Interview mit dem OK der Country Fun Fair Grindelwald

 

© March 1997 / Bruno Michel

 

Am  Samstag, 7. Juni 1997 geht in Grindelwald die 13. Swiss Alps Country Fun Fair über die Bühne. Bereits am Freitag Abend sind Rahmenaktivitäten geplant. Am Samstag dann das Konzert mit Alison Krauss, Radney Foster, Bill Lloyd (Foster & Lloyd), Wild Rose und als Schweizer Vertretung SuperCountry mit Jim Duncombe und Jacky Woodridge.

Das neue OK unter der Leitung von Aschi Balmer ist das dritte Jahr im Amt. Grund genug für mich, drei Vertreter des OK nach ihren Erfahrungen und Kommentaren zu fragen. Neben dem bereits erwähnten Aschi Balmer (AB) sprach ich auch mit Chris Egger (CE) und Andreas Kaufmann (AK).

 

bm: Wie seid Ihr im einzelnen in dieses OK gekommen ?

AB: Angefangen hat es bei mir mit der Gruppe Cherokee. Nach meiner Dienstzeit habe ich in Bern gearbeitet und bin so mit Mike Bucher in Kontakt gekommen. Mit den Cherokee waren wir dann mal in Grindelwald und spielten noch für das alte OK. Irgendwann haben die gemerkt, dass ich eventuell Interesse hätte, dieses Festival weiter zu führen, wenn sie einmal aufhören wollten.

CE: Es hat sich teilweise auch zufällig ergeben, dass wir zusammengefunden haben.

AK: Einige von uns haben schon unter dem alten OK als Helfer gearbeitet. Es ist also eine Art Kollegenkreis entstanden.

 

bm: Warum habt Ihr aus dem Swiss Alps Country Festival die Swiss Alps Country Fun Fair gemacht? Der alte Name hatte doch Tradition und einen guten Ruf ?

AK: Er schien uns aber etwas abgegriffen. Wir wollten vor allem ein Zeichen setzen, dass wir auch gewisse Neuerungen einbringen. Ein „jüngeres“ Auftreten und ein geändertes Rahmenprogramm war unser Ziel, und um das abzurunden, haben wir den Namen leicht verändert.

 

bm: Was waren Eure drei wichtigsten Erfahrungen beim Organisieren dieses Gross-Anlasses mit denen Ihr vor Eurem Start nicht gerechnet habt ?

CE: Eine Erfahrung war sicher : Traue nie jemandem, wenn Du es nicht schriftlich vor Dir liegen hast. Und dies nicht nur mit Künstlern, sondern in allen Bereichen. Es wird sehr viel geredet und versprochen. Was dann wirklich kam, war nicht immer das, was wir erwartet haben.

AB: Dann sicher der Umgang mit den Medien. Gewisse Dinge die geschrieben werden, z.B. über die Zuschauerzahlen, sind an den Haaren herbeigezogen. Du kannst nicht darauf zählen, dass alles stimmt.

AK: Das dritte sind die Schwierigkeiten mit der Sponsorensuche. Wir haben zu einer Zeit begonnen, als die Wirtschaftslage noch nicht so prekär war. Nach einem Jahr begann dann das wirkliche Tief. Aber wir sind da wenigstens in guter Gesellschaft, andere Veranstalter haben die gleichen Probleme.

 

bm: Was würdet Ihr heute anders machen, wenn Ihr noch einmal beginnen könntet ?
AB: Die Rahmenkosten von Anfang an besser kontrollieren und tief halten. Man muss sehr gut haushalten, um die gesamten Aufwendungen im Griff zu halten.

 

bm: Kosten im Griff behalten, mit dem Ziel Gewinnoptimierung oder konstante Eintrittspreise zu halten ?
AB: Wir haben seit unserem Anfang immer die gleichen Eintrittspreise.

AK: Schon vorher. Dies wird das fünfte Jahr mit gleichen Preisen.

AB: Vergessen wir mal den Gewinn, wir versuchen zumindest, kostenneutral zu fahren.

CE: Ich denke, von Gewinn können heute die wenigsten sprechen, die in unserer Grössenordnung operieren. Eine Defizitgarantie hat nur ein Teil der Veranstalter. Die andern müssen eben jedes Jahr wieder rechnen.

 

bm: Was war für Euch in diesen drei Jahren das schönste Erlebnis ?
CE: Die gemeinsamen Reisen nach Nashville an die SRO im Oktober sind für uns immer ein Höhepunkt des Jahres. Nach unserem Grossanlass sind wir doch teilweise etwas ausgelaugt. Da macht es Spass, sich eine gute Woche zusammen mit den Freunden die Batterien wieder aufzuladen. Für einen guten Start ins neue Jahr.

AB: Wir sind ja eigentlich alle Touristiker und machen unser Festival in gewisser Hinsicht auch für Grindelwald, um Leute auch in der Zwischensaison anzuziehen. Da ist es immer sehr schön, wenn wir Künstlern, von denen man uns sagt, wie kompliziert sie seien, mit unserer normalen Gastfreundschaft, welche jedem Gast zukommt, überzeugen können. Ich denke zum Beispiel an Ricky Skaggs im letzten Jahr. Was uns da alles erzählt wurde, worauf wir aufpassen müssten. Passiert ist letztlich überhaupt nichts, eher im Gegenteil, wir hatten viel Spass.

AK: Der Kontakt mit den Stars hat uns sicher in den ersten zwei Jahren am meisten beeindruckt. Wenn Du diese Leute plötzlich in Deinem Hotel hast und merkst, dass es eigentlich alles ganz lockere Typen sind.

 

bm: Was war das frustrierendste Erlebnis in dieser Zeit ?
CE: Ich denke, da müssen wir kein Blatt vor den Mund nehmen. Die finanzielle Situation nach dem ersten Jahr war sicher nicht sehr erfreulich. Wir haben nicht so abgeschlossen, wie geplant. Diese Erfahrung mussten wir machen, sind aber mittlerweile auf dem richtigen Weg zur Verbesserung. In den beiden letzten Jahren haben wir kontinuierlich Kosten optimiert, ohne an Künstlern oder der Qualität des Festivals gemeinhin etwelche Abstriche zu machen. Wir haben im Gegenteil mit eher weniger Geld bei Licht und Sound eine mindestens ebenbürtige Qualität gegenüber früher. Und im Künstlerangebot haben wir sicher zumindest den Standard halten können, im letzten Jahr mit Ricky Skaggs vielleicht sogar ein Highlight gesetzt.

AB: Ich gebe Chris recht. Wir arbeiten wie die Irren, am Schluss schaut ein Verlust heraus und dann hörst Du noch Stimmen, die sagen : „Das haben wir kommen sehen.“ Das frustriert schon am Anfang. Aber solche Tiefpunkte bieten auch eine Chance zu sagen : So, jetzt erst recht. Da kannst Du lernen, positiv zu denken und persönlich sehr viel vom Lerneffekt profitieren.

 

bm: Woher kamen diese Stimmen vor allem ? Ihr hattet ja kein leichtes Erbe angetreten. Von daher war sicher im ersten Jahr kein Riesenerfolg zu erwarten.

CE: Nun, die Stimmen von Publikum und Presse waren sehr positiv, vor allem jetzt auch nach dem zweiten Jahr. Bezüglich der Publikumszahlen konnten wir klar einen Aufwärtstrend feststellen. Wir hatten letztes Mal 600 Eintritte oder fast 20% mehr zu verzeichnen, als bei unserem ersten Anlass. Dies ist in der heutigen Zeit schon ein Leistungsausweis.

 

bm: Warum habt Ihr Euch dieses Jahr gerade für dieses Line Up entschieden ? Genausogut hättet Ihr ja einen der zahlreichen Newcomer verpflichten können.

AK: Wir wollen die traditionelle Seite eigentlich beibehalten. Dann wollten wir aktuelle Acts, nachdem uns schon vorgeworfen wurde, dass wir nur die „ganz Alten“ bringen….

CE: …ja, z.B. wie bei Jack Daniels…..äh… Charlie Daniels (Gelächter)…

AK: …diesen Vorwurf hatten wir z.B. auch wieder bei den Bellamy Brothers im letzten Jahr, obwohl das Publikum sie sehr schätzte.

AB: An dieser Stelle muss ich vielleicht erklären, wie man überhaupt zu diesen Acts kommt. Es ist nicht so, dass man einfach anrufen kann und sagt : „Wir möchten gerne, dass ihr bei uns auftretet. Wir haben unseren Agenten in den USA (Anm. d. Red. : Jay Barron), der ständig von uns eine aktualisierte Wunschliste mit einigen Dutzend Acts hat, und der überprüft, wie sich die Tourdaten der Stars vereinbaren lassen. Eine direkte Buchung ein Jahr im Voraus wäre nur mit sehr viel Geld möglich.


bm: Also ein traditionelles Line Up. Und bei der Schweizer Band ?

CE: Bei den Schweizer Acts ist es so, dass gegenwärtig die Grossen wie John Brack, Suzanne Klee, Krüger Brothers oder Jeff Turner einfach nicht verfügbar waren oder dass wir nicht schon wieder einen dieser Acts wollten.

AB: Wir bekommen von überall her, auch aus der Schweiz hunderte von Tapes, die wir uns anhören sollen. Dann ist die Auswahl eben dort, wo man jemanden kennt. Jimmy Duncombe war der Produzent der letzten CD von City Dump, der Grindelwaldner Lokalband, bei der ich ebenfalls mitgespielt habe.

CE: Eine ähnliche Geschichte wie die der Verbindung von City Dump und Jimmy Duncombe ist auch bei Foster & Lloyd dahinter. Bill Lloyd ist der Produzent der neuen Platte der Thompson Brothers, welche letztes Jahr bei uns gespielt haben. Auf diesem Weg kam natürlich auch der Kontakt mit Foster & Lloyd zustande. Wobei dazu noch zu sagen ist, dass sie nicht nur gemeinsam auftreten werden, sondern jeder auch noch mit einem eigenen Teil. Radney Foster solo und Bill Lloyd mit den Sky Kings.

 

bm: Gibt es Neues im Rahmenprogramm des Festivals ?

AB: Ja, das grosse Marktzelt mit den Verkaufsständen haben wir verkleinert auf ein 200-plätziges Zelt mit Bühne darin und nebenan eine Bar. Chrigel Riesen von Bönigen mit seinen Funbillies wird dort bereits am Freitag Abend spielen. Die Verkaufsstände haben wir aber nicht reduziert, sie stehen nur mehr verteilt, da die meisten mit einem eigenen Wagen oder einem Zelt da sind, war das kein Problem. Dadurch entsteht ein grösserer „Marktplatz“, durch den die Leute schlendern können. Für die Kinder haben wir im Park einen neuen Spielplatz eingerichtet mit Kinderolympiade. Was wir noch probieren – es ist nicht sicher, ob es klappt – ist ein American Car Treffen mit Defilée am Samstag Nachmittag.

 

bm: Stösst so ein Treffen nicht auf Ablehnung in einem Bergdorf ?

CE: Ich meine, wenn wir so von der Grössenordnung reden…ob da noch 60 oder 100 Autos mehr oder weniger kommen, macht auch keinen Unterschied mehr.

AB: Zudem hatten wir solche Fahrzeuge im Einzelnen schon immer. Da fuhr dann jeder mit seinem schönen Wagen drei-, viermal durch‘s Dorf. Wenn wir sie aber in einem Defilée kanalisieren, fahren sie einmal durch.

 

bm: Habt Ihr Euch schon Gedanken zum Jahr 1999 oder 2000 gemacht ? 1999 wäre eigentlich das 15-jährige Bestehen des Festivals zu feiern. Es kann ja auch sein, dass Ihr Euch sagt, wir schieben die ganzen Festivitäten auf den Jahrtausendwechsel ?

AB: Ja, also, Alan Jackson hat bereits zugesagt und nun suchen wir noch einen Side-Act

CE: …eventuell noch George Strait für den Freitag Abend

AK: …ja, und Dolly Parton spielt draussen im Garten…(langes Gelächter)

AB: Nein, Spass beiseite, wir wollen uns noch nicht festlegen lassen. Irgend etwas wird es geben. Abhängig von der Anzahl Zuschauer an den kommenden zwei Festivals denken wir aber eher an 1999.

AK: Aber heute stehen wir noch mit beiden Beinen auf dem Boden und wollen uns noch nicht auf etwas einlassen.

 

bm: Welchen realistischen Wunschkandidaten hat jeder von Euch für kommende Festivals ?

AB: Für mich ist das Dwight Yoakam. Er brachte mich zur Country Musik.

CE: Wir haben einen Mangel an Bands mit gutem Harmoniegesang. Für mich ist deshalb Diamond Rio der Favorit.

AK: Ich wünsche mir eine Band, für die wir bereits einmal einen Vertrag hatten, der aber kurz darauf wieder annulliert wurde : die Nitty Gritty Dirt Band.

 

bm: Letzte Frage : Wenn Ihr das OK Grindelwald interviewen müsstet, welche Frage würdet Ihr stellen, die ich nicht angesprochen habe?
AB: Habt ihr genug Bier am Festival…

AK: Was trinken wir nachher… (Gelächter)

 

bm: Warum gerade diese Frage ?
AB: Weil an unserem Festival doch immer astronomische Mengen von diesem Zeug verräumt werden…

CE: …für einen Sponsor wäre schon alleine die Menge, die wir trinken, interessant…

AB: … unser Ziel bei diesem Interview ist, dass uns danach wieder ein paar zusätzliche Leute für verrückt erklären. Nein, ernsthaft. Unser Ziel ist es, ein Festival für‘s Publikum zu machen. Sowohl für die Insider der Country Szene, als auch für die Leute aus dem Tal und für Zuschauer aus sämtlichen anderen Regionen aus dem In- und Ausland. Wir versuchen, gute Qualität zu vernünftigen Preisen zu machen, so dass die Leute Spass bei uns haben.

 

bm: Wir wünschen Euch viel Erfolg und wir werden uns sicher am 6./7. Juni in Grindelwald sehen. Besten Dank für dieses Gespräch.