Interview
mit Jesse & Noah
Obwohl auf der elterlichen Ranch in Florida aufgewachsen, hatten Jesse und Noah Bellamy mit Rancharbeit nie etwas am Hut. Sie richteten sich lieber in einer alten Scheune ein Tonstudio ein. Die beiden hattten bereits in vielen Bands gespielt, bevor sie 2001das Album Key To The Highway unter dem Pseudonym Elston Gunnn (mit 3 n) heraus brachten. Dieser Name wurde einst von Robert Zimmerman benutzt – lange bevor er unter dem Namen Bob Dylan weltberühmt wurde.
Vater David Bellamy überzeugte seine Jungs vor drei Jahren, nach Nashville zu ziehen. Papa wollte, dass die heute 26 und 27 Jahre alten Brüder ihr Songwriter Handwerk bei einigen gestandenen Liedermachern von der Pike auf lernen. Nun ist ihr erstes Album als Jesse & Noah mit dem Titel Drivin’ Nowhere erschienen. In Interlaken traten sie erstmals gemeinsam in Europa auf. Die Gelegenheit für mich, um mit den Brüdern über ihre Erwartungen zu sprechen.
bm:
Ihr beschreibt eure Musik als Mischung zwischen Gram Parsons, den Eagles,
Merle Haggard, Chris Hillman und Bob Dylan. Wie schwierig ist es, als Söhne
eines berühmten Vaters und Neffen eines nicht weniger berühmten
Onkels seine eigene Identität zu finden und aufzubauen?
JB: Es war sicher etwas einfacher für uns
mit dieser Verwandtschaft. Die beiden haben sich genau so wenig um die Regeln
im Musikgeschäft gekümmert, wie wir. Darum haben sich für uns
Türen geöffnet, die sonst vielleicht nicht aufgegangen wären.
Schwierig wäre es dann geworden, wenn unser Vater und Onkel eher angepasste
Musik gemacht hätten. Aber so konnten wir verschiedene Stile mischen
und unseren eigenen Sound definieren.
bm:
Noah, du hast deine Fähigkeiten als Gitarrist und Tontechniker verfeinert,
während du, Jesse, der Sänger
und Songschreiber in der Band bist. Was ist wichtiger bei einem Lied? Die
Worte oder die Musik?
JB: Die Worte (schaut auf seinen Bruder und lacht)…
NB: Nein, die Melodie ist für mich wichtiger.
Melodien sind zeitlos. An die Worte erinnern sich nur wenige, aber die Melodie
kennt man noch nach vielen Jahren.
bm:
Welchen berühmten Song hättet ihr gerne selbst geschrieben?
JB: (überlegt)…Vielleicht Mama’s Hungry
Eyes von Merle Haggard.
NB: Ja, so was in der Richtung. Oder Yesterday
von den Beatles (Gelächter). Dann hätte ich ausgesorgt.
bm:
Ihr kennt die kommerzielle Seite des Geschäfts von eurem Vater und Onkel
her. Marketing ist oft wichtiger, als die Musik. Welche Strategie
verfolgt ihr, um Erfolg zu haben und euch trotzdem treu zu bleiben?
JB: Wir versuchen als Erstes, uns selber treu
zu bleiben, das ist mal das Wichtigste. Es wird allerdings immer schwieriger.
Aber wir tun unser Bestes.
bm:
Wie beurteilt ihr die Situation, die George Strait und Alan Jackson in ihrem
Duett, Murder On Music Row, beschrieben haben?
JB: Schwer zu sagen. Aus Nashville kam, genau
so wie aus allen andern Ecken, schon immer gute und schlechte Musik. Auch
heute produziert man in Nashville ab und zu noch grossartige Songs.
NB: Viele Leute meinen zwar, früher habe
sich die Music Row in Nashville um traditionelle Musik gekümmert. Ich
glaube, das haben die nie getan. Sie nahmen immer so genannte traditionelle
Musik und trimmten sie mehr auf kommerziell.
bm:
Welches Wort oder welchen Satz verwendet ihr wieder und wieder?
JB: (lacht) Ja, Keep on keepin’ on.
Das sagen wir immer und immer wieder – auch zu uns selbst.
bm:
Wenn die Leute in 50 Jahren auf das Leben von Jesse & Noah zurück
blicken, was hofft ihr, werden sie dann über euch sagen?
JB: Hoffentlich, dass wir ein paar verdammt gute
Songs hatten. Das ist, worum es meiner Meinung nach in unserem Geschäft
geht. Und vielleicht arbeiten wir in fünzig Jahren ja immer noch und
stehen live auf der Bühne (Gelächter).
bm:
Wer wäre euer Lieblingspartner für ein Duett und warum?
NB: Von den Toten oder den Lebenden?
bm: Tja, mit den Toten wird’s etwas schwieriger.
Obwohl’s ja technisch heute geht.
NB:
Ja, stimmt. Mit Elvis wäre cool.
JB: Wie wär’s mit einem „Duett“ mit Rachael
Warwick? (lacht).
bm:
Welchen Moment in eurem Leben würdet ihr gerne nochmal erleben – falls
es den schon gibt?
JB: Hoffentlich den Auftritt heute Abend. Wir
finden’s toll, hier zu sein.
bm:
Gibt es einen Unterschied zwischen Jesse & Noah auf der Bühne und
den beiden hier vor mir?
NB: Eigentlich nicht. Wir machen schon fast unser
ganzes Leben lang Musik. Noch besser, Musik IST unser
Leben.
JB: Doch, vielleicht passe ich da oben etwas
mehr auf meine Wortwahl und meine Sprache auf als sonst.
bm:
Wenn ihr ein Interview mit Jesse & Noah führen würdet, welche
Frage stellt ihr, die ich nicht gestellt habe?
JB: (überlegt)…Schnarcht Noah? Und die Antwort
ist definitiv ja.
NB: Was ist das beste Mittel gegen Jetlag? Ich
weiss es leider selbst noch nicht – ausser schlafen, aber dazu kommen wir
kaum.
bm:
Glaub ich euch gerne, bei den vielen Auftritten. Trotzdem viel Erfolg für
heute abend und danke für das Gespräch.