Interview
mit Joe „King“ Carrasco
Das Toronto Now Magazine
meinte einst, der gebürtige Texaner sei ein Soldat aus Pancho Villa’s Armee, der durch eine Laune der Natur im Körper eines
Gringos
geboren sei. In der Tat hat Joe „King“ Carrasco seine Karriere der Neudefinition
des Tex Mex verschrieben. Der Farfisa-Orgel
Rock Sound von 60er Jahre Gruppen wie dem Sir
Douglas Quintet oder Sam the Sham & The Pharaos hat die damalige
Generation geprägt.
Nachdem er die
60er und 70er Jahre mit verschiedenen Bands in Texas gespielt hatte, gründete
er 1976 seine Band El Molino
und nahm 1978 das Album Tex-Mex Rock-Roll
auf. 1979 folgte die Band The Crowns und fortan nannte der King seine Musik nuevo wavo. Damals
spielte er vor allem in New York, wo er mit Mantel und Krone auftrat. 1980
erschien die erste Single der Crowns, namens Party
Weekend.
Die
Engländer waren bereits durch die Scheibe Tex-Mex Rock-Roll auf den King aufmerksam geworden und so wurde
die Truppe als eine der ersten Ami Bands bei den legendären Stiff Records unter Vertrag genommen. Schon vorher hatte Elvis Costello
den King besser als die Band Police genannt, damals durchaus ein Prädikat
mit Wert.
Den Reggae
Einfluss holte sich Joe bei einer Tour durch Mexico,
wo er bei einem Konzert in San Miguel de Allende einige Songs mit Reggae
Elementen garnierte. Dies schien der lang gesuchte Sound zu sein, der sich
gemäss Joe’s Definition fortan Tequila Reggae nannte.
Seit der Zeit
bei Stiff Records ist Carrasco immer mal wieder
in Europa unterwegs. Auch dieses Jahr tourte er von Mitte November bis Mitte
Dezember, gab auch drei Konzerte in der Schweiz. Im KultUhrPalast dolder2 im schaffhausischen Feuerthalen liess sich Betreiber Tom Albatros Dooley diese
Gelegenheit nicht entgehen. Und mit seiner Unterstützung klappte auch das
sehr kurzfristig eingeschobene Interview.
JKC:
Inspiration. Es kommen immer wieder so viele neue Einflüsse in die Musik,
vor allem aus Südamerika. Dies inspiriert mich wiederum, für meine Musik neue
Elemente zu finden. In Amerika steht die Musik Entwicklung meiner Meinung
nach still.
bm: Elvis Costello hat mal
gesagt, dass du und deine Band besser klingen als The Police. Was bedeuten solche Komplimente für dich?
JKC:
Cool, ich mag solche Komplimente. Wir haben mit The Police Konzerte bestritten, die Jungs sind wirklich gut. Warum
Costello das gesagt hat, weiss ich nicht.
bm: Deine Songs wurden von
vielen Künstlern, unter anderen von den Texas
Tornados, aufgenommen. Was ist für dich beim Schreiben wichtiger, die Worte
oder die Musik?
JKC:
Nun, ich trage sowohl Songtitel als auch Melodien mit mir herum. Manchmal
über Jahre hinweg, bis ich sie endlich so zusammen füge, dass es für mich
passt. Ich arbeite mit Kassetten, auf die ich ständig Ideen aufnehme. Momentan
habe ich rund 150 Kassetten bespielt, jede 90 Minuten lang. Überall hat es
Material, dass ich eines Tages zusammen fügen will. Während den Fahrten im
Bus habe ich stundenlang Gelegenheit zu schreiben. Stell dir vor: 150
mal 90 Minuten, rund 30 Ideen pro Kassette, das ergibt eine ganze Menge.
bm: Du bist viel in Europa
gereist und aufgetreten. Gibt es einen Unterschied zwischen dem europäischen
und dem amerikanischen Publikum?
JKC:
In Europa, finde ich, gehen die Leute viel eher mit. Vor allem im Norden und in
Spanien, alle mögen und kennen die Songs. Das europäische Publikum finde ich
besser. In den USA sind Auftritte in Texas, Arizona oder New Mexico ok, dort mag man Tex Mex. Aber je weiter östlich
du spielst, desto weniger verstehen sie unsere Art von Party Songs.
bm: Tausende von Auftritten
in über 30 Jahren. Wo nimmst du immer wieder das Benzin für deinen Motor her?
JKC:
Wow, Man, Tequila (lacht). Nein,
ernsthaft, ich liebe es zu spielen, das Publikum gibt mir Energie. Ich arbeite
auch an Sound Tracks für Filme. Es hilft dir weiter zu kommen, wenn du dich in verschiedenen
Dingen engagierst.
bm: Gibt es
einen Unterschied zwischen dem King auf der Bühne und Joe, der jetzt vor mir
sitzt?
JKC: Vielleicht. Auf der
Bühne ist permanent Action angesagt. Zwischen den Auftritten habe ich mehr
kreative Phasen. Momentan spiele ich auf einer Chet Atkins Gitarre und experimentiere damit herum, für mich der
Mercedes unter den Gitarren.
bm: Wenn du deine Karriere
noch mal von vorne beginnen könntest, welche wichtigen Dinge würdest du anders
machen?
JKC:
Keine wichtigen, höchstens kleine Dinge, wie zum Beispiel für eine Fernseh Show kürzlich einen anderen Song wählen. Wir
spielten etwas, das nicht so gut ankam. Heute würde ich Buena spielen, das mögen die
Leute immer. Ansonsten? Früher anfangen, akkustische
Gitarre zu spielen, die Chance erhalten, nur noch in Mexico
am Strand zu spielen, Sonne, etwas Tequila, du weisst
schon…
bm: Was hat dir der Erfolg
gebracht, was hat er dir weg genommen?
JKC:
Ich weiss nicht mal, ob ich das, was ich tue als Erfolg bezeichnen will. Ich
bin zufrieden, dass ich meine Musik spielen darf. Im August hatte ich einen
Unfall, rutschte im Badezimmer aus und verletzte mich ziemlich schwer am
Daumen. Einige Zeit konnte ich kaum Gitarre spielen. Da wurde mir bewusst, wie
wichtig die körperliche Unversehrtheit ist. Als Musiker bist du ziemlich arm
dran, wenn du kein Instrument mehr spielen kannst.
bm: Nimm an, du findest Aladin’s Wunderlampe: Welche Wünsche hast du an den Geist
der Lampe?
JKC: Dass all meine Wünsche wahr werden
(lacht). Reicht doch, oder? Nein ernsthaft, ich möchte mehr Zeit in Südamerika
verbringen. Dort fühle ich mich am wohlsten.
bm: Wenn du ein Interview mit
Joe King Carrasco führen würdest, welche Frage stellst du ihm, die ich nicht
gestellt habe?
JKC:
Oh Mann, was würd ich mich fragen? Warum...., ja, das frage ich mich eigentlich konstant. Ich hab
genug Zeit beim Herumfahren, mich zu fragen, was ich hier eigentlich mache.
Diese Tour zum Beispiel. Den ersten Auftritt hatten wir in Kroatien. Tags
darauf waren wir in Thun, danach in Zürich, Berlin, Belgien, Oslo. 3'000 Meilen
in wenigen Tagen, Mann (lacht), da hast du Zeit genug, dich laufend zu fragen:
Warum?
bm: Ich wünsche dir viel
Energie für den weiteren Tournee Verlauf und alles Gute für die Zukunft.