Interview mit Iris Huggler & Lorenz Krebs, Promoters des Trucker & Country Festival Interlaken

© April 1998 / Bruno Michel

 

1994 liessen zwei „Laien“ der Country Szene das erste Internationale Trucker und Country Festival im Berner Oberland steigen. Damals wurden die sympathischen Veranstalter, Iris Huggler und Lorenz (Lori) Krebs von vielen Insidern der Szene belächelt, und man gab ihnen mit ihrem Anlass keine grossen Überlebenschancen. Gross war dafür die Überraschung für viele der – natürlich trotzdem angereisten – Szenenkenner, als schon das erste Festival alles andere als „laienhaft“ organisiert war.

 

Mittlerweile ist dieser Event zu einem festen Bestandteil des Country-Kalenders in der Schweiz geworden, der Ende Juni jeweils rund 40‘000 Trucker und Country Fans auf das Gelände des Militärflugplatzes in Matten, zwischen Bönigen und Interlaken, lockt. Das klare Konzept mit den drei Hauptbereichen Truck-Ausstellung und Chilbi, Westerndorf mit Ausstellern und Freilichtbühne und schliesslich Festzelt mit Konzerten lokaler und internationaler Stars, hat sich bewährt.

 

1998 sind Iris Huggler und Lori Krebs zu Recht stolz darauf, vom 26. – 28. Juni ein erstes Jubiläum mit dem 5. Anlass feiern zu dürfen. Ich nutzte dieses Jubiläum für ein Gespräch mit den beiden.

 

bm: Ihr habt einen weiteren Grossanlass ins Berner Oberland gebracht. Bezogen auf die Anzahl Traditionsfestivals mit Rang und Namen sind die anderen Regionen der Schweiz – ausser Zürich mit seinem Albisgüetli-Festival – schon fast Entwicklungsgebiete. Zu Euren Anfangszeiten gab es in Frutigen, Grindelwald, Gstaad, Thun und Worb langjährige Traditionsanlässe. Warum ist nach Eurer Meinung das Berner Oberland so stark in dieser Szene vertreten ?

LK: Vielleicht haben unsere Wurzeln, unsere ländlichen Gegenden und unser ursprünglicher Hang zur Volksmusik damit zu tun. Wir sind eher ein traditionell orientierter Teil der Schweizer Bevölkerung.

IH: Zudem kommen viele Initianten solcher Festivals aus unserer Region. Damit lebt die Szene. Ihr habt in Zürich ja ein hervorragendes Beispiel mit dem Albisgüetli-Festival. Es braucht Macher und Leute mit Initiative, um solche Anlässe überhaupt anzugehen.

 

bm: Was waren Eure Zielsetzungen, was Eure Motivation, im grossen Stil in die Country-Szene einzusteigen ?

IH: Eigentlich fiel der Startschuss 1993. Mike Parkin führte eines Tages einen Country Music-Marathon mit Wettbewerb am Radio BEO durch. Der Gewinner konnte eine Gruppe auswählen, die im Western Grill (Marti Motel) in Interlaken ein Konzert geben sollte.

LK: Die Wahl fiel per Zufall auf die Gruppe „Trucks aus dem Zillertal“. Dadurch bekamen wir Verbindung zur Band „Zillertaler Schürzenjäger“, welche wir ursprünglich in einem Festzelt vorstellen wollten. Letztendlich nutzten wir die Infrastruktur, um an zwei Wochenenden ein Fest zu veranstalten. Damals stellte ein Lastwagenfahrer seinen White-Truck vor dem Motel zur Schau und wir hatten ein gelungenes Fest. Das brachte uns auf die Idee, im folgenden Jahr ein echtes Trucker und Country Festival zu organisieren.

 

bm: Wie kam es dazu, dass Ihr beide ein Team wurdet und wie ist die Rollenverteilung ?

IH: Wir arbeiten schon seit neun Jahren zusammen. Seit 1996 sind wir Partner in unserer Firma CPA (Concert Promotion Agency). Ich bin hauptsächlich für die Administration zuständig, Lori für die Vorbereitungen beim Aufbau.

LK: Während des Festivals haben wir keine klare Rollenverteilung mehr, sondern arbeiten beide dort mit, wo Not am Mann oder an der Frau ist. Wir sind die gesamten drei Tage permanent auf dem Gelände unterwegs und für alle Fragen von Bands, Besuchern oder Ausstellern die Ansprechpartner.

 

bm: Euer Festival ist mit jedem Jahr professioneller, grösser und attraktiver geworden. Wie lange glaubt Ihr, dass diese Entwicklung noch anhalten wird ?

LK: Wir sind nicht primär darauf aus, jedes Jahr grösser zu werden. Das hat sich bisher so ergeben, weil die Anmeldungen der Trucker und der Besucherstrom jedes Jahr angestiegen sind. Unser Erfolg hängt wesentlich von der Dreiteilung des Geländes ab. Im vorderen Bereich der Truck-Ausstellung ist der Eintritt kostenlos, das Westerndorf kostet Fr. 5.- und erst beim Konzertzelt wird ein angemessener Eintrittspreis für die Musikveranstaltungen verlangt.

 

bm: Wie gross ist Euer Vorbereitungsaufwand und wieviele Helfer stehen bei Eurem Anlass jeweils im Einsatz ?

IH: Wir beide arbeiten in der Vorbereitung über längere Zeit fulltime. Am Anlass selbst haben wir über 150 Helfer, die uns unterstützen. Nebst vielen anderen hilft uns der Schlittschuhclub Unterseen-Interlaken jedesmal tatkräftig mit.

LK: Auch von den andern Helfern sind viele von Anfang an dabei und wir können uns voll auf sie verlassen.

 

bm: Viele Veranstalter sprechen heute die Problematik der Gewinnung von Sponsoren an. Die wirtschaftliche Lage reduziert den Kreis möglicher Gross-Sposoren ebenfalls. Wie löst Ihr dieses Problem ?

IH: Unsere Hauptsponsoren, Bridgestone, Shell und Mercedes haben wir dank der Kombination von Trucker- und Country-Festival gewinnen können.

LK: Auch Villiger unterstützt uns nach wie vor sehr. Ansonsten zieht sich die Tabakindustrie ja eher zurück und will aus verständlichen Gründen nicht mehr so sehr im Vordergrund stehen. Die kommenden gesetzlichen Auflagen betreffend Tabakwerbung werden ja zunehmend schärfer, was man auch in der Autorennsportszene beobachten kann.

IH: Wir können gottseidank auf ein breites Sponsorenumfeld abstützen, das Vertrauen in unser Festival hat. Suzuki, Swisscom Mobile, Rugen-Bräu, Coca-Cola, um nur einige zu nennen, helfen uns ebenfalls sehr. Jedes Jahr kommen neue Partner hinzu. 1998 unterstützt uns CMR (Country Music Radio) zum ersten Mal als Medienpartner.

 

bm: Nach welchen Kriterien stellt Ihr Euer jeweiliges Festival-Programm zusammen ?
LK: Wir sind natürlich nicht die grossen Kenner der Szene, aber wir haben mit Judy Seals in den USA und lokal zum Beispiel mit Philippe Nicolet erstklassige Berater, die uns Feedback geben auf unsere Vorstellungen betreffend der auftretenden Künstler. Für uns ist es auch wichtig, Musiker zu bringen, die beim Publikum und auch medienmässig auf Resonanz stossen.


bm: Was war für Euch das grösste Erfolgserlebnis in den vergangenen Jahren ?
LK: Für uns ist jeweils der grösste Erfolg, wenn alles glatt läuft, keine Unfälle passieren und die Leute ein schönes Wochenende verbringen können, an das sie sich gerne erinnern.


bm: Und was war die grösste Enttäuschung ?
LK: An diesem Anlass hatten wir bisher eigentlich keine Enttäuschungen. Der Wettergott spielte mit Ausnahme von einigen massiven Gewittern jedes Jahr mit, die Leute waren zufrieden. Wir hatten bisher grosses Glück.

IH: Manchmal wünschten wir uns etwas mehr Engagement der Behörden aus den umliegenden Gemeinden. Wir bringen unserer Gegend viele Gäste.

LK: Andererseits darf man diese Haltung der Behörden auch nicht verurteilen. Wo fängt die Unterstützung an, wo hört sie auf ? Natürlich könnten die Gemeinden werbemässig Kapital aus unserem Anlass schlagen. Aber wenn sie bei uns mit der Unterstützung anfangen, gibt es zahllose andere Anlässe, die diese Unterstützung vielleicht noch nötiger haben als wir. Und diese Trennlinie zu ziehen ist für eine Behörde sicher schwierig.

 

bm: Gab es Künstler, die Ihr gerne engagiert hättet, aber nicht verpflichten konntet ?
IH: Dieses Jahr stand für uns Tanya Tucker im Vordergrund. Leider gelang uns das nicht. Wir sind aber sicher, dass mit Collin Raye einen erfolgreichen Headliner haben.


bm: Welche Artisten stehen auf Eurer Wunschliste für die Zukunft ?

LK: Ich persönlich könnte mich jederzeit wieder für Carlene Carter und die Bellamy Brothers begeistern. Aber wir brauchen ja Abwechslung. Wenn wir von den ganz grossen Träumen sprechen – träumen darf man immer – dann sage ich Dolly Parton zusammen mit Kenny Rogers….(lacht).

 

bm: Wenn Ihr die Organisatoren des Trucker & Country Festivals Interlaken interviewen müsstet, welche Frage würdet Ihr ihnen stellen, die ich nicht gestellt habe ?

LK: Was bringt Euch das ?

 

bm: Und die Antwort ?

LK: Wir haben durch unser Festival viele Folgeaufträge erhalten betreffend der Organisation von Gross-Anlässen.

IH: Zudem versuchen wir, in der Vorwoche und in der Folgewoche weitere Anlässe auf dem Gelände durchzuführen, um die Kosten im Griff zu halten. Dieses Jahr findet vor dem Festival ein historischer Grand-Prix des Schweizerischen Autorennsport Verbandes statt. Am Wochenende nach dem Trucker und Country Festival steigt ein Open-Air Konzert mit den Zillertaler Schürzenjägern.

 

bm: Ich wünsche Euch für die nächsten fünf Trucker und Country Festivals viel Erfolg und hoffe, dass Eure Träume in Erfüllung gehen. Vielen Dank für das Gespräch.

LK / IH: Wir haben zu danken.