Interview mit Burrito Deluxe

© February 2003 / Bruno Michel

 

Wheels, Hickory Wind, Sin City und, und, und. Beim Auftritt von Burrito Deluxe lebte die grosse Zeit der Flying Burrito Brothers wieder auf. Was die Jungs um Flying-Burrito-Mitgründer Sneaky Pete Kleinow bei ihren Albisgüetli Auftritten geboten haben, war schlicht und ergreifend Musik vom Feinsten.

Vor ihrem ersten Gastspiel hatte ich Gelegenheit, mit den Jungs ein Interview zu führen und mehr über ihre Musik zu erfahren. Es war ein erfreuliches Gespräch mit viel Humor.

 

bm: Euer Album, Georgia Peach, ist den Flying Burrito Brothers gewidmet. Warum hat solch ehrliche, geradlinige Musik heute weniger Erfolg als damals?

Rick Lanow (RL): Als die ersten Platten der Flying Burritos erschienen, suchten die Plattenfirmen noch nach Talenten, die ehrliche Musik spielten und mit denen sich vielleicht Geld machen liess. Mit den Jahren fanden die Firmen heraus, wie Geld zu machen ist, und sie begannen, den Musikern vorzuschreiben, was „gefragt“ war. Sie suchen nicht mehr nach Talenten, sondern nach dem „richtigen Package“, das sich entsprechend zu Geld machen lässt. Das verwässert die Musik. Wir kreieren die Musik noch, die wir fühlen.

 

bm: Wie – ausser mit dem Wort Americana – würdet Ihr Eure Musik jemandem beschreiben, der Euch noch nie gehört hat?

Tommy Spurlock (TS): Mit Americana. Jedermann akzeptiert den Einfluss von Gram Parsons und den Burrito Brothers auf die Americana Bewegung. Und mit Garth Hudson in unserer Band haben wir den Americana Typen schlechthin. Wenn wir nicht Americana sind, dann weiss der Teufel....

 

bm: Was ist für Euch wichtiger in einem Song, die Worte oder die Musik?`

Pete Kleinow (PK): Du brauchst die Musik, wenn die nicht stimmt, klappt nichts. Aber schliesslich bringt der Text die Leute zum Nachdenken.

Carlton Moody (CM): Der Text ist schon wichtig, er veranlasst Dich manchmal, die Musik nach den Worten zu schreiben. Eigentlich ist beides wichtig.

 

bm: Würdet Ihr lieber einen Song schreiben, der hundert Jahre überdauert, oder eine Million davon verkaufen?

PK: Das ist einfach (lacht): Ich nehm die Million. Aber ein guter Song sollte schon 20-30 Jahre in den Ohren der Leute bleiben.
CM: Ein Song, den Du nach wenigen Jahren vergisst, der sich aber sechs Millionen mal verkauft, ist kein wirklich guter Song.

PK: Wenn er sich so gut verkauft, ist er aber auch nicht schlecht.

 

bm: Man sagt, dass junge Künstler einen Song nicht wirklich überzeugend darbieten können, weil ihnen die Erfahrung fehlt und sie die Stories noch nicht wirklich erlebt haben können. Ihr habt diese Erfahrung. Erzählen Eure Songs echte oder erfundene Geschichten?

RL: Ich versuche, wahre Begebenheiten in einen Song zu packen, Dinge die ich erlebt habe. Aber ich glaube, dass es einige junge Künstler gibt, die sehr wohl die Begabung haben, überzeugende Songs zu schreiben und zu singen. Es scheint, als ob sie aus einem früheren Leben diese Erfahrungen mit einbringen. Auch zu unserer Zeit gab es solche jungen Leute. Darum haben gewisse Songs auch bis heute überlebt.

 

bm: Mit Eurer Erfahrung im Showgeschäft muss es massenweise Geschichten zu erzählen geben. Was ist das verrückteste, das Euch auf Euren Tourneen passiert ist?

Garth Hudson (GH): Echt verrückt? Wir haben mal einen Auftritt verpasst. Der Busfahrer fuhr nach Norden und wir fanden uns in der falschen Stadt wieder (Gelächter)... mitten im Niemandsland. OK, ich versuch einen andern. Auf dem Flug von New York nach Miami flogen wir durch einige Luftlöcher, das war wild für einige von uns (wieder Gelächter). Wild genug? Keine Stories über Girls...

 

bm: Ihr alle habt eindrückliche Soloprojekte verwirklicht. Was bringt Euch mehr, die Einzelarbeit oder die Gruppe?

Alle: Die Gruppe.

PK: Ich und Tommy wollten immer schon zusammen arbeiten. Es hat aber Jahre gedauert. Es bringt einfach mehr, wenn man sich gemeinsam verwirklichen kann.

TS: Ja, ich musste warten, bis Du vom Filmgeschäft genug hattest (Gelächter).

PK: Dabei wollte ich da gar nicht hin.

 

bm: Gibt es nach all den Erfolgen noch etwas, das Ihr erreichen wollt?
RL: Nun, da wäre noch die Million Platten von vorhin, die wir verkaufen wollen...

TS: Ja, das hat was.

PK: Ich möchte mehr Zeit für mich haben, will aber gleichzeitig mit der Gruppe weiter arbeiten. Ziemlich schwierig zu erreichen.

TS: Ich will mich immer noch verbessern, im Gesang, im Gitarrespiel und im Songschreiben – nun da ich in meiner Blütezeit bin... (Gelächter).

 

bm: Wenn Ihr zurückblickt, gibt es etwas, das Ihr besser getan oder gelassen hättet?

PK: Ich kann auf Anhieb nichts nennen, Ihr?

RL: Ja, auf ein paar Parties in der Vergangenheit hätte ich schon verzichten können. Wir waren damals ganz schön verrückt. Da gibt’s ein paar Geschichten, die ich vielleicht mal in Songs verpacken werde.

 

bm: Ihr führt ein Interview mit Burrito Deluxe. Welche Frage stellt Ihr, die ich nicht gestellt habe?

RL: Was ist das gesamte Alter von uns....

Alle: ...Nein, nein...

CM: ...und fangen wir mit Tommy an (Gelächter)...

TS: Viel lieber: wer ist der jüngste von uns

PK: Ich....

TS: ...Nein, nein, es ist Matt, unser Bassist. Er ist 22 Jahre alt. Und wir andern sind alle ungefähr gleich alt.

RL: Ja, wir haben Matt eingestellt, weil er unser Durchschnittsalter massiv nach unten drückt.

Matt Spurlock (MS): Nein, ich kam zur Band weil mein Daddy mich fragte.

TS: Ich mag ihn, weil alle Girls auf ihn stehen. Wir werden langsam müde, da ist es gut, ein junges Bandmitglied zu haben....(Gelächter).

 

bm: Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei Euren Auftritten.