bm: Stephanie,
wie würdest Du Deine Musik jemandem beschreiben, der sie noch nie gehört hat ?
SB: Ich
bin mit den verschiedensten Stilrichtungen aufgewachsen. Am ehesten würde ich
sagen, dass meine Musik real, ehrlich ist. Jedes Lied das ich singe, hat mit
etwas zu tun, das ich selbst erlebt habe oder mit Themen, mit denen ich mich
identifizieren kann.
bm: Country
Musik befindet sich gegenwärtig auf einer phänomenalen Erfolgskurve. Warum
glaubst Du, ist Country Musik heute so populär ?
SB: Ich
glaube, aus dem selben Grund, aus dem diese Musik schon immer präsent war und
immer präsent sein wird : Sie ist offen und ehrlich. Die
meisten Country Musik Künstler sind Leute, die mit beiden Füssen auf dem Boden
stehen. Es gibt natürlich Ausnahmen zu jeder Regel, aber die meisten sind
einfach gute Kumpels. Das Publikum merkt, wenn jemand auf der Bühne steht, der
aus dem Herzen singt. Ich denke, dass Country Artisten, eben weil sie normale
Leute sind, dem Publikum das Gefühl geben, in einer familiären Athmosphäre zu
sein.
bm: Diese
Musik fasziniert heute ja auch vermehrt Menschen aus dem Popsektor, welche
normalerweise mit Country nichts am Hut haben.
SB: Richtig,
meiner Meinung nach, weil die Country Musik sich in den letzten Jahren stark
geöffnet hat. Heute sind auch “Experimente” erlaubt, was mich sehr zufrieden
stellt, weil ich – wie erwähnt – mit verschiedenen Musikrichtungen aufwuchs. Musik
sollte nicht überanalysiert werden und Labels bekommen wie :
Das ist keine Country Musik. Niemand kann sagen, ich sei nicht “Country”. Ich
bin mit Kühen vor dem Fenster aufgewachsen, Ich bin Country, aber trotzdem
erlaube ich mir manchmal, auszubrechen und andere Felder zu betreten. Ich wuchs
mit Musik von Barbara Streisand, den Carpenters, Charlie Rich oder James Taylor
auf. So haben mich eben die verschiedensten Leute beeinflusst.
bm: Früher
kannten wir diese Musik als Country & Western Music. Was denkst Du, ist mit
dem Western Teil passiert.
SB: Die
Zeiten haben sich einfach geändert. Möglicherweise, weil heute nicht mehr viele
Westernfilme produziert werden. Country ist im Westen der USA immer populär.
Die “Gene Autry Musik” ist wohl sehr verschieden zum heutigen Country, aber es
gibt auch heute noch Künstler, welche sowohl von Country als auch von Western
beeinflusst worden sind.
bm: Hast
Du einen Lieblingskünstler ?
SB: Oh,
so viele. Ich war ein grosser Judds-Fan und ich bin ein genau so grosser
Wynonna-Fan. James Taylor, Bonnie Raitt, die Carpenters aus den 70er Jahren. Meine
erste Platte die ich gespielt habe, bis sie kaputt war, war eine Single von
Charlie Rich “The Most Beautiful Girl In The World”. Dann George Jones, Patty
Loveless, oder von den jüngeren Musikern
Ty Herndon. Ich mag alle Künstler, die ihre Songs aus ihrem Innersten
vortragen.
bm: Auf
was schaust Du, wenn Du Material für ein neues Album auswählst
?
SB: Am
meisten darauf, dass es Songs sind, die von Erfahrungen handeln, die ich erlebt
habe, oder in denen ich mich wieder erkenne. Ich werde im April 34 Jahre alt,
also habe ich auch schon diverse Erfahrungen im Leben gemacht. Nicht immer nur
gute, aber wir lernen daraus und sind nachher hoffentlich klüger. Das Leben ist
nicht immer ein Zuckerlecken, also ist auch nicht jeder Song auf meinem Album
fröhlich. Nimm zum Beispiel meinen Song “Who’s That Girl”. Er handelt von einer
Frau, die eine schlechte Beziehung mit ihrem Partner hat. Als sie sich davon
endlich löst, hat sie aus den Erfahrungen gelernt, erkennt sich nachher kaum
selber wieder. Ich singe z.B. nicht über Kinder, weil ich keine habe. Der
Titelsong meines Albums “Hopechest” handelt zwar von einem Mädchen, das langsam
erwachsen wird. Es scheint mir, dass ich vor nicht allzu langer Zeit genau
diese Situation erlebt habe.Zum ersten Mal habe ich diesen Song in Nashville im
Bluebird Café gehört. Er hat mich so sehr berührt, dass ich entschieden habe,
ihn aufzunehmen.
bm: Hast
Du ein Lied, welches all Deine Talente demonstriert ?
SB: Möglicherweise “Once I Was The
Light In Your Life”. Dieser Song zeigt die
tiefsten Tiefen und die höchsten Höhen, welche ich zu singen vermag. Um ehrlich
zu sein, Live singe ich dieses Lied einen halben Ton tiefer als auf der Platte.
Ich schaffe es einfach nicht, jeden Abend diese extremen Unterschiede zu
singen, aber es ist immer noch eine beachtliche Bandbreite.
bm: Du
kennst sicher Garth Brooks. Er sagte einmal “Ein Lied ist eine
Drei-Minuten-Gelegenheit, der Welt etwas mitzuteilen.” Was ist Deine
“Mitteilung an die Welt” ?
SB: Ich
wünschte, ich würde Garth persönlich kennen. Meine Message ist
: Seid positiv. Egal wie hart es manchmal sein mag, an der nächsten Ecke
scheint wieder die Sonne. Es kommt auf Deine Einstellung zum Leben an. Wir sind
alles Menschen und die Musik ist eine Möglichkeit, Menschen zusammen zu bringen.
Musik ist Leben.
bm: Wer
hat Deine Karriere bis jetzt am meisten beinflusst ?
SB: Meine Eltern. Das wichtigste, was Eltern
ihren Kindern vermitteln können ist, an sich selber zu glauben. Sollte ich
einmal selber Kinder haben, hoffe ich, dass ich es genau so gut mache wie Mom
und Dad.. Musikalisch war es Fred Allen (Anm. d. Red. : siehe Portrait im NL Feb. 97). Er zog von New York nach
Thomasville, meine Heimatstadt. Stell Dir vor, zu Hause hatten wir 30’000
Einwohner und Fred brachte seine Familie von New York in unsere Stadt. Er
gründete dort die “Thomasville Music and Drama Troup”, in der ich und meine
Schwester Camille Mitglied wurden, sobald wir alt genug waren. Meine Eltern
gaben mir die Basis und Fred baute darauf auf. Er hat mir gezeigt, dass auch
die Träume von jemandem aus einer Kleinstadt wahr werden können.
bm: Wohin
soll Dich Deine Musik in Zukunft bringen ?
SB: Zur Zufriedenheit. Ich will einfach nur
glücklich und zufrieden sein. Sicher wäre ein Platin-Album ganz nett (lacht).
Sicher haben wir auch solche Ziele. Aber am wichtigsten ist, dass ich – egal
wie holprig der Weg ist – immer zufrieden bin, mit dem was ich erreicht habe.
bm: Was
in Deiner Karriere hat Dich bisher am meisten befriedigt ?
SB: Die
Möglichkeit, Menschen mit meiner Musik zu erreichen. Wenn Leute zu mir kommen,
und sagen : Dieses oder jenes Lied hat mich sehr
berührt, hat mich an eine Erfahrung aus meinem eigenen Leben erinnert.
bm: Was
hat Dir der Erfolg bisher gebracht ?
SB: Abgelaufene
Absätze (lacht)… Nein, ernsthaft, lernen aus dem Leben. Das wichtigste, das ich
im ersten Jahr im Musikgeschäft gelernt habe ist, dieses Business nicht
persönlich zu nehmen. Deine Gefühle können sonst leicht verletzt werden. Du
darfst Dich nicht mit andern vergleichen, Dich wundern, warum diese oder jene
Person erfolgreicher ist, als Du selbst. Nimm nie etwas persönlich, sonst gehst
Du irgendwann zugrunde. Deine Stimmung überträgt sich auf die Band und das
Publikum, also versuche mir immer selber zu sagen :
Egal was passiert, nimm’s nicht persönlich, arbeite hart und bleibe aufgestellt
und zufrieden. Dann kommt für jeden der richtige Moment.
bm: Hat
der Erfolg Dir etwas weggenommen ?
SB: Das, was Du in diesem Geschäft wohl am
meisten hörst. Wir sind viel unterwegs. Du hast wenig
Chancen, Dir ein privates Umfeld zu Hause aufzubauen. Deine Freunde, Deine
Kontakte, Dein Leben, alles spielt sich im Umfeld des Musikbusiness ab. Glücklicherweise
bin ich jemand, der gerne reist. Ich bin nicht verheiratet, habe zwar einen
Freund, aber verheiratet zu sein wäre in dieser Situation für mich eine zu
grosse Verpflichtung. Es wäre für mich schwieriger dauernd unterwegs zu sein,
hätte ich Familie und Kinder. Mein Hund Henry, ein West Highland Terrier,
begleitet mich überall hin, soweit wir den Tourbus benutzen können.
bm: Welchen
Anteil hat Glück in der Karriere eines Artisten ?
SB: Ich
glaube, Glück spielt manchmal eine grosse Rolle. Aber wenn Du mal etwas weniger
davon hast, musst Du hart gearbeitet haben und gut sein, um genügend Jobs zu
erhalten. Du kannst Dich also nicht alleine auf das Glück verlassen. Es ist das
Ganze, was zählt. Deine Persönlichkeit, Deine Stimme, Dein Verhalten in diesem
Business.
bm: Wenn
Du ein Interview mit Stephanie Bentley führen würdest, welche Frage würdest Du
ihr stellen, die ich nicht gestellt habe ?
SB: Oh
Gott, da muss ich nachdenken. Du hast wirklich vieles abgedeckt. Lass mich
überlegen. Ich weiss nicht, vielleicht : Was tue ich
in meiner Freizeit.
bm: Gut,
und was wäre die Antwort
SB: Ich
liebe Einkaufen in Brockenhäusern Antik- und Second-Hand Shops. Ich habe mein
erstes Haus vor etwa einem Jahr gekauft. Mein Geld reicht nicht immer für neue,
schöne, teure Möbel. Also suche ich mir, was mir gefällt an besagten Orten aus.
Das Zeug ist nicht immer in einem guten Zustand. Aber wenn ich’s für 20 Dollar
kriegen kann und neu streiche, sieht’s nicht schlecht aus. Mein Problem ist,
ich kann nichts wegschmeissen. Also lagere ich das alles, was ich gerade nicht
brauche in dem Zimmer, das ich nicht so oft nutze. Wahrscheinlich muss ich
selber mal einen Yardsale veranstalten und alles, was ich weggeben will, in den
Garten stellen. Was mag ich weiter ? Filme. Ich gehe
gern ins Kino oder in die Videothek. Relaxen, in den wenigen Tagen Freizeit.
Das ist in etwa alles.
bm: Stephanie,
vielen Dank für dieses Gespräch und weiterhin viel Erfolg.