Seit bald zwei Jahrzehnten sind im
Zusammenhang mit dem längsten Country Festival der Welt drei Namen unabdingbar
miteinander verbunden: Das Schützenhaus Albisgüetli,
der Patron dieses schönsten Honky Tonks
der Schweiz,
Kurz vor seinem Abflug in die
wohlverdienten Ferien fand Albi Matter Zeit, mit mir über Festival, Künstler
und Country Music zu sprechen.
bm:
Albi, so langsam müssten Dir eigentlich die Ideen ausgehen, was neue und
bezahlbare Acts aus den USA angeht.
AM: Gottseidank
ist das dank der grosszügigen Unterstützung unserer Sponsoren nicht der Fall.
Obwohl wir noch nie ein so teures Programm auf die Beine gestellt haben wie
eben dieses Jahr. Dank der erwähnten Unterstützung können wir uns jedes Jahr
gute und sehr gute Acts leisten, damit das Programm
sein Niveau halten oder steigern kann.
bm:
Was ist das diesjährige Motto des Festivals?
AM: Besser denn je
(lacht).
bm:
Wie bist Du ausgerechnet auf Pam Tillis, Mandy Barnett
und Neal McCoy gekommen? Sehr unterschiedliche Acts
in Bezug auf Karriere, Erfolg und Bekanntheitsgrad.
AM: Pam Tillis war schon
seit Jahren eine meiner Wunschkandidatinnen für’s Festival.
Wie bei Marty Stuart habe ich rund vier Jahre daran gearbeitet, sie zu
verpflichten. Endlich hat es mit ihr geklappt. Neal McCoy kam über meine
Kontakte in den USA zustande. Er war noch nie in Europa und gilt als Country
Pop Act schlechthin. Mandy Barnett
habe ich zwar als Insider gekannt, ausserhalb der Szene kennt man sie aber
kaum. Ein sehr guter Artikel in der Zürichsee-Zeitung von Michael Pfister
forderte uns auf, Mandy einmal ins Albisgüetli zu
bringen. Die Wünsche unserer Besucher sind uns ein Anliegen – und hier ist sie
nun.
bm:
Wann kommen wieder Newcomers ins Güetli, so wie
damals die Dixie Chicks, die Du verpflichten
konntest, bevor sie bekannt wurden?
AM: An die Dixie Chicks haben wir von Anfang an geglaubt. Heute
glauben wir an Mustang Sally. Daher haben wir sie auch wieder verpflichtet.
Diese Girls werden ihren Weg machen. Einen weiteren Tip
in dieser Richtung habe ich bezüglich der Undertakin’
Daddies aus Kanada erhalten. Das wird ebenfalls ein
Riesenerfolg. Wir brauchen diese Impulse von aussen, nicht nur von den Insidern
der Szene. Nur so gelingt es uns, ein Programm für das breite Publikum zu
gestalten
bm:
AM: Für’s
Publikum und die Künstlerin tut es mir leid, aber es gab Probleme mit dem
Management. Es ist eine ungeschriebene Regel, dass weitere Konzerte über die
Agentur gebucht werden sollten, welche den Künstler einfliegt. Dies ist von
bm:
Es gibt auch Künstler, die ihre grossen Verträge verloren haben. Sind die nicht
zu einem Europa-Besuch zu bewegen? Beispiele wären Rick Trevino,
Michael Peterson oder Rich McCready.
AM: Leider heisst einen
Plattenvertrag zu verlieren nicht, dass diese Acts
auch billiger werden für Live Konzerte. Zum Beispiel ist Rick Trevino für uns immer noch zu teuer im Verhältnis zu
unserer Platzzahl, mit der wir budgetieren können. Im High Level Segment haben
auch schon Diana Ross oder Dolly Parton ihre Verträge
verloren, trotzdem sind sie unbezahlbar.
bm:
Letztes Jahr hattest Du vor, heuer ein American Music Festival zu veranstalten.
Was ist aus dieser Idee geworden? Ich sehe keine wesentlichen, konzeptionellen
Unterschiede zu den früheren Festivals. Die Stammgäste werden es zu schätzen
wissen.
AM: Stichwort Stammgäste.
Hier möchte ich sagen, dass wir diese Insider der Szene sehr schätzen und uns
freuen, wenn sie jedes Jahr wieder zu uns kommen. Allerdings können wir das
Programm nicht nur auf diese Kunden ausrichten. Dazu ist deren Anzahl schlicht
zu klein im Vergleich zum Rest des Publikums. Betreffend dem Programm hast Du recht. Wir haben aber im Zusammenhang mit dem 11. September
darauf verzichtet, das Wort „American“ in den Festivalnamen einzubringen.
Trotzdem kann es sein, dass wir diesen Titel in späteren Jahren übernehmen. Es
gäbe uns die Möglichkeit, ein breiteres Musikspektrum ans Festival zu bringen.
bm:
Mit Eintrittspreisen wie letztes Jahr bei Marty Stuart oder heuer bei Pam
Tillis oder Neal McCoy ist wahrscheinlich die Schmerzgrenze der Fans für ein
Einzelkonzert mit Vorgruppe langsam erreicht. Was tut ihr, damit die Preise
nicht noch weiter steigen, die Qualität aber trotzdem bestehen bleibt?
AM: Wir müssten die
Preise massiv erhöhen für diese Acts. Aber dank der
Sponsoren, allen voran American Airlines, Mecarillos,
Miller Beer, der Generali Versicherung oder Route 66,
können wir die aktuellen Preise halten. Zudem hat der Wechselkurs des Dollars
in den letzten Jahren einen gewaltigen Einfluss auf unser Budget gehabt.
Verglichen mit 1995/96 sind dies zwischen 40% und 50% Mehrkosten für die
gleiche Sache.
bm:
Im letzten Jahr gab es Abende, welche mit geringen Besucherzahlen auskommen
mussten. Trotzdem sind einige Bands wieder zu finden, andere dafür immer noch
nicht. Wie habt Ihr dieses Jahr die Schweizer Künstler ausgewählt?
AM: Es gibt Acts, die gehören zur Country Music wie das Amen in der
Kirche. Daran können und wollen wir nichts ändern. Andererseits sind wir offen
für jede neue Band, sofern sie einigermassen „garantieren“ können, dass wir den
Saal füllen. Wir haben mit dem Lineup versucht, den
schwankenden Besucherzahlen Rechnung zu tragen. Bands die anderorts Säle
füllen, haben möglicherweise in Zürich weniger Zuhörer. Zürich ist bei weitem
das schwierigste Pflaster für Konzerte.
bm:
In der letzten Zeit sind viele grosse Festivals verschwunden. Die Schweizer
Country Szene in der Krise?
AM: Das glaube ich nicht,
obwohl wir definitiv zu wenige neue Schweizer Country Bands haben, die mit
hoher Qualität auf den Markt kommen. Aber die Organisation eines Grossanlasses
erfordert heute einen gigantischen Aufwand, der im Nebenamt kaum mehr zu
bewältigen ist. Dies ist meiner Meinung nach ein Grund dafür, dass Festivals
wie Grindelwald oder Worb auch dieses Jahr pausieren.
Wenn Du in einem Hauptberuf tätig bist und „nebenbei“ und am Wochenende ein
Festival dieser Grössenordnung auf die Beine stellen willst, ist es kaum mehr
zu schaffen. Allein die aktive Suche nach Sponsoren verschlingt heute Unmengen
von Zeit.
bm:
Noch zwei Jahre und wir könnten 2004 das 20. Country Festival feiern.
Wenn Du in die Kristallkugel blickst,
was für ein Programm siehst Du da für das Jubiläumsfestival?
AM: Nach all dem, was dieses Jahr passiert ist, will und kann ich
nicht soweit voraus schauen. Es kann jederzeit wieder irgend
etwas in dieser Art passieren. Wir wollen hoffen, dass unser Anlass
weiterhin problemlos über die Bühne geht.
bm: Nehmen wir an, die Welt wird wieder einigermassen normal. Wie
sieht es dann aus?
AM: Ich habe schon einige Ideen, allerdings noch keine betreffend
Künstler. Die buchen wir erst einige Monate im Voraus, auch wegen der ständig
wechselnden Planung der Artisten. Bezüglich Werbung könnte ich mir vorstellen,
das 13er Tram als Country Tram zu führen. Oder für’s
Publikum einen 100er-Club einzuführen, mit Special Treatment und reservierten
Sitzplätzen usw. Aber wie gesagt, das sind Ideen, die wir erst noch
konkretisieren müssen. Am Charakter des Festivals im Albisgüetli
wird sich sicher nichts ändern.