Er ist einer der wenigen, noch aktiven Pioniere in der Schweizer Festival Szene. Wer Country Festivals in der Schweiz auch nach 22 Jahren munter weiter organisiert, der gehört aber nicht nur zu den Pionieren, sondern auch zu den besonders durchhaltewilligen Organisatoren.
Genau so vielseitig wie sein Festival ist Promoter Hanspeter Müller selbst. Sein ganzes Leben hat er in wichtigen Ämtern mit planen und organisieren verbracht und sich auch in seinen Hobbies vielseitig betätigt. In diesem Interview wollte ich vor allem auf seine Beziehung zum Festival und der Musik eingehen.
Ein kurzer Rückblick. 1963 wurde die Reisekasse des Velo-Moto-Club Schupfart (VMC) gegründet. Aus dieser Kasse begann man schon kurze Zeit später, Feste zu organisieren. Das Konzept der gemischten Musikstile wurde vor langer Zeit eingeführt und wegen des anhaltenden Erfolgs auch beibehalten. So findet am Freitag zum 17. Mal die Pop-Rock Night statt, am Samstag zum 21. Mal das Country Festival und am Sonntag ist dann zum 23. Mal volkstümliche Stimmung am Oktoberfest angesagt.
Also auf nach Schupfart! Informationen unter www.schupfartfestival.ch oder Tel. 079 503 0080.
bm:
Hanspeter, deine Künstlerwahl, zumindest im Pop-Rock Sektor, ist ein
Hinweis auf die Musik, mit der du gross geworden bist: Uriah Heep, Deep Purple,
Nazareth usw. Mit welchen Acts aus der Country Szene hast du dich in jenen
Jahren beschäftigt?
HPM: Ich bin noch zu Zeiten von Hazy Osterwald
oder den Beatles aufgewachsen. Da war hier die Country Musik noch nicht so
bekannt wie heute. Ich kam 1985 eher zufällig auf diese Musikrichtung.
Nachdem unser Club, der VMC, verschiedene Anlässe wie Motocross Rennen
oder die Tour de France Etappe Basel – Fricktal organisiert hatte, suchten
wir 1983 nach einem geeigneten Anlass, den wir als Veranstalter Verein durchführen
konnten. Die ersten zwei Jahre war es ein Oktoberfest in der Schlagerszene
angesiedelt, mit Künstlern wie Benny Rehmann oder Dschinghis Khan usw.
Wir schauten uns um nach Erweiterungsmöglichkeiten und damals, 1985 kam
in der Schweiz so langsam die Country Szene in Schwung. Jeff Turner und seine
heutige Frau haben uns damals beraten, wie man so was anpackt. So führten
wir erstmals den zwei geteilten Anlass durch. Nach weiteren vier Jahren kam
dann der Pop-Rock Teil dazu und diesem Konzept sind wir bis heute treu geblieben.
bm:
Du hast immer auf ein ausgewogenes Programm - auch in Bezug auf die Künstler
Gagen – geachtet. Sicher mit ein Faktor dafür, dass es das Schupfart
Festival heute noch gibt. Wer wären deine Wunschkünstler, wenn du
für einmal nicht auf’s Budget achten müsstest?
HPM: Wir entscheiden grundsätzlich im Team
des OK über die zu verpflichtenden Künstler. Natürlich gibt
es jeweils die aktuellen Namen der Country Charts. Aber das können und
wollen wir uns nicht leisten. Für uns ist es wichtig, dass die Rechnung
am Schluss aufgeht und die Leute ihren Spass haben. Wir veranstalten kein
Konzert, sondern ein Fest. Alle arbeiten ehrenamtlich und wir haben dadurch
die Kosten im Griff. Also versuchen wir zahlbare Acts zu bekommen und uns
nicht in Wünschen und Träumen zu verlieren.
bm:
Ehrenamtlich ist eine gute Überleitung zur nächsten Frage. Du hast
seit Jahrzehnten treue Mitstreiter, wenn es um die Unterstützung zur
Durchführung des Anlasses geht. Was ist dein Geheimnis, dass die Helfer
dir die Stange halten? Enthusiasmus und Herzblut ist klar, aber das reicht
doch heute nicht mehr.
HPM: Doch. Ich glaube es ist genau diese Fairness,
die Überzeugung und die Freude an der Sache. Wir veranstalten unseren
Anlass nicht nur als kommerzielles Fest, sondern vor allem aus Überzeugung.
Das wirkt sich dann eben auf die Treue der Helfer aus. Meine Tochter
Yvonne ist heute OK Präsidentin und auch sonst arbeitet die ganze Familie
mit. Unsere Helferkasse ermöglicht es zudem, dass wir
regelmässig die aktiven Mitarbeiter belohnen können.
bm:
Viele gute und traditionelle Anlässe sind aus der Country Szene verschwunden.
Auch du könntest dein Festival wohl nur mit Pop-Rock und Volksmusik weiter
betreiben. Hat die Schweizer Country Szene ein Problem und warum bleibst du
der Country Music treu?
HPM: Wir haben primär Freude daran, Veranstaltungen
zu organisieren. Damals, 1963, als die „Ära Müller“ anfing, waren
wir drei Kollegen gleichen Alters und mit der gleichen Philosophie: Spass
daran haben, einen tollen Anlass auf die Beine zu stellen. Heute gibt es massenweise
so genannte Event Manager, die als einziges Ziel den kommerziellen Erfolg
haben. Dass Anlässe verschwinden liegt meiner Meinung auch daran, dass
zu wenig in Werbung und Professionalität investiert wird. Wenn du eine
teure Infrastruktur hast, alle Helfer bezahlen musst und die Leute wegbleiben,
hast du ein Problem. Du musst den Anlass jedes Mal neu verkaufen. Klar hatten
wir in den Jahren seit 1985 – solange führen wir die Country Night nun
schon im Programm – auch Zweifel, ob uns die Besucher in dieser Sparte die
Treue halten. Aber durch unsere besondere Struktur – Pop-Rock am Freitag,
Country am Samstag und Oktoberfest am Sonntag konnten wir immer wieder ausgleichen.
Mal war der Pop-Rock Anlass besser besucht, mal die Country Night. Aber solange
es, wie dieses Jahr auch wieder, im Vorverkauf so gut läuft, halten wir
daran fest.
bm:
Kannst du dich an die verrückteste Geschichte erinnern, die dir in deiner
Zeit als Festival Organisator passiert ist?
HPM: Eigentlich sind es zwei. 1993 hatten wir
an der Rock Night die Gruppe Pur sowie als Headliner Manfred Mann. Pur hatten
das Gefühl, wir könnten sie nicht bezahlen und wollten Vorkasse.
Danach wollten sie gar nicht auftreten, weil Manfred Mann als Hauptact geführt
wurde. Und letztlich stritten sie sich wegen der Technik. Das war einen Moment
lang kritisch. Zweitens erinnere ich mich an 1986
mit dem ersten Auftritt von Truck Stop. Da ging es bei uns etwas rauher zu
als heute. Wir hatten jede Menge zerstörte Tisch- und Bankgarnituren.
Eine Zeit lang befürchteten wir, dass uns kein Lieferant mehr das notwendige
Mobiliar zur Verfügung stellen würde.
bm:
Viele deiner Acts sind „Wiederholungstäter“ in Sachen Auftritt in Schupfart,
so Truck Stop oder Uriah Heep. Wie wählst du deine Künstler aus?
Ausschliesslich nach Wünschen des Publikums und der Zahlbarkeit der Gagen?
HPM: Das Hauptproblem heute, vor allem im Pop-Rock
Bereich, ist die Verfügbarkeit der Acts um Ende September. Viele sind
auf Tournee oder sonst wie besetzt. Zudem wollen wir Acts, die nicht schon
in den Wochen vorher oder nachher an andern Anlässen auftreten. Bezüglich
Wiederholungstäter frage ich mich manchmal selbst, ob wir zum Beispiel
wirklich schon wieder Truck Stop bringen sollen. Aber die Leute fordern diese
Acts immer wieder und wir tragen den Publikumswünschen Rechnung.
bm:
Welches Ereignis an deinem Festival war für dich das Schönste und
gab es auch eines, das du am liebsten vergessen würdest?
HPM: Das Grösste für mich war 1964,
als es uns gelang, Hazy Osterwald zu verpflichten. Dazu muss man wissen, dass
Hazy damals für die Schweiz das war, was nachher die Beatles für
die Welt wurden. Der absolute Megastar. Als er das Festhalle sah, wollte er
eigentlich gleich wieder nach Hause fahren, aber wir überzeugten ihn
letztlich doch, aufzutreten. Und das tat er dann gleich zweimal hintereinander
am Samstag und am Sonntag. Ich bin in der glücklichen Lage, dass es in
all diesen Jahren eigentlich keine Situation gab, die ich am liebsten vergessen
würde. Da muss ich schon auf die Motocross Zeiten zurück greifen,
als es während eines Anlasses einmal drei Tage hintereinander regnete
und wir alle im Schlamm versanken.
bm:
Freude, Idealismus und Glück sind euer Festival Motto. Worauf achtest
du sonst noch in deinem Leben?
HPM: Künftig sollte ich vielleicht mehr
auf meine Gesundheit achten und darauf, dass ich meine Freizeit mit Reisen
oder anderen angenehmen Dingen verbringe. Das kam in den Jahren meiner Berufstätigkeit
zeitweise schon zu kurz. Obwohl es mir, meiner Meinung nach,
meist gelungen ist, Business und Privates sinnvoll mit einander zu verbinden.
Über die Anlässe lernte ich Verkaufen und Organisieren,
was mir in meiner berufliche Karriere wiederum zu Gute kam.
bm:
Wenn du ein Interview mit Hanspeter Müller führen würdest,
welche Frage stellst du ihm, die ich nicht gestellt habe?
HPM: Vielleicht warum ich nach all den Jahren
das Ganze immer noch mit einer solchen Energie zum Hauptthema meines Lebens
machen kann…
bm: …und die Antwort?
HPM: Für mich war und ist der treibende
Faktor der, dass tausende von Leuten Spass und Freude haben an unserer Veranstaltung.
Dies bringt mich immer wieder dazu, weiter zu machen.
bm:
Ein ausgezeichneter Schlusspunkt. Ich bedanke mich für das Interview
und wünsche dir und deinem Team weiterhin viel Erfolg.