bm: Del, wie würdest Du Deine Musik jemandem
beschreiben, der sie noch nie gehört hat ?
DMC: Zum
einen ist es akustische Musik, zum andern verwende ich traditionelle Bluegrass-Instrumentierung, also Fiddle,
Banjo, Mandoline, String-Bass und Gitarre. Ich weiss
nicht genau, wie ich es sonst beschreiben kann, aber als ich in den 40er Jahren
zum ersten Mal Bluegrass hörte, mochte ich den Sound
und die Art der Lieder, welche Bands von Bill Monroe oder Flatt
& Scruggs damals spielten. Und so habe ich immer
versucht, diesen Sound am Leben zu erhalten. Natürlich hat sich heute der
Geschmack des Publikums geändert. Auch meiner. Aber den Sound dieser fünf
Instrumente mag ich eben immer noch.
bm: Country Musik befindet sich gegenwärtig
auf einer phänomenalen Erfolgskurve. Warum glaubst Du, ist Country Musik heute
so populär ?
DMC: Die
Musik ist über die Jahre “mitgewachsen” und hat sehr
viele Veränderungen mitgemacht. Mir scheint, dass zumindest gewisse Country-Künstler langsam wieder zu den Wurzeln
zurückfinden. Eine Zeitlang ging es für meinen Geschmack zu sehr Richtung Pop. Ich
denke, mit ein Grund für den heutigen Erfolg ist, dass
die Ursprünge dieser Musik wieder mehr zählen. Interessant für mich ist auch,
dass heute Bluegrass Musiker Erfolg im Country-Business haben können, obwohl es eigentlich immer
noch zwei verschiedene Stilrichtungen sind. Country lässt heute verschiedene
Stile zu.
bm: Früher kannten wir diese Musik als Country
& Western Music. Was denkst Du, ist mit dem Western Teil passiert.
DMC: Ich
weiss nicht, warum dieser Teil verschwunden ist. Zuvor
war es Hillbilly, dann Country & Western, heute ist es Country, vielleicht
nur, um den Namen kürzer zu machen (lacht). Es hat nämlich immer noch Western
Music in Country. Texas hat heute wieder einen grossen
Einfluss, viele Musiker kommen von da und heute hörst Du auch wieder mehr
Western Swing.
bm: Hast Du einen Lieblingskünstler
?
DMC: Eigentlich
habe ich fast nie Zeit, Radio zu hören oder Platten aufzulegen. Die einzige
Zeit in der ich regelmässig Musik höre ist, wenn wir
Songs für ein Album auswählen. Meine Söhne schon eher. Die sind jung und hören
sich alles an. Sie bringen mir Country, Blues, Jazz usw. Manchmal, wenn ich die
Songs mag, nehme ich sie auf.
bm: Vielleicht hast Du auch keine Zeit, weil
Du so beschäftigt bist.
DMC: Nun,
eigentlich buchen wir selten grössere Touren. Meistens
bin ich über die Wochenmitte zu Hause. Wir spielen wenn’s geht nur drei, vier
Tage über’s Wochenende. Das ist immer noch viel.
Vielleicht mehr, als ich in einem traditionellen Job arbeiten würde.
bm: Auf was schaust Du, wenn Du Material für
ein neues Album auswählst ?
DMC: Ich
weiss eigentlich nie, was ich suche, bis ich einen
Song höre. Ich bekomme Lieder per Post oder auf Band zugestellt. Im Winter habe
ich viel Zeit, mir die Sachen anzuhören. Aber wie gesagt, ich weiss nie, was auf das nächste Album kommt, bis mich ein
Song wirklich bewegt. Es ist wohl letztlich mein Geschmack, der entscheidet.
bm: Hast Du ein Lied, welches all Deine Talente
demonstriert ?
DMC: Nein,
glaube ich nicht. Ich brauche mindestens eine Stunde, um dem Publikum alle
meine Talente zu zeigen. Heutzutage lasse ich meine Band viel mehr selber
machen, sie spielen Solos oder singen ganze Songs selber. Darum dauert es vielleicht
sogar die ganze Show, bis ich alle meine Fähigkeiten gezeigt habe.
bm: Garth Brooks sagte einmal “Ein Lied ist
eine Drei-Minuten-Gelegenheit, der Welt etwas mitzuteilen.” Was ist Deine
“Mitteilung an die Welt” ?
DMC: Nun
ich kenne Garth nicht wirklich, aber er wohnt relativ nahe bei mir, oben auf
dem Hügel, während ich unten im Tal zu Hause bin (lacht). Vielleicht kennt er
mich, denn als er aufwuchs, spielte ich relativ häufig in Oklahoma. Nun, meine Message. Ich denke, Deine Songs geben dem Publikum einen
Vorgeschmack auf Deine Persönlichkeit. Ich habe darüber nie wirklich
nachgedacht. Ich singe, woran ich glaube, habe weder einen Lieblingssong von
anderen Künstlern, noch habe ich einen von mir selber. Ich glaube, ich habe gar
keine “Message to the World” (lacht wieder). Ich
liebe Musik. Ich stehe einfach da draussen und tue,
was ich am meisten liebe.
bm: Wer hat Deine Karriere bis jetzt am
meisten beinflusst ? Dein Vater, Deine Mutter, Musiker ?
DMC: Mein Vater ? Ja, Du hast recht. Von der Inspiration her ganz sicher mein Vater. Er
hat zwar nie Musik gespielt, aber er gab mir die Sicherheit und das Gefühl,
etwas erreichen zu können mit harter Arbeit. Ich war immer scheu und
zurückhaltend, bin es wahrscheinlich heute noch. Aber dank ihm hatte ich immer
das Gefühl, alles erreichen zu können was ich wollte. Musikalisch meine Mutter.
Ich und meine Brüder lernten viel von ihr. Dann Bill Monroe, vor allem auch in
der Zeit als ich mit ihm gespielt habe. Ich musste bei ihm anfangen, Leadstimme singen, obwohl ich bis dahin als Banjospieler
nie an’s Singen gedacht hatte.
bm: Wohin soll Dich Deine Musik in Zukunft bringen ?
DMC: Nun, ich schaue nicht all zu weit in
die Zukunft. Ich versuche, weiterhin aufzutreten und Songs aufzunehmen. Ich
habe früher vielleicht einiges für die Zukunft getan. Zum Beispiel unser Umzug
nach Nashville vor etwa fünf Jahren. Dort haben wir mehr Fernsehpräsenz und
mein Agent wohnt auch da. Dies half uns wirklich. Die Dinge ergeben sich auch
oft von selber. Wenn Du gute Aufnahmen machst, gute qualitativ hochstehende Shows bietest, dann zahlt sich das irgendwann
aus.
bm: Was in Deiner Karriere hat Dich bisher am
meisten befriedigt ?
DMC: Als
meine Söhne sich zu guten Musikern entwickelten und schliesslich
meiner Band beitraten. Ich hatte nie das Ziel, dass meine Boys Musiker werden
müssten oder sogar mit mir spielen. Aber sie wollten Instrumente lernen und schliesslich war es eines Tages soweit, dass sie sich mir
anschlossen. Das war wirklich die grösste
Befriedigung.
bm: Was hat Dir der Erfolg bisher gebracht ?
DMC: Zufriedenheit.
Ich hatte nie wirklich Erfolg in meinen frühen Jahren. Ich arbeitete tagsüber
und buchte Auftritte für Bluegrass-Festivals am
Wochenende. Meine Frau und ich mussten hart arbeiten, um die Familie durchzukriegen.
Jetzt habe ich die leichteste Zeit in meiner musikalischen Karriere. Die harte
Zeit kommt dann wieder, wenn ich zu alt zum Singen werde.
bm: Hat der Erfolg Dir etwas weggenommen ?
DMC: Nein, im Gegenteil. Es ist heute
einfacher als früher. Es kommt mehr Geld herein, meine Frau muss nicht mehr
arbeiten. Sie verkauft heute an unseren Auftritten in den USA die Artikel der
Band. Eigentlich ist die Familie heute mehr zusammen als früher. Das ist sehr
positiv. Wir müssen beide nicht mehr so hart arbeiten, also glaube ich nicht,
dass ich irgend etwas durch den Erfolg verloren habe.
bm: Welchen Anteil hat Glück in der Karriere
eines Artisten ?
DMC: Ich
weiss nicht. Ja, es gibt sicher solche Momente. Bei
mir war es aber mehr die harte Arbeit und das Halten eines Qualitätsstandards
als nur Glück. Ich weiss, für einige Musiker ist der
Erfolg über Nacht da. Bei mir ging’s ein bisschen länger und langsamer.
bm: Wenn Du ein Interview mit Del McCoury führen würdest, welche Frage würdest Du ihm
stellen, die ich nicht gestellt habe.
DMC: Oh
Boy, was würde ich den fragen ? Keine Ahnung, oder …Oh
ja, normalerweise reden wir bei der Frage nach dem Einfluss immer über meine
Mutter, Bill Monroe oder Musiker, mit deren Songs ich aufwuchs. Aber ich habe
eigentlich noch nie über meinen Vater gesprochen bis Du mich heute danach
gefragt hast. Er hatte sicher den grössten Einfluss
auf meine Persönlichkeit. Aber das haben wir ja schon angesprochen. Sonst, ich weiss wirklich nicht.
bm: Del, vielen Dank für dieses Interview. Wir
wünschen Dir viel Erfolg, heute und morgen hier in der Schweiz und danach für
die Zukunft.