Interview mit Albi Matter, Promoter International Country Festival Albisgütli

© December 2001 / Bruno Michel

 

Seit bald zwei Jahrzehnten sind im Zusammenhang mit dem längsten Country Festival der Welt drei Namen unabdingbar miteinander verbunden: Das Schützenhaus Albisgüetli, der Patron dieses schönsten Honky Tonks der Schweiz, George Tännler und schliesslich der Programmchef des Festivals, Albi Matter.

 

Kurz vor seinem Abflug in die wohlverdienten Ferien fand Albi Matter Zeit, mit mir über Festival, Künstler und Country Music zu sprechen.

 

bm: Albi, so langsam müssten Dir eigentlich die Ideen ausgehen, was neue und bezahlbare Acts aus den USA angeht.

AM: Gottseidank ist das dank der grosszügigen Unterstützung unserer Sponsoren nicht der Fall. Obwohl wir noch nie ein so teures Programm auf die Beine gestellt haben wie eben dieses Jahr. Dank der erwähnten Unterstützung können wir uns jedes Jahr gute und sehr gute Acts leisten, damit das Programm sein Niveau halten oder steigern kann.

 

bm: Was ist das diesjährige Motto des Festivals?

AM: Besser denn je (lacht).

 

bm: Wie bist Du ausgerechnet auf Pam Tillis, Mandy Barnett und Neal McCoy gekommen? Sehr unterschiedliche Acts in Bezug auf Karriere, Erfolg und Bekanntheitsgrad.

AM: Pam Tillis war schon seit Jahren eine meiner Wunschkandidatinnen für’s Festival. Wie bei Marty Stuart habe ich rund vier Jahre daran gearbeitet, sie zu verpflichten. Endlich hat es mit ihr geklappt. Neal McCoy kam über meine Kontakte in den USA zustande. Er war noch nie in Europa und gilt als Country Pop Act schlechthin. Mandy Barnett habe ich zwar als Insider gekannt, ausserhalb der Szene kennt man sie aber kaum. Ein sehr guter Artikel in der Zürichsee-Zeitung von Michael Pfister forderte uns auf, Mandy einmal ins Albisgüetli zu bringen. Die Wünsche unserer Besucher sind uns ein Anliegen – und hier ist sie nun.

 

bm: Wann kommen wieder Newcomers ins Güetli, so wie damals die Dixie Chicks, die Du verpflichten konntest, bevor sie bekannt wurden?

AM: An die Dixie Chicks haben wir von Anfang an geglaubt. Heute glauben wir an Mustang Sally. Daher haben wir sie auch wieder verpflichtet. Diese Girls werden ihren Weg machen. Einen weiteren Tip in dieser Richtung habe ich bezüglich der UndertakinDaddies aus Kanada erhalten. Das wird ebenfalls ein Riesenerfolg. Wir brauchen diese Impulse von aussen, nicht nur von den Insidern der Szene. Nur so gelingt es uns, ein Programm für das breite Publikum zu gestalten

 

bm: Sarah Jory war ursprünglich geplant, ist nun aber doch nicht vertreten. Warum? Sie hatte doch in den letzten Jahren nicht nur Full House, sondern auch eine sehr grosse Fangemeinde.

AM: Für’s Publikum und die Künstlerin tut es mir leid, aber es gab Probleme mit dem Management. Es ist eine ungeschriebene Regel, dass weitere Konzerte über die Agentur gebucht werden sollten, welche den Künstler einfliegt. Dies ist von Sarah Jory’s Management weder geschätzt noch eingehalten worden.

 

bm: Es gibt auch Künstler, die ihre grossen Verträge verloren haben. Sind die nicht zu einem Europa-Besuch zu bewegen? Beispiele wären Rick Trevino, Michael Peterson oder Rich McCready.

AM: Leider heisst einen Plattenvertrag zu verlieren nicht, dass diese Acts auch billiger werden für Live Konzerte. Zum Beispiel ist Rick Trevino für uns immer noch zu teuer im Verhältnis zu unserer Platzzahl, mit der wir budgetieren können. Im High Level Segment haben auch schon Diana Ross oder Dolly Parton ihre Verträge verloren, trotzdem sind sie unbezahlbar.

 

bm: Letztes Jahr hattest Du vor, heuer ein American Music Festival zu veranstalten. Was ist aus dieser Idee geworden? Ich sehe keine wesentlichen, konzeptionellen Unterschiede zu den früheren Festivals. Die Stammgäste werden es zu schätzen wissen.

AM: Stichwort Stammgäste. Hier möchte ich sagen, dass wir diese Insider der Szene sehr schätzen und uns freuen, wenn sie jedes Jahr wieder zu uns kommen. Allerdings können wir das Programm nicht nur auf diese Kunden ausrichten. Dazu ist deren Anzahl schlicht zu klein im Vergleich zum Rest des Publikums. Betreffend dem Programm hast Du recht. Wir haben aber im Zusammenhang mit dem 11. September darauf verzichtet, das Wort „American“ in den Festivalnamen einzubringen. Trotzdem kann es sein, dass wir diesen Titel in späteren Jahren übernehmen. Es gäbe uns die Möglichkeit, ein breiteres Musikspektrum ans Festival zu bringen.

 

bm: Mit Eintrittspreisen wie letztes Jahr bei Marty Stuart oder heuer bei Pam Tillis oder Neal McCoy ist wahrscheinlich die Schmerzgrenze der Fans für ein Einzelkonzert mit Vorgruppe langsam erreicht. Was tut ihr, damit die Preise nicht noch weiter steigen, die Qualität aber trotzdem bestehen bleibt?

AM: Wir müssten die Preise massiv erhöhen für diese Acts. Aber dank der Sponsoren, allen voran American Airlines, Mecarillos, Miller Beer, der Generali Versicherung oder Route 66, können wir die aktuellen Preise halten. Zudem hat der Wechselkurs des Dollars in den letzten Jahren einen gewaltigen Einfluss auf unser Budget gehabt. Verglichen mit 1995/96 sind dies zwischen 40% und 50% Mehrkosten für die gleiche Sache.

 

bm: Im letzten Jahr gab es Abende, welche mit geringen Besucherzahlen auskommen mussten. Trotzdem sind einige Bands wieder zu finden, andere dafür immer noch nicht. Wie habt Ihr dieses Jahr die Schweizer Künstler ausgewählt?

AM: Es gibt Acts, die gehören zur Country Music wie das Amen in der Kirche. Daran können und wollen wir nichts ändern. Andererseits sind wir offen für jede neue Band, sofern sie einigermassen „garantieren“ können, dass wir den Saal füllen. Wir haben mit dem Lineup versucht, den schwankenden Besucherzahlen Rechnung zu tragen. Bands die anderorts Säle füllen, haben möglicherweise in Zürich weniger Zuhörer. Zürich ist bei weitem das schwierigste Pflaster für Konzerte.

 

bm: In der letzten Zeit sind viele grosse Festivals verschwunden. Die Schweizer Country Szene in der Krise?

AM: Das glaube ich nicht, obwohl wir definitiv zu wenige neue Schweizer Country Bands haben, die mit hoher Qualität auf den Markt kommen. Aber die Organisation eines Grossanlasses erfordert heute einen gigantischen Aufwand, der im Nebenamt kaum mehr zu bewältigen ist. Dies ist meiner Meinung nach ein Grund dafür, dass Festivals wie Grindelwald oder Worb auch dieses Jahr pausieren. Wenn Du in einem Hauptberuf tätig bist und „nebenbei“ und am Wochenende ein Festival dieser Grössenordnung auf die Beine stellen willst, ist es kaum mehr zu schaffen. Allein die aktive Suche nach Sponsoren verschlingt heute Unmengen von Zeit.

 

bm: Noch zwei Jahre und wir könnten 2004 das 20. Country Festival feiern. Wenn Du in die Kristallkugel blickst, was für ein Programm siehst Du da für das Jubiläumsfestival?

AM: Nach all dem, was dieses Jahr passiert ist, will und kann ich nicht soweit voraus schauen. Es kann jederzeit wieder irgend etwas in dieser Art passieren. Wir wollen hoffen, dass unser Anlass weiterhin problemlos über die Bühne geht.

 

bm: Nehmen wir an, die Welt wird wieder einigermassen normal. Wie sieht es dann aus?

AM: Ich habe schon einige Ideen, allerdings noch keine betreffend Künstler. Die buchen wir erst einige Monate im Voraus, auch wegen der ständig wechselnden Planung der Artisten. Bezüglich Werbung könnte ich mir vorstellen, das 13er Tram als Country Tram zu führen. Oder für’s Publikum einen 100er-Club einzuführen, mit Special Treatment und reservierten Sitzplätzen usw. Aber wie gesagt, das sind Ideen, die wir erst noch konkretisieren müssen. Am Charakter des Festivals im Albisgüetli wird sich sicher nichts ändern.