Interview mit Eleven Hundred Springs in Austin, TX, Dezember 2010

© 2010 / Bruno Michel; Fotos Bruno Michel except last picture by Bobby Lynn Shehorn, Texas Tattoo Magazine

Die Band existiert seit den 90er Jahren und die beiden Frontmänner, Matt Hillyer und Steve Berg, sind nach wie vor die Webereiter für künfitgen Erfolg. Momentan sind sieben Studio Alben erhältlich, dazu ein Best-Of und ein Live-Album. Das nächste Projekt ist für Frühjahr 2011 geplant. Als die Band kürzlich im legendären Continental Club in Austin auftrat, nutzte ich die Gelegenheit, von Matt Hillyer mehr über diese sympathischen Jungs zu erfahren.

BM: Eure erste CD „Welcome To Eleven Hundred Springs, Population 4“ erschien 1999. Wie hat sich das Geschäft deiner Meinung nach seither verändert?
MH:
Massiv. Lass es mich so formulieren. Als wir anfingen hatten wir eine Tonbandkassette mit sechs Titeln, die wir an unsern Konzerten für 5 Dollar verkauften. Das sagt eigentlich schon alles. Digitale Musik hat den Markt übernommen. Dies macht es einerseits einfacher für uns, und andererseits auch wieder schwieriger. Es ist heute sehr einfach, deine Musik zu veröffentlichen. Jeder kann heute eine CD produzieren. Wir gehen nach wie vor ins Aufnahmestudio, um unsere Alben aufzunehmen. Aber es gibt viele, die sitzen zu Hause vor ihrem Computer und machen alles selber. Die heute jedermann zugängliche Technologie macht's möglich. Schwieriger ist es, weil du die Tantiemen schlechter kontrollieren kannst. Wenn jeder Musik digital herunterladen kann, werden einige dies wohl auch tun, ohne dafür zu zahlen. Generell glaube ich, dass es für Musiker in der heutigen Zeit schwieriger geworden ist, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

BM: Aber ihr scheint trotzdem recht beschäftigt zu bleiben. Wie viele Auftritte absolviert ihr denn so pro Jahr?
MH:
Ich denke so zwischen 120 und 140 werden's sein. Nicht schlecht, aber weniger als auch schon. Aber wir haben das Glück, eine sehr loyale Fangemeinde zu haben, die unsere Konzerte besucht und auch die Radiostationen spielen uns glücklicherweise immer wieder gerne.

BM: Euer Bandname ist ziemlich ungewöhnlich, vor allem verglichen mit eurem früheren Namen Lone Star Trio. Wie kam der neue Name zustande?
MH: Wir hatten regelmässige Auftritte in einem Club, wo wir für ein paar Prozente aus den Bar-Einnahmen, sowie für gratis Hamburger und Bier spielten. In den ersten paar Wochen hatten wir keine Ahnung, wie wir uns nennen sollten. Eines Abends auf dem Weg zum Auftritt schmissen wir ein paar Namensvorschläge in die Runde. Die meisten ernteten Kommentare wie "Blödsinn" oder "was soll den das sein". Irgendwann sagte ich: Wie wär's mit "Eleven Hundred Springs” (red..: seit 1961 ist “From the Country of 1100 Springs” der Werbespruch von Pearl Beer, einer 1889 in San Antonio gegründeten Brauerei.). Einen Moment war Ruhe im Auto - eigentlich ein gutes Zeichen. Also hatten wir unseren Namen.

BM: Wenn man eure Geschichte verfolgt, sieht man, dass ausser dir und Steve die Musiker ziemlich regelmässig gewechselt haben. So alle 2-3 Jahre hattet ihr wieder eine andere Besetzung. Wie wählt ihr die Songs für ein Album aus? Demokratisch oder sind es einfach du und Steve, die sagen, wo's lang geht?
MH:
Wir hatten früher einen eher demokratischen Prozess. Aber heute entscheiden meist Steve und ich. Wir sind auch diejenigen, die sich um die Auftritte und sonstige Administration in der Band kümmern.

BM: Nehmt ihr eure Alben mit Studio Musikern oder euren eigenen Leuten auf?
MH: Immer mit unsern Jungs. Klar haben wir ab und zu Gäste auf den CDs. Aber wir wollen, dass unsere Alben möglichst so klingen, wie uns die Fans auf der Bühne hören. Zudem ist uns das Talent und die Zeit unserer Mitmusiker enorm wichtig, also wollen wir sie auch bei den Aufnahmen dabei haben.

BM: Was wären eure Berufe, wenn ihr nicht Profi Musiker wärt?
MH: Keine Ahnung was ich machen würde. Seit dem zwölften Lebensjahr mache ich nichts anderes als Musik. Wenn ich eine logische Schlussfolgerung ziehen müsste, dann wäre ich wohl Lehrer oder sowas geworden. Einfach darum, weil das in meiner Familie liegt. Wir haben viele Verwandte, die im Ausbildungs Geschäft tätig sind. Bei Steve liegt die Sache anders. Er ist ein Mann mit vielen Talenten. Er könnte wohl in einer Autowerkstatt arbeiten, obwohl ich weiss, dass er das nicht will, weil er hat's schon probiert. Oder er könnte irgend ein Geschäft führen. Zudem ist er interessiert an Antiquitäten und er kauft, restauriert und verkauft diese auch. Seine Webseite ist oldstuffandoddities.com, wo er seine Waren anpreist.

BM: Wo seht ihr euch als Band heute in zehn Jahren?
MH:
Oh Gott, wir dachten nicht mal, dass wir über zehn Jahre bestehen würden. Also ist's für mich schwierig, mir vorzustellen, was in zehn Jahren sein wird. Ich sehe Bands wie Asleep At The Wheel, welche seit vielen Jahrzehnten national und international erfolgreich sind. Ich möchte auch mehr Lieder für andere Künstler schreiben und damit Erfolg haben. Generell wäre es schön, eine solch ausdauernde Karriere wie Asleep At The Wheel zu erreichen.

BM: Das wäre toll, weil mit zunehmenden Todesfällen bei den älteren Legenden wird's schwierig sich vorzustellen, wer in deren Fussstapfen treten soll. Vor allem, wenn man sich den heutigen Mainstream Markt anschaut.
MH:
Ich glaube, so lange es in Texas noch irgend einen Bierschuppen gibt, wird es immer ein Talent haben, welches dort auftritt. Man muss nur suchen, dann findet man diese Talente auch.

BM: Was müsste man euch offerieren, damit ihr eurem aktuellen Sound untreu werdet und mehr Mainstream Musik macht?
MH: Kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht könnte ich solche Lieder für andere Künstler schreiben, aber nicht für mich selbst. Wir haben einiges ausprobiert in all den Jahren. Aber irgendwie klang es nie authentisch. Du hast etwas in dir, das dich zu dem macht, was du bist. Ich sehe Musik nicht als ein Accessoir, sondern als etwas, das mir aus dem Herzen kommt.

BM: Ihr habt mit vielen grossen Stars gespielt. Gibt es jemanden, mit dem ihr speziell gerne die Bühne teilen würdet?
MH: Merle Haggard, er ist zuoberst auf meiner Liste. Ein wirklicher Künstler, Musiker, Sänger und Liedermacher, wie es sie selten gibt.

BM: Eure Weihnachts-Single "Orale Santa Claus" mit den Tejas Brothers ist ein Riesenerfolg. Gibt es weitere Pläne für eine Zusammenarbeit?
MH:
Wir werden irgendwann unsere Drohung wahr machen, und gemeinsam etwas produzieren. Wir lieben diese Jungs. Einfach grossartig. Ich weiss nicht, wann dieser Zeitpunkt kommen wird, aber er kommt. Auch über eine Zusammenarbeit mit Billy Joe Shaver haben wir schon öfter nachgedacht.

BM: Wenn du auf einer einsamen Insel stranden würdest, welche drei Dinge hättest du gerne dabei?
MH: Meine Gitarre...moment, Dinge oder Personen?
BM:
Egal.
MH:
Meine Familie, definitiv meine Familie. Und meine Musiksammlung.

BM: Wenn du dich selbst interviewen müsstest, welche Frage stellst du, die ich nicht gestellt habe?
MH: (lacht) Gute Frage. Weisst du, wir geben so viele Interviews und meistens kannst du aus dem Stegreif die Fragen beantworten, weil es sind immer die gleichen. Du hast eigentlich keine solchen Fragen gestellt und mit dieser bin ich kurz überfordert. Lass mich nachdenken...vielleicht was mein Lieblingsessen oder mein Lieblingsfilm ist. Natürlich würde ich in einem echten Interview was gescheiteres Fragen, aber in einer Unterhaltung mit mir würde ich das wohl fragen.
BM:
Und die Antwort?
MH:
Ich mag italienisches Essen und liebe es, dieses auch zu kochen. Und ich mag ein richtig gutes Steak. Steve würde wohl antworten, dass er momentan die asiatische Küche sehr mag. Was den Film angeht, fand ich Inception (red. mit Leonardo DiCaprio, 2010) sehr spannend. Es ist ein Film, der am Ende Fragen offen lässt und dich etwas zum Nachdenken auffordert.

BM: Vielen Dank für das Gespräch.