Interview mit
den Buckaroos
Alvis Edgar Owens jr. war vier Jahre alt, als er seinen Eltern
erklärte, dass er fortan gleich heissen wolle, wie der Esel, der mit auf der
Familien-Farm lebte, nämlich Buck. 1957 stiess Buck Owens zu
Seit über 30 Jahren begleiten die
meisten der Buckaroos, so der Name von Buck’s Band, ihren Chef auf den Bühnen dieser Welt. Es sind
schon fast „Familienbande“, welche diese Truppe zusammen halten. Als die
Auftritte weniger werden, sorgte der Boss für die Zukunft seiner Jungs. Jeder
der Musiker arbeitet zusätzlich zu den Auftritten in einer von Buck’s Firmen.
1996 eröffnete Buck den Crystal Palace
in Bakersfield, dem Ort, in dem er seit 1951 lebt. Dort tritt er noch heute
jeden Freitag und Samstag auf, sofern es sein Gesundheitszustand erlaubt.
Allein der Besuch dieses Clubs ist eine Reise wert. Zu excellenter
Verpflegung wird fast täglich Live Music geboten und der Besucher kann sich in
den Pausen in dem als Museum ausgestalteten Gebäude die vielen Souvenirs
ansehen, die Buck im Laufe seiner fast 50jährigen Karriere gesammelt hat. Wer
aus der Schweiz live dabei sein will, muss früh aufstehen. Auf www.buckowens.com/bucklive.html
werden die Konzerte übertragen. Start
7.30 p.m. Pacific Time, also 4.30 morgens hierzulande.
Klar, dass auch wir im Crystal Palace
vorbei schauten. Keyboarder Jim Shaw (JS) warnte mich im Voraus, dass Buck
selber wohl kein Interview mehr geben würde. Ich war jedoch überzeugt, dass ein
Gespräch mit den legendären Buckaroos für unsere
Leser ebenso wertvoll wäre. Kurzerhand organisierte Shaw zwei weitere Buckaroos für das Gespräch. Bassist Doyle Curtsinger (DC) und Gitarrist, Steeler
und Banjospieler Terry Christoffersen (TC). Nicht teilnehmen konnten
Schlagzeuger Dave Wulfekuehler und Sängerin Kim McAbee, die seit den frühen 90er Jahren mit Buck auftritt.
bm:
Doyle du kamst 1969 zu Buck, Jim 1970 und Terry 1975. Seit 1960 hatte Buck aber
schon zahllose Hits gelandet. Wie war es für Euch, zu so einer
Berühmtheit zu stossen?
DC: Für mich war es
einfach toll. Ich hatte ein paar Jahre mit andern Bands gespielt. Aber Buck’s Anfrage hat mich sehr motiviert. Und nun bin ich
seit 33 Jahren, elf Monaten und zwei
Tagen mit dabei.
TC: Ich kam erst 1975
dazu, aber es war auch für mich eine grossartige Zeit. Und wir sind immer noch
zusammen.
bm:
Heute besteht Country Music vor allem aus viel Marketing. Ihr habt alle die
Zeiten erlebt, als die Musik noch wichtiger war als die Verkaufszahlen. Welche
„Verhaltensregeln“ würdet Ihr jüngeren Künstlern geben, die auch heute noch
ihre Musik in den Vordergrund stellen wollen?
JS: Das wird vor allem in
Europa gelesen, richtig? Nun, ich kenn mich bei Euch nicht sehr gut aus, aber
von dem, was ich bisher gesehen habe, ist Eure Szene besser als unsere hier.
Country Music in Europa erinnert mich an die USA vor dreissig Jahren. Es gibt
keine Regeln. Hier ist es fast aussichtslos, wenn Du nicht bei einem grossen
Label spielst. Wobei diese heute Riesenprobleme haben. Ich glaube, dass sich
der gesamte Markt in den nächsten fünf Jahren stark verändern wird. Vielleicht
gewinnen die Independent Labels dank dem Internet mehr Marktanteile. Vielleicht
kannst Du dann die Musik spielen, die Du liebst und musst nicht mehr wie ein
Model oder Filmstar aussehen, um Karriere zu machen.
bm:
Ihr seid viel in der Welt herum gekommen. Welche Orte mochtet Ihr am Meisten
und warum?
DC: Die Touren in Übersee
waren immer toll. Wir konnten die Kulturen und Menschen ein bisschen kennen
lernen. Schottland und Irland haben mir sehr gut gefallen, mit den vielen alten
Schlössern und den netten Menschen.
JS: Die Schweiz ist klar
einer meiner Lieblingsorte, kein Witz. Es schien mir
so perfekt, fast zu perfekt, um wahr zu sein. Wir genossen die ganzen Berge,
die Landschaften um Zürich, Gstaad oder Montreux auf unseren Reisen mit dem Zug
– einfach wunderbar. Nach der Schweiz kommt bei mir Irland als nächster Favorit.
DC:: Ja Gstaad war genial, wir hatten nur schon eine tolle
Aussicht von unsern Hotelzimmern...
bm:
...klar, Ihr wart ja auch im Palace untergebracht – dort sind aber nur die Headliners.
JS: Wir hatten schon das
Glück, viele Dinge sehen zu dürfen, die andere Musiker nie zu Gesicht bekommen.
bm:
Jim, Du hast zum Beispiel Keyboards gespielt auf der CD von Kimber Heart und Debbie Soul...
JS: ...was, Du kennst die
Scheibe?...
bm:
...ja, ziemlich gelungen...
JS: ...wir haben alle
darauf mitgespielt. Machen wir gern und oft.
bm:
Doyle, Du hast Arlo Guthrie und anderen ausgeholfen.
Kriegt Ihr viele solcher Anfragen?
JS: Ja, gleich morgen
haben wir wieder so einen Auftrag. Die Anzahl dieser Anfragen variert. Für viele Künstler ist es einfacher, anstelle von
einzelnen Studiomusikern gleich die ganze Band zu verpflichten. Wir Buckaroos sind seit über dreissig Jahren ein eingespieltes
Team – im wahrsten Sinne des Wortes.
bm:
Es gab, zumindest bis Mitte der 70er Jahre, viele Veränderungen in der
Besetzung der Buckaroos. Trotzdem hat sich der Name
zu einer Art Markenartikel entwickelt. Wie konnte diese Marke über all die
Jahre überleben?
TC: Sie hat überlebt,
weil Buck überlebt hat.
JS: Ich glaube aber auch,
dass es einfach ein grossartiger Name für eine Band war. Wie Terry sagte, Buck
war dermassen gefragt, aber gleichzeitig ist er einer der wenigen Künstler, die
auch ihrer Band einen Freiraum gewähren. So verwendete er zum Beispiel keine
Studiomusiker für seine Plattenaufnahmen. Wir waren immer ein Teil des Ganzen.
bm:
Jemand erzählte, dass Buck vor Jahren einen Plattenvertrag mit
JS: Das war sogar nur für
eine Produktion, nicht für einen langfristigen Vertrag. Wir entschieden uns
damals für das Box-Set, welches dann bei Rhino
Records erschien und für weitere Projekte bei kleinen Firmen. Buck mag einfach
die kleineren, familiären Labels mehr. Er arbeitet seit langer Zeit an einem
neuen Album, ist aber erst ca. zur Hälfte durch und ich frage mich, ob er es je
fertig stellen wird. Im Moment sind alle Produktionen die auf den Markt kommen
Neuauflagen seiner früheren Hits.
bm:
Gibt es Pläne für eine Buckaroo-Produktion?
JS: Nein, bis heute nicht.
TC: Sag niemals nie. Man
weiss nicht, was noch kommt.
DC: Aber Ihr könntet uns
wieder mal in die Schweiz einladen...
JS: ...ja, wer immer in
Europa die Buckaroos ohne Buck verpflichten will, ich
geb Dir meine Karte.
bm:
Was müssten Radiostationen und Medien ändern um sicher zu stellen, dass das
musikalische Vermächtnis von Buck Owens, Merle Haggard, George Jones oder Waylon
Jennings nicht in Vergessenheit gerät und für die jüngeren Generationen präsent
bleibt?
JS: Sie sollten sich für
die Musik interessieren, sich um diese Künstler kümmern. Es trifft ja nicht nur
die Generation, die Du gerade erwähnt hast. Dasselbe passierte Leuten wie Lefty Frizzell oder Jimmie Rodgers. Mit diesem ganzen, so genannten Fortschritt
werden all diese Künstler eines Tages nur noch Fussnoten in Geschichtsbüchern
darstellen. Es gibt aber jüngere Fans, die Johnny Cash, Jerry Lee Lewis oder
auch Buck Owens wieder entdecken. Wir spielen oft vor jungen Leuten in den
Zwanzigern, und die finden Buck echt cool. Heute sind offenbar die
Unangepassten, jene, die das Establishment nicht auf ihrer Seite haben, wieder
gefragter als auch schon.
DC: Ja, wir spielen für
Leute mit verrückten Haarfarben und jeder Menge Piercings.
JS: Heute zum Beispiel
kommt eine Band namens Cake nach Buck’s
Auftritt, eine sehr erfolgreiche, alternative Band. Die kosten normalerweise
einen Haufen Geld. Wir bekamen sie aber ziemlich günstig, weil sie einfach mal
im Crystal Palace nach Buck spielen wollten.
bm:
Wenn man Euch einladen würde, auf einem Tribute-Album
zu spielen, für welchen Künstler müsste das sein und warum?
DC: Wir haben das mal
1971 für Merle Haggard
gemacht. Aber wenn wir heute entscheiden müssten?
JS: Nun, kürzlich haben
wir für Buck in Austin das Happy Birthday Buck
Album aufgenommen. Terry und ich haben mit David Ball die Single Made In Japan
aufgenommen.
TC: Keine Ahnung für wen
ich spielen möchte, ich habe keinen
wirklichen Favoriten.
DC: Hm, vielleicht Shania Twain? (Gelächter)...
JS: ...ja, wenn
wenigstens einer von uns so aussehen und klingen würde wie sie...
TC: ... Doyle sieht echt
cool aus im Minirock.
bm:
Wenn Ihr die Buckaroos interviewen sollt, welche
Frage stellt Ihr, die ich nicht gestellt habe?
JS: Wow, keine
Ahnung.
DC: Planst Du, weitere 33
Jahre, elf Monate und zwei Tage auf der Bühne zu stehen (Gelächter).
bm:
Und die Antwort?
DC:: Ein klares Nein.
JS: Wir wissen nicht, wie
lange Buck noch auftreten wird. Wir haben alle „normale“ Jobs
von ihm erhalten. In den letzten Jahren haben wir viel mehr im Büro gearbeitet
als auf Bühnen gestanden. Als Buck entschied, den Crystal Palace zu eröffnen,
dachten wir alle, dass es keine sechs Monate dauern würde, bis er genug hat von
den wöchentlichen Auftritten. Nun sind’s schon sieben Jahre. Er hat uns alle überrascht.
Wenn er einmal aufhören sollte, hören vielleicht auch wir auf...
TC: ...nein, ich glaube,
wir werden immer Musik machen. Vielleicht nicht als Band, aber jeder für
sich...
JS: ...schon, aber wohl
kaum mehr so sehr im Rampenlicht wie heute...
DC: ...oder Ihr holt uns
nach Europa, dann sind wir sofort dabei.
bm:
Herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch und weiterhin Euch allen viel
Erfolg.