Interview
mit Roger Brown – Country Singer/Songwriter aus
Roger Brown wohnt inmitten von Tulpen in Holland. Die Städte in
der Nähe seines heutigen Wohnorts heissen Vriesland, Zeeland,
Noordeloos usw. Trotzdem lebt er nicht in den
Niederlanden, sondern ziemlich weit davon entfernt. Die Stadt, gegründet 1847
von holländischen Einwanderern, liegt am Interstate
196 im US-Bundesstaat Michigan.
Einigen Schweizer Country Freunden mag das Duo „Tarheel“ noch in Erinnerung sein. Unter diesem Namen tourte
Roger zusammen mit seinem Musikerfreund, dem Engländer Keith Nelson, durch die
Schweiz. Im Laufe der Zeit war er im Duo oder Solo zu sehen an den
verschiedensten Festivals, wie Frutigen, Albisgüetli, Grächen oder Col-des-Roches
International hat Roger weit mehr erreicht, als seine Auftritte
in der Schweiz vermuten lassen. Seine Songs wurden von Barbara Dickson oder Adam Faith
aufgenommen. Er arbeitete als Session Musiker in London und nahm dort auch
Platten auf. Roger begleitete Stars wie Freddie Fender auf Tourneen. Der
grösste Erfolg war in den 80er Jahren die musikalische Vertonung eines
Kinderbuchs, dass der Schauspieler Donald Pleasance
schrieb. Davon gibt es ein Album und die Stimme für die Songs stammt von keinem geringeren als von Ex-Beatle Ringo
Starr. Das Album trägt den Titel „Scouse The Mouse“.
Die Zusammenarbeit mit Ringo ist heute noch für Roger eines seiner beeindruckendsten Erlebnisse.
In regelmässigen Abständen kehrt Roger zu Tourneen in die
Schweiz zurück, diesmal mit seiner neuen CD
„Any Way You Please“ im Gepäck, die sich hören lassen kann. Alle
Songs sind Eigenkompositionen, welche von der Sessionmusiker-Spitze
aus Nashville begleitet werden. Rob Hajacos (Fiddle), Bruce Bouton
(Steel Guitar, Dobro, Lap Steel), Mike Chapman
(Bass), Mark Casstevens (Acoustic Guitar) Milton
Sledge (Drums), Barry Walsh (Piano, Keyboards) oder
J.T. Corenfloss (Electric Guitar) findet
man auch auf Produktionen
von Weltstars wie Alan
Jackson, Garth Brooks, Randy Travis oder Vince Gill.
Insgesamt ein Album, dass sich für all
jene zu kaufen lohnt, die gefühlvolle Songs und Uptempo
Nummern in Kombination mit tradtioneller
Instrumentierung mögen.
Anspieltips :
„When She Was My Baby“, „A Stranger From Your Past“, „Deep In Her Love“ und „Skintight Ride“.
Anlässlich seines letzten Aufenthalts in der Schweiz sprach ich
mit Roger Brown über seine Vergangenheit, die Gegenwart und seine
Zukunftspläne.
bm: Roger, wenn Du Dich und Deine
Musik jemandem beschreiben müsstest, der Dich nicht kennt, was erzählst Du
dieser Person ?
RB: Du solltest mit der schwierigsten Frage aufhören, nicht
damit anfangen…..Hmmm. Es ist Blues, Rockabilly,
Country, aber auch Mountain Music und Bluegrass. Zu mir selbst… Ich bin ein Southern Boy aus den
Bergen von North Carolina. Ich würde mich als „weitgereisten
Hillbilly“ bezeichnen.
bm: Wie kamst Du zur Country Music
und wann hast Du beschlossen, als professioneller Singer/Songwriter
Deinen Lebensunterhalt zu verdienen ?
RB: Wie viele Leute aus den Blue Ridge
Mountains wuchs ich mit Country Music auf. Mein Vater und Onkel spielten, so
lernte ich Gitarre spielen. Und plötzlich begannen die Leute, mich für mein
Spiel zu bezahlen. Ich habe mich nie entschieden :
Jetzt wirst Du Profi. Es passierte einfach. Am Anfang musste ich natürlich
daneben noch „normal“ arbeiten, so war ich unter anderem als Schreiner tätig
oder arbeitete in einem Krankenhaus.
bm: Wer sind Deine musikalischen
Vorbilder im Songschreiben und auf der Bühne ?
RB: Nun, obwohl sicher jeder George Jones und Merle Haggard nennt, trifft dies
auch auf mich zu. Daneben mag ich aber auch Vince Gill,
Travis Tritt, John Anderson, Aaron Tippin oder Hal Ketchum. Als Super Songschreiber sehe ich auch Bob McDill oder Dean Dillon.
bm: Wo würdest Du Deinen bisher
grössten Erfolg sehen ?
RB: Unabhängig von der Country Music ? Das war die Arbeit
mit Ringo Starr. Er liebt offenbar Country Music. Als ich ihn damals im Ritz
Hotel traf, um die Songs von „Scouse the Mouse“
akustisch vorzuspielen, verliess er einmal kurz den Raum, um sich was zu
trinken zu holen. Ich sass da und spielte einige Country Songs an. Bis zu dem
Zeitpunkt war das Treffen mit Ringo zwar freundlich aber businessmässig.
Als er mit seinem Drink zurückkehrte blieb er im Türrahmen stehen, hörte mir
eine Weile zu und fand : „Great stuff“.
Ab diesem Moment wurde die Zusammenarbeit nicht nur intensiver, sondern auch
offener und irgendwie „privater“.
bm: Was brachte Dich dazu, die
Schweiz als „zweite Heimat“ auszusuchen ?
RB: Ich tourte in Norwegen und traf dort einen Musiker, der
mir von der Schweiz erzählte und auch Kontakte hatte. So kam ich in die
Schweiz. Zudem stammt meine Frau aus Norwegen. Sie liebt Schnee in Mengen. Ich
mag Schnee auch, aber nicht permanent. Darum zog ich die Schweiz den nordischen
Ländern vor.
bm: Welche Countrystars
haben bisher Deine Songs aufgenommen ?
RB: Bisher wurden meine Songs vor allem während meiner Zeit
in London von andern Leuten aufgenommen. Aber mehr von Pop oder Blues Sängern
als von Countrystars. Ich warte immer noch auf den
grossen Durchbruch. In der Schweiz wurden einige meiner Songs von Paul McBonvin aufgenommen.
bm: Welches ist Dein absoluter
Favorit unter den bekannten Countrysongs und warum ?
RB: Das ist unfair. Es gibt viele gute Songs. Aber wenn ich
mich entscheiden muss : Long Black Veil. Es ist eine grossartige Story, ein
wunderschöner Refrain.
bm: Was ist wichtiger bei einem
guten Song : Die Musik oder die Worte ?
RB: Ich bin stark textorientiert, glaube aber, dass die
Zuhörer eher zuerst auf die Melodie und erst danach auf den Text ansprechen. Die
Songtexte müssen für mich Sinn machen. Es sind entweder Stories
die ich selbst oder jemand aus meinem Kreis erlebt haben. Manchmal bist Du in
Situationen, da macht es „klick“ und Du hast einen Text im Kopf, dann baust Du
die Melodie drum herum. Ich wünschte ich könnte Songs „konstruieren“, dann wäre
ich sicher erfolgreicher. Aber es wäre auch irgendwie künstlicher.
bm: Deine neue CD beinhaltet
Songs, welche ausschliesslich traditionell instrumentiert sind. Was hälst Du von Country Music mit dem Einsatz von Synthesizern
oder ähnlich computergesteuerten Instrumenten ?
RB: Ich mag alle Arten von Musik bis hin zu Jimi Hendrix.
Aber es bringt mich auf die Palme, wenn Leute Pop-Musik machen und das dann
Country nennen, nur weil es gerade in ist, Country Music zu spielen. Spiel
welches Instrument Du willst, aber nutze in der
Country Music die Instrumente, welche Country Music ausmachen. Also Techno oder House werden sicher nie „Country“ genannt
werden. Ansonsten soll jeder machen, was er will. Einige Leute lieben Schokoladeneis, ander Vanille.
Wenn Du Vanille magst, heisst das ja nicht, dass Schokoeis
schlecht ist.
bm: Welche Pläne hat Roger Brown
für die Zukunft ?
RB: Ich möchte weiterhin Lieder schreiben und auftreten
können und ich hoffe, dass meine Zukunft auch weiterhin in der Country Music
liegt. Ich werde nicht aufhören, nach Nashville zu reisen, in der Hoffnung,
dass irgendwann mal meine Songs von bekannten Stars aufgenommen werden.
bm: Wenn Du Dir drei Wünsche
erfüllen könntest, welche wären das ?
RB: (lacht) George Jones und Randy Travis
sollten meine Songs aufnehmen….Nein, ernsthaft, ich möchte gesund bleiben und
meine Tochter aufwachsen sehen. Dann wünsche ich mir manchmal, etwas öfter
zuhause zu sein.
bm: Ich hoffe, dass Deine Wünsche
in Erfüllung gehen. Vielen Dank für das Interview.
RB: Ich bedanke mich und hoffe, dass ich noch oft in der
Schweiz auftreten darf.