Interview mit Daniela Mühleis

© February 1998 / Bruno Michel 

In ihrem Heimatkanton St. Gallen ist sie längst zu einem festen Bestandteil an Country Festivals geworden. Auch im Ausland feierte sie Erfolge, die grössten wohl am Mirande Country-Festival in Frankreich (100‘000 Besucher in vier Tagen) oder am Festival in Zevenbergen, Holland. Seit bald 19 Jahren kennt man Daniela Mühleis & Band. Warum sie in der Schweiz ausserhalb der östlichen Kantone kaum Auftrittsmöglichkeiten hat, ist schwer zu verstehen. Ihre Bandmitglieder beweisen durch langjährige Mitgliedschaft, dass es auch im Musikgeschäft noch so etwas wie „Familiensinn“ gibt. Die Musiker, Imbi Gassmann, Ernst Holenstein (seit der Gründung dabei),  Kalina Roth, Dany Rühle, Wolfgang Wahl und Yvo Zweifel, bilden zusammen mit Daniela ein gut eingespieltes Team.

Seit 1982 produziert sie Tonträger, die erste Single hiess „Point Of Living“. Danach folgten bis heute drei weitere Singles, drei LP‘s und fünf CD‘s, wovon das aktuelle Album „Open Minds“ 1997 herauskam. Songs auf rund acht verschiedenen Samplern, darunter auch das bekannte Independent Label Comstock aus den USA, runden die Discographie ab. Daneben hat Daniela über zwanzig einheimische Fernsehauftritte absolviert und war mehrfach auch auf ausländischen Fernsehstationen zu sehen.

 

Beziehen kann man Daniela‘s Produktionen über Reta Music AG in Herisau, direkt bei Daniela Mühleis, Tel. 071 / 866‘21’01 oder via E-mail [email protected].

Anlässlich eines Besuchs von Daniela in Zürich, nutzte ich die Gelegenheit für ein Gespräch mit der sympathischen Ostschweizerin.

 

bm: Daniela, seit rund 19 Jahren bist Du mit Country Rock und Country Music auf Achse. Kannst Du Dich an Deinen ersten Auftritt erinnern ?

DM: Das war mit 15 Jahren. Die Eltern der bekannten Sängering Paola organisierten damals italienische Festivals. Ich ging mit Paola‘s Schwester zur Schule. Nachdem kurzfristig an so einem Festival eine Sängerin ausfiel, wurde ich gefragt, ob ich den Part übernehmen könne. Aus Spass an der Freude nahm ich teil und gewann an jenem Disco d‘Oro den dritten Preis. Daraufhin wurde ich von meinen Begleitmusikern spontan engagiert und trat rund drei Jahre zusammen mit dieser italienischen Band auf. Mein erster Auftritt mit Country Music vor rund 19 Jahren hat ebenfalls eine Vorgeschichte.

 

bm: Zuerst vielleicht : Wieso der Wechsel der Musikrichtung ?
DM: Eines Tages hörte ich bei einem Freund Musik und fragte ihn, was das sei. Die Antwort : Tanya Tucker, das ist Country. Von da an wusste ich, dass dies die Musik war, die ich machen wollte. Countrymässig war damals in der Schweiz noch nicht viel los. Mein erster Gig war mit der Cheese Mountain Band, wo mein heutiger Steeler, Yvo Zweifel, ebenfalls dabei war. Wir studierten einige Songs ein, aber nach jenem Auftritt trennte sich die Band mangels Auftrittsmöglichkeiten bereits wieder. Zwei dieser Musiker waren bei einer Rockband namens Cargo. Also wechselte ich zu ihnen und brachte bei den Auftritten jeweils meine Country Songs ein. Der erste Auftritt fand in St. Gallen im Samba Lokal vor etwa einhundert Besuchern statt. Etwa ab 1984 war dann so etwas wie eine Country Szene auch in der Schweiz da. Unser Country Repertoire war mittlerweile gross genug, um als eigenständige Country Band auftreten zu können. Also traten wir sowohl als Cargo wie auch als Daniela Mühleis & Band auf.

 

bm: International konntest Du viele Erfolge feiern, so in Holland, Frankreich, Spanien und Österreich. Auch im Osten Europas kennst Du Dich aus. Warum ist gerade der Osten für Dich als Country Musikerin attraktiv ?

DM: Wir waren in Littauen, Albanien und in der Tschechei. Im Osten war unser erster grosser Auslandsauftritt. Aufgrund einer LP, die ich an eine Radiostation in Prag schickte, wurden wir engagiert. Damals gab es den eisernen Vorhang noch, und so war das ein ganz spezielles Erlebnis. Erst vor Ort merkten wir, wie gross vor allem die Bluegrass Szene in der Tschechei war. Aus jenem Auftritt heraus entwickelten sich Kontakte, die danach zu mehreren Einladungen zu weiteren Auftritten führten.

 

bm: Du wurdest 1981 aus 48 Bewerbungen für einen Auftritt am legendären Country Festival im Zürcher Hallenstadion ausgewählt, warst Gründungsmitglied der Country Music Föderation Schweiz und hattest jahrelang eine eigene Radiosendung mit Country Music. Trotzdem spielst Du heute vorwiegend in der Ostschweiz und im Ausland. Warum diese örtliche Abgrenzung in unserem Land ?

DM: Unser grosses Problem ist seit vielen Jahren, dass wir aus der restlichen Schweiz kaum Angebote für Auftritte erhalten. Obwohl wir Veranstalter und Medien mit Informationen bedienen, will man uns offensichtlich nicht haben. Wir spielten zwar auch schon an Festivals in Genf oder in Col-des-Roches, aber es ist Tatsache, dass wenige Bewerbungen unsererseits bei den Veranstaltern erfolgreich sind.

 

bm: Man sagt, Du hast einen ausgeprägten Tick für Ordnung. Was bedeuten für Dich die oft chaotischen Momente vor Konzertbeginn ?

DM: Ich versuche, die Organisation im Vorfeld soweit wie möglich perfekt zu machen, damit möglichst wenige Fragen offen bleiben. Da ich das gesamte Management für uns selbst betreue, gibt es relativ viel Arbeit. Wenn‘s dann mal hektisch kommt, ist Imbi Gassmann unser ruhender Pol, der sich den auftauchenden Problemen annimmt.

 

bm: Sprechen wir über Deine Musik. Wie schon 1990 auf der Produktion „Animals“, hast Du Dich auch 1993 auf „Better Life“ mit Songs zu den Themen Tier- und Umweltschutz engagiert. Welche Rolle spielen diese Themen in Deinem Leben ?

DM: Eine sehr wichtige. Allerdings hatte ich in letzter Zeit nicht mehr viel Gelegenheit, mich so aktiv wie früher um den Tierschutz zu kümmern. Seit ich Mutter bin, nehmen nebst meiner Tochter viele andere Dinge meine Zeit in Anspruch. Aber das Thema beschäftigt mich immer noch stark. Ich habe an Tierschutz Info-Ständen mitgemacht und auch viel Literatur über Tierversuche gelesen, und daraus sind dann in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Songwriter Larry Brown einige der erwähnten Songs entstanden. Auch heute noch ist er auf jeder meiner Produktionen mit einem Song vertreten. An Konzerten sage ich meistens nichts zu diesen Themen. Da wollen sich die Leute unterhalten. Aber in meinen CD-Booklets übersetze ich jeweils die Texte auf deutsch, damit die Leute Gelegenheit haben, sich über den Inhalt der Songs zu informieren.

 

bm: Du ziehst diese Einstellung voll durch und bist auch Vegetarierin. Wie einfach ist es für Deine Familie, auf Spare Ribs und T-Bone Steaks zu verzichten ?
DM: Nun, im Song If You‘ve The Guts spreche ich dieses Thema auf ironische Weise an und in Animal Factory habe ich die Problematik Massentierhaltung verarbeitet. Ich bin aber keine extreme Vegetarierin, esse ab und zu auch Poulet oder Fisch. Auch erwarte ich nicht, dass jedermann meine Einstellung übernimmt. Auch mein Mann ist völlig frei in der Auswahl seines Essens. Ich versuche wohl, unserer Tochter meine Einstellung näher zu bringen, aber auch sie wird eines Tages selbständig entscheiden können, ob sie weiterhin auf Fleisch verzichten will. Beim Einkauf für meinen Mann achte ich lediglich auf artgerechte Tierhaltung bei den Produkten.

 

bm: Wenn Du in einem Lied all Deine Talente zeigen solltest, welchen Song wählst Du ?

DM: Einer meiner Lieblingssongs, der mir textmässig sehr nahe geht und auch stimmlich sehr gut liegt, ist If You‘ve The Guts auf meiner aktuellen CD „Open Minds“.

 

bm: Was ist für Dich wichtiger in einem Song ? Der Text oder die Melodie ?

DM: Es kommt drauf an, ob es ein Song von mir ist oder nicht. Bei einem fremden Lied, höre ich schon eher auf die Musik. Wenn ich plötzlich beim Hören das Gefühl habe, dass ich nachschauen muss, wie der Song heisst, dann ist dass der Auslöser für mich. Bei eigenen Songs ist mir eher der Text wichtiger. Ich will da zum Inhalt stehen können.

 

bm: Was tust Du heute, damit der ActDaniela Mühleis“ auch in zehn Jahren noch gefragt ist ?
DM: Ich plane eigentlich nicht so lange voraus. Nach bald zwanzig Jahren im Musikbusiness, liegt es mir nicht, mehr als eine Saison vorausplanen. Ich nehme es wirklich wie‘s kommt. Vielleicht konzentriere ich mich dann auf‘s Songschreiben oder musiziere für mich und meine Familie. Wenn das Publikum uns nach wie vor sehen will, sind wir sicher gerne bereit, Auftritte und CD-Produktionen weiterhin zu machen. Wir sind alle im Nebenberuf Musiker und haben unser Haupteinkommen aus unseren angestammten Berufen. Das hilft uns, auch in Zeiten, wo das Musikgeschäft nicht so rund läuft, unser geregeltes Einkommen zu sichern.

 

bm: Welche Gefühle hast Du, wenn Du von der Bühne herab auf das Publikum schaust ?
DM: Ich bin immer noch vor jedem Auftritt extrem nervös. Vor allem bei einheimischem Publikum, wo mich viele persönlich kennen, ist es für mich anspruchsvoller als zum Beispiel im Ausland. Aber nach zwei bis drei Songs gibt sich das Lampenfieber.

bm: Wo siehst Du die Nachteile des Herumreisens ?
DM: Ich sehe das etwas weniger locker als früher, vor allem, weil wir heute eine Familie sind und ich ungern von ihnen getrennt bin. Ansonsten stört mich das nicht sehr. Da ich, wie schon gesagt, das Management selber mache und alle Vorbereitungsarbeiten, bin ich vor den Reisen jeweils so ausgelastet, dass ich kaum an die Nachteile denken kann.

bm: Wenn Du Daniela Mühleis interviewen müsstest, welche Frage würdest Du ihr stellen, die ich nicht gestellt habe ?
DM: Hmm.. vielleicht, warum ich soviel Treppen steige.

 

bm: Und warum ?
DM: Ich kenne in den Gebäuden die ich schon besucht habe sämtliche Hintertreppen und Lieferanten- oder Personaltreppchen. Da ich Platzangst habe, kann ich nicht in geschlossenen Liften fahren. Jedesmal, wenn ich mich überwinde und trotzdem wieder mal in so ein Ding einsteige, bleibt es garantiert stecken. Das ist mir nun schon mehrmals passiert, also lasse ich‘s lieber bleiben.

 

bm: Ich wünsche Dir, dass Du in Deinen anderen Lebenssituationen nie steckenbleibst. Für die Zukunft viel Erfolg und besten Dank für dieses Gespräch.

DM: Ich bedanke mich ebenfalls für das Interview.