Interview mit
Ich
sprach mit
bm: Tony, Du bist ursprünglich Kalifornier, hast lange auf
Hawaii gelebt und danach die ganze Welt bereist. Was bewegt jemanden wie Dich
dazu, sich die Schweiz danach als Wohnort auszusuchen ?
TL: Leben bedeutet mehr als weisse Sandstrände, herumhängen
und sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Nachdem ich dreizehn Jahre in
der Welt herumgereist war und in über 30 Ländern gespielt habe, dachte ich mir : Langsam wirst Du älter und solltest seriös darangehen,
Dir eine sichere Existenz mit Deiner Musik aufzubauen. Also irgendwo sesshaft
werden. Ich entschied mich, dass meine neue Heimat entweder in Frankreich,
Italien oder in der Schweiz liegen sollte. Letztendlich “gewann” die Schweiz.
bm: Dreizehn Jahre herumreisen. Wie muss man sich das vorstellen ?
TL: Nun ich war meistens solo unterwegs, und auch nicht alle
Tage woanders. So spielte ich beispielsweise sieben Monate in Neuseeland, dann
in Australien für einige Zeit und danach wieder in Italien für ein halbes Jahr.
Aber meinen ersten professionellen Job als Musiker hatte ich in Zermatt 1975.
bm: Irgendwann warst Du aber auch noch eine Art Reiseleiter
in den USA ?
TL: Das war ein interessanter Zufall. 1988 entschied ich, es
nochmals in den USA zu versuchen. Ich muss zugeben, dass ich den Rest der Welt
fast besser kannte als mein eigenes Heimatland. Zurück “daheim” musste ich feststellen, dass mir die
verschiedenen Menschen und Kulturen, die ich kennengelernt hatte, fehlten. Jobs
als Musiker gab es genug. Aber Du warst nur erfolgreich, wenn Du die Top 40
jeden Abend rauf- und runterspielen konntest. Ich schrieb aber schon immer
meine eigenen Songs. Nur, davon konnte ich in den USA nicht leben. Also sagte
ich mir : Du sprichst fünf Sprachen und hast eine
Ahnung vom Reisen. Ich wurde folgerichtig Reiseleiter für europäische Besucher.
Wie gesagt, ich kannte mein Land nicht sehr gut, also musste ich mich vor jeder
Tour in eine Menge Material einlesen, damit ich den Reiseteilnehmern die lokale
Geschichte erklären konnte. Das lief ungefähr so ab, dass ich eine Gruppe
Europäer in New York übernahm und sie in 3 Wochen mit dem Bus nach Los Angeles
begleitete. Wir machten zweistündige Stadtbesichtigungen in Toronto oder
Chicago, in Städten, die weder ich noch der Busfahrer je gesehen hatten. Dazu
den Bus voller Franzosen, Italiener und Spanier und ich, mittendrin im Sprachgewirr,
habe versucht, dieser multikulturellen Truppe die jeweiligen Sehenswürdigkeiten
zu erklären. Diesen Job machte ich fast drei Jahre.
bm: Wie kam es dann zur Rückbesinnung auf Deine
ursprüngliche Musiker-Karriere ?
TL: Eines Abends sass ich mit einigen Amerikanern zusammen
und die fragten mich : “Was machst Du so”. Ich antwortete : “Ich bin Fremdenführer”. Plötzlich passierte
etwas in mir . Ich korrigierte mich
: “Nein, halt. Ich bin Musiker”. Innert drei Monaten gab ich den Job auf
und fuhr nach Europa. Mein Entscheid war gefallen :
Zurück zur Musik.
bm: Dort haben die Leute ja auch nicht drei Jahre auf Deine
Rückkehr gewartet. Wie ging es weiter ?
TL: Ich hatte bald ein Angebot, als Bandleader bei Suzanne
Klee zu spielen. Da sagte ich zu. 1993 beschloss ich dann, meine eigene Band zu
gründen : The Shooters. Und bis heute habe ich diesen
Schritt nicht bereut. Ich wurde definitiv in der Schweiz ansässig und fühle
mich hier auch zuhause.
bm: Wer sind Deine wichtigsten Vorbilder ausser Gulliver und
Columbus ? Ich meine musikalisch.
TL: James Taylor, Van Morrison, Hank Williams sr, um nur
einige zu nennen. Es gab und gibt so viele grossartige Musiker, dass ich mit
der Liste meiner Favoriten den Platz für diesen Artikel füllen könnte.
bm: Gibt es für Dich einen Unterschied vom Live Musiker zum Songwriter ?
TL: Es gibt Künstler, die keinen Unterschied
sehen, andere schon. Ich gehöre zur letzteren Kategorie. Meine Lieder sind für
mich Kinder. Ich habe eine Beziehung zu ihnen. Live bringe ich weniger Balladen
als auf einer CD. Zuhause können die Leute den Text lesen und gegebenenfalls
übersetzen. An einem Festival ist dies nicht möglich. Zudem wollen sich die
Leute dort amüsieren, also passe ich meine Songauswahl dementsprechend an.
bm: Das Profi-Musiker-Leben in der Schweiz ist immer noch
ein hartes Geschäft. Was müsste sich in der Schweiz ändern, damit es einfacher wird ?
TL: Jedermann müsste viel mehr Kinder haben. Nein, wirklich.
Wenn Du annimmst, dass ein bestimmter Prozentsatz der Musikfreunde auf Country
Music stehen, dann ist die absolute Zahl des Publikums in der Schweiz eben
kleiner als wenn derselbe prozentuale Anteil in Deutschland, Frankreich oder
Grossbritannien ansteht um Konzerte zu besuchen oder CD’s zu kaufen. Auch im
deutschen Markt gibt es eine grosse Country Szene und viele ausgezeichnete
Musiker. Aber ich kann mir nicht vorstellen, Country Music mit deutschem Text
zu singen. So spielen wir dieses Jahr zum Beispiel in Frankreich, Italien,
Spanien, Norwegen und Schweden. Möglicherweise auch in Holland. Wir beklagen
uns nicht, dass die Schweiz zu klein ist, aber wir müssen auch als Musiker
Grenzen überspringen.
bm: Reden wir über Dein neuestes Werk “Dancin’ On The Edge”.
Warum dauerte es drei Jahre seit der letzten Produktion?
TL: Ich wollte letztes Jahr schon eine neue CD herausgeben. Aber
irgendwie hingen die Songs für mich nicht zusammen. Es gab keinen roten Faden.
Also beschloss ich, das ganze zu verschieben, bis ich das Gefühl hatte, dass
alles passt. Nun ist es soweit. Es hat viele Songs drauf, die mit persönlichen
Erlebnissen zusammenhängen, wie “Make A Little Noise” oder “When Josephine Went
Dancin’”. Der erste Song handelt von zwei Leuten, die heute verstorben sind -
die ganze Story kann man im Booklet nachlesen. Der zweite besingt eine 95jährige
ehemalige Bordellbesitzerin, die ich in Deadwood, South Dakota, traf. Sie hat
die ganze Veränderung der Welt seit dem Wilden Westen erlebt. Eine zierliche,
schmale Person, die so viele Geschichten erzählen kann. Jeden Freitag abend
trifft man sie im Old Style Saloon, einer Kneipe, die es seit mehr als hundert
Jahren gibt. Dort tanzt sie und alle - auch die jungen Männer - stehen Schlange
um mit ihr zu tanzen. Diese Erlebnisse haben mich so stark bewegt, dass die
Songs daraus entstanden sind.
bm: Deine Songs beinhalten Blues, Rock und andere Elemente. Wie
denkst Du vereinbart sich das mit den Erwartungen der Traditionalisten
?
TL: Songs die ich schreibe haben viele Einflüsse anderer
Stilrichtungen. Trotzdem liebe ich selbst traditionellen Country. Natürlich
klingt dieses Album für jemanden, der nur Buck Owens und Johnny Cash in seiner
Sammlung hat, etwas anders.
Obwohl
ich natürlich die Scheiben verkaufen will, schreibe ich nicht mit kommerzieller
Optik. Vielleicht wäre das finanziell besser für mich, aber wenn mir eine
Melodie in den Sinn kommt, achte ich nicht darauf, sondern schreibe den Song.
bm: Das ist vielen Deiner Fans auch lieber so. Wir wünschen
Dir jedenfalls für dein neuestes Werk viel Erfolg und hoffen, Dich noch bei
manchem Anlass geniessen zu können. Vielen Dank für das Gespräch.
TL: Ich
bedanke