Interview mit Shawn Jennings in Bryan, TX, 2010

© 2010 / Bruno Michel; Fotos Bruno Michel

 

Seit mehreren Jahren tourt Shawn Jennings mit seiner Southern Roots Band durch die Clubs in Texas. Nebst traditionellen Songs bieten die Jungs auch excellenten Country- und Southern Rock sowie Balladen. Die erste CD erschien 2003. Auf der aktuellen Scheibe, My Desire, hat Jennings elf der dreizehn Titel selbst geschrieben.

Im Gegensatz zu vielen texanischen Musikern, die meist schon im Kindergarten-Alter ein Instrument spielen und singen, hat Jennings die Gitarre erst mit gut 20 Jahren in die Hand genommen. Davor war er mit Fischen, Jagen und Bull-Riding voll ausgelastet. Bald wurden aus seinen gelegentlichen Darbietungen im Freundeskreis Auftrittsangebote in Clubs und er begann, mehr Gewicht auf die Musik zu legen. Nach wie vor verrichten alle Bandmitglieder regelmässige Jobs und absolvieren nebenbei rund einhundert Auftritte im Jahr, meist an den Wochenenden.

Ein solcher Auftritt war anlässlich der Brazos County Go Texan Auktion, eine Organisation, die lokalen Schülern finanzielle Unterstützung für weitere Ausbildung bietet. Der Ort des Geschehens, die Texas Hall Of Fame in Bryan, existiert seit 1978 und ist ein gigantischer Club mit riesiger Tanzfläche und mehreren Bars.

Ich nutzte die Gelegenheit, um Shawn vor seinem Auftritt ein paar Fragen zu stellen.

BM: Shawn, als du vor sieben Jahren deine erste CD veröffentlicht hast, wohin wolltest du, dass deine Musik dich führt?
SJ: Darüber habe ich damals eigentlich nicht nachgedacht. Ich fing ja erst mit gut 20 Jahren an, Instrumente zu spielen und Songs zu schreiben. Erst später begann ich, mir Ziele zu setzen, zunächst in kleinen Schritten, dann in etwas grösseren. Wir haben aber alle noch unsere regulären Jobs. Momentan würde der Aufwand im Verhältnis zu den Einnahmen uns nicht ermöglichen, alle Rechnungen zu bezahlen. Allerdings arbeiten wir alle selbständig, so dass wir etwas flexibel sind, wenn es um Auftrittsmöglichkeiten geht. Im November und Dezember versuche ich jeweils, frei zu nehmen, dann ist Jagdsaison und ich liebe es, mit meinen Familie zu fischen und auf die Jagd zu gehen.

BM: Du nennst als eines deiner Vorbilder Waylon Jennings. Ich nehme aber an, ihr seid nicht verwandt, oder doch?
SJ: Nun, man hört zweierlei Geschichten. Die einen sagen ja, die andern nein. Meine Mutter war verwandt mit George Jones. Sie haben sich zwar nur einmal getroffen, konnten aber gemeinsame Bekannte aus der Familie nennen. Einige meinen, wir seien auch mit Waylon’s Familie verwandt. Ich habe das nie recherchiert, somit weiss ich nichts genaues.

BM: Texas Music hebt sich wesentlich vom grossen Teil des heutigen Nashville Sound ab.Würdest du dich oder deinen Stil verändern, um an einen Major Label Vertrag zu kommen?
SJ: Vergiss es. Nie. Meine Musik ist so offen und ehrlich wie sie nur sein kann. Sie kommt tief aus meinem Herzen, all die Songs auf dem aktuellen Album spiegeln mich und mein Inneres.
BM: Du hast sie alle selbst geschrieben?
SJ: Es sind zwei Cover Versionen dabei. Einer davon, A Pirate Looks At Forty ist von Jimmy Buffet, einem meiner Idole.

BM: Was ist wichtiger in einem Song, der Text oder die Melodie?
SJ: Die Worte müssen stimmig sein. Wenn die Geschichte nicht verfängt, nützt die beste Musik dazu nichts. Ich liebe Songs, die einen Anfang, eine gute Story und ein fulminantes Ende haben. Für mich muss jedes Wort in einem Lied Sinn machen, sonst wird das nichts.

BM: Welchen bekannten Song hättest du gerne geschrieben?
SJ: Einige der Jimmy Buffet Songs. A Pirate Looks At Forty, auf meiner CD, ist einer meiner Favoriten.
Da geht’s um das reale Leben, um’s Geldverdienen und alles wieder verlieren und so weiter.

BM: Wer ware dein Wunschpartner für ein Duett?
SJ: Waylon Jennings.
BM: Das hat Hank jr. nach dem Tod seines Vaters schon gemacht, nachträglich eingespielt. Wer wär’s von den Lebenden?
SJ: Es gibt da einen Texaner, den ich besonders mag: Hayes Carll. Der macht echt gute Musik. Oder Chris Knight. Keine kommerzielle Musik, sondern Songs, wo du hinhören musst.
Dann nenne ich noch Matt Powell, ebenfalls keine Kommerz Musik aber ein grossartiger Liedermacher.

BM: Würdest du lieber einen Song schreiben, der sich hundert Millionen mal verkauft, oder einen, der hundert Jahre überdauert?
SJ: Ich entscheide mich für den, der hundert Jahre überdauert, definitiv. Klar will jeder Geld und reich sein. Nach hundert Jahren sollte sich aber auch das Geld für diesen Song einstellen. Am liebsten hätte ich Happy Birthday geschrieben, das kennt jeder (lacht).

BM: Wovor warnst du einen Alien, der gerade mit dem Raumschiff in Texas gelandet ist?
SJ: Sei ja vorsichtig, wIr haben hier Feuerameisen.

BM: Was ist der Unterschied zwischen dem Shawn Jennings, mit dem ich gerade rede und jenem auf der Bühne?
SJ: Gar keiner. Hier bin ich und auf der Bühne bin ich. Meine Musiker sind schon lange mit mir unterwegs und wir sind wie eine Familie. Wenn ich eines bin, dann ist es ehrlich. Ich würde nie jemandem was vormachen, auch nicht auf der Bühne.

BM: Wenn du ein Interview mit Shawn Jennings machen würdest, welche Frage stellst du ihm, die ich nicht gestellt habe?
SJ: Oh Mann. Keine Ahnung, da müsste ich erst mal nachdenken. Meine Antworten kenne ich, aber was würde ich mich fragen?

BM: Kein Problem. Vielen Dank für das Interview.