Interview mit Ricochet
Nachdem es einige Jahre still war um die Band, sind sie jetzt mit vollem Elan
wieder da und absolvieren zahlreiche Auftritte pro Jahr. Ich nutzte die Gelegenheit
anlässlich ihres Auftritts in Zürich zu einem Interview mit Heath
Wright und Greg Cook.
BM:
Heath, du hast in den Neunzigern Songs geschrieben wie What You Leave
Behind aber ihr hattet auch Titel von Songwritern, die heute selbst Stars
sind, wie beispielsweise Derryl Dodd, der Baby Hold On für euch
schrieb.
HW:
Beides. Wir arbeiten aktuell an einem Projekt, das ich Halb-Halb nennen möchte.
Zum Teil werden Neuaufnahmen unserer Hits auf der CD sein, zum andern völlig
neue Lieder. Wir rechnen damit, im Sommer fertig zu sein.
BM:
Was ist wichtiger in einem Lied, die Worte oder die Musik?
HW: Die Lead Gitarre und die Leadstimme (Anm.:
Heath spielt und singt die Lead Parts)…ich mach nur Spass
GC: … ich nicht. Es ist wirklich beides. Viele
Musiker denken, die Melodie sei wichtiger während die Zuhörer eher
meinen, es sei der Text. Musiker können sich manchmal nicht an die Worte
erinnern, die Fans schon. Dafür kennen die oft die Melodie nicht so gut.
BM:
Würdet ihr lieber einen Song schreiben, der hundert Jahre überdauert
oder sich einhundert Millionen Mal verkauft?
GC: Ich bin für die hundert Millionen cash
(Gelächter). In hundert Jahren haben dann wenigstens meine Enkel und
Urenkel noch was davon.
HW: Ja, hier muss ich dir zustimmen (Gelächter).
GC: …sorry, klingt irgendwie nach Kapitalismus.
BM:
Ihr hattet Höhen und Tiefen in eurer Karriere. Welchen Rat gebt ihr jungen
Nachwuchskünstlern?
HW:
Geht zur Schule und macht was Gescheites…Nein, ernsthaft. Wenn sie es wirklich
schaffen wollen, gibt’s nur eines. Spielt so oft ihr nur könnt vor Publikum.
Dort entscheidet sich, wer professionell ist und wer nicht. Diejenigen, die
sich während eines Auftritts so wohl fühlen, dass die Zuhörer
meinen, die da oben hätten nie was anderes gemacht, das sind die Profis.
GC: Die musikalische Antwort ist: Das was wir
machen ist halb Musik und halb Geschäft. Aber die geschäftsmässige
Antwort ist, dass du anfangen musst, ausserhalb der gängigen Schemen
zu denken. Das Musikgeschäft hat sich verändert und ist längst
nicht mehr, was es war. Wir müssen akzeptieren, dass das Internet ein
fester Bestandteil unseres Business ist, anstatt dass wir Downloads bekämpfen.
Der Verkauf von CDs wird in wenigen Jahren der Vergangenheit angehören
und wenn du das nicht kapierst, ist dein BusinessModell
Schrott.
BM:
Wenn ihr das Geschäft zu Zeiten eures Riesenhits Daddy’s Money mit heute
vergleicht, was hat sich denn eurer Meinung nach geändert?
GC: So ziemlich alles. Als wir anfingen, machte
die Plattenfirma alles für dich. Marketing, Verkauf, Management, einfach
alles. Heute sind die Verkäufe von Tonträgern fast sekundär
geworden. Wir können diesen Kampf nicht gewinnen. Also müssen wir
rausfinden, wie wir Downloads in unser Modell einbinden und trotzdem Geld
verdienen. Dann wurden viele der früheren Plattenfirmen von den Grossen
geschluckt, aber es kamen auch neue, kleinere Labels auf den Markt. Wieder
eine Veränderung.
HW:
Es gibt heute auch viel mehr Musiker, die auf ein Publikum zugreifen
können, weil sie nicht mehr von einem Plattenvertrag und einem Vertrieb
abhängig sind. Und die Methoden, Musik zu hören, haben sich ebenfalls
geändert, man denke nur an die zahllosen Internet Radiostationen.
BM:
Wenn die Leute in 50 Jahren auf euer Schaffen zurück blicken, was wünscht
ihr euch, dass sie erzählen? Vielleicht nichts, weil ihr diesen hundert
Jahre überdauernden Song nie geschrieben habt…(Gelächter)
GC: Ich hoffe wir hinterlassen so was wie ein
Vermächtnis. Wir waren glücklicherweise auf einigen Touren für
unsere Armee, wo uns die Soldaten versicherten, dass wir etwas bewegt hätten.
Wenn sich jemand in 50 Jahren an uns erinnert, sagt er hoffentlich, er hätte
Spass bei unsern Auftritten gehabt. Wir sind letztlich hier um die Leute zu
unterhalten.
HW: Ja, wenn ein Grossvater seinen Enkeln in
50 Jahren über diesen grossartigen Auftritt in der Schweiz erzählt,
wär das ein grosses Kompliment. Das würde ich Erfolg nennen.
BM:
Es ist heute schwierig, in den Radios gespielt zu werden. Welchen Rat habt
ihr für die Radio-Gewaltigen, falls sie euch denn zuhören würden?
GC: Ja, schon eine ziemliche Fantasie-Frage (Gelächter).
Die Radioleute vergessen, dass es um mehr geht, als um Inserate zu verkaufen.
Manchmal frustriert es mich, wenn ich immer und immer wieder nur die Top-40
höre. Ich hoffe, es wird bald mehr Stationen geben, die auch lokale Künstler
spielen. Es gibt viel gute Musik da draussen.
BM:
Hat das nicht auch damit zu tun, dass Radio Moderatoren nicht mehr das spielen
dürfen, was sie oder die Hörer wollen, sondern ihr Programm von
den Chefs vorgeschrieben bekommen?
HW: Richtig. Es würde mich freuen, wenn
es wieder vermehrt Richtung locale Programme ginge. Heute entscheidet vielleicht
einer von der Westküste, was die Hörer im Osten bekommen. Doch die
Geschmäcker sind verschieden. Es wäre schön, wenn die Radio
Gewaltigen einsehen würden, dass das Publikum sehr wohl selbst entscheiden
kann, was es hören will.
GC: Absolut. Eine Menge Leute glauben immer noch,
dass sie ihren DJ anrufen und ihre Wünsche platzieren können. Fakt
ist, dass ein Song nur dann gespielt wird, wenn er sowieso geplant war.
BM:
Wenn ihr eine Zeitreise machen könntet, in welche Epoche würdet
ihr gehen?
GC: Interessante Frage…
HW: … Ich würde in den Wilden Westen reisen,
da ich ein grosser Fan der Cowboys bin und aus Oklahoma komme. Der 22. April
1889 ist ein spezieller Tag in der Geschichte meines Staates, damals war der
grosse Oklahoma Land Run. Ich würde mir dann eine etwas grössere
Ranch abstecken, als die, die ich heute habe (lacht).
GC: Und ich würde gerne die Zeit der Weltwirtschaftskrise
besuchen. Nicht, dass ich sie miterleben wollte, es interessiert mich einfach,
wie es die Leute damals trotzdem schafften. Oder die Sechziger Jahre, eine
spannende Zeit, sowohl politisch wie musikalisch. Da wäre ich ebenfalls
gerne mal.
BM:
Wenn ihr in der Lotterie gewinnen und niemals mehr arbeiten müsstet,
wie würdet ihr eure Zeit verbringen?
GC: Nun, nicht anders als jetzt auch.
HW:
Ich würde mehr Zeit auf meiner Ranch verbringen. Wir spielen immer noch
so 50 bis 75 Konzerte im Jahr.
GC:
Ich würde unsere Gigs komfortabler machen mit einem Luxusbus. Oder etwas
differenzierter investieren. Ich mag es nicht, all meine Eier in einem Korb
zu haben den ein anderer trägt.
BM:
Wenn ihr Ricochet interviewen könntet, welche Frage stellt ihr, die ich
nicht gestellt habe?
HW: Wie komme ich an eure Produkte wie T-Shirts
oder CDs (Gelächter)
GC: Wie heisst eure Website? (Gelächter)
BM:
Super Idee…., vielen Dank für das Interview.
GC: Wir danken dir. Im Ernst, viele Interviewer
fragen uns oft solches Zeug wir wir eben in der letzten Antwort genannt haben.
Oder auch wie wir an unsern Namen kamen (Gelächter). Dagegen waren deine
Fragen sehr interessant.