Interview mit Larry Thomas

© April 2000 / Bruno Michel

 

Bühnenauftritt von Larry Thomas. Beim ersten Blick aus Distanz auf den Sänger aus Kentucky denkt man, eine Garth-Books-Imitation vor sich zu haben. Dieser Eindruck wird durch einige Showelemente und Einlagen nicht gerade gemindert. Sobald Larry aber seine eigenen oder die Songs von Stars ’n Bars Gründer Matt Wegner anstimmt, dann wird klar, dass hier eine eigenständige Persönlichkeit mit viel Energie und einem grossartigen Talent zum Sänger und Showman auf der Bühne steht. Es gelingt ihm, eine enge Verbindung zu seinem Publikum herzustellen, seine Bühnenshow ist energiegeladen und von hoher Qualität. 150% Einsatz scheint das Motto von Larry und Matt zu sein. Dass daneben die viel zu selten eingeflochtenen Balladen genauso überzeugen können, spricht ebenso für die Vielseitigkeit der Band wie des Sängers.

 

bm: In Kentucky lernt man nicht unbedingt, die energiegeladene, eher moderne Countrymusik zu spielen. Wer hat Dich und Deinen Showstil beeinflusst und warum?

LT: Ich denke nicht, dass Country Music in Kentucky anders ist als sonst wo in Amerika. Viele Künstler stammen aus Kentucky, so Dwight Yoakam oder John Michael Montgomery. Und die sind alles andere als typisch. Aber es ist richtig, dass Country Music in Kentucky viele ihrer Wurzeln hat und grosse Stars wie Loretta Lynn oder Ricky Skaggs hervorgebracht. Beeinflusst haben mich viele Formen der Country Music. Aber ich versuche niemanden zu imitieren. Ich geh einfach raus auf die Bühne und will mit der Band Spass haben. Wenn’s mal keinen Spass mehr macht und zur Arbeit wird, höre ich auf.

 

bm: Wie kamst Du auf die Idee, nach Europa zu ziehen?
LT: Vor vielen Jahren, während einer Tour mit T. Graham Brown, traf ich meinen heutigen Partner Matt Wegner in Texas. Er fragte mich, ob ich nicht nach Europa kommen wolle, da die Country Music dort einen grossen Aufschwung erlebe. Einige Zeit später bin ich seinem Rat gefolgt.

 

bm: Und die Verbindung zu Stars ’n Bars?

LT: Begann auch in Texas. Matt nahm in Nashville Material für seine Produktion auf, und ging damit zurück nach Deutschland. Er arbeitete damals noch mit einem andern Sänger (Red.: Chuck Drum), aber der kam seinen Verpflichtungen nicht mehr nach. So bekam ich Matt’s Anruf und ging nach Europa. Was am Anfang als Aushilfe gedacht war, wurde zum Vollzeitjob.

 

bm: Country Music ist hier zu Lande immer noch eine Minderheitenmusik, ganz im Gegensatz zu Deiner Heimat. Wo siehst Du sonst noch wesentliche Unterschiede zum europäischen Publikum?
LT: Es gibt sowohl positive als auch negative Unterschiede. Die Europäer schätzen Dich mehr als die Amerikaner. Die Europäer freuen sich, wenn’s eine tolle Show gibt, die Amerikaner erwarten das von vornherein. Auf der negativen Seite in Europa stehen die grossen Radiostationen. Wenn die Radioleute ihre Voreingenommenheit ablegen und mehr moderne Country Music spielen würden, wären sie überrascht, wie viele positivie Hörer-Reaktionen sie aus allen Altersschichten bekämen. Ich hab an Anlässen gespielt, wo sich ein paar Techno Fans aufhielten, die gerade nichts besseres zu tun hatten. Nach dem Konzert meinten sie „Wow, ich wusste gar nicht, dass Country Music so viel Spass machen kann. Wo spielst Du als nächstes?“. Das ist für mich sehr befriedigend.

 

bm: Du schreibst viele Songs selber. Was ist wichtiger in einem Lied, der Text oder die Musik?
LT: Beides ist wichtig. Wenn Du einen guten Text hast aber schlechte Musik, hört keiner hin. Umgekehrt schalten die Zuhörer ebenfalls ab. Es hängt alles vom Songwriter ab. Deshalb brauchen einige Songs dreissig Minuten, andere sechs Monate, bis sie fertig geschrieben sind.

 

bm: Mit Matt Wegner hast Du einen starken Schreibpartner und Musikerkollegen. Inspiriert Ihr Euch gegenseitig zu neuen Songs, oder was bringt Dich auf die Themen und Ideen?
LT: Matt ist ein excellenter Songschreiber und schreibt die besseren Texte als ich. Ich kümmere mich immer zuerst um die Melodie. Drum bilden wir ein starkes Team, das sich gegenseitig inspiriert und weiterhilft. Wir haben laufend neue Ideen aus dem täglichen Leben. Auf unserer CD Waiting For The Riders ist jeder Song eine wahre Story. Zum Beispiel Shot Dooley, ein Lied über den County Sheriff in meiner Heimatstadt. Er heisst wirklich so und ist Sheriff seit ich mich erinnern kann. Jeder kennt den Mann und nun ist der Song ein grosser Hit in Bullitt County, Kentucky.

 

bm: Woran liegt es Deiner Meinung nach, dass in der Schweiz viele Festivals „wegsterben“?

LT: Ich wusste nicht, dass dies so ist. Aber ich glaube, dass viele Festivals sich schlecht vermarkten und manchmal auch schlechte Musiker engagieren. Radiostationen sollten mehr Werbung machen und Festival Promoters sollten aufhören, kurzfristig Geld sparen zu wollen, in dem sie schlechte Musiker engagieren. Aber dieses Problem existiert sicher nicht nur in der Schweiz.

 

bm: Wie kann man der Country Szene Schweiz neuen Schwung verleihen?
LT: Wie gesagt: Mehr Radiosendungen mit guter, moderner Country Music und die Werbung verstärken.

 

bm: Gibt es ausser Musik und Bühnenauftritten noch andere Schwerpunkte in Deinem Leben?

LT: Die meiste Zeit verbringe ich mit Musik und Auftritten. Matt und ich haben noch einen Songwriter Vertrag in Nashville und müssen pro Jahr eine bestimmte Anzahl Songs abliefern. Dann habe ich eine Firma für Musikvertrieb und Matt besitzt ein Musikgeschäft. Ebenso betätigen wir uns als Produzenten. Also bleibt ziemlich wenig Zeit für andere Dinge. In Europa bin ich etwa acht Monate im Jahr. Die restliche Zeit in USA, davon viel auf meiner Ranch in Kentucky. Dort besuche ich Verwandte und kümmere mich um die Pferde. Die Ranch steht übrigens zum Verkauf. In den USA werde ich während meiner Abwesenheit von meiner Schwester vertreten, die sich um alles kümmert.

 

bm: Was tust Du heute dafür, dass Larry Thomas auch in zehn Jahren noch ein gefragter Act ist?
LT: Ich bin nicht sicher, ob ich in zehn Jahren überhaupt noch dieses Leben führen will. Ich bin älter als viele denken. Ich lebe und spiele heute. Wir werden sehen, was das Morgen bringt.

 

bm: Du findest die Wunderlampe. Welche drei Wünsche soll Dir Aladdin erfüllen?
LT: Gute Freunde, Gesundheit und glücklich sein. So einfach ist das.

 

bm: Wenn Du ein Interview mit Larry Thomas f’ühren würdest, welche Frage stellst Du, die ich nicht gestellt habe?
LT: Warum schwitzt Du wie blöd auf der Bühne?`Und die Antwort ist: Weil ich alt bin, und alte Leute schwitzen viel, wenn sie sich anstrengen.