Interview mit Jolie Edwards

© February 2005 / Bruno Michel

 

Die quirlige Sängerin aus Omaha tourt kreuz und quer durch die Weltgeschichte. Papa hütet derweil zu Hause die beiden Kinder. Dies funktioniert normalerweise nicht auf Dauer. Trotzdem sind die beiden schon vierzehn Jahre verheiratet und dies, wie Jolie Edwards betont, äusserst glücklich.

Was die Künstlerin ausser ihrer Familie sonst noch bewegt und motiviert wollte ich von ihr in unserem Gespräch wissen.

 

bm: Jolie, du hast früher hinter der Schlafzimmertür gesungen. Was bewegte dich dazu, aus dem geschützten Raum auf die Bühne zu gehen?

JE: Vor allem nachdem die Leute meine Show gesehen habe, wundern sie sich darüber, dass ich einmal zu scheu war, vor Leuten zu singen. Ich bin heute alles andere als scheu. Ich kam eines Tages aus diesem Zimmer und fand es ganz lustig da draussen. Also beschloss ich, künftig auch „vor der Tür“ zu singen.

 

bm: Was waren deine ersten Gedanken nach dem Meeting mit Steve Ripley in den Church Studios?

JE: Ich war überrascht, vor allem, weil ich vorher nicht wusste, dass es sich um Steve Ripley von den Tractors handelte. Er war einer der ersten Produzenten, die glaubten, dass ich etwas Spezielles an mir hätte, das Erfolg versprach. Er machte mir damit Mut, weitere Schritte zu unternehmen.

 

bm: Inwiefern haben sich deine musikalischen Visionen verändert seit deiner Zeit bei Jolie & The Wanted?

JE: Ziemlich stark, vor allem, weil ich heute sehr viele meiner Songs selber schreibe oder zumindest mitgestalte. Ich habe mich als Liederschreiberin weiter entwickelt. Darum bin ich auch so stolz auf mein neues Album, bei dem ich an allen Songs mit gearbeitet habe.

 

bm: Hat sich sonst nichts verändert? Du warst damals „Teil“ einer Band, heute bist du als Solo Artistin unterwegs?
JE: Nun, ich hatte immer eine Live Band. Die Shows haben sich insofern nicht verändert, aber es ist schön für mich, dass ich heute mit meinen Jungs aus Omaha auftreten kann.

 

bm: Welchen Rat würdest du jungen Anwärtern in diesem Business geben?
JE: Oh Boy, es ist eine schwierige Frage, obwohl sie uns oft gestellt wird. Ich glaube, das Wichtigste ist, an dich zu glauben. Es steckt viel mehr dahinter, als einen Song vorzutragen und jemanden zu finden, der ihn mag. Du musst Rückschläge vertragen können. Als Mensch musst du die Person sein, mit der sich Leute wieder treffen wollen. Nicht nur auf der Bühne, auch im gesamten Umfeld.

bm: Geht es auch darum, deine eigene Linie in der Musik zu verfolgen, dir nicht von irgendwelchen „Experten“ sagen zu lassen, was für dich gut ist?

JE: Das ist genau das, was mir mit Jolie & The Wanted passiert ist. Man soll aus seinen Fehlern lernen. Du kannst nicht alle zufrieden stellen. Aber am Ende musst du mit dir selber zufrieden sein. Das strahlt auf deine Umgebung aus und du bekommst etwas von dieser Zufriedenheit zurück.

 

bm: Wenn du das Rad der Zeit zurück drehen könntest, welche Epoche würdest du gern besuchen?

JE: Musikalisch? Die 70er Jahre. Ich bin ein grosser Fan von James Taylor und der ganzen Motown Bewegung. Privat würde ich gerne in die 50er Jahre gehen. Das war eine coole Zeit, in der vieles möglich war, mit guter Musik und verrückten Klamotten.

 

bm: Was für ein Album – ausser Country – würdest du gerne einmal machen?

JE: Ein Weihnachtsalbum. Das wird zwar auch etwas Country beinhalten, aber ich mag viele dieser R&B inspirierten Songs. Da ich nicht die richtige Stimme dazu habe, kann ich aber kein ganzes R&B Album machen.

 

bm: Wer hat deiner Meinung nach deinen Stil am meisten beeinflusst?
JE: Dolly Parton. Sie ist alles für mich. Dolly war ihrer Zeit immer voraus. Sie war echt traditionell, machte Pop und gab immer ihr Bestes. Das ist für mich ein Vorbild. Und dann Elvis Presley. Ich mag die Art, wie er die Leute unterhielt, den Kontakt zu den Fans hatte.

 

bm: Gibt es Momente in deinem Leben, die du gerne noch einmal durchleben würdest?

JE: Ich glaube nicht. Klar gab es Dinge, die ich heute anders machen würde. Aber alles in allem musst du durch schlechte Zeiten, damit es wieder gute gibt.

 

bm: Wenn du in 50 Jahren auf dein Leben zurück blickst, was hoffst du, dass die Leute dann über dich sagen werden?

JE: „Sie ist eine gute Mutter“. Es gibt für mich nichts wichtigeres. Meine zwei Söhne sollen soviel positives wie möglich von mir mitbekommen. Verkaufe ich meine CDs? Super. Verkaufe ich sie nicht? Auch gut. Die Familie ist das absolut Wichtigste für mich.

 

bm: Nimm an, du führst ein Interview mit Jolie Edwards. Welche Frage stellst du ihr, die ich nicht gestellt habe?

JE: Vielleicht was meine bisherigen Karriere Highlights waren? Meine zweiwöchigen Auftritte im Irak über die Weihnachtsfeiertage. Und dann die Konzerte, die ich für kranke Kinder gab und das Leuchten in ihren Augen sah. Da wird es plötzlich unwichtig, ob du eine Million Platten verkaufst oder nicht.

 

bm: Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und bedanke mich für das Gespräch.