Bühnenauftritt von Larry Thomas. Beim
ersten Blick aus Distanz auf den Sänger aus Kentucky denkt man, eine Garth-Books-Imitation vor sich zu haben. Dieser Eindruck
wird durch einige Showelemente und Einlagen nicht gerade gemindert. Sobald
Larry aber seine eigenen oder die Songs von Stars ’n Bars Gründer Matt Wegner anstimmt, dann wird klar, dass hier eine
eigenständige Persönlichkeit mit viel Energie und einem grossartigen Talent zum
Sänger und Showman auf der Bühne steht. Es gelingt ihm, eine enge Verbindung zu
seinem Publikum herzustellen, seine Bühnenshow ist energiegeladen und von hoher
Qualität. 150% Einsatz scheint das Motto von Larry und Matt zu sein. Dass
daneben die viel zu selten eingeflochtenen Balladen genauso überzeugen können,
spricht ebenso für die Vielseitigkeit der Band wie des Sängers.
bm: In
Kentucky lernt man nicht unbedingt, die energiegeladene, eher moderne Countrymusik zu spielen. Wer hat Dich und Deinen Showstil
beeinflusst und warum?
LT: Ich denke nicht, dass
Country Music in Kentucky anders ist als sonst wo in Amerika. Viele Künstler
stammen aus Kentucky, so Dwight Yoakam oder John
Michael Montgomery. Und die sind alles andere als typisch. Aber es ist richtig,
dass Country Music in Kentucky viele ihrer Wurzeln hat und grosse Stars wie
Loretta Lynn oder Ricky Skaggs hervorgebracht.
Beeinflusst haben mich viele Formen der Country Music. Aber ich versuche
niemanden zu imitieren. Ich geh einfach raus auf die Bühne und will mit der
Band Spass haben. Wenn’s mal keinen Spass mehr macht und zur Arbeit wird, höre
ich auf.
bm: Wie
kamst Du auf die Idee, nach Europa zu ziehen?
LT: Vor vielen Jahren, während einer Tour
mit T. Graham Brown, traf ich meinen heutigen Partner Matt Wegner
in Texas. Er fragte mich, ob ich nicht nach Europa kommen wolle, da die Country
Music dort einen grossen Aufschwung erlebe. Einige Zeit später bin ich seinem
Rat gefolgt.
bm: Und
die Verbindung zu Stars ’n Bars?
LT: Begann auch in Texas.
Matt nahm in Nashville Material für seine Produktion auf, und ging damit zurück
nach Deutschland. Er arbeitete damals noch mit einem andern Sänger (Red.: Chuck
Drum), aber der kam seinen Verpflichtungen nicht mehr nach. So bekam ich Matt’s Anruf und ging nach Europa.
Was am Anfang als Aushilfe gedacht war, wurde zum Vollzeitjob.
bm: Country
Music ist hier zu Lande immer noch eine Minderheitenmusik, ganz im Gegensatz zu
Deiner Heimat. Wo siehst Du sonst noch wesentliche Unterschiede zum
europäischen Publikum?
LT: Es gibt sowohl positive als auch
negative Unterschiede. Die Europäer schätzen Dich mehr als die Amerikaner. Die
Europäer freuen sich, wenn’s eine tolle Show gibt, die Amerikaner erwarten das
von vornherein. Auf der negativen Seite in Europa stehen die grossen
Radiostationen. Wenn die Radioleute ihre Voreingenommenheit ablegen und mehr
moderne Country Music spielen würden, wären sie überrascht, wie viele positivie Hörer-Reaktionen sie aus allen Altersschichten
bekämen. Ich hab an Anlässen gespielt, wo sich ein paar Techno
Fans aufhielten, die gerade nichts besseres zu tun
hatten. Nach dem Konzert meinten sie „Wow, ich wusste
gar nicht, dass Country Music so viel Spass machen kann. Wo spielst Du als
nächstes?“. Das ist für mich sehr befriedigend.
bm: Du
schreibst viele Songs selber. Was ist wichtiger in einem Lied, der Text oder
die Musik?
LT: Beides ist wichtig. Wenn Du einen guten
Text hast aber schlechte Musik, hört keiner hin. Umgekehrt schalten die Zuhörer
ebenfalls ab. Es hängt alles vom Songwriter ab.
Deshalb brauchen einige Songs dreissig Minuten, andere sechs Monate, bis sie
fertig geschrieben sind.
bm: Mit
Matt Wegner hast Du einen starken Schreibpartner und
Musikerkollegen. Inspiriert Ihr Euch gegenseitig zu neuen Songs, oder was
bringt Dich auf die Themen und Ideen?
LT: Matt ist ein excellenter
Songschreiber und schreibt die besseren Texte als ich. Ich kümmere mich immer
zuerst um die Melodie. Drum bilden wir ein starkes Team, das sich gegenseitig
inspiriert und weiterhilft. Wir haben laufend neue Ideen aus dem täglichen
Leben. Auf unserer CD Waiting For The Riders ist jeder Song eine wahre Story. Zum Beispiel Shot Dooley, ein Lied über den County Sheriff in meiner Heimatstadt. Er heisst wirklich so
und ist Sheriff seit ich mich erinnern kann. Jeder kennt den Mann und nun ist
der Song ein grosser Hit in Bullitt County, Kentucky.
bm: Woran
liegt es Deiner Meinung nach, dass in der Schweiz viele Festivals „wegsterben“?
LT: Ich wusste nicht, dass
dies so ist. Aber ich glaube, dass viele Festivals sich schlecht vermarkten und
manchmal auch schlechte Musiker engagieren. Radiostationen sollten mehr Werbung
machen und Festival Promoters sollten aufhören, kurzfristig Geld sparen zu
wollen, in dem sie schlechte Musiker engagieren. Aber dieses Problem existiert
sicher nicht nur in der Schweiz.
bm: Wie
kann man der Country Szene Schweiz neuen Schwung verleihen?
LT: Wie gesagt: Mehr Radiosendungen mit
guter, moderner Country Music und die Werbung verstärken.
bm: Gibt
es ausser Musik und Bühnenauftritten noch andere Schwerpunkte in Deinem Leben?
LT: Die meiste Zeit
verbringe ich mit Musik und Auftritten. Matt und ich haben noch einen Songwriter Vertrag in Nashville und müssen
pro Jahr eine bestimmte Anzahl Songs abliefern. Dann habe ich eine Firma für
Musikvertrieb und Matt besitzt ein Musikgeschäft. Ebenso betätigen wir uns als
Produzenten. Also bleibt ziemlich wenig Zeit für andere Dinge. In Europa bin
ich etwa acht Monate im Jahr. Die restliche Zeit in USA, davon viel auf meiner
Ranch in Kentucky. Dort besuche ich Verwandte und kümmere mich um die Pferde.
Die Ranch steht übrigens zum Verkauf. In den USA werde ich während meiner
Abwesenheit von meiner Schwester vertreten, die sich um alles kümmert.
bm: Was
tust Du heute dafür, dass Larry Thomas auch in zehn Jahren noch ein gefragter Act ist?
LT: Ich bin nicht sicher, ob ich in zehn
Jahren überhaupt noch dieses Leben führen will. Ich bin älter als viele denken.
Ich lebe und spiele heute. Wir werden sehen, was das Morgen bringt.
bm: Du
findest die Wunderlampe. Welche drei Wünsche soll Dir Aladdin
erfüllen?
LT: Gute Freunde, Gesundheit und glücklich
sein. So einfach ist das.
bm: Wenn
Du ein Interview mit Larry Thomas f’ühren würdest,
welche Frage stellst Du, die ich nicht gestellt habe?
LT: Warum schwitzt Du wie blöd auf der Bühne?`Und die Antwort ist: Weil
ich alt bin, und alte Leute schwitzen viel, wenn sie sich anstrengen.