1994
liessen zwei „Laien“ der Country Szene das erste Internationale Trucker und
Country Festival im Berner Oberland steigen. Damals wurden die sympathischen
Veranstalter, Iris Huggler und Lorenz (Lori) Krebs von vielen Insidern der Szene belächelt, und
man gab ihnen mit ihrem Anlass keine grossen Überlebenschancen. Gross war dafür
die Überraschung für viele der – natürlich trotzdem angereisten – Szenenkenner,
als schon das erste Festival alles andere als „laienhaft“ organisiert war.
Mittlerweile
ist dieser Event zu einem festen Bestandteil des Country-Kalenders
in der Schweiz geworden, der Ende Juni jeweils rund 40‘000 Trucker und Country
Fans auf das Gelände des Militärflugplatzes in Matten, zwischen Bönigen und Interlaken, lockt. Das klare Konzept mit den
drei Hauptbereichen Truck-Ausstellung und Chilbi,
Westerndorf mit Ausstellern und Freilichtbühne und schliesslich Festzelt mit
Konzerten lokaler und internationaler Stars, hat sich bewährt.
1998
sind Iris Huggler und Lori
Krebs zu Recht stolz darauf, vom 26. – 28. Juni ein erstes Jubiläum mit dem 5.
Anlass feiern zu dürfen. Ich nutzte dieses Jubiläum für ein Gespräch mit den
beiden.
bm: Ihr habt
einen weiteren Grossanlass ins Berner Oberland gebracht. Bezogen auf die Anzahl
Traditionsfestivals mit Rang und Namen sind die anderen Regionen der Schweiz –
ausser Zürich mit seinem Albisgüetli-Festival – schon
fast Entwicklungsgebiete. Zu Euren Anfangszeiten gab es in Frutigen,
Grindelwald, Gstaad, Thun und Worb langjährige
Traditionsanlässe. Warum ist nach Eurer Meinung das Berner Oberland so stark in
dieser Szene vertreten ?
LK: Vielleicht haben unsere Wurzeln, unsere ländlichen
Gegenden und unser ursprünglicher Hang zur Volksmusik damit zu tun. Wir sind
eher ein traditionell orientierter Teil der Schweizer Bevölkerung.
IH: Zudem kommen viele Initianten solcher Festivals aus
unserer Region. Damit lebt die Szene. Ihr habt in Zürich ja ein hervorragendes
Beispiel mit dem Albisgüetli-Festival. Es braucht
Macher und Leute mit Initiative, um solche Anlässe überhaupt anzugehen.
bm: Was
waren Eure Zielsetzungen, was Eure Motivation, im grossen Stil in die Country-Szene einzusteigen ?
IH: Eigentlich fiel der Startschuss 1993. Mike Parkin führte eines Tages einen Country Music-Marathon mit
Wettbewerb am Radio BEO durch. Der Gewinner konnte eine Gruppe auswählen, die
im Western Grill (Marti Motel) in Interlaken ein Konzert geben sollte.
LK: Die Wahl fiel per Zufall auf die Gruppe „Trucks aus dem Zillertal“. Dadurch bekamen wir Verbindung zur Band „Zillertaler Schürzenjäger“, welche wir ursprünglich in
einem Festzelt vorstellen wollten. Letztendlich nutzten wir die Infrastruktur,
um an zwei Wochenenden ein Fest zu veranstalten. Damals stellte ein
Lastwagenfahrer seinen White-Truck vor dem Motel zur
Schau und wir hatten ein gelungenes Fest. Das brachte uns auf die Idee, im
folgenden Jahr ein echtes Trucker und Country Festival zu organisieren.
bm: Wie
kam es dazu, dass Ihr beide ein Team wurdet und wie ist die Rollenverteilung
?
IH: Wir arbeiten schon seit neun Jahren zusammen. Seit 1996
sind wir Partner in unserer Firma CPA (Concert Promotion Agency). Ich bin
hauptsächlich für die Administration zuständig, Lori
für die Vorbereitungen beim Aufbau.
LK: Während des Festivals haben wir keine klare
Rollenverteilung mehr, sondern arbeiten beide dort mit, wo Not am Mann oder an
der Frau ist. Wir sind die gesamten drei Tage permanent auf dem Gelände
unterwegs und für alle Fragen von Bands, Besuchern oder Ausstellern die
Ansprechpartner.
bm: Euer
Festival ist mit jedem Jahr professioneller, grösser und attraktiver geworden.
Wie lange glaubt Ihr, dass diese Entwicklung noch anhalten wird
?
LK: Wir sind nicht primär darauf aus, jedes Jahr grösser zu
werden. Das hat sich bisher so ergeben, weil die Anmeldungen der Trucker und
der Besucherstrom jedes Jahr angestiegen sind. Unser Erfolg hängt wesentlich
von der Dreiteilung des Geländes ab. Im vorderen Bereich der Truck-Ausstellung
ist der Eintritt kostenlos, das Westerndorf kostet Fr. 5.- und erst beim
Konzertzelt wird ein angemessener Eintrittspreis für die Musikveranstaltungen
verlangt.
bm: Wie
gross ist Euer Vorbereitungsaufwand und wieviele
Helfer stehen bei Eurem Anlass jeweils im Einsatz ?
IH: Wir beide arbeiten in der Vorbereitung über längere Zeit
fulltime. Am Anlass selbst haben wir über 150 Helfer,
die uns unterstützen. Nebst vielen anderen hilft uns der Schlittschuhclub
Unterseen-Interlaken jedesmal tatkräftig mit.
LK: Auch von den andern Helfern sind viele von Anfang an
dabei und wir können uns voll auf sie verlassen.
bm: Viele
Veranstalter sprechen heute die Problematik der Gewinnung von Sponsoren an. Die
wirtschaftliche Lage reduziert den Kreis möglicher Gross-Sposoren
ebenfalls. Wie löst Ihr dieses Problem ?
IH: Unsere Hauptsponsoren, Bridgestone,
Shell und Mercedes haben wir dank der Kombination von Trucker- und Country-Festival gewinnen können.
LK: Auch Villiger unterstützt uns
nach wie vor sehr. Ansonsten zieht sich die Tabakindustrie ja eher zurück und
will aus verständlichen Gründen nicht mehr so sehr im Vordergrund stehen. Die
kommenden gesetzlichen Auflagen betreffend Tabakwerbung werden ja zunehmend
schärfer, was man auch in der Autorennsportszene beobachten kann.
IH: Wir können gottseidank auf ein
breites Sponsorenumfeld abstützen, das Vertrauen in unser Festival hat. Suzuki,
Swisscom Mobile, Rugen-Bräu,
Coca-Cola, um nur einige zu nennen, helfen uns ebenfalls sehr. Jedes Jahr
kommen neue Partner hinzu. 1998 unterstützt uns CMR (Country Music Radio) zum
ersten Mal als Medienpartner.
bm: Nach
welchen Kriterien stellt Ihr Euer jeweiliges Festival-Programm zusammen ?
LK: Wir sind natürlich nicht die grossen
Kenner der Szene, aber wir haben mit Judy Seals in den USA und lokal zum
Beispiel mit
bm: Was
war für Euch das grösste Erfolgserlebnis in den vergangenen Jahren
?
LK: Für uns ist jeweils der grösste Erfolg,
wenn alles glatt läuft, keine Unfälle passieren und die Leute ein schönes
Wochenende verbringen können, an das sie sich gerne erinnern.
bm: Und
was war die grösste Enttäuschung ?
LK: An diesem Anlass hatten wir bisher eigentlich
keine Enttäuschungen. Der Wettergott spielte mit Ausnahme von einigen massiven
Gewittern jedes Jahr mit, die Leute waren zufrieden. Wir hatten bisher grosses
Glück.
IH: Manchmal wünschten wir uns etwas mehr Engagement der
Behörden aus den umliegenden Gemeinden. Wir bringen unserer Gegend viele Gäste.
LK: Andererseits darf man diese Haltung der Behörden auch
nicht verurteilen. Wo fängt die Unterstützung an, wo hört sie auf ? Natürlich könnten die Gemeinden werbemässig Kapital
aus unserem Anlass schlagen. Aber wenn sie bei uns mit der Unterstützung
anfangen, gibt es zahllose andere Anlässe, die diese Unterstützung vielleicht
noch nötiger haben als wir. Und diese Trennlinie zu ziehen ist für eine Behörde
sicher schwierig.
bm: Gab es
Künstler, die Ihr gerne engagiert hättet, aber nicht verpflichten konntet ?
IH: Dieses Jahr stand für uns Tanya Tucker im Vordergrund. Leider gelang uns das nicht.
Wir sind aber sicher, dass mit Collin Raye einen
erfolgreichen Headliner haben.
bm: Welche
Artisten stehen auf Eurer Wunschliste für die Zukunft ?
LK: Ich persönlich könnte mich jederzeit wieder für Carlene Carter und die Bellamy Brothers begeistern. Aber
wir brauchen ja Abwechslung. Wenn wir von den ganz grossen Träumen sprechen –
träumen darf man immer – dann sage ich Dolly Parton
zusammen mit Kenny Rogers….(lacht).
bm: Wenn
Ihr die Organisatoren des Trucker & Country Festivals Interlaken
interviewen müsstet, welche Frage würdet Ihr ihnen stellen, die ich nicht
gestellt habe ?
LK: Was bringt Euch das ?
bm: Und
die Antwort ?
LK: Wir haben durch unser Festival viele Folgeaufträge
erhalten betreffend der Organisation von Gross-Anlässen.
IH: Zudem versuchen wir, in der Vorwoche und in der
Folgewoche weitere Anlässe auf dem Gelände durchzuführen, um die Kosten im
Griff zu halten. Dieses Jahr findet vor dem Festival ein historischer Grand-Prix des Schweizerischen Autorennsport Verbandes
statt. Am Wochenende nach dem Trucker und Country Festival steigt ein Open-Air Konzert mit den Zillertaler
Schürzenjägern.
bm: Ich
wünsche Euch für die nächsten fünf Trucker und Country Festivals viel Erfolg
und hoffe, dass Eure Träume in Erfüllung gehen. Vielen Dank für das Gespräch.
LK
/ IH: Wir haben zu danken.