Interview mit Rebecca Stone, Radio DJ at WSM-FM 95.5

© March 2003 / Bruno Michel

 

Das Erbe des „legendären“ Slam Duncan anzutreten, der vor einigen Jahren die DJ Aera im Albisgüetli eröffnete, ist schwierig. Kevin hatte es noch gut hingekriegt, während man über Bama im letzten Jahr geteilter Meinung sein kann. Doch in diesem Jahr fand Slam seine wahre Nachfolgerin. Rebecca Stone spielte nicht nur Pausenmusik während des Festivals. Sie moderierte, machte muntere Ansagen und nannte in kürzester Zeit alle im Güetli tätigen Leute beim Namen, inklusive der stetig wechselnden Losverkäufer. Dazu gut durchmischte Musik, selten doppelt gespielte Songs und viel Charme. Am Anfang noch eher schüchtern, kam sie zunehmend in Fahrt. Was lag da näher, als mit dieser jungen Dame ein Interview zu führen.

 

bm: Rebecca Stone. Ist das Dein wirklicher Name?`

RS: Das ist er. Kein Künstlername, so echt wie ich.

 

bm: Hattest Du bei Deiner Geburt schon einen Tonträger in der Hand, oder wie kamst Du ins DJ Geschäft?

RS: Manchmal glaube ich das selber. Ich habe sofort nach der High School beim Radio angefangen. Das war 1991, in meinem ersten Jahr im College. Ich studierte zwar Fotografie, belegte aber als Nebenfach diesen Sprechkurs, der bei einer Radiostation durchgeführt wurde. Ich mochte das Umfeld beim Radio von Anfang an, und so bin ich dabeigeblieben. Es war eine Oldies Station in meiner Heimat, Dallas, TX. Am Anfang war’s natürlich schwierig. Morgens um vier raus, das Musikprogramm zusammensuchen für die DJs und aushelfen, wo immer ich gebraucht wurde. Seit zwei Jahren arbeite ich bei einer Station in Nashville.

 

bm: Über 2'500 Country Sender in USA streiten um Marktanteile. Wie hast Du Deinen Sender gefunden und wie wichtig ist er im Geschäft?

RS: In Dallas arbeitete ich sieben Jahre beim damaligen Nummer-1 Countrysender. Als ich mich für Nashville entschied, kannte ich natürlich meinen heutigen Sender, WSM, der für seine lange Geschichte und seinen Einfluss im Country Music Business bekannt ist. Ich arbeite für WSM-FM 95.5, helfe aber auch bei WSM-AM 650 aus (Bem.: diesen Sender könnt Ihr über Internet hören).

 

bm: Warum eigentlich Nashville und nicht, zum Beispiel, Waco 100 in Texas?

RS: Ich wollte einfach mal was neues erleben. In Dallas traf ich im Rahmen meiner Arbeit viele Leute aus Nashville. Ich hatte bei Country-, Oldies- und Kindersendern gearbeitet. Also wollte ich mal raus aus meinem Staat und das Geschäft in der Country-Hauptstadt kennen lernen.

 

bm: Wie sieht Dein Wochenplan aus? Was machst Du, wenn mal grade keine Sendung ist?

RS: Ich spiele Theater in Nashville. In sechs Stücken habe ich schon mitgespielt. Da muss ich natürlich viel lernen, wenn ich gerade mal nicht beim Radio arbeite. Und dann natürlich Fotografieren. In diesem Fach habe ich meinen College Abschluss gemacht und fotografiere, so oft ich Zeit dazu habe.

 

bm: Wie lange bist Du täglich auf Sendung?
RS: Unterschiedlich, aber meistens so vier bis sechs Stunden pro Tag. Wenn mal das Personal knapp ist, muss ich auch öfter ran. Allerdings nicht regelmässig, manchmal sind es sieben Tage die Woche, manchmal nur drei. Ich muss also meinen Plan gut studieren, damit ich die andern Aktivitäten danach ausrichten kann.

 

bm: Gibt es etwas, dass Du an Deinem Job hasst oder nicht so gerne machst?

RS: Nun, das Geschäft ist hart. Wenn die Ratings der Hörer nicht stimmen, bist Du raus. Vor meiner Reise in die Schweiz haben sie gerade wieder zehn Leute entlassen. Ich kannte sie alle und es ist hart, wenn so viele Deiner Kollegen plötzlich weg sind.

 

bm: Du spielst hier sehr abwechslungsreiche Musik verschiedener Stilrichtungen. Wer ist Dein persönlicher Liebling und warum?

RS: Ich mag viele der neuen Künstler die den „alten“ Sound spielen. Also traditionelle Country Music, neu verpackt. Beispielsweise Darryl Worley, Blake Shelton, Trick Pony usw. Den wirklich traditionellen Sound.


bm: Wie sieht’s mit “Deinen” Texanern aus? Da gibt es doch jede Menge gute Künstler.

RS: Ja, die mag ich sehr. Aber man hört nie was von ihnen. Texas ist so gross, dass sie sich im eigenen Staat zwar gut über Wasser halten können, aber es ist eben nicht der kommerzielle Sound und darum gelangt er kaum über die Staatsgrenzen hinaus. In Nashville kann ich die jedenfalls nicht spielen.

 

bm: Wie siehst Du die kommerzielle Entwicklung der Country Music verbunden mit der Tatsache, dass ein enormer Verkaufsdruck auf den Künstlern lastet?

RS: Es ist schlimm. Auch Carl Ray und Ty Herndon haben erst kürzlich ihre Verträge verloren. Ich sehe das nicht gern. Aber so ist das Business leider.

 

bm: Es sind gerade die Radiostationen, die über „Make or Break“ in der Karriere eines Künstlers entscheiden. Wie gehst Du persönlich mit dieser „Verantwortung“ um?

RS: Ich kann meine Sendungen nicht selber zusammen stellen, das macht der Musikdirektor. Die Vorgaben stehen. Nachts, wenn der Boss nicht da ist, habe ich manchmal Gelegenheit, einen oder zwei Songs einzuschmuggeln. Aber tagsüber, wenn alle zuhören, ist da kein Spielraum. Es ist manchmal schwierig, wenn Du Musik spielen musst, die Dir selber eigentlich nicht passt. Trotzdem musst Du aber positiv moderieren. In Texas hatte ich da mehr Freiheiten.

 

bm: Hast Du in Deinem Leben je einen Ratschlag bekommen, den Du nie vergessen wirst?

RS: Vielleicht von meinem Vater. Ich schätze ihn sehr und er hat mir schon viele gute Ratschläge erteilt, die sich meistens auch positiv bemerkbar gemacht haben. Aber einen speziellen Ratschlag kann ich nicht nennen.

 

bm: Was wäre aus Rebecca Stone geworden, wenn sie nicht zum Radio gegangen wäre?`

RS: Das frage ich mich selber oft genug: Was mache ich als Nächstes? Ich bin nun elf Jahre beim Radio, irgend wann muss ich was Neues machen. Theater ist so eine zweite Schiene, die ich verfolge...

 

bm: …Hollywood als nächste Station?
RS: Nein, nein. Ich bin zwar ein kreativer Mensch, male, fotografiere, spiele Theater. Aber ich werde wohl immer auf der Seite der hungernden Künstler bleiben (lacht).

 

bm: Wie kamst Du zu Deinem Gastspiel in der Schweiz und wie findest Du es hier – ehrlich, keine Promostatements?

RS: Bama, der die Show letztes Jahr machte, hat meinen Namen ins Spiel gebracht. Ich hatte in Nashville schon mit ihm zusammen gearbeitet. Diesmal wollten sie eine Frau, und Jay Barron hat sich für mich entschieden. Euer Land liebe ich. So viele verschiedene Musikrichtungen, die von den Schweizer und Europäischen Bands gespielt werden. Und die wenigen Orte, die ich besuchen durfte, haben mir sehr gefallen. Leider muss ich danach gleich wieder zurück und weiter Geld verdienen.

 

bm: Du findest Aladin’s Wunderlampe und der Geist erfüllt Dir drei Wünsche. Welche sind das?

RS: (denkt nach). Das kann ich nicht aus dem Stegreif beantworten. Ich freue mich jeden Tag am Leben. Viele Pläne mache ich nicht. Klar, das übliche wie Gesundheit und Zufriedenheit für meine Familie, aber sonst? Keine Ahnung.

 

bm: Wenn Du ein Interview mit Rebecca Stone führen würdest, welche Frage stellst Du ihr, die ich nicht gestellt habe?

RS: Ich dachte, das wird ein einfaches Interview. Aber bei diesen Fragen muss ich ja nachdenken (lacht). Das artet in Arbeit aus. Eigentlich hast Du alle Bereiche angesprochen. Mir fällt nichts mehr ein.


bm: Danke und weiterhin viel Spass in der Schweiz und hoffentlich sehen wir uns wieder bei einem der nächsten Festivals.