Interview
mit LAY - D. (Dagmar)
Sie sang schon als Kind in der Kirche, hat eine Ausbildung in Gesang und Gitarre, und gründete mit 18 ihre erste Band mit amerikanischen Musikern. Als Dagmar and Westwind hatten sie Auftritte unter anderem in amerikanischen Klubs. Dort gaben ihr die US Soldaten den Beinamen Lady of Country, fortan ihr Markenzeichen. 1990 hatte Lady Dagmar (LD) ihren ersten Plattenvertrag und spielte für Koch International zehn Alben ein. Im Jahr 2000 wechselte sie zu Tyrolis, wo sie heute noch ist.
Obwohl sie Musik als Sparten übergreifend sieht, hat sie ihre Vorliebe für traditionelle Country Music nie verleugnet. Mit der deutschen Version des Dolly Parton Songs Jolene, ihr bisher erfolgreichster Song, war sie vor zwei Jahren in allen deutschsprachigen Hitparaden vertreten und gewann einige Auszeichnungen. Ich bin bekannterweise kein enger Freund des deutschsprachigen Country, doch diese Frau hat definitiv mehr zu bieten, als übersetzte Klassiker zu interpretieren.
Anlässlich ihres Auftritts mit Duett Partner Don Jensen in Interlaken nutzte ich die Gelegenheit, mehr über Dagmar zu erfahren.
bm:
Dagmar, wie beschreibst du deine Musik jemandem, der dich noch nie gehört
hat?
LD: Es ist eine Musik, die aus meinem Herzen
kommt. Grundsätzlich suche ich alle Songs selber aus und singe nur, was
ich singen möchte. Vielleicht hat es am Anfang meiner Karriere etwas
nach Schlager-Country geklungen. Aber ich habe viel dazu gelernt. Es ist eine
Mischung aus traditioneller und moderner Country Musik.
bm:
Man kennt dich als First Lady der deutschen Country Musik oder als
Country Lady Dagmar. Warum nun der Brand LAY D. Willst du
dir ein neues Image verschaffen?
LD: Nein, nicht im Geringsten. Wo LAY D.
draufsteht, ist Dagmar drin. Ich habe den Beinamen Lady of Country
in den Offiziersklubs der amerikanischen Armee erhalten. Dagmar kann kein
Amerikaner vernünftig aussprechen, trotzdem hat die Plattenfirma das
damals 1990 übernommen. Wir merkten aber, dass auch im Norden Europas
der Name Dagmar nicht einfach über die Lippen geht und so haben wir uns
für diese Abkürzung entschieden.
bm:
Leider müssen Künstler heute viele Kompromisse eingehen, wenn sie
im internationalen Musikgeschäft, das von Marketing Strategen dominiert
wird, Bestand haben wollen. Wie weit würdest du gehen, um noch mehr Erfolg
zu haben?
LD:
Bei mir ist das nicht so, sonst wäre ich schon weiter gekommen (lacht).
Ich mach mein Ding und überlege nicht, wie kann ich marketingtechnisch
überzeugen und dabei die Musik hinten anstellen. Für mich wird die
Musik immer im Vordergrund stehen.
bm:
Du bist schon mit vielen internationalen Acts auf einer Bühne gestanden.
Wer wäre dein Traumpartner für einen Auftritt?
LD: Dolly Parton, ganz klar. Durch sie habe ich
die Country Musik entdeckt. Ich habe schon mit ihr telefoniert und mag
sie sehr. Alleine, sie persönlich zu treffen wäre schon genug, sie
müsste nicht mal mit mir singen. Als ich Yellow Roses oder Jolene
von ihr ins deutsche übersetzt habe, hat sie mir ein Riesenkompliment
gemacht für die fast wortgetreue Übersetzung.
bm:
Gutes Stichwort. Jolene von Dolly Parton oder That Don’t Impress
Me Much
von Shania Twain waren für dich in deutschsprachiger Version Erfolge.
Was ist für dich wichtiger in einem Song: Die Worte oder die Musik?
LD: Für mich muss beides zusammen passen.
Aber letztlich ist es Geschmackssache.
bm:
Du hast in einem Interview erwähnt, dass es dir bei einem Song um die
Message geht und nicht um die Stilrichtung, die der Songverkörpert.
Also: Welche Message willst du deinen Zuhörern vermitteln?
LD: Ich liebe alle Stilrichtungen, aber Country
Music ist heute auch ein weiter Begriff. Ich vermittle gerne Dinge,
die mir selber passiert sind. Viele meiner Songs, wie der, den ich über
meine Oma geschrieben habe, bilden einen direkter Bezug zu etwas, das mir
wichtig ist.
bm:
Im selben Interview hast du erklärt, dass es dir nichts ausmacht, wenn
ein Country Fanatiker
einen deiner Songs als „nicht country“ klassifiziert. Wie wichtig sind für
dich die traditionellen Country Fans, also jene, die dir anfänglich zu
deiner Karriere verholfen haben?
LD: Stimmt, das interessiert mich wirklich weniger.
Trotzdem mag ich Alan Jackson heute immer noch mehr, als irgend welchen „modernen“
Country. Wenn Dolly Gospel oder Willie Nelson Rap singt, sagt auch kein Mensch:
„Oh, das ist jetzt aber nicht Country, das wollen wir nicht hören.“ Auf
der Bühne will ich natürlich einen gewissen Querschnitt bringen.
Und meistens reicht die Zeit nicht, damit ich alle Facetten zeigen kann. Willie
Nelson hat mir mal gesagt: Der Mensch muss Country sein, nicht nur die Musik.
Und ich bin Country.“ Genau so sehe ich das bei mir.
bm:
Hast du einen
Glücksbringer und wenn ja, warum gerade diesen?
LD: Nein, habe ich eigentlich nicht.
bm:
Was entgegnest du Kritikern aus den eigenen Reihen, welche dir und einigen
deiner Kolleginnen vorwerfen, die Country Musik in die Trucker Schlagersparte
zu verbannen?
LD: Ein Beispiel. Yellow Roses oder
eben, in meiner Version, Gelbe Rosen. Das haben wir fast genau dem
Lied von Dolly nachempfunden, auch im Text. Trotzdem finden viele Leute, das
sei Schlager. Ich glaube, das liegt an der Sprache. Im Englischen kannst du
einfach viel mehr mit Worten spielen als in unserer Sprache. Das Deutsche
ist wesentlich härter. Trotz traditioneller Instrumentierung.
bm:
Wenn die Leute in 50 Jahren
auf das Leben von Dagmar zurückblicken, was denkst du, werden sie über
dich sagen?
LD: (lacht)…Hoffentlich sagen sie, dass da mal
eine Sängerin war, die es ernst gemeint hat und zu all dem gestanden
hat, was sie machte.
bm:
Nimm an, du führst ein Interview mit Dagmar. Welche Frage stellst du
ihr, die ich nicht gestellt habe?
LD: Schwierig. Deine Fragen waren schon mal interessanter
als das ewige „Wie hat’s angefangen, wie bist du dahin gekommen wo du bist.“
Vielleicht würde ich mir eine Frage zur politischen Gesinnung stellen.
Beispielsweise wie ich das Amerika Image durch den Krieg und jenes durch die
Country Musik sehe.
bm:
Und die Antwort?
LD: Ach, du willst eine Antwort. Das ist gemein
(lacht).
bm: Tja, wenn du dich schon selber fragst….
LD: Ich kann das auseinander halten. Aber ich
habe beispielsweise weniger Fernseh Auftritte im letzten Jahr gehabt, weil
viele Leute die Country Musik mit Amerika gleichsetzen und eben nicht differenzieren
können oder wollen. Im Weiteren engagiere ich mich auch für blinde
Kinder bei der Christoffel Blindenmission. Ich finde, es geht mir
so gut und ich habe so viel erreicht, dass ich auch etwas zurück geben
will.
bm:
Ein guter Schlusspunkt. Herzlichen Dank für das Gespräch.