Interview mit Eric Heatherly
In den Nachtklubs von Nashville kennt
man diese Songs mittlerweile auswendig. Wenn Eric Heatherly
zu She’s So Hot, Swimming
In Champagne oder I Just Break ‘Em ansetzt, singen alle mit. Der 31jährige Sänger mit
der Bahama-grünen Fender Stratocaster
Gitarre hat eine grosse Fangemeinde.
Mit vier Jahren nahm ihn sein Vater mit
im 55er Chevy, Hank Williams lief vom Band und sie sangen beide mit. Ein Jahr
später bekam Eric seine erste Gitarre von Papa geschenkt. Der hatte sie von
einer Abfallhalde mitgenommen. Eric übte so intensiv, dass er mit acht Jahren
seinen ersten Song schrieb und mit dreizehn zum ersten Mal auf der Bühne stand.
Das Resultat bei diesem Wettbewerb war zwar nicht besonders, aber seit damals
wusste Eric, was er künftig erreichen wollte.
bm: Eric, Du bist 1990/1991 nach Nashville gezogen. Welche Ambitionen
hattest Du damals?
EH: Ich bin mit 19
Jahren nach Nashville gekommen und glaubte, innerhalb eines Jahres einen Plattenvertrag
und einen Hit in den Charts zu haben. Das Resultat war dann meine erste CD im
Alter von 30. Es war die reine Ernüchterung.
bm: Das war eine Zeit, als die Country Music auf einem Höhepunkt war.
Dementsprechend viele haben es versucht. Wie hast Du Dich versucht zu unterscheiden,
bemerkbar zu machen?
EH: Ich hab mich
entschieden, bei meinen Wurzeln zu bleiben. Ich bin ein Guitarslinger
der Rootsmusik mit einem Hillbilly-Rockabilly
Rhythmus spielt. Als ich kam, gab’s in Nashville Garth Brooks, Alan Jackson und
Clint Black. Alle Labels in Nashville wollten Hat Acts.
Ich trug aber keinen Hut und stach mit meinen alten Klamotten aus dem
Trödelladen aus der Menge heraus – schliesslich musste ich sparen, hatte kein
Geld. Sie alle sagten mir: ‚Geh nach Hause’. Aber ich hatte drei Tagesjobs und
spielte abends im Tootsie’s für Trinkgeld. Ich wollte
einfach nicht aufgeben.
bm: Wie hast Du später die Zeit von 1996, als Du im Tootsie’s
aufgetreten bist, bis zum heutigen Tag erlebt?
EH: Ich mach heute
noch das gleiche, nur in viel grösserem Rahmen. Ich hab in meiner Nashvillezeit
über dreihundert Songs geschrieben. Ich hab mich nicht geändert und versuche
nun, der Welt zu zeigen, dass es funktionieren kann, wenn man nur hart genug
daran arbeitet. Die Leute wollen Roots Musik und ich
gebe sie ihnen.
bm: 1997 warst Du in Shania Twains Band und
hast ein Angebot bekommen, in ihrer Tourband zu bleiben. Warum hast Du Dich
anders entschieden.
EH: Shania hat mir angeboten bei der
97er CMA Award Show mitzuspielen. Das hab ich gemacht
und fühlte mich sehr stolz und geehrt. Danach schlugen ihre Leute vor, dass ich
mit auf Shanias 18-monatige Welttournee gehe. Ich gab
meinen eigenen Plänen den Vorzug. Ich hatte grade einen Plattendeal in
Aussicht, für den ich über acht Jahre gearbeitet hatte. Also entschied ich
mich, im Tootsie’s zu bleiben und weiter an meiner
Sache zu arbeiten.
bm: Wenn man mit Shania aufgetreten ist,
bleiben nicht mehr viele Wünsche offen. Mit welchem andern grossen Star würdest
Du gerne einmal gemeinsam auf der Bühne stehen?
EH: Shania ist schon so ziemlich das
Grösste. Sie ist ein Weltklasse Act und hat das Eis
für viele neue Stars gebrochen. Wenn ich mich entscheiden muss, dann wäre es
eine Legende. Fast kam es mit Carl Perkins einmal soweit. Seine Plattenfirma
hatte schon alles eingefädelt und ich war bereit, nach Jackson, TN, zu gehen,
um mit ihm zu arbeiten. Leider verstarb er, noch bevor wir unsere Pläne
umsetzen konnten. Das wäre für mich etwas Besonderes gewesen. Aus heutiger
Sicht wären solche Highlights Johnny Cash oder Jerry Lee Lewis.
bm: Was bedeutet Dir der Erfolg Deines ersten Albums?
EH: Alles, und ich
sag Dir warum. Es zeigt mir, dass ich es schaffen kann, dass mein Plan
funktioniert. In dem ich meiner Musik treu bleibe. Mit alten Songs, die ich neu
und modern arrangiere, öffne ich hoffentlich Türen für andere
Nachwuchskünstler, welche nach mir auf diesen Zug aufspringen werden. Ich will
eine Bewegung starten und hoffe, dass mir das gelingt.
bm: Du hast erwähnt, dass Du über 300 Songs geschrieben hast, bevor Du
mehrheitlich grosse Auftritte hattest. Bist Du nun in erster Linie Songwriter oder Sänger, und was ist für Dich wichtiger?
EH: Ich schreibe
meist selbst, weil ich mit andern Songs Mühe habe. Ich muss die Dinge entweder
musikalisch oder vom Text her selber erlebt haben oder mich damit
wenigstens identifizieren können. Manchmal verbringe ich Monate oder Jahre
an einem Song, bis er perfekt ist. Ich will, dass es einKunstwerk wird.
Covers wie Flowers On The Wall oder Live Fast, Love
Hard, Die Young, also richtige Klassiker nehme ich in den Grundzügen auf,
modernisiere sie, gebe ihnen musikalisch einen aktuellen Touch.
bm: In letzter Zeit erhalten die Traditionalisten der Country Music
wieder vermehrt Aufwind. Trotzdem sind Songs wie z.B. Murder
On Music Row verpönt. Wann kommt wieder die Zeit
der ehrlichen Musik?
EH: Es braucht die
Jüngeren wie mich, die etwas rebellisch sind und sich nicht gross um bestehende
Politik in der Musikszene kümmern, die sich nicht fürchten zu versagen und wieder
in den kleinen Clubs zu spielen, wo wir herkamen. Keine Kompromisse. Je mehr
solcher Leute in der Szene auftauchen, desto eher werden wir auch kommerziell
Erfolg haben.
bm: Also ziehst Du es vor, Dich
selber zu bleiben und Dich nicht um die „Radiogesetze“ zu kümmern?
EH: Nun, natürlich interessieren mich die Radiostationen. Aber ich
erlebe, dass ich momentan beides haben kann. Es gibt nicht neue viele Guitarslingers in der Country Music. Ricky Skaggs,
bm: Woran liegt es nach Deiner Ansicht, dass die Country Music Verkäufe
seit 1998 rückläufig sind?
EH: Gleichheit.
Die Industrie führt nicht, sie folgt den Trends. Sie nehmen Künstler unter
Vertrag, schmeissen eine Single auf den Markt und entweder wird sie ein Erfolg
oder auch nicht. In der Vergangenheit sind solche Erfolge mehrmals gelungen,
also versucht der Rest der Industrie, dieses „Erfolgsrezept“ zu kopieren. Aber
das ein Fehler. Es gibt nur einen Garth Brooks. Und das, was er geworden ist,
wurde er durch harte Arbeit. Du kannst nicht einfach eine Anzahl junger Leute
auf die Bühne stellen, ihnen einen Plastikhut
aufsetzen, etwas Staub auf die Stiefel streuen und sie Cowboys nennen. Und dann
noch meinen, dass die nun erfolgreich sein müssen.
bm: Nimm an, Du findest Aladin’s Wunderlampe.
Welche drei Wünsche hast Du?
EH: Anerkennung
durch einen Grammy oder einen CMA Award.
Dann für den Rest meines Lebens gute Musik zu spielen und die Tanzclubs und
Konzerthallen füllen zu können. Und schliesslich, meinen Stempel zu
hinterlassen, so dass in zwanzig Jahren von heute irgend ein
neuer Künstler kommt und einen meiner Songs modernisiert. Das wäre wirklich das
grösste Kompliment.
bm: Wenn Du ein Interview mit Eric Heatherly
führen würdest, welche Frage stellst Du ihm, die ich nicht gestellt habe?
EH: Warum ich so
starrköpfig meine Art von Musik verfolge, zumal es keine einfache Arbeit ist.
Ich schwimme gegen den Strom und es bedeutet viel mehr Aufwand. Ich mache das,
weil etwas, was mich mein Vater gelehrt hat, immer noch in mir ist: Mach nie
Kompromisse betreffend Deiner Integrität und tue das, woran Du glaubst, dann
wird sich auch der Erfolg einstellen. Ich wuchs mit all diesen alten Countrysongs von Faron Young,
Hank Snow, Webb Pierce, Roy Orbison,
Carl Perkins oder Johnny Cash auf. All diese Leute hatten Charakter,
Ausstrahlung und ihre eigene Identität. Sie taten das, woran sie glaubten, und
genau das tue ich auch.
bm: Herzlichen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.