Interview mit Fiddlin' Frenchie Burke in Llano, TX, 2010
©
2010 / Bruno Michel;
Fotos Bruno Michel
In
Texas hat fast jede Kleinstadt ihre lokale Country Opry. So auch Llano. Dort
ist die Opry im historischen LanTex Theater zu Hause. In der Regel
finden Konzerte in diesen Oprys
einmal pro Monat statt. Und manchmal treten Künstler auf, für welche
anderorts viel Eintrittsgeld verlangt wird. Tracy Pitcox, die treibende Kraft
der Heart Of Texas Country Music Association, bedient gleich mehrere
dieser Oprys mit Künstlern, welche auf dem Label Heart Of Texas Records
veröffentlicht werden.
Fiddlin' Frenchie Burke, als
Leon Burke in Kaplan, Louisiana, geboren, lebt seit vielen Jahren in Texas.
Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis er in unserer Nähe für
ein Konzert auftauchte. Llano liegt eine gute Autostunde von uns, also die
Gelegenheit, einen fröhlichen Samstagabend zu verbringen und ein Interview
zu führen.
BM:
Frenchie, es ist fast vierzig Jahre her, seit du dein erstes Album veröffentlicht
hast. Der Titel war, glaube ich, Fiddlin’ Frenchie Burke And The Outlaws…
FB:
….ja, 1975…
BM:…wie hat sich das Geschäft deiner Meinung
nach seit damals verändert?
FB: Alles ändert sich, die Leute, ihr Verhalten.
Die ältere Garde stirbt langsam aus, die Jüngeren übernehmen.
Die spielen nicht mehr die Country Musik, die ich gewohnt bin. Es hat
sich so sehr geändert und natürlich mag ich die Musik meiner Zeit
mehr. Ich glaube, George Strait und Alan Jackson hätten es in ihrem Song
Murder On Music Row nicht treffender ausdrücken können.
BM: Im Mai hast du dein Fiddlin’ Frenchie
Burke Music Festival in Lytle, Texas veranstaltet. Wir hatten kurz danach
ein Texas Music Jam Fest in unserer Nähe, welches kaum jemand
besuchte. Wie machst du deinen Anlass erfolgreich?
FB:
Viel Arbeit und Werbung, sehr viel von beidem. Selbst George Strait muss seine
Konzerte bewerben. Dies war unser siebtes Jahr und das, ohne Eintritt zu verlangen.
Alles durch lokale Sponsoren und Gönner finanziert. Das heisst auch,
keiner verdient wirklich Geld. Unsere freiwilligen Helfer ziehen durch die
Nachbarstädte und hängen Plakate auf. Alles, was sie dafür
erhalten, ist ein Essen und ein Treffen mit den Künstlern.
BM: Ist es nicht genau das, was heute fehlt? Die Liebe zur Musik? Du
hast erwähnt, dass ihr keine Eintrittsgelder erhebt. Ich glaube, viele
Anlässe heute finden wegen Geld und Geschäft statt, und nicht wegen
der Musik.
FB: Stimmt genau. Natürlich, ich lebe in
Lytle, also kennen mich die Leute, und mein Name zieht schon ein paar Zuschauer
an. Dieses Jahr hatten wir über sechstausend
Besucher. Die erste Ausgabe des Festivals starteten wir mittags um zwei bis
abends um zehn mit einer Bühne. Diesmal spielten wir von elf Uhr bis
abends um zehn auf drei Bühnen. Die Zahl der Aussteller am Fest steigt
ebenfalls konstant. Alles nur mit Mund-zu-Mund Werbung und unsern Plakaten.
BM:
Was ist der Unterschied zwischen dem Frenchie Burke, mit dem ich gerade rede
und jenem auf der Bühne?
FB: Ich bin abseits der Bühne ein eher ruhiger
Familienmensch, während ich auf der Bühne äusserst aktiv bin.
Ich habe vierzehn Enkelkinder, von denen meine Frau und ich zwei selbst gross
ziehen. Eines ist acht, das andere wird bald zehn Jahre alt. Das hält
mich als Opa schon auf Trab (anm.: Frenchie ist über
70). Aber sonst gibt’s nicht viele Unterschiede. Ich bin immer
jemand, der Leute unterhalten will. Morgens treffen wir uns jeweils in einem
Restaurant zum Kaffee und ich habe meist irgend einen neuen Witz auf Lager.
BM: Du hast viele Auftritte ausserhalb der USA
absolviert. Was unterscheidet zum Beispiel das europäische Publikum vom
amerikanischen?
FB: Schwer zu sagen. Als ich am Trucker Festival
in Deutschlang auftrat, bemerkte ich, dass fast keiner im Zelt je was von
mir gehört hatte. Aber als ich nach einigen Songs mitten
im Publikum spielte, drehten sie durch. Zuhause wissen die Leute meist, was
sie von mir erwarten können. Und der Veranstalter muss nicht, wie in
Deutschland, gleich die Sicherheitsleute aktivieren, um wieder Ruhe herzustellen
(lacht). Ansonsten glaube ich, alle Leute lieben Musik und Geselligkeit, egal
wo sie wohnen und welcher Kultur sie angehören. Kein Unterschied – ausser
vielleicht der Sprache. Ich kann mich an eine ungarische Band erinnern, die
vor mir spielte, als ich das zweite Mal in Deutschland war. Die sangen perfekten
Country, Wort für Wort in Englisch. Hinter der Bühne stellte ich
dann fest, dass keiner der Musiker auch nur ein Wort Englisch konnte.
BM: Wenn du keine Karriere als Fiddler gehabt
hättest, was wäre heute dein Beruf?
FB: Ich wäre wohl pensionierter Soldat.
Mein Vater war Zimmermann. Das habe ich einige Zeit gemacht, war aber nicht
besonders qualifiziert. Musik ist mein Leben seit 1963. Seit jener Zeit bin
ich auf Achse.
BM: Woran sollen sich die Leute heute in fünfzig
Jahren erinnern, wenn sie über dich reden?
FB: Das ich ein netter Kerl war. Keine Exzesse
mit Alkohol, keine Drogen. Und dann natürlich, dass ich ein guter Unterhalter
war. Einmal kam ein Mann meines Alters nach einer
Show zu mir und meinte: „Mr. Burke, Johnny Gimble ist der beste Fiddle Player
den ich je gehört habe. Aber Sie sind der beste Fiddler, den ich je gesehen
habe." Was für ein Kompliment. Ich habe das später mal Gimble
erzählt. Er lachte und meinte: „Der Mann hat recht, ich spiele besser
als du. Aber ich kann dabei nicht so wie du auf der Bühne herum springen.“
BM: Du hast mit sehr vielen bekannten Stars gespielt.
Gibt’s noch jemanden, mit dem du gern die Bühne teilen würdest?
FB: Schwer zu sagen. Ich habe wirklich mit fast
allen gespielt, Ray Price, Charlie Daniels, Johnny Bush, Jimmy Dickens. Ich
kann aus dem Stegreif gerade keinen nennen.
BM: Hast du mal mit Doug Kershaw gespielt?
FB:
Oh ja, sicher, am Charlie Daniels Celebrity Golf Classics. Wir zwei
konkurrenzieren uns eigentlich auf der Bühne, das mögen die Leute
nicht so. Aber was für ein toller Typ. Und er verdient mehr als ich,
denn er spielt heute vorwiegend in Kasinos. Er hat eine reiche Frau aus Colorado
geheiratet und sie leben auf einer
Ranch. Aber er spielt immer noch in Kasinos, das ist alles, was er tun muss.
BM: Welche drei Dinge würdest du auf eine
einsame Insel mitnehmen?
FB: Meine Frau und meine zwei Grosskinder.
BM: Wenn du ein Interview mit Frenchie Burke
führen würdest, welche Frage stellst du ihm, die ich nicht gestellt
habe?
FB: Du hast die Sache ziemlich abgedeckt. Ausser
wir würden anfangen, über Familie und solche Dinge zu reden. Was
die Leute vielleicht nicht wissen ist, dass ich auch etwas Gitarre spiele.
Nicht viel, aber genug, um mich beim Singen zu begleiten. Oder dass mein Stief-Grossvater
mir das Fiddle Spiel beigebracht hat, als ich elf Jahre alt war. Zwei Jahre
später hatte ich soviel geübt und gelernt, dass ich besser spielte
als er.
BM: Das nennt man dann wohl Naturtalent. Herzlichen
Dank für das Gespräch.
FB: Es war mir ein Vergnügen. Danke ebenfalls.