Portrait Carlene Carter

© March 1998 / Bruno Michel; Fotos © 2006 by Bruno Michel & Tony Fischer

 

Rebecca Carlene Smith wurde am 26. September 1955 geboren. Sie ist verwandt mit vielen grossen Country Artisten. Die wichtigsten sind Maybelle Carter (Grossmutter), Carl Smith (Vater), June Carter (Mutter), Johnny Cash (Stiefvater), Goldie Smith (Stiefmutter), Roseanne Cash (Stiefschwester) und Ex-Mann Rodney Crowell.

 

Im Alter von sechs Jahren begann sie Piano und mit zehn Gitarre zu spielen. In der High School war sie Cheerleader und mit 15 flog sie von der Schule, weil sie schwanger war. Noch vor ihrem zwanzigsten Geburtstag war sie zum zweiten Mal verheiratet. Als sie einen Plattenvertrag mit Warner Brothers unterschrieb, änderte sie ihren Namen in Carlene Carter.

 

Über ihr Lebensziel befragt, antwortet sie ohne zu zögern : „Ich will, dass mich jeder kennt und ich nie langweilige Momente im Leben habe.“ Dieses Ziel hat sie bis heute wohl mehr als erreicht. Sie meint dazu „Ich habe im Leben wohl jede Situation erlebt und ausgekostet, die Du Dir im Laufe einer Sängerkarriere vorstellen kannst, und dann noch einige dazu. Ich bin berühmt dafür, anders als die andern zu sein (in Nashville nennen sie das „schwierig“). Oft war ich in den Schlagzeilen wegen meiner berühmten Verwandtschaft oder der Nashville-Gerüchteküche. Aber Bullshit bleibt Bullshit, unabhängig davon, wer ihn „serviert“, damit habe ich gelernt zu leben. Presseartikel messe ich an ihrer Länge, ohne sie zu lesen. Denn in einer Woche loben sie Dich in den Himmel und nächste Woche zerreissen sie Dich in der Luft. Der Hauptgrund für mich in diesem Geschäft zu sein, ist die Musik und die Auftritte. Das ist meine Passion und meine Berufung.“

 

1977 nahm sie ihr Debut Album Carlene Carter auf, welches sie zusammen mit Graham Parker‘s ehemaliger Band Rumour in England einspielte. 1979 kam die zweite Produktion Two Sides To Every Woman und sie heiratete – zum dritten – den britischen Rocker Nick Lowe, der später an ihren Alben Blue Nun (1980) und Musical Shapes (1981) mitarbeitete.

 

Sie verliess Warner Brothers 1982, wechselte zu Epic und nahm C‘ Est C‘ Bon auf, ein eher Pop-orientiertes Album. Sie sagte darüber „Eine gute Erfahrung, aber too pop for a country chick like me. Ich suche immer noch meinen Stil.“ Danach folgte eine schwierige Zeit, die sie lieber vergisst. Auf 1984 angesprochen meint sie „1984, was war das nochmal für ein Jahr ?“.

Sie beschloss danach, wieder die Kontrolle über ihr Leben zu übernehmen. In ihren Songs Guardian Angel und Change thematisiert sie diese Zeit.

 

1985 stand sie mit Pump Boys and Dinettes achtmal pro Woche in London auf der Bühne und lernte etwas neues dazu : „Üben macht Dich besser, Timing ist alles, und Plattenverträge fallen Dir nicht einfach in den Schoss, nur weil Du gerade einen haben willst. Nächstes Mal bin ich besser vorbereitet.“ Im folgenden Jahr zog sie zurück nach Nashville und tourte regelmässig mit der Carter Family. In der Musik ihrer Mutter und ihrer Tanten Helen und Anita fand sie die traditionellen Country Wurzeln, die ihren letzten Alben gefehlt hatten. Die Tourneen mit der Carter Family zogen sich bis 1987 hin.

 

Carlene begann 1988 in Los Angeles mit Howie Epstein an neuen Demos zu arbeiten. Nachdem sie den Song I Fell In Love an verschiedenen Orten präsentiert hatte, bekam sie von Jim Ed Norman in Nashville einen neuen Plattenvertrag. Im folgenden Jahr arbeitete sie mit Howie am gleichnamigen Album, das 1990 herauskam. Carlene war wieder da, und diesmal nannten sie es Country. Dieses Album brachte ihr eine Grammy Nomination als Best Female Vocalist und eine der Association of Country Music als Best New Female Vocalist ein. Der Titelsong erreichte Platz 2 in den Charts, und Come On Back wurde zu ihrer ersten Nummer 1.

 

Den Rest des Jahres sowie 1991 verbrachte sie mit Tourneen und einzelnen Auftritten. Zudem arbeitete sie am Nachfolge-Album Little Love Letters. Im folgenden Jahr schrieb sie mit dem Gitarristen Al Anderson den Titel Every Little Thing. Die Kooperation mit Al wurde zu „einer der besten Partnerschaften, die ich je mit einem Songwriter hatte.“ Es folgte ein höflicher Meinungsaustausch mit Warner Brothers über den Verspätungen und den Zeitpunkt der Veröffentlichung von Little Love Letters, der damit endete, dass sie zur Schwesterfirma Giant wechselte und das Album dort 1993 herausbrachte. Der Song Every Little Thing wurde Nummer 2 in den Billboard Charts, während I Love You Cause I Want To es nicht über Platz 20 hinaus schaffte. Im selben Jahr war sie Gastgeberin der Year End Count Down Sendungen auf CMT in den USA und in Europa.

 

1994 agierte sie zum erstenmal als Co-Produzentin beim Album Little Acts Of Treason, welches 1995 herauskam. Im selben Jahr schrieb sie die Scripts zur Sendung Circle Of Song, die sie bei TNN auch als Gastgeberin betreute. 1996 dann die All Female Headline Tour von Kraft in den USA : Carlene, Pam Tillis und Lorrie Morgan. Sie hatten eine Menge Spass zusammen und sammelten viel Geld für Wohltätigkeitszwecke. Ihr 96er Album Hindsight 20/20 (für 20 Jahre, 20 Songs) wird von Giant nicht in ihrem Sinne vermarketet. Sie ist enttäuscht, weil „Du ein solches Paket nicht jeden Tag veröffentlichen kannst.“ und verlässt Giant Records.

 

1997 war sie ohne Plattenvertrag aber mit vielen Auftritten, auch in der Schweiz. Sie schreibt ein Buch mit einer Begleit-CD, ist offen für neues, würde gern Videos mit andern Künstlern produzieren. Dazu schreibt wie immer neue Songs. Tourneen sind nach wie vor aktuell. Zusammen mit ihrem Freund Howie lebt sie mit drei Kindern, fünf Hunden und einer Katze entweder in Los Angeles, Santa Fe oder Nashville und plant die Ko-Produktion ihres nächsten Albums.

 

Carlene Carter, eine Frau die trotz ihrer berühmten Verwandtschaft um jede Anerkennung kämpfen muss und will. Eine Künstlerin, eigenständig, eigenwillig und eigensinnig, die als solche akzeptiert werden will und nicht als Tochter, Stieftochter oder Enkelin der Grossen dieser Country Music Welt. Trotz Höhen und Tiefen ist sie nicht kleinzukriegen. Auch 1998 wird sie uns wieder Auftritte in der Schweiz liefern, die beweisen, dass sie mehr kann, als ein grosses musikalisches Erbe weiterzugeben.