1985
haben Albi Matter und
Nach
1997, 1998 und 2002 traf ich mich zum vierten Mal mit Promoter Albi Matter zu
einem Interview. Im Verlauf des Gesprächs konfrontierte ich ihn mit einigen
„alten“ Aussagen, um zu sehen, was von den damaligen Vorstellungen umgesetzt
werden konnte.
bm: Albi, das kommende Festival läuft unter dem
Motto: The Best of 20 Years. Was – ausser dem Budget – hat die Selektion der
Künstler für dieses Programm bestimmt?
AM: Es ist eben trotzdem und vor allem eine Frage des
Budgets. Natürlich hätten wir gerne die Dixie Chicks
wieder ins Albisgütli gebracht. Die sind aber heute
für uns unbezahlbar geworden. Ansonsten machen wir den Anlass nach wie vor für
das Publikum. Was nützen mir Künstler, die uns, den Organisatoren, gefallen,
welche aber das Publikum nicht schätzt.
bm: 1997
hast Du mir erzählt, dass Du mit
AM: Nein, ein Beispiel für einen solchen Event wäre ein
Auftritt von Alan Jackson oder Willie Nelson, wobei
hierzu die 80 Franken schon lange nicht mehr ausreichen würden. Auch dieses
Jahr haben wir mit den Bellamy Brothers oder Rosanne
Cash eigentlich Künstler, welche am obersten Rand unseres Budgets liegen. Die
Idee ist noch nicht gestorben, aber das aktuelle wirtschaftliche Umfeld und die
schwierige Sponsorensuche lassen momentan nicht mehr Spielraum.
bm:
Apropos Sponsoren. Die, welche wir in den 90er Jahren am Festival sahen, sind
meist ausgestiegen oder existieren nicht mehr. Welchen Aufwand betreibst Du, um
immer wieder neue Sponsoren zu finden und wie können diese in einer
wirtschaftlich schwierigen Zeit überzeugt werden, in den Anlass zu investieren?
AM: Die Sponsoren haben sich gegenüber früher ebenfalls
verändert. Heute gehören auch Radio- und Fernsehspots dazu, um den Anlass breit
abzustützen. Wir hatten auch dieses Jahr wieder Glück, aber der Aufwand ist
extrem hoch. Trotzdem ist es gelungen, wiederum und als Beispiel, das
aufwendige Programmheft gratis abgeben zu können. Ohne mein grosses
Beziehungsnetz wäre die Sponsorensuche noch viel schwieriger.
bm: Wie
haben sich eigentlich die Besucherzahlen in den letzten beiden Jahren
entwickelt? Die Wirtschaftslage war – und ist – wie gesagt schwierig, und man
hatte am einen oder andern Wochentag das Gefühl, dass es auch schon mehr
Publikum hatte?
AM: Das Publikum ist heute irgendwie übersättigt und geht
nur noch an ausgewählte Anlässe. Um wahrgenommen zu werden, muss man viel mehr
in die Offensive gehen. Ich bin aber der Meinung, dass unsere Besucherzahlen,
über das gesamte Festival gesehen, mehr oder weniger konstant sind. Zudem ist
der Anlass heute breiter abgestützt als früher. Neben den reinen Country Music
Freunden kommen immer mehr Leute ins Albisgütli, die
sonst mit dieser Musik keinen engen Kontakt haben.
bm: Zur
Auswahl Deiner Acts bist Du jahrelang an die SRO in
Nashville gereist, um Dir ein Bild zu verschaffen. Diese Messe gibt es nicht
mehr Welcher Anlass ist heute der Gradmesser für Deine Auswahl?
AM: Heute ist es einerseits die Fan Fair und andererseits
sind es die Künstleragenturen, zu denen ich im Laufe der Jahre ebenfalls gute
Kontakte entwickelt habe. Rosanne Cash wurde mir
beispielsweise dieses Jahr von einer Blues-Agentur in Massachusetts vermittelt,
deren Mitarbeiter ich beim AVO Bluesfestival, welches ich organisiert habe,
kennen lernte.
bm: Das Albisgütli Publikum liebt traditionelle Country Acts und ehrliche Musik. Warum sind immer noch so wenige
Musiker aus den alternativen Szenen in Texas oder Kalifornien am Festival zu
finden?
AM: Wie bereits erwähnt, bringen wir das,
was beim breiten Publikum ankommt. Das Risiko ist uns einfach zu hoch, mit
unbekannten Namen einen Flop zu riskieren. An einem Abend, wo Du Auftritte von
vier, fünf Bands hast, kannst Du eher mal einen unbekannten Namen einbauen. Wir
haben pro Tag aber eine, höchstens zwei Bands, die wir dem Publikum vorstellen.
bm: Bleiben wir
mal in Texas. Künstler wie Bruce Robison mit Ehefrau
Kelly Willis oder Bruder Charlie Robison, Ehemann
eines der Dixie Chicks, wären bestimmt Garanten für
volle Säle. Auch Larry Joe Taylor, Gary P. Nunn oder
Pat Green würden hier sicher gut ankommen. Wann kommen solche, für die Schweiz
neue Acts?
AM: Moment. Wir sind schon Risiken eingegangen, wie
beispielsweise mit Mustang Sally. Aber wir wollten vor allem für das 20-Jahre
Jubiläum wirklich und im Rahmen unseres Budgets das bringen, was in der
Vergangenheit beim Publikum angekommen ist.
bm: Ist
Deine Idee eines American Music Festivals noch ein Thema? Was ist aus dem 13er Country-Tram oder dem 100er Club geworden? Alles Ideen,
welche Du vor einigen Jahren für das zwanzigste Festival im Kopf hattest.
AM: Wir haben uns entschieden, dass wir vorläufig mit dem
Country Music Festival weiter fahren. Die Tramgeschichte haben wir abklären
lassen. Für einen Monat wäre ein sehr hoher Betrag fällig geworden, den wir
lieber in Musiker und in unsere Doppel-CD investiert
haben, welche am Festival zu kaufen sein wird. Der 100er Club ist nach wie vor pendent, es gab einfach andere Prioritäten. Wenn ein
solches Projekt kommt, dann muss es wasserdicht sein.
bm: Was
hat sich in Deiner Arbeit fürs Festival geändert, wenn Du die späten 80er Jahre
mit heute vergleichst?
AM: Früher konntest Du zwanzig Plakate aufhängen und die
Leute kamen – um es mal vereinfacht auszudrücken. Heute ist ein Mega Anlass daraus geworden. Ich habe wie gesagt ein
grosses Netzwerk an Kontakten und muss täglich erreichbar sein. Auch das
Marketing Budget erreicht heute Dimensionen, die früher undenkbar waren. Ich
renne permanent dem Werbematerial der Bands hinterher, um nur ein Beispiel zu
nennen. Auch während des Festivals sind 16- oder 17-Stunden Arbeitstage die
Regel.
bm: Was
macht Albi Matter in Zukunft? Nochmals
20 Jahre Country Music Festival?
AM: Ich arbeite an einem neuen Projekt: Bücher über die
wichtigsten Schweizer Städte. Ich bin ja von Beruf Buchdrucker. Es ist eine
Idee, die mir schon lange im Kopf herum ging. Die ersten Bücher werden unter
anderem die Städte Zürich, Luzern und Bern abdecken. Diese Buchreihe, bei der
ich als Ideenlieferant und Verleger wirke, ist so etwas wie meine
Altersversorgung. Betrefffend dem Festival glaube
ich, dass der Anlass bestehen bleibt, ich kann aber noch nicht sagen, wie lange
ich das noch selber machen werde. Es hängt auch von der Publikumsreaktion ab.
Die nächsten Festivals bin ich sicher noch dabei.
bm: Wenn
Du Albi Matter interviewen würdest, welche Frage stellst Du ihm, die ich nicht
gestellt habe?
AM: Warum muss die Abwicklung des Anlasses
so kompliziert sein?
bm: Und
die Antwort?
AM: Es ist ein derartiger Aufwand, dass es wohl auf die
einfache Weise einfach nicht mehr geht. Glücklicherweise habe ich die Disziplin
und die Energie, all diese verschiedenen Elemente zu einem Ganzen zusammen zu
führen. Wie Du weißt, war ich schon nahe dran, aufzugeben. Wenn ich aber am
Ende sehe, dass der Anlass ein Erfolg war, gibt mir das wieder die Kraft, es
erneut anzupacken.
bm: Besten
Dank für dieses Gespräch und auf ein erfolgreiches 20. Internationales Country Festival
im Schützenhaus Albisgütli.