Interview mit Hanspeter Müller, Promoter Schupfart Festival, 2005

© August 2005/ Bruno Michel

 

Er ist einer der wenigen, noch aktiven Pioniere in der Schweizer Festival Szene. Wer Country Festivals in der Schweiz auch nach 22 Jahren munter weiter organisiert, der gehört aber nicht nur zu den Pionieren, sondern auch zu den besonders durchhaltewilligen Organisatoren.

Genau so vielseitig wie sein Festival ist Promoter Hanspeter Müller selbst. Sein ganzes Leben hat er in wichtigen Ämtern mit planen und organisieren verbracht und sich auch in seinen Hobbies vielseitig betätigt. In diesem Interview wollte ich vor allem auf seine Beziehung zum Festival und der Musik eingehen.

Ein kurzer Rückblick. 1963 wurde die Reisekasse des Velo-Moto-Club Schupfart (VMC) gegründet. Aus dieser Kasse begann man schon kurze Zeit später, Feste zu organisieren. Das Konzept der gemischten Musikstile wurde vor langer Zeit eingeführt und wegen des anhaltenden Erfolgs auch beibehalten. So findet am Freitag zum 17. Mal die Pop-Rock Night statt, am Samstag zum 21. Mal das Country Festival und am Sonntag ist dann zum 23. Mal volkstümliche Stimmung am Oktoberfest angesagt.

Also auf nach Schupfart! Informationen unter www.schupfartfestival.ch oder Tel. 079 503 0080.

bm: Hanspeter, deine Künstlerwahl, zumindest im Pop-Rock Sektor, ist ein Hinweis auf die Musik, mit der du gross geworden bist: Uriah Heep, Deep Purple, Nazareth usw. Mit welchen Acts aus der Country Szene hast du dich in jenen Jahren beschäftigt?
HPM: Ich bin noch zu Zeiten von Hazy Osterwald oder den Beatles aufgewachsen. Da war hier die Country Musik noch nicht so bekannt wie heute. Ich kam 1985 eher zufällig auf diese Musikrichtung. Nachdem unser Club, der VMC, verschiedene Anlässe wie Motocross Rennen oder die Tour de France Etappe Basel – Fricktal organisiert hatte, suchten wir 1983 nach einem geeigneten Anlass, den wir als Veranstalter Verein durchführen konnten. Die ersten zwei Jahre war es ein Oktoberfest in der Schlagerszene angesiedelt, mit Künstlern wie Benny Rehmann oder Dschinghis Khan usw. Wir schauten uns um nach Erweiterungsmöglichkeiten und damals, 1985 kam in der Schweiz so langsam die Country Szene in Schwung. Jeff Turner und seine heutige Frau haben uns damals beraten, wie man so was anpackt. So führten wir erstmals den zwei geteilten Anlass durch. Nach weiteren vier Jahren kam dann der Pop-Rock Teil dazu und diesem Konzept sind wir bis heute treu geblieben.

bm: Du hast immer auf ein ausgewogenes Programm - auch in Bezug auf die Künstler Gagen – geachtet. Sicher mit ein Faktor dafür, dass es das Schupfart Festival heute noch gibt. Wer wären deine Wunschkünstler, wenn du für einmal nicht auf’s Budget achten müsstest?
HPM: Wir entscheiden grundsätzlich im Team des OK über die zu verpflichtenden Künstler. Natürlich gibt es jeweils die aktuellen Namen der Country Charts. Aber das können und wollen wir uns nicht leisten. Für uns ist es wichtig, dass die Rechnung am Schluss aufgeht und die Leute ihren Spass haben. Wir veranstalten kein Konzert, sondern ein Fest. Alle arbeiten ehrenamtlich und wir haben dadurch die Kosten im Griff. Also versuchen wir zahlbare Acts zu bekommen und uns nicht in Wünschen und Träumen zu verlieren.

bm: Ehrenamtlich ist eine gute Überleitung zur nächsten Frage. Du hast seit Jahrzehnten treue Mitstreiter, wenn es um die Unterstützung zur Durchführung des Anlasses geht. Was ist dein Geheimnis, dass die Helfer dir die Stange halten? Enthusiasmus und Herzblut ist klar, aber das reicht doch heute nicht mehr.
HPM: Doch. Ich glaube es ist genau diese Fairness, die Überzeugung und die Freude an der Sache. Wir veranstalten unseren Anlass nicht nur als kommerzielles Fest, sondern vor allem aus Überzeugung. Das wirkt sich dann eben auf die Treue der Helfer aus. Meine
Tochter Yvonne ist heute OK Präsidentin und auch sonst arbeitet die ganze Familie mit. Unsere Helferkasse ermöglicht es zudem, dass wir regelmässig die aktiven Mitarbeiter belohnen können.

bm: Viele gute und traditionelle Anlässe sind aus der Country Szene verschwunden. Auch du könntest dein Festival wohl nur mit Pop-Rock und Volksmusik weiter betreiben. Hat die Schweizer Country Szene ein Problem und warum bleibst du der Country Music treu?
HPM: Wir haben primär Freude daran, Veranstaltungen zu organisieren. Damals, 1963, als die „Ära Müller“ anfing, waren wir drei Kollegen gleichen Alters und mit der gleichen Philosophie: Spass daran haben, einen tollen Anlass auf die Beine zu stellen. Heute gibt es massenweise so genannte Event Manager, die als einziges Ziel den kommerziellen Erfolg haben. Dass Anlässe verschwinden liegt meiner Meinung auch daran, dass zu wenig in Werbung und Professionalität investiert wird. Wenn du eine teure Infrastruktur hast, alle Helfer bezahlen musst und die Leute wegbleiben, hast du ein Problem. Du musst den Anlass jedes Mal neu verkaufen. Klar hatten wir in den Jahren seit 1985 – solange führen wir die Country Night nun schon im Programm – auch Zweifel, ob uns die Besucher in dieser Sparte die Treue halten. Aber durch unsere besondere Struktur – Pop-Rock am Freitag, Country am Samstag und Oktoberfest am Sonntag konnten wir immer wieder ausgleichen. Mal war der Pop-Rock Anlass besser besucht, mal die Country Night. Aber solange es, wie dieses Jahr auch wieder, im Vorverkauf so gut läuft, halten wir daran fest.

bm: Kannst du dich an die verrückteste Geschichte erinnern, die dir in deiner Zeit als Festival Organisator passiert ist?
HPM: Eigentlich sind es zwei. 1993 hatten wir an der Rock Night die Gruppe Pur sowie als Headliner Manfred Mann. Pur hatten das Gefühl, wir könnten sie nicht bezahlen und wollten Vorkasse. Danach wollten sie gar nicht auftreten, weil Manfred Mann als Hauptact geführt wurde. Und letztlich stritten sie sich wegen der Technik. Das war einen Moment lang kritisch. Zweitens erinnere ich mich an
1986 mit dem ersten Auftritt von Truck Stop. Da ging es bei uns etwas rauher zu als heute. Wir hatten jede Menge zerstörte Tisch- und Bankgarnituren. Eine Zeit lang befürchteten wir, dass uns kein Lieferant mehr das notwendige Mobiliar zur Verfügung stellen würde.

bm: Viele deiner Acts sind „Wiederholungstäter“ in Sachen Auftritt in Schupfart, so Truck Stop oder Uriah Heep. Wie wählst du deine Künstler aus? Ausschliesslich nach Wünschen des Publikums und der Zahlbarkeit der Gagen?
HPM: Das Hauptproblem heute, vor allem im Pop-Rock Bereich, ist die Verfügbarkeit der Acts um Ende September. Viele sind auf Tournee oder sonst wie besetzt. Zudem wollen wir Acts, die nicht schon in den Wochen vorher oder nachher an andern Anlässen auftreten. Bezüglich Wiederholungstäter frage ich mich manchmal selbst, ob wir zum Beispiel wirklich schon wieder Truck Stop bringen sollen. Aber die Leute fordern diese Acts immer wieder und wir tragen den Publikumswünschen Rechnung.

bm: Welches Ereignis an deinem Festival war für dich das Schönste und gab es auch eines, das du am liebsten vergessen würdest?
HPM: Das Grösste für mich war 1964, als es uns gelang, Hazy Osterwald zu verpflichten. Dazu muss man wissen, dass Hazy damals für die Schweiz das war, was nachher die Beatles für die Welt wurden. Der absolute Megastar. Als er das Festhalle sah, wollte er eigentlich gleich wieder nach Hause fahren, aber wir überzeugten ihn letztlich doch, aufzutreten. Und das tat er dann gleich zweimal hintereinander am Samstag und am Sonntag. Ich bin in der glücklichen Lage, dass es in all diesen Jahren eigentlich keine Situation gab, die ich am liebsten vergessen würde. Da muss ich schon auf die Motocross Zeiten zurück greifen, als es während eines Anlasses einmal drei Tage hintereinander regnete und wir alle im Schlamm versanken.

bm: Freude, Idealismus und Glück sind euer Festival Motto. Worauf achtest du sonst noch in deinem Leben?
HPM: Künftig sollte ich vielleicht mehr auf meine Gesundheit achten und darauf, dass ich meine Freizeit mit Reisen oder anderen angenehmen Dingen verbringe. Das kam in den Jahren meiner Berufstätigkeit zeitweise schon zu kurz. Obwohl es mir, meiner Meinung
nach, meist gelungen ist, Business und Privates sinnvoll mit einander zu verbinden. Über die Anlässe lernte ich Verkaufen und Organisieren, was mir in meiner berufliche Karriere wiederum zu Gute kam.

bm: Wenn du ein Interview mit Hanspeter Müller führen würdest, welche Frage stellst du ihm, die ich nicht gestellt habe?
HPM: Vielleicht warum ich nach all den Jahren das Ganze immer noch mit einer solchen Energie zum Hauptthema meines Lebens machen kann…
bm: …und die Antwort?
HPM: Für mich war und ist der treibende Faktor der, dass tausende von Leuten Spass und Freude haben an unserer Veranstaltung. Dies bringt mich immer wieder dazu, weiter zu machen.

bm: Ein ausgezeichneter Schlusspunkt. Ich bedanke mich für das Interview und wünsche dir und deinem Team weiterhin viel Erfolg.