Interview mit
Geboren
und aufgewachsen ist er in New York, wo seine Eltern und Geschwister heute noch
leben. Er studierte Literatur und begann mit sechzehn erste Songs zu schreiben.
Fünf davon wurden für die “Captain Kangaroo Show” – einem Vorläufer der Sesamstrasse –
selektiert. Ab 1975 spielte er in diversen Folk-Clubs in der New Yorker Gegend.
1981 folgte ein Auftritt in der “Hee Haw” Fernsehshow.
Zwei
Jahre später war Willie das erste Mal zusammen mit
seiner Schwester Annie in der Schweiz. Diesem Besuch folgten zahlreiche
Auftritte an Schweizer Festivals in Frutigen, Wohlen usw.
1992
veröffentlichte er in den USA seine CD Almost
Home. Ein Jahr später gewann er die New Talent
Show im Zürcher Albisgüetli, sang mit Bundesrat Adolf
Ogi zusammen auf der Bühne den Ogi
Blues und brachte seine zweite Scheibe American
Groove heraus.
Es
folgten zwei Jahre voller Auftritte überall in der Schweiz, bis 1995 seine
dritte Produktion Middle Of The Road erschien. Zu dieser CD schrieb
ihm Ogi unter anderem :
“Passen Sie auf, das kann gefährlich sein. Besonders mitten auf der Autobahn.”
Auch
in den letzten Jahren hat Willie seine Zeit in der
Schweiz mit durchschnittlich 100 Auftritten pro Jahr verbracht, sei es als
Solo-Künstler oder zusammen mit seiner Band oder befreundeten Musikern. Auch
seine Schwester Annie war in dieser Zeit immer mal wieder zu Besuch in unserem
Land. Dieses Jahr ist nun seine aktuelle CD Here Comes Love erschienen. Seit längerer
Zeit bilden Karl Guntern (bass) und Putzie Mayr (lap steel, harmonica,
vocals) zusammen mit Willie
eine stabile Auftrittsformation.
Ich
sprach mit
bm: Willie,
Du bist New Yorker. Wann hast Du Dich entschieden, Deine Heimat zu verlassen
und warum ist die Schweiz Deine Wahlheimat?
WN: Meine Eltern stammen aus Kansas, aber aufgewachsen bin
ich in New York. Dort gab’s einen Country Music Club, das Lonestar
Café, wo wir mit unserer Family-Band – Vater, Bruder
und Schwester – spielten. Bei unseren Auftritten hörten wir von einigen
amerikanischen Künstlern über die Schweiz und dass sich dort eine Country Szene
etablierte. Wir meldeten uns und wurden für die Dauer von fünf Wochen
verpflichtet. Seit damals im Februar 83 bin ich immer wieder in die Schweiz
zurückgekommen und für lange geblieben.
bm: Der Osten der USA ist
nicht gerade die Hochburg der Country Music. Warum ist Willie
ein Country Musiker und nicht ein “weisser Rapper”.
WN: Mein Vater spielte Geige, wir Kinder sangen schon
zuhause zusammen. Musik war bei uns immer präsent. Einmal bekam ich zu Weihnachten eine Gitarre
geschenkt. So begann alles. Mein Bruder hörte eines Tages den Song Early Morning Rain
von Gordon Lightfoot am Radio. Gesungen wurde er von
Ian und Sylvia Tyson, den bekannten Songschreibern aus Kanada. So begannen wir,
deren Platten zu kaufen, in die Folk-Szene hineinzuwachsen und kamen später zur
Country Music durch unsere Auftritte im Lonestar
Café.
bm: Wann hast Du
beschlossen, als Profimusiker Deinen Lebensunterhalt zu verdienen?
WN: Ich habe nie die “klassische” Entscheidung getroffen. Etwa
in der Mitte meines Studiums merkte ich, dass ich an den Wochenenden genügend
Geld verdiente, um knapp damit leben zu können. Nach dem Studium zog ich für
ein Jahr nach Boston, wo meine Freundin lebte, machte jede Menge Nebenjobs wie
Maler und Tellerwäscher, usw. und spielte in zahlreichen Clubs. Und so rutschte
ich nach und nach ins Profimusikerleben.
bm: Du reist häufig
zurück in die USA. Heimweh?
WN: Wenn Du einundwanzig Jahre in
dieser Stadt gelebt hast, sicher. Zudem leben meine Eltern und meine
Geschwister noch dort. Und bisher habe ich in New York all meine Platten
produziert. Ich gehe gern zurück, auch um Freunde zu treffen. Dieses Jahr habe
ich erstmals mehr Auftritts- als Ferientage. Also wird es auch eine Art
“Geschäftsreise”.
bm: Allgemein beklagen Country-Musiker heute den Rückgang der Auftritte. Was müsste
sich in der Schweiz ändern, damit die Leute wieder in Country-Konzerte
kommen?
WN: Ich kann mich allgemein nicht beklagen und bin sehr froh
darüber. Aber ich bin auch flexibel, nehme Solo-, Trio- und Full Band-Auftritte
entgegen. Andererseits gab es in letzter Zeit einfach zuviele
Festivals. Ich denke, dass die Leute auch sparen wollen und sich deshalb die
Anlässe, an welche sie gehen, sehr genau aussuchen.
bm: Welche musikalischen
Vorbilder haben Deine Entwicklung beeinflusst?
WN: Neben Karl und Putzie ?? (lacht).
Bob Dylan, Jim Lauderdale, Ian und Sylvia Tyson,
bm: Dein Repertoire
beinhaltet viele Cajun-Elemente. Aus welchem Grund
liegt Dir dieser Musikstil nahe?
WN: Interessante Frage. Ich habe das eigentlich nie so
gesehen. Ich mag Cajun Musik. Aber ich mag auch
andere Stile. Vielleicht stimmt es doch. Als ich für die New Talent Show
nominiert war, gab mir jemand den Tip, doch einen Cajun Song zu schreiben, weil wir in der Band damals
dreistimmige Harmonien singen konnten. So entstand der Song Town Called New
Orleans, mit dem wir dann ja gewonnen haben.
bm: Seit Deiner ersten
CD-Produktion 1992 hast Du einen Veränderungsprozess durchgemacht. Wo siehst Du
Dich heute im musikalischen Spektrum – verglichen mit Deiner ersten Zeit in der
Schweiz?
WN: Veränderungsprozess? Zumindest nicht bewusst. Natürlich
entwickelt man sich weiter. Aber ich gehe nicht hin und sage: “So, jetzt will
ich mich mal wieder ändern.” Es passiert einfach im Laufe der Zeit.
bm: Wie wichtig ist Dir
das Songschreiben?
WN: Sehr wichtig. Ich schreibe seit meinem sechzehnten
Altersjahr. Es gehört zu meinem Leben.
bm: Zählt für Dich der
Text mehr oder die Musik?
WN: Für mich ist beides gleichwertig. Beim Schreiben habe
ich zwar öfter zuerst die Worte und baue eine Melodie drum herum. Aber speziell
hier in der Schweiz, wo Englisch nicht die Muttersprache der meisten Leute ist,
zählt die Musik eher mehr.
bm: Deine aktuelle
Produktion Here Comes Love
ist seit kurzem auf dem Markt. Was bedeutet für Dich dieses Album?
WN: Keine Ahnung. Ich bin schlecht im Beantworten solcher
Fragen. Frag die Radio-DJ’s oder
bm: Wann ist
WN: Unser erster Auftritt hier ist am 18. Dezember dieses
Jahres. Weihnachten und Jahreswechsel werde ich also wieder hier feiern. Wenn’s
1999 so weiterläuft wie bisher, bin ich eigentlich schon zufrieden.
bm: Und zum Schluss: Was
wünschst Du Dir für das kommende Jahrtausend?
WN: Ich hoffe, dass ich einiges davon noch erleben darf. Es
scheint ein Riesenanlass, wenn man die Publicity darüber verfolgt. Jeder tut
so, als gehen alle Zähler auf 0000. Aber im Endeffekt ist es doch nur ein
weiterer Schritt in unserem Leben.