Interview mit Regina Amacker von den Children of Grindelwald, Rattlesnake Annie und George Hug

 © December 1992 / Bruno Michel

Die Christmas Tour der Children of Grindelwald unter der Leitung von Regina Amacker wurde begleitet von den beiden Künstlern Rattlesnake Annie aus USA und George Hug aus der Schweiz. Organisiert wurde die ganze Sache von Albi Matter von der Show & Music AG in Zürich. Am 16. Dezember 1992 gastierte die Truppe in der Stadthalle Bülach. Ich liess mir die Gelegenheit zu Interviews mit den Initianten dieses Projekts natürlich nicht entgehen.

Weihnachtlich und ungewohnt ruhig moderierte Ruedi Pirrkopf den Anlass. Im ersten Teil traten die drei Hauptakteure einzeln auf. Rund 20

Minuten die Children of Grindelwald, danach Rattlesnake Annie für etwa eine halbe Stunde und dann George Hug mit seinen Steaks & Beans für ein volles Set von 45 Minuten.

Obschon der Kinderchor bei den ersten drei Songs noch etwas Anlaufschwierigkeiten hatte - es war das erste Konzert dieser Woche - boten sie bei den folgenden Standards aus der Country-Weihnachtslieder Kollektion gute Harmonien und zum Teil hervorragende Solopartien. Zum Schluss überzeugten sie mit einer sehr harmonischen Version von Will The Circle Be Unbroken.

Gekonnt professionell, sich selber auf der Gitarre begleitend, brachte Rattlesnake Annie anschliessend die Leute zum stillen Zuhören. Ihre Songs Indian Dream und Comanche Tears gehören sicher nach wie vor zu den schönsten und eindrücklichsten Songs ihres Repertoirs überhaupt.

 

George Hug begann seinen Part mit dem Song Friendship. Im Programm auch ein rund zehn Minuten langes Cajun Medley, das beim Publikum sehr gut ankam. Bandvorstellung einmal anders: Anstelle von Applaus bei der Vorstellung seiner Musiker bat George um ein kurzes Aufflammen der Kerzen oder Feuerzeuge im Publikum. Sie hätten viel zu wenig Zeit, um nach jeder Vorstellung eines Bandmitglieds das Ende des Applauses abzuwarten, meinte George humorvoll.

Der zweite Teil des Abends war dann für die 45-minütige Christmas Show reserviert, worin alle Mitwirkenden gemeinsam auftraten. Erst nach vier Zugaben konnten die Künstler die Bühne endgültig verlassen. Das Publikum begab sich zufrieden und in der richtigen Weihnachtsstimmung nach Hause.

Dieser kurze Bericht muss reichen, um einen Eindruck der Stimmung zu vermitteln. Der Hauptgrund für meinen Besuch waren die Gerüchte um die Qualität und die Besucherzahlen dieses Anlasses. Darüber sprach ich mit allen Hauptakteuren, Regina Amacker (Regina), Rattlesnake Annie (Annie), George Hug (George) und Albi Matter (Albi).

 

bm: Was hat euch bewogen, in diesem Projekt mit zu machen?
Regina: Wir waren schon früher begeistert von Country Music. Nachdem wir die CD Country Roads produziert hatten, dachten wir, dass wir auch einmal eine Christmas Tour mit Country Weihnachtsliedern machen könnten.

Annie: Als ich Mother Mountain geschrieben hatte, ging ich in Grindelwald in die Schule, um dort zu spielen. Regina war mit ihrer Musikklasse gerade am Proben. So kamen die Musik, die Kinder und ich zusammen.

George: Vor ziemlich genau einem Jahr fragte mich Albi Matter von Show & Music AG an, ob wir hier mitmachen wollten. Für so eine Tournee braucht es natürlich eine gute Begleitband. Mit den Steaks & Beans habe ich eine gute Band, also sagten wir zu. Alle freuten sich riesig, dass wir hier mitmachen durften.

Albi: Nachdem ich 1988 die X-Mas Tour mit John Brack und Jeff Turner organisiert hatte und 1990 diejenige zusätzlich mit Maja Brunner, wollte ich mal was Neues machen. Die Frage war, wer neben dem Chor und Annie als Schweizer Band zu so einer Tour passen könnte. Für mich gab's eigentlich da nur George Hug. Nachdem die Sponsorensuche mit dem Hauptsponsor Läkerol ebenfalls erfolgreich war, konnte es losgehen.

 

bm: Wie haben die Kinder diese doch eher grosse Belastung verkraftet?
Regina: Wir haben das so gelöst, dass wir nebst einer Stammbesetzung praktisch drei Chöre gebildet haben, die wir regelmässig austauschen. Die jüngeren sind so eingesetzt, dass sie nur an den Wochenenden dabei sind. Diesen Kindern wurde von der Schulkommission an je zwei Samstagen frei gegeben. Die grösseren haben sich an ihrer Arbeitsstelle frei genommen oder Ferien beantragt.

bm: Was ist euer Eindruck nach rund zwei Dritteln der Tournee, man hört ja unterschiedliche Stimmen?
Regina: Den Kindern hat das Ganze enorm viel Spass gemacht. Wir wussten ja anfangs nicht, ob es beim Publikum ankommt, wenn Kinder in einem solchen Programm mitwirken. Wir sind überrascht, wie gut die Spontanität, die Ehrlichkeit und die Begeisterung der Kinder aufs Publikum übertragen wird.

Annie: Die Kinder sind wirklich grossartig. Regina behandelt sie sehr individuell und es erstaunt mich immer wieder, mit wie viel Enthusiasmus sie sich engagieren.

George: Auf die Zusammenarbeit mit den Kindern haben wir uns sehr gefreut. Jetzt, wo alles läuft, kann ich kaum beschreiben, wie sehr ich die Arbeit mit ihnen geniesse. Sie sind voller Energie, immer guter Laune und sehr belastbar. Auch das teilweise Auswechseln der Kinder führte zu keinerlei Problemen.

Albi: Ich muss gestehen, dass die Premiere daneben ging. Die Zuschauerzahlen liegen etwas unter den Erwartungen. Ich habe versucht, Gründe zu finden und glaube, dass es mit der allgemeinen Rezession, sowie mit einer gewissen Übersättigung des Marktes zusammen hängt. Bisher haben wir 9'000 CDs verkauft. In der Hitparade von DRS-1 kamen wir direkt auf Platz 5 und liegen mittlerweile an dritter Position. Ein beachtlicher Erfolg für so ein Produkt.

 

bm: Albi, man sieht sehr viele Besucher, die mit der ganzen Familie gekommen sind und Leute, welche wir nicht an den üblichen Country Veranstaltungen treffen. Dein Konzept scheint aufzugehen.

Albi: Gut beobachtet. Eines meiner Ziele war es tatsächlich, Familien und Personen ausserhalb der Szene anzusprechen. Ich bin sicher, dass die Country Music von solchen Projekten profitieren kann, da einige Leute sich nun vielleicht auch mal ein anderes Country Konzert ansehen werden. Scheinbar geht das Konzept auf. Und letztlich bin ich dann doch zufrieden, wenn ich die Standing Ovations und Wünsche nach Zugaben sehe.

bm: Gibt es Pläne für zukünftige Projekte?
Regina: Nächstes Jahr werden wir eine neue Platte produzieren. Dann fliegen wir nächstens mit Annie an die Weltausstellung nach Japan. Dort werden wir neben Country Music auch Schweizer Volksmusik präsentieren.

Annie: Zudem werden wir ein Country Gospel Album mit dem Chor produzieren, worin wir auch einige farbige Kinder als Sänger integrieren. Ich würde das ganze gerne zu einem internationalen Kinderchor wachsen lassen. Zudem habe ich kürzlich ein Duett mit Willie Nelson aufgenommen für mein Album Tribute To Willie Nelson, das voraussichtlich im Herbst nächsten Jahres erscheinen wird. Dann plane ich noch eine Australien Tournee.

George: Im März zeichnen wir in Hombrechtikon live mein neues Album auf, das ebenfalls als Video erscheinen wird. Im Juni geht's mit dem Fanclub nach Nashville. Zur gleichen Zeit werden wir dort im Studio einige Tex-Mex und Cajun Songs aufnehmen.

Albi: Ich bin immer für Neues zu haben. Dies war sicher nicht das letzte Experiment. Für 1993 habe ich bereits einige Ideen, kann zur Realisierung aber noch nichts sagen.

 

bm: Apropos Cajun: Dein rund zehn Minuten langes Medley kam soeben beim Publikum sensationell gut an. Auch euch auf der Bühne schien das Ganze riesigen Spass zu machen. Nur: Wo blieb dein Örgeli?
George: Das hast du richtig erkannt. Tex-Mex und Cajun machen uns als Stilrichtungen grossen Spass. Das Örgeli kann ich bei der Instrumentierung, wie wir sie hier auf dieser Tournee haben, aber nicht einsetzen. Ich kann aber versichern, dass es bei künftigen Auftritten wieder dabei ist.

 

bm: George, könnt ihr euch als Begleitband vorstellen, wieder einmal in einem ähnlichen Projekt zu arbeiten?

George: Ich bin mir nach den bisherigen Erfahrungen sogar sicher, dass wir wieder einmal so etwas mitmachen würden. Das Erlebte hat mir persönlich soviel Freude gegeben, dass ich eine tiefe, innere Befriedigung empfinde.

 

bm: Danke für dieses Gespräch und weiterhin viel Erfolg für den Rest der Tournee.