Interview mit Nevada

 

© July 1997 / Bruno Michel

 

Als Ferien- und Erholungsgebiet kennen viele Leser das Bündnerland. Auch als Heimat berühmter Vertreter aus der schweizerischen Volksmusik. Dass auch Country Music dort zuhause ist, wissen ausserhalb Graubündens nur wenige Insider. Nebst Funny Hill, Grischa Country und anderen, gibt es seit gut zwei Jahren eine Band, deren Namen mit der Topographie und dem Wetter ihrer Heimat rein gar nichts gemein hat : Nevada. Ein Gespräch mit Sepp „Joe“ Oberdanner gibt näheren Einblick in diese interessante Formation.

 

BM: Nevada. Warum dieser Name für eine Band aus dem Bündnerland ?

SO: Wir haben alle zusammengesessen, und überlegt, wie wir unsere Band nennen sollten. Von „Rhine River Union“ – wir wohnen alle am Rhein – über alle möglichen Varianten kam plötzlich das Wort NEVADA ins Spiel. Der Name ist kurz und bündig. Er gefiel uns allen.

 

bm: Wie seid ihr in dieser Besetzung zusammengekommen und was hält Euch zusammen ?

SO: Seit unseren Anfängen hatten wir zwei Wechsel, vor allem familienbedingt. Ich wurde von einem dieser „Originalmitglieder“ eines Tages angerufen und gefragt, ob ich in einer Countryband mitmachen wolle. Nachdem ich früher lange Jahre als Profimusiker unterwegs war, schien mir diese Aufgabe nach einigen Jahren Pause durchaus reizvoll. Die beiden Abgänge konnten wir durch sehr gute Musiker ersetzen. Mittlerweile gehört zu unserem Team auch ein eigener Soundmixer, ein junger Mann namens Christian Frick. Das Teamwork und die Freude an der Musik hält uns zusammen.

 

bm: Wie würdet ihr Eure Musik jemandem beschreiben, der Euch noch nie gehört hat ?

SO: Country Music ist heute für jedermann ein Begriff. Ich würde diesen Leuten sagen : „Wir machen gute, aufgestellte und leicht verständliche Country Music. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei.“

 

bm: Würden wir den Namen NEVADA im Lexikon finden, was würde unter dem Namen als Erklärung stehen ?

SO: Totale Country Fans. Keine technischen Tricks, sondern „handgemachte“ Musik von aufgestellten Typen.

 

bm: Ist deutsch gesungene Country Musik für Euch ein Thema ?

SO: Nein, deutsch ist mir zum Singen zu schwierig. Englisch können wir unsere Gefühle besser ausdrücken.

 

bm: Wie ist die Rollenverteilung bei Euch ? Bist Du der Boss, weil Du langjährige Profi-Erfahrung mitbringst ?

SO: Wir haben keinen Bandleader, wir sind eine Kollektivgruppe. Bei uns hat jeder seine Rolle. Sowohl auf der Bühne wie ausserhalb der Auftritte. Ich bin für das geschäftliche zuständig, Verträge, Pressekontakte usw.

 

bm: In der Schweiz haben seit Eurer Gründung Dutzende von Country Bands Fuss gefasst, oder es zumindest versucht. Was unterscheidet Euch von der Masse ?

SO: Vielleicht, dass bei uns jeder einzelne Solosänger ist und dass wir dadurch die Möglichkeit für verschiedene Stil- und Gesangsrichtungen haben.


bm: Was hat Euch der zweite Platz an der Swiss New Talent Show gebracht ? Wieviele Live-Auftritte habt Ihr seit März 97 bis heute in etwa gebucht ?
SO: Wir waren vorher schon viel unterwegs. Aber immer nur regional. Die New Talent Show hat uns – nebst vielen Kontakten zu Musikern, Veranstaltern und Medienleuten – vor allem überregionale Auftritte gebracht. So zum Beispiel in Interlaken, auf der Klewenalp oder in Geroldswil. Auch durch James Müller von den Sunday Skifflers kamen wir zu einem Gig. Im Schnitt treten wir momentan zwei- bis dreimal pro Monat auf.

 

bm: Viele der arrivierten Künstler sehen solide Beherrschung der Instrumente und erfolgreiche Live-Auftritte als verschiedene Lernstufen an. Woran arbeitet Ihr bezüglich Bühnenpräzenz und Show-Elementen ?

SO: Wir arbeiten viel an unseren Auftritten, da wir noch viel lernen können und auch wollen. Nach jedem Auftritt gibt‘s bei uns eine Sitzung, wo wir die Fehler zu analysieren versuchen und zu verbessern. Beispielsweise in Interlaken waren wir alle – sogar ich selber – einigermassen nervös, zum ersten Mal an einem so grossen Anlass. Dementsprechend steif fiel denn auch unsere Darbietung aus.

 

bm: Das kann ich bestätigen. Musikalisch einwandfrei dargeboten, aber es fehlte die Action auf der Bühne.

SO: Wir haben uns danach einige Vorsätze gefasst, die wir an den letzten Konzerten auch bereits umsetzen konnten. Die Reaktionen des Publikums haben uns bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Man hat uns mit dem zweiten Preis an der New Talent Show gezeigt, dass man auf uns setzt. Diesen Erwartungen müssen wir jetzt gerecht werden.

 

bm: Aufgrund welcher Kriterien habt Ihr das Material für Eure erste CD ausgesucht?

SO: Unser „Komponist“ Heiri brachte uns Songmaterial in rauhen Mengen. Er hört sich kreuz und quer durch die Countryszene und hat viele Ideen, die er umsetzt. Martin hat einige Arrangements dazu gemacht, so entstanden die zwölf Titel. Es sind ausschliesslich Eigenkompositionen. Dies ist vielleicht ein Wagnis für eine Erstlings-CD, aber nach dem Albisgüetli-Erfolg sagten wir uns, dass wir nicht nur mit Covers durchkommen.

 

bm: Aber Ihr spielt auf der Bühne viele Coverversionen.

SO: Alles, was uns gefällt : Mavericks, Alabama, Billy Ray Cyrus, Kentucky Headhunters, Little Texas, Flaco Jimenez und viele andere. Wir haben ein Repertoire von rund sechs Sets à 45 Minuten. Wir hatten zu unseren eigenen Songs soviel positiven Feedback an den Auftritten, dass wir das Wagnis mit der ersten CD eingehen wollten.

 

bm: Wer sind Eure wichtigsten musikalischen Vorbilder ?

SO: Es gibt viele, die uns gefallen, aber die unbestrittenen Favoriten von uns sind die Mavericks.

 

bm: Was hat Euch bisher an Euren Konzerten am meisten gefreut ?

SO: Die Reaktionen des Publikums. Wenn uns die Leute gratulieren, wenn sie uns nach den nächsten Konzertterminen fragen, dann freut uns das riesig. Wir machen unsere Musik für diese Leute. Wenn‘s ankommt ist das für uns der grosse Aufsteller.

 

bm: Und was war der frustrierendste Moment in Eurer jungen Musikerkarriere ?

SO: Der ist uns bis heute als Band gottseidank erspart geblieben. Wir sind gegenwärtig auf der Sonnenseite.

 

bm: Was erwarten NEVADA von der Zukunft ?

SO: Dass wir in der Band so gute Kollegen bleiben, wie wir heute sind. Wir hatten auch unsere Probleme und jeder hat Stärken und Schwächen. Aber wie in jeder guten „Ehe“ haben wir uns zusammengerauft und ich hoffe, dass diese Freundschaft noch lange anhält.

 

bm: Letzte Frage : Wenn Du Sepp Oberdanner von NEVADA interviewen müsstest : Welche Frage würdest Du ihm stellen, die ich nicht gestellt habe ?

SO: (überlegt kurz) Ich würde mich fragen, wie lange ich dieses Hobby Musik noch machen will. Immerhin bin ich schon fünfzig Jahre alt.

 

bm: Und was würdest Du antworten ?
SO: Ich denke, ich kann von meiner musikalischen Ausbildung her immer noch einiges einbringen und mit den Jüngeren mithalten. Am Schlagzeug kann ich sitzen, also sage ich : Ich mache solange weiter, bis mir die Schlagzeugstöcke aus der Hand fallen.

 

bm: Ich bedanke mich für das Interview.