Interview mit Bonnie Jeanne Taylor

© April 1999 / Bruno Michel

 

Miami und Texas prägten Bonnie‘s erste 30 Lebensjahre. Country und Old Time Jazz waren dabei die musikalischen Zutaten. Mit zwölf Jahren begann sie, Gitarre zu spielen. Nach ihrer Heirat hängte sie die Musik vorübergehend an den Nagel. 1982 zog sie in die Schweiz, und ab 1988 begann sie, sich voll auf ihre Karriere als Sängerin zu konzentrieren.

 

Wer Bonnie reden hört, glaubt zuerst, eine waschechte Baselbieterin vor sich zu haben, so gut hat sie mittlerweile den örtlichen Dialekt drauf. Kaum fällt aber im Gespräch ein englischer Fetzen, ist es geschehen. Ein wahres Feuerwerk in englischer Sprache entzündet sich. Man kommt nicht umhin, sich näher mit dieser Frau zu befassen. Was bewegt sie, was motiviert sie im Musikgeschäft und – warum bloss – ist sie eine der mittlerweile zahlreichen AmerikanerInnen im Country Music Business, die sich unser Land für ihr Leben ausgesucht haben?

 

bm: Bonnie, warum hast Du Dein Leben und Deine musikalische Karriere nicht in den USA  weitergeführt?

BJT: Ich lernte einen Mann kennen, einen Schweizer, der damals in den USA lebte. Zeit für die Musik hatte ich in jenen Jahren aufgrund anderer Prioritäten nicht mehr. Mein Partner und ich zogen zusammen in die Schweiz. Wir hatten eine tolle Zeit, er war ein wunderbarer Mensch, der leider einige Jahre später schwer krank wurde. Die Musik half mir, meine Gefühle auszudrücken, und ich begann, mich wieder verstärkt auf die Musik zu konzentrieren.

 

bm: Was waren Deine ersten Eindrücke von unserm Land?

BJT: Damals? Sauber, gepflegt, kein Plastikbesteck und keine sichtbare Kriminalität. Leider ist das heute nicht mehr ganz der Fall. Aber nach wie vor liebe ich die Schweiz, vor allem, weil dieses kleine Land mit den unterschiedlichsten Leuten aus mehreren Sprachregionen einen Staat bildet, der sich bisher fast immer aus den negativen Schlagzeilen heraushalten konnte. Ich denke, das ist eine grossartige Leistung.

 

bm: Du bist musikalisch sehr vielseitig, hast in Big Bands, Rockgruppen, Swingbands und klassischen Formationen gespielt. Neben Deiner Liebe zum Old Time Jazz siehst Du heute aber Deine Wurzeln in der Country Music und verfolgst nun auch konsequent diese Musikrichtung. Warum dieser Entscheid?

BJT: Ich hatte meine Wurzeln immer in der Country Music…

 

bm:moment, Du stammst aus Miami, Florida!

BJT: Schon, aber meine Eltern hatten ein Wochenendhaus in Nordflorida. Wir verbrachten viele Wochenenden dort, und das einzige was Du hören konntest, war Südstaatendialekt und Country Music. Also wurde ich quasi grossgezogen mit dieser Musik im Hintergrund. Später zogen meine Eltern dann definitiv in dieses Haus und ich nach Texas. Meine Country-Wurzeln sind also keine Erfindung, sondern Realität, auch wenn ich viele Jahre andere Musikstile ebenfalls pflegte.

 

bm: Auf Deiner CD Taylor Made sind ausschliesslich Fremdkompositionen. Schreibst Du auch selber?

BJT: Früher schon. Aber ich musste aufhören, weil ich zuviel um die Ohren hatte. Ich kann nicht wie viele Songschreiber, einfach vor mich hin komponieren. Ich muss konzentriert sein. Einen Song, den ich einmal geschrieben habe, möchte ich nicht mehr verändern müssen, nur weil ich unkonzentriert bei der Arbeit war. In Zukunft würde ich gerne wieder mit dem Schreiben beginnen.

 

bm: Was ist für Dich in einem Song wichtiger? Die Worte oder die Musik?

BJT: Worte, definitiv. Mit den Worten erzählst Du die Geschichte. Die Musik kann diese Geschichte fröhlich oder traurig untermalen.

 

bm: Hast Du einen bestimmten Song, der all Deine Talente am besten zeigt?
BJT: Eigentlich nicht. Ich habe soviele Emotionen, die ich in meinen Songs verarbeiten will. Mein Talent besteht gerade darin, dass ich einen Song, egal aus welcher musikalischen Sparte, anhören und sogleich singen kann. Ich glaube nicht, dass ich meine Talente auf einen einzigen Song reduzieren könnte.

 

bm: Welches Image willst Du Deinem Publikum vermitteln?
BJT: Ich will das Image einer Entertainerin aufbauen. Viele Leute glauben, dass, wenn Du in einer bestimmten Sparte aktiv bist, Du Dich nicht in andere Bereiche wagen darfst. Stimmt für mich nicht. Ich liebe Musik im weitesten Sinn und möchte diese Musik auch vermitteln. Warum nicht mal experimentieren.

 

bm: Was für Musik hörst Du Dir privat zu Hause am liebsten an?
BJT: Country. Ehrlich. Aber auch gemischte Alben aus den sechziger und siebziger Jahren aus den Sparten Pop oder Rock.

 

bm: Du lebst nun seit über 10 Jahren in der Musikszene Schweiz, und seit einigen Jahren auch in der Country-Szene. Viele Country-Musiker beklagen sich über rückläufige Auftrittsmöglichkeiten. Was müsste sich nach Deiner Meinung ändern, um die Country Szene wieder zu beleben?

BJT: Arbeiten statt klagen, das ist mein Motto. Ich bin in der glücklichen Lage, dass mir meine Auftritte den Lebensunterhalt finanzieren. Allerdings muss ich, um einen Auftritt zu erhalten, wesentlich mehr Aufwand betreiben als früher. Die Anzahl Gruppen, welche Du als Veranstalter buchen kannst, hat sich durch das Internet vervielfacht. Ich kenne Veranstalter, die buchen eine Gruppe, weil sie eine ansprechende Homepage hat. Damit erhöht sich Deine „Konkurrenz“ und somit liegt’s an Dir und Deinem Engagement, wie gut’s Dir geht. Viele Leute beklagen sich, dass es schlecht läuft…und warten auf den nächsten Gig. So funktioniert’s nicht. Wie überall, steckt auch hier harte Arbeit hinter dem Erfolg.

 

bm: Was tust Du heute dafür, dass der Act Bonnie Jeanne Taylor in zehn Jahren noch ebenso gefragt ist wie heute?
BJT: Mich anpassen und weiter entwickeln. Ich stelle fest, dass ich anstatt meine Setlisten durchzuspielen, an Auftritten vermehrt auf die Publikumswünsche eingehen muss. Warum nicht? Also stelle ich sicher, dass ich die aktuellen Songs aus den Charts kenne und singen kann. Ich muss flexibel bleiben, wenn ich mich auch künftig in diesem Geschäft behaupten will.

 

bm: Was wünschst Du Dir für Deine Zukunkt im privaten Bereich?
BJT: Meine heutige Gesundheit erhalten zu können. Als Kind war ich einige Zeit krank und auf den Rollstuhl angewiesen. Gemäss den Ärzten bleibt der Auslöser dieser Krankheit für immer in meinem Körper. Durch aktiven Sport habe ich die Krankheit besiegt. Einen möglichen erneuten Ausbruch kann ich nur verhindern, in dem ich gezielt an meiner Fitness arbeite. Bisher hat’s funktioniert und ich tue alles, damit das so bleibt. Ein weiterer Wunsch wäre, dass ich näher bei meiner Tochter sein kann. Sie ist 24 Jahre alt und lebt in Texas. Vielleicht zieht sie irgendwann auch mal in die Schweiz. Ansonsten bin ich wunschlos glücklich.

 

bm: Wenn Du ein Interview mit Bonnie Jeanne Taylor führen würdest, welche Frage stellst Du ihr, die ich nicht gestellt habe?

BJT: Hmm…keine Ahnung. Wir haben alle wichtigen Punkte angesprochen.

 

bm: Dann bedanke ich mich für das Gespräch.