Interview mit LAY - D. (Dagmar)

© July 2005 / Bruno Michel - Fotos: Tony Fischer, Bruno Michel

 

Sie sang schon als Kind in der Kirche, hat eine Ausbildung in Gesang und Gitarre, und gründete mit 18 ihre erste Band mit amerikanischen Musikern. Als Dagmar and Westwind hatten sie Auftritte unter anderem in amerikanischen Klubs. Dort gaben ihr die US Soldaten den Beinamen Lady of Country, fortan ihr Markenzeichen. 1990 hatte Lady Dagmar (LD) ihren ersten Plattenvertrag und spielte für Koch International zehn Alben ein. Im Jahr 2000 wechselte sie zu Tyrolis, wo sie heute noch ist.

Obwohl sie Musik als Sparten übergreifend sieht, hat sie ihre Vorliebe für traditionelle Country Music nie verleugnet. Mit der deutschen Version des Dolly Parton Songs Jolene, ihr bisher erfolgreichster Song, war sie vor zwei Jahren in allen deutschsprachigen Hitparaden vertreten und gewann einige Auszeichnungen. Ich bin bekannterweise kein enger Freund des deutschsprachigen Country, doch diese Frau hat definitiv mehr zu bieten, als übersetzte Klassiker zu interpretieren.

Anlässlich ihres Auftritts mit Duett Partner Don Jensen in Interlaken nutzte ich die Gelegenheit, mehr über Dagmar zu erfahren.

bm: Dagmar, wie beschreibst du deine Musik jemandem, der dich noch nie gehört hat?
LD: Es ist eine Musik, die aus meinem Herzen kommt. Grundsätzlich suche ich alle Songs selber aus und singe nur, was ich singen möchte. Vielleicht hat es am Anfang meiner Karriere etwas nach Schlager-Country geklungen. Aber ich habe viel dazu gelernt. Es ist eine Mischung aus traditioneller und moderner Country Musik.

bm: Man kennt dich als First Lady der deutschen Country Musik oder als Country Lady Dagmar. Warum nun der Brand LAY D. Willst du dir ein neues Image verschaffen?
LD: Nein, nicht im Geringsten. Wo LAY D. draufsteht, ist Dagmar drin. Ich habe den Beinamen Lady of Country in den Offiziersklubs der amerikanischen Armee erhalten. Dagmar kann kein Amerikaner vernünftig aussprechen, trotzdem hat die Plattenfirma das damals 1990 übernommen. Wir merkten aber, dass auch im Norden Europas der Name Dagmar nicht einfach über die Lippen geht und so haben wir uns für diese Abkürzung entschieden.

bm: Leider müssen Künstler heute viele Kompromisse eingehen, wenn sie im internationalen Musikgeschäft, das von Marketing Strategen dominiert wird, Bestand haben wollen. Wie weit würdest du gehen, um noch mehr Erfolg zu haben?
LD: Bei mir ist das nicht so, sonst wäre ich schon weiter gekommen (lacht). Ich mach mein Ding und überlege nicht, wie kann ich marketingtechnisch überzeugen und dabei die Musik hinten anstellen. Für mich wird die Musik immer im Vordergrund stehen.

bm: Du bist schon mit vielen internationalen Acts auf einer Bühne gestanden. Wer wäre dein Traumpartner für einen Auftritt?
LD: Dolly Parton, ganz klar. Durch sie habe ich die Country Musik entdeckt. Ich habe schon mit ihr telefoniert und mag sie sehr. Alleine, sie persönlich zu treffen wäre schon genug, sie müsste nicht mal mit mir singen. Als ich Yellow Roses oder Jolene von ihr ins deutsche übersetzt habe, hat sie mir ein Riesenkompliment gemacht für die fast wortgetreue Übersetzung.

bm: Gutes Stichwort. Jolene von Dolly Parton oder That Don’t Impress Me Much von Shania Twain waren für dich in deutschsprachiger Version Erfolge. Was ist für dich wichtiger in einem Song: Die Worte oder die Musik?
LD: Für mich muss beides zusammen passen. Aber letztlich ist es Geschmackssache.

bm: Du hast in einem Interview erwähnt, dass es dir bei einem Song um die Message geht und nicht um die Stilrichtung, die der Songverkörpert. Also: Welche Message willst du deinen Zuhörern vermitteln?
LD: Ich liebe alle Stilrichtungen, aber Country Music ist heute auch ein weiter Begriff. Ich vermittle gerne
Dinge, die mir selber passiert sind. Viele meiner Songs, wie der, den ich über meine Oma geschrieben habe, bilden einen direkter Bezug zu etwas, das mir wichtig ist.

bm: Im selben Interview hast du erklärt, dass es dir nichts ausmacht, wenn ein Country Fanatiker einen deiner Songs als „nicht country“ klassifiziert. Wie wichtig sind für dich die traditionellen Country Fans, also jene, die dir anfänglich zu deiner Karriere verholfen haben?
LD: Stimmt, das interessiert mich wirklich weniger. Trotzdem mag ich Alan Jackson heute immer noch mehr, als irgend welchen „modernen“ Country. Wenn Dolly Gospel oder Willie Nelson Rap singt, sagt auch kein Mensch: „Oh, das ist jetzt aber nicht Country, das wollen wir nicht hören.“ Auf der Bühne will ich natürlich einen gewissen Querschnitt bringen. Und meistens reicht die Zeit nicht, damit ich alle Facetten zeigen kann. Willie Nelson hat mir mal gesagt: Der Mensch muss Country sein, nicht nur die Musik. Und ich bin Country.“ Genau so sehe ich das bei mir.

bm: Hast du einen Glücksbringer und wenn ja, warum gerade diesen?
LD: Nein, habe ich eigentlich nicht.

bm: Was entgegnest du Kritikern aus den eigenen Reihen, welche dir und einigen deiner Kolleginnen vorwerfen, die Country Musik in die Trucker Schlagersparte zu verbannen?
LD: Ein Beispiel. Yellow Roses oder eben, in meiner Version, Gelbe Rosen. Das haben wir fast genau dem Lied von Dolly nachempfunden, auch im Text. Trotzdem finden viele Leute, das sei Schlager. Ich glaube, das liegt an der Sprache. Im Englischen kannst du einfach viel mehr mit Worten spielen als in unserer Sprache. Das Deutsche ist wesentlich härter. Trotz traditioneller Instrumentierung.

bm: Wenn die Leute in 50 Jahren auf das Leben von Dagmar zurückblicken, was denkst du, werden sie über dich sagen?
LD: (lacht)…Hoffentlich sagen sie, dass da mal eine Sängerin war, die es ernst gemeint hat und zu all dem gestanden hat, was sie machte.

bm: Nimm an, du führst ein Interview mit Dagmar. Welche Frage stellst du ihr, die ich nicht gestellt habe?
LD: Schwierig. Deine Fragen waren schon mal interessanter als das ewige „Wie hat’s angefangen, wie bist du dahin gekommen wo du bist.“ Vielleicht würde ich mir eine Frage zur politischen Gesinnung stellen. Beispielsweise wie ich das Amerika Image durch den Krieg und jenes durch die Country Musik sehe.
bm: Und die Antwort?
LD: Ach, du willst eine Antwort. Das ist gemein (lacht).
bm: Tja, wenn du dich schon selber fragst….
LD: Ich kann das auseinander halten. Aber ich habe beispielsweise weniger Fernseh Auftritte im letzten Jahr gehabt, weil viele Leute die Country Musik mit Amerika gleichsetzen und eben nicht differenzieren können oder wollen. Im Weiteren engagiere ich mich auch für blinde Kinder bei der Christoffel Blindenmission. Ich finde, es geht mir so gut und ich habe so viel erreicht, dass ich auch etwas zurück geben will.

bm: Ein guter Schlusspunkt. Herzlichen Dank für das Gespräch.