Interview mit Mark Collie

© March 1998 / Bruno Michel

 

bm: Mark, wo siehst Du Dich im musikalischen Spektrum ?
MC: Meine früheren Aufnahmen waren sehr, sehr traditionell. Danach wurde es etwas progressiver, auch agressiver. Was ich mache beinhaltet jede Menge Blues, Rock und Country.

 

bm: Welchen Song würdest Du spielen, um all Deine Talente zeigen zu können ?

MC: Hängt davon ab, was Du ausdrücken willst, wenn Du grade singst. Mal Freude, mal Traurigkeit. Es gibt keinen Song, der alle meine Talente zeigt, weil ich die Songs jedesmal nach andern Kriterien wähle.

 

bm: Journalisten suchen immer nach Worten, um den Stil eines Künstlers zu beschreiben. Wie beschreibst Du Deinen Stil ?

MC: Vielleicht als ehrlich. Ich mag eigentlich keine Labels. Auf jedem Album ist jeder Song anders, sei es von der Musikrichtung oder vom Inhalt her. Ich versuche, eine ganze Reihe Stile einzubringen, um jedermann etwas bieten zu können.

 

bm: Was tust Du heute dafür, damit in zehn Jahren der Act “Mark Collie” noch immer im Musikgeschäft gefragt ist.

MC: Ich habe immer Songs geschrieben und bin aufgetreten, und genau das werde ich immer tun. Es ist zwar wirtschaftlich sinnvoll, mit Mainstream Tendenzen mitzugehen, aber wenn Du es auf das wichtigste in der Musik reduzierst, dann ist nur noch Herz und Gefühl entscheidend darüber, was Du tust.

 

bm: Wenn Du von der Bühne auf das Publikum schaust, was denkst Du dabei ?

MC: Ich versuche einfach zu kommunizieren und meine Musik mit dem Publikum zu teilen. Ich will, dass die Zuhörer eins mit meiner Musik werden, mitgehen, zuhören, fühlen und Spass haben. Musik kann Deine Gefühle verstärken, egal in welche Richtung diese gerade gehen.

 

bm: Du gibst sehr viel mit Deiner Musik. Was bekommst Du dafür zurück ?

MC: Das Gefühl, dass Dich die Musik mit dem Publikum verbindet. Der emotionale Feedback ist für jeden Songwriter und Artisten das schönste Geschenk, das er kriegen kann.

 

bm: Was sind die Schattenseiten des Herumreisens und Auftretens ?

MC: Seit wir das letzte Mal in der Schweiz waren, habe ich fünf oder sechs Alben produziert und eine Menge Auftritte absolviert. Vor etwa 18 Monaten habe ich mich bewusst zurückgezogen um wieder zu schreiben und mich vor allem auf das Wesentliche zu besinnen. Ich habe seit dieser Zeit noch nicht mal alle Songs für das neue Album beisammen. Dies wird erst in den nächsten Monaten passieren. Touren ist wichtig, weil Du damit eine Menge Live-Publikum erreichst, aber es laugt Dich aus und bringt Dich weg von Familie und Freunden. Ich beginne erst jetzt wieder, meine Daten konsequent zu planen.

bm: Was war für Dich in dieser “Ruhepause” sonst noch wesentlich ?
MC: Letztes Jahr habe ich an einigen Filmprojekten gearbeitet und auch Filmmusik geschrieben. Im Steven Seagall Film “Fire Down Below” habe ich auch eine Rolle gespielt….natürlich den “bösen Jungen” (lacht).

 

bm: Ist der Film eine Deiner künftigen Passionen ?

MC: Definitiv. Ich mag schauspielern. Ich versuche mich gegenwärtig auch im Schreiben von Drehbüchern.

 

bm: Gibt es einen speziellen Anlass, der in Deiner Karriere den Wendepunkt darstellte ?

MC: Als Tony Brown von MCA Records mich eines Nachts in einem Klub auftreten sah und ich danach einen Plattenvertrag erhielt, schaltete meine Karriere als Artist einige Gänge herauf. Zuvor und als Songwriter war es die Zeit, als Randy Travis und andere meine Songs aufnahmen und sich dadurch mein Bekanntheitsgrad in der Musikindustrie erhöhte.

 

bm: Was war das grösste Hindernis, das Du in Deiner Laufbahn überwinden musstest ?

MC: Nicht aufzugeben und den Mut zu verlieren. Jeder in Nashville will das tun, was ich mache. Die Konkurrenz ist gross und ich bin nicht gerade der, der sich anpasst. Manchmal ist es schwierig, sich nicht vom Mainstreamgeschäft mitreissen zu lassen, Du musst ehrlich zu Dir selbst bleiben und nicht mitschwimmen, nur weil’s gerade Mode ist.

 

bm: War das auch ein Grund für Deine schöpferische Pause ?
MC: Ja. Es wurde immer schwieriger für mich, zu bleiben wer ich bin. Nicht das die Mainstream Richtung schlecht wäre. Aber ich wollte trotzdem nicht in der Allgemeinheit des Geschäfts untergehen. Ich versuche mein neues Album frisch und anders zu gestalten. Wir wissen noch nicht, bei welchem Label wir produzieren, aber es wird dort sein, wo ich mich “zuhause” fühle.

 

bm: Kannst Du Dich an das verrückteste Erlebnis erinnern, das Dir auf Deinen Tourneen passiert ist ?

MC: Ich habe alles erlebt, was Du Dir vorstellen kannst. Ich bin schon von der Bühne gefallen und ähnliches. Aber dieses Thema würde wohl ein separates Interview verlangen. Lass uns das nächstes Mal besprechen.

 

bm: Steve Earle sagte einmal : “Country Music ist wie Varieté : Es ist für jeden Geschmack etwas dabei”. Wie siehst Du das ?

MC: Da drin steckt viel Wahrheit. Nimm das musikalische Spektrum von Vince Gill über Faith Hill, Tim McGraw, Billy Ray Cyrus bis hin zu Steve selbst. Da ist wirklich für jeden was dabei. Country Music hat die besten Songs der Welt. Eine Menge unserer Songs sind in den Pop Charts vertreten oder werden von Künstlern anderer Musikgenres aufgenommen, Das ist der beste Beweis für die Richtigkeit von Steve’s Aussage.

 

bm: Wenn Du ein Interview mit Mark Collie führen solltest, welche Frage würdest Du stellen, die ich nicht gestellt habe ?

MC: Vielleicht wo ich die Inspiration für meine Songs hernehme.

 

bm: Ok, woher nimmst Du sie ?
MC: Aus dem alltäglichen Leben. Von den Leuten die ich treffe, mit denen ich rede. Aus den guten Zeiten, die ich erlebe. Ich bin kein sehr disziplinierter Songschreiber. Ich versuche, aus jedem Tag das beste zu machen. Wenn mir das gelingt, finde ich meistens auch etwas, worüber es sich zu schreiben lohnt.