zum 5jährigen Jubiläumsbericht.

Nun, der Anlass ist mittlerweile zehn Jahre alt und im Gegensatz zu vielen anderen, damals hochgelobten Festivals, noch sehr lebendig. Grund genug für einen Rückblick und – vielleicht – einen Ausblick auf die nächsten Jahre.

 

bm: Wer kam eigentlich auf die Idee für diesen Anlass?

LK: Wir hatten 1993 im Marti Motel Interlaken den Grundstein gelegt. Im kleinen Rahmen fand damals ein Tucker-Festival unter dem Patronat von Radio Berner Oberland statt. Die Trucks aus dem Zillertal, sie sind übrigens dieses Jahr auch wieder dabei, waren zu Gast. Dieser Anlass hat uns dazu bewogen, im folgenden Jahr auf dem Flugplatzgelände ein Konzert im grösseren Rahmen mit den Schürzenjäger (damals noch Zillertaler Schürzenjäger) zu veranstalten. Wir mussten aber feststellen, dass sich der ganze Aufwand wegen dieser Band allein nicht lohnt. Mike Parkin brachte das Stichwort Country. So kam das Ganze ins Rollen.

 

bm: Was ist heute noch das Interessante an diesem Routinejob?

LK: Routinejob ist eigentlich das falsche Wort. Klar kann man jedes Jahr auf mehr Daten und Erfahrungen zurück greifen. Aber der Anlass stellt doch jedes Jahr wieder neue Herausforderungen, sei es in der Organisation, der Administration oder der Durchführung.

IH: Die Herausforderung ist doch, dass man mit jedem Festival wieder etwas verbessern will, den Leuten noch mehr Unterhaltung bieten.

LK: Wie z.B. vor drei Jahren, als wir den kompletten Anlass auf dem Platz verlegen mussten. Nun haben wir meiner Meinung nach den noch besseren Standort und die Infrastruktur für die Besucher konnte auch verbessert werden.

 

bm: Ist Eure Rollenverteilung immer noch die gleiche: Lori für den Anlass, Iris für die Administration?

LK: Immer noch dasselbe: Iris arbeitet und ich schaue zu (lacht).

IH: Wir haben uns mittlerweile adminstrativ verstärkt. Lori’s Schwägerin, Andrea Krebs, und Jrène Küng arbeiten tatkräftig mit. Nach dem ersten Festival füllte der Papierkram fünf Ordner, mittlerweile sind es zwanzig.

LK: Wo wir grade von der Administration reden, beim ersten Festival lief alles glatt, aber leider vergass ich ausgerechnet, den Bürocontainer für Iris zu bestellen. Glücklicherweise konnte ich auf einer nahen Baustelle einen organisieren.

 

bm: 1998 waren 150 Helfer im Einsatz. Wie gross ist die Zahl heute?

LK: Die Anzahl Helfer im Stamm-Team ist in etwa gleich geblieben. Wir konnten durch das neue Verpflegungskonzept im Westerndorf die Gastronomie im Zelt zurück fahren. Wenn man dann aber alle arbeitenden Leute über das Wochenende zusammen rechnet, kommt man wohl locker auf 500 bis 600. Da sind natürlich die Aussteller mit gerechnet.

 

bm: Ein paar weitere Zahlen, bitte: Trucks, Besucher, Aussteller?

IH: Wir haben 1994 mit einem Budget von 450'000 Franken, 20 Ausstellern und rund 120 Trucks angefangen. Damals kamen ca. 20'000 Besucher auf das Gelände. Während die Zahl der Trucks laufend gestiegen ist – letztes Jahr waren es 1'327 Lastwagen – konnten wir die Rekord-Besucherzahl von 1997 konstant halten. Seit damals kommen jedes Jahr ca. 45'000 Besucher, Ausnahme war das Jahr 2000, wo wir 35'000 Gäste hatten.

 

bm: Kam die Zunahme der Fahrzeuge eigentlich aus der Schweiz oder aus dem Ausland? Man sieht seit einigen Jahren zunehmend Trucks mit ausländischen Kennzeichen auf Eurem Gelände.

IH: Interessanterweise stammt die Zunahme aus der Schweiz. Wir hatten erwartet, dass durch die Einführung der LSVA die Speditionsfirmen weniger Wagen ans Festival schicken. Aber im Gegenteil, viele Firmen entsenden ihre gesamte Flotte.

LK: Wir hatten den Fahrern sogar angeboten, dass sie zu gleichen Konditionen aufs Gelände kommen, auch wenn weniger Fahrzeuge kommen. Aber das Gegenteil war der Fall. Waren es vor der LSVA im 2000 noch 958 Trucks, so kamen im 2001 genau 1'196. Wir wurden richtig überrollt.

 

bm: Und wie sieht es dieses Jahr aus?

IH: Das Budget liegt bei einer Million. Trucks erwarten wir ca. 1'400, dazu kommen etwa 3'000 Bikes. Wir haben das Biker-Treffen ja seit 2001 neu im Programm und stellen auch da jedes Jahr grosse Steigerungsraten fest. Dazu kommen heuer rund 75 Verkaufsstände für geschätzte 50'000 Besucher.

 

bm: Als wir beim Interview zum 5jährigen miteinander sprachen, gab es für Euch eigentlich keine grossen Highlights oder Frustrationen in der Geschichte des Festivals. Hat sich in den letzten 5 Jahren daran etwas geändert?

LK: Jedes Jahr hat seine Highlights. Mit dem Musikprogramm wird es zunehmend schwieriger. Was soll man bringen? Die erfolgreichen Bands der letzten Anlässe, oder soll man Neues wagen, mit dem Risiko, dass das Publikum etwas Anderes will?

IH: Die Besucherzahl am Festival ist zwar konstant auf hohem Niveau, aber die Besucherzahlen im Festzelt gehen zurück. Vielleicht auch dadurch, dass wir mittlerweile auf drei Aussenbühnen ebenfalls Live-Konzerte anbieten. Bei gutem Wetter halten sich die Leute lieber draussen auf.

LK: Das Konzert mit Carlene Carter hatte auch noch ein Highlight der anderen Art. Wir hatten volles Haus und draussen gab es fast Schlägereien um die Tickets. Da wurden bis zu zweihundert Franken geboten für ein Ticket und wir hatten alle Mühe, die Leute zu beruhigen.

 

bm: Dolly Parton und Kenny Rogers waren die grossen Wunschkandidaten von Euch. Nun spielen dieses Jahr Deborah Allen und die Bellamy Brothers. Kommt der ganz grosse Kick bei Eurem zusätzlichen Überraschungsgast?

LK: Wir arbeiten seit vielen Jahren mit Mike Parkin von Radio BEO zusammen. So versuchen wir immer wieder, neue Künstler ins Festzelt zu bringen. Erstaunlicherweise zogen grosse Namen wie Collin Raye oder Willie Nelson zwar die Country Fans ins Zelt, leider aber nicht die grosse Masse der Besucher.

IH: Das mit dem Überraschungsgast oder Gästen bleibt ein Geheimnis. Man sollte aber keinen Weltstar erwarten (lacht). Es wird aber am Freitag sicher eine Jubiläumsparty geben, die den Leuten Spass macht.

 

bm: 2001 habt Ihr Euch mit den Verantwortlichen des Militärs getroffen, um über die Zukunft des Festivals auf dem Flugplatz zu sprechen. Mittlerweile ist auch der Mistery Park von Erich von Däniken auf dem Gelände. Wo findet das Trucker- und Country Festival die nächsten Jahre nun statt?

LK: Der Flugplatz wird auf Ende dieses Jahres geschlossen, aber unsere Verträge für 2004 stehen. Zudem hat sich in unserer Region eine Organisation gebildet, die das Gelände gern übernehmen und für spezielle Anlässe verwenden möchte. Also wird das elfte Festival stattfinden.

 

bm: Wie lange wollt Ihr diesen Anlass überhaupt noch durchführen?

LK: Die zentrale Frage ist doch, wie lange es dauert, bis wir stark sinkende Besucherzahlen sehen. Ich denke, dass eine Verlegung des Anlasses auf ein anderes Gelände für uns nicht mehr in Frage käme. Solange wir an diesem Ort bleiben können und Besucher sowie Sponsoren uns die Treue halten, solange wird das Internationale Trucker- und Country Festival stattfinden.

IH: Es ist wirklich auch eine Frage der Sponsoren. Die Suche gestaltet sich im Rahmen der aktuellen wirtschaftlichen Situation immer schwieriger. Wir haben das Glück, dass wir einerseits auf langjährige Partner vertrauen können, und andererseits auch dieses Jahr wieder zwei Sponsoren zu Besuch haben werden, die sich ein Bild des Anlasses verschaffen wollen. Danach werden sie entscheiden, ob und wie sie bei uns einsteigen.

LK: Wir freuen uns natürlich, dass es uns gelingt, immer wieder Kandidaten für Sponsoring zu Gast zu haben. Das zeigt auch, dass der Anlass mittlerweile eine gute Akzeptanz geniesst.

 

bm: Nehmt an, Ihr findet Aladin’s Wunderlampe und der Geist gewährt jedem von Euch drei Wünsche. Welche wären das?

LK: Erstens keine grossen Schwierigkeiten, zweitens keine Unfälle und drittens ein reibungsloser Ablauf.

IH: Drei Tage wunderschönes Wetter, gute Stimmung, zufriedene Besucher, Trucker und Biker.

LK: Nun, am Samstag Abend dürfte es schon mal so kurz regnen (lacht). Das bringt die Besucher ins Trockene, sprich ins Festzelt.

 

bm: Gibt es etwas, das Ihr heute Euren Kritikern der ersten Stunde – und die waren ja zahlreich – mit auf den Weg geben wollt?

LK: Bleibt kritisch, aber habt auch den Mut, Eure Kritik im Nachhinein zu überdenken.

IH: Vielleicht sollte man sich besser erst einmal selber ein Bild verschaffen, bevor man sich negativ äussert. Ich glaube, jeder der die Mühe auf sich nimmt, so einen Anlass zu organisieren, verdient eine Chance.

LK: Es tut einem aber schon gut, wenn man die Kritiker mit einer guten Leistung von ihrer Meinung abbringen kann.

 

bm: Wenn Ihr beide Iris Huggler und Lori Krebs interviewen müsstet, welche Frage stellt Ihr den Beiden, die ich nicht gestellt habe?

LK: Wann findet das elfte Festival statt? Nun, eben nicht im Juni, sondern in der ersten August Hälfte. Wir haben den Anlass geschoben und wollen einmal sehen, wie das vom Publikum aufgenommen wird. Oder aber: Steht Iris auf Country?

IH: Ich mag die Musik sehr. Die Bellamy Brothers habe ich schon als Teenager gehört. Nun aber eine Frage an Lori: An welches Festival hast Du eine ganz spezielle Erinnerung?

LK: Ich weiss gar nicht, sollte ich etwas Aufregendes erlebt haben, dass ich nicht vergessen sollte? Aber nein, Du spielst wohl auf das zweite Festival an, wo wir einen derartiges Gewitter hatten, dass fast das grosse Zelt zusammenbrach. Wasser überall. Danach sagte ich mir: Nie wieder. Nun, das sage ich wohl seit sieben weiteren Jahren.

 

bm: Danke für das Gespräch und viel Glück für die nächsten zehn Jahre.