Interview mit Lace

© February 2000 / Bruno Michel

 

Das Rezept für Erfolg in der Country Music scheint so einfach. Man nehme ein Land wie Kanada, Heimat grosser Stars der Country Music, wie früher Anne Murray und Hank Snow oder später Terri Clark, Shania Twain und Paul Brandt. Dann braucht es einen Manager, der den richtigen Riecher und die Erfahrung hat. David Foster, der schon mit Grössen wie Celine Dion, Whitney Houston oder Madonna arbeitete bringt’s mit. Und drittens braucht es den richtigen Zeitpunkt. Der ist mit den aktuellen Trend der Girlgroups und den erfolgreichen Vorreiterinnen wie den Dixie Chicks oder SheDaisy ebenfalls gegeben. Ist Lace also nur eine weitere Girlgroup, die auf der Erfolgswelle reiten will? Ich sprach mit Beverly (B), Giselle (G) und Stacy Lee (S) über ihre Sicht der Dinge.

 

bm: Wie würdet Ihr Eure Musik jemandem beschreiben, der Euch noch nie gehört hat?

G: Musik für alle, in jeder Stimmung. Ob Du am Morgen gut gelaunt aufstehen oder Dich abends auf ein Date einstimmen willst, wir bieten zu jeder Gelegenheit die richtigen Songs.

B: Wir haben viele Geschichten auf unserer CD, mit denen sich die Leute identifizieren können. Diese Geschichten sind verpackt in unterschiedliche Stilrichtungen, Country, Balladen, eher rockige Nummern. Für jeden etwas.

 

bm: Welcher Unterschied besteht darin, in Kanada erfolgreich zu sein, in Nashville aber jemand unter vielen anderen?

B: Keiner. Erfolg ist auf jeder Stufe der Karriere schön, und solange Du auf der Bühne stehen kannst, ist es egal ob mit einem Nummer-1 Hit im Rücken oder nicht.

S: Es ist aber toll, dass wir in unserer Heimat bereits einige Erfolge erzielen konnten. Das gibt uns die Zuversicht, es auch in Amerika zu schaffen.

B: Und das Selbstvertrauen, sich auch dort auf die Bühne zu stellen, wo Dich keiner kennt – wie zum Beispiel hier in der Schweiz.

 

bm: Erfolgversprechend sind Boygroups in der Popmusik und seit einiger Zeit Girlgroups im Country Music Business. Seid Ihr schnell genug, um auf den fahrenden Zug aufzuspringen?

G: (Gelächter) Wetten dass.

B: Wir haben alle einzeln unsere Karriere begonnen. Nun, da wir zusammen sind, fühlen wir uns umso stärker, das zu erreichen, was wir uns wünschen.


bm: Aber Lace ist eine sehr junge Band. Da habt ihr durch den Weggang von Corbi Dyann doch einen Rückschlag erfahren? Stacy ist ja erst seit gut drei Wochen bei Euch.
B: Überhaupt nicht. Giselle und ich kennen uns seit über fünf Jahren und haben des öfteren zusammen auf der Bühne gestanden. Alle drei haben wir im selben Studio aufgenommen, uns gegenseitig mit unsern Stimmen ausgeholfen. Unsere heutige Besetzung ist fast eine Vorsehung.
S: Dieser Monat bei Lace war für mich eine sehr aufregende Zeit. Aber es scheint, als ob wir immer schon zusammen gewesen wären. Alles klappt hervorragend.

 

bm: Von andern kann man lernen. Wie ist das bei Euch? Stiftet Ihr Euch gegenseitig zum Lernen an?

B: Jeden Tag. Wir respektieren uns als Künstlerinnen. Von allen kann ich lernen. Von Stacy, wie man gute Country Songs bringt. Das kann ich weniger gut. Oder von Giselle, die wunderschöne Balladen singen kann.

G: Beverly bringt uns die groovigen Songs näher. Jede von uns hat ihren eigenen Stil und den versuchen wir zu kombinieren.

 

bm: Seid Ihr da noch alle der gleichen Meinung, wenn es darum geht, Songs für Eure Auftritte auszuwählen?

S: Dadurch, dass wir alle etwas einbringen, wird das Ganze besser. Ich bin eher auf der traditionellen Country Linie. Aber das Publikum will auch andere Songs hören. Und unsere Show wird durch die Vielfalt ebenfalls lebendiger.

G: Und das Gute ist, dass die andern beiden die jeweilige „Leadsängerin“ hervorragend ergänzen können.

 

bm: Seid Ihr Euren Leistungen gegenüber kritisch?

B: Definitiv. Wir lernen jeden Tag dazu. Wenn die Kritik konstruktiv ist, warum soll man nicht davon profitieren.

 

bm: Wo liegt der Unterschied zwischen den Girls auf der Bühne und den Girls hier um mich herum?

S: Es gibt keinen.

G: Doch, mehr Makeup auf der Bühne. (Gelächter)

 

bm: Wer sind Eure musikalischen Vorbilder und warum?

S: Patsy Cline, weil sie es wagte, auch mal mit Songs ein paar der damaligen Regeln zu brechen. Martina McBride, weil sie eine zierliche Person mit einer gewaltigen Stimme ist.

G: Mary Chapin Carpenter, weil sie inhaltlich ausgezeichnete Songs schreibt. Barbara Streisand, weil ich sie einfach mag.

B: Edgar Winter, die Beatles, die Eagles, viele der 70er Jahre Bands. Das ist für mich Musik, die mir heute eine Gänsehaut verursacht.

 

bm: Was war das bisher grösste Hindernis, das Ihr auf Eurem Weg überwinden musstet?

G: Ich habe eine viereinhalbjährige Tochter. Für mich war es schwer, die richtige Unterstützung zu finden, Leute, die sich um sie kümmern kann, wenn ich auf Tour bin.

B: Eigentlich kein Hindernis, eher eine Selbsteinsicht. Ich muss mich immer wieder bremsen und mir sagen, dass ich auch noch ein Privatleben habe. Ich brauche den Ausgleich, vergesse aber häufig, dass man die Freunde auch pflegen sollte.

S: Organisation und meinen Zeitplan. Ich habe einen grossen Bekanntenkreis und momentan einen festen Freund. Dies alles und meine Bandtermine unter einen Hut zu bringen, ist manchmal ganz schön schwierig.

 

bm: Gibt es so etwas wie das richtige Timing auf dem Weg zum Erfolg?      

B: Immer, aber wenn Du hart arbeitest, stellt sich der Erfolg irgendwann ein.

G: Schon, aber Du brauchst auch eine Portion Glück und eben die richtigen Leute, die Dich zum richtigen Zeitpunkt sehen oder hören.

S: Ich denke, Hartnäckigkeit ist hier das Schlüsselwort. Nur nicht aufgeben, weiter an sich arbeiten, dranbleiben.

 

bm: Garth Brooks sagte einmal, ein Song ist eine 3-Minuten Gelegenheit, seine Message an’s Publikum zu geben. Was ist Eure Message?

G: Ich weiss nicht, ob ich eine Message habe. Aber ich will Gefühle vermitteln durch meine Songs.

B: Hab nie Angst davor, Dich selber zu sein, und dies auch zu zeigen.

S: Jeder Song ist anders, aber ich will die Leute wissen und spüren lassen, dass ich liebe, was ich da oben mache.

 

bm: Was tut Ihr heute dafür, dass Lace auch in zehn Jahren noch eine gefragte Gruppe ist?

B: Solange wir an das glauben, was wir hier machen, solange werden hoffentlich die Fans an uns glauben.

 

bm: Nehmt an, Ihr führt ein Interview mit Lace. Welche Frage stellt Ihr, die ich nicht gestellt habe ?

G: Wofür tue ich das letztendlich?

B: Wie kann ich jeden Tag besser werden, dazu lernen?

 

bm: Ich wünsche Euch, dass Ihr jederzeit die richtigen Antworten darauf habt. Vielen Dank für das Gespräch.