Interview mit Rodeo Ranchers

© June 1998 / Bruno Michel

 

Vielen Fans der Schweizer Country Szene sind die Rodeo Ranchers rund um die Sängerin Ursula Hotz seit Jahren ein Begriff. Sie gehören seit 1984 mit zu den stabilsten Formationen, welche diese Musikrichtung auf den Bühnen unseres Landes verbreiten. Spätestens seit November 97, als die Rodeo Ranchers im deutschen Sinsheim den European Country Music Award als beste Band des deutschsprachigen Raums gewannen, dürften noch einige Leute mehr wissen, was Swiss Country zustande bringt.

 

Wie hat eigentlich alles angefangen, was bedeutet dieser Sieg den Rodeo Ranchers, welche Zukunftspläne haben sie und wie wirkt sich die gestiegene Popularität auf die Auftritte der Band aus ? All dies und mehr wollte ich von Ursula „Uschy“ Hotz und dem Leadgitarristen, Peter „PudiBieri, wissen.

 

bm: Uschy, jede Künstlerin hat ihre besondere Geschichte, wie sie zur Bühne kam. Was ist Deine Geschichte ?
UH: Im Alter von acht Jahren trat ich das erste Mal mit den „Caravelles“, drei jugendlichen Musikern, im Schweizer Bund auf. Damals waren Schlager unsere Stilrichtung. Diese Band begleitete ich während zwei Jahren an Vereins- und Familienanlässe in der ganzen Schweiz. Danach stiess ich sinnigerweise auf ein Duo namens „Rancher Tweens“ (Anm.: scheint ein Mix zwischen Teen und Twen zu sein). Die spielten unter anderem deutsche Country Musik. Als ich etwa zwölf Jahre alt war suchte eine Band anlässlich eines Sylvesterauftritts ein Kind, das als Kaminfeger verkleidet auftreten und singen konnte…so wurde ich die singende Kaminfegerin. Die Gruppe hiess „Butterflies“. Unser Programm war eine Art „musikalische Weltreise“, von südamerikanischen Weisen bis zu einheimischen Mundartliedern. Mit den Butterflies war ich dann viele Jahre unterwegs.

 

bm: Wann begann bei Dir die „Country-Flamme“ zu brennen ?

UH: Mein damaliger Freund und heutiger Ehemann war schon immer ein Fan von Westernfilmen und Country Music. Da ich diese Stilrichtung bis dahin nur ansatzweise kannte, hatten wir des öftern Diskussionen, welche Musik zu Hause laufen sollte. Irgendwann hat es mich dann gepackt, und ich begann, diese Musik zu verstehen und zu mögen. Eines Tages nahmen wir im Studio für die „Butterflies“ eine Kassette auf. Einer der Songs war Lonesome Me von Hank Williams sr. Der Toningenieur (Jürg Oswald, Gründer der Rodeo Ranchers) fand, dass ich eigentlich eine passende Stimme für Country Music hätte.

 

bm: Worauf Du 1984 zu den Rodeo Ranchers gekommen bist. Diese Band spielt die letzten sechs Jahre in gleicher Besetzung. Eine Kostanz, wie man sie heute nicht mehr häufig findet. Was macht Euer Team so konstant ?

PB: Unsere Chemie stimmt. Man muss aufeinander eingehen können, diskutieren auf sachlicher Ebene. Wir bilden eine Art Musiker-Familie.

UH: Die Mitglieder müssen einem als Menschen fast mehr bedeuten, denn als Musiker. Musikalische Kenntnisse kannst Du verbessern und verfeinern. Aber der Zusammenhalt im Team muss gegeben sein.

 

bm: In den letzten zehn Jahren spielen zunehmend mehr Formationen Country Musik. Mehr Konkurrenz bedeutet – speziell für gestandene Bands – im Rennen zu bleiben und seinem Publikum regelmässig Neues zu bieten. Wie heben sich die Rodeo Ranchers von der „Masse“ ab ?

PB: Wir versuchen mit ausgefeilten Arrangements und Harmoniegesang einen kompakten Sound ans Publikum zu bringen. Damit sind wir recht erfolgreich. Zudem ist es für uns Pflicht, neues Material anzuhören und zu schauen, auf welche neuen Künstler und Songs die Leute jeweils reagieren. Man muss nicht jeden Trend mitmachen, aber aktuell sollte man schon sein.

UH: Zudem gehen wir regelmässig ins Probelokal. Einmal wöchentlich treffen wir uns und feilen an unseren Arrangements. Und wir spielen verschiedenste Richtungen der Country Music, von Bluegrass bis Cajun, von Traditional bis Contemporary Country.

 

bm: Wie vereinbart Ihr Eure Jobs, Familienleben und die doch recht zahlreichen Auftritte ?

UH: Organisation ist alles. Wir machen unser Management selbst. Ich als Hausfrau, Mutter und Teilzeitangestellte muss mir meine Zeit schon einteilen. Aber mittlerweile klappt das ganz gut.

PB: Ich benutze die Gelegenheit, um unsern Familien ein Lob aussprechen, für ihre Geduld und ihr Verständnis. Wir versuchen zudem, wenn immer möglich, unsere Auftritte auf die Wochenenden zu beschränken.

 

bm: Seit November 97 seid ihr die „Beste Country Band Europas“. Wie muss man diesen Titel gewichten und was bedeutet er für Euch als Band ?

PB: Wichtig ist zu erwähnen, dass die Auszeichnung für den deutschsprachigen Teil Europas vergeben wurde, und nicht für den gesamten europäischen Raum. Wir haben uns trotzdem riesig gefreut.

UH: Wir freuten uns schon über die Nominierung. Der Sieg war für uns nicht nur eine Überraschung, sondern auch eine Würdigung und Krönung unserer Arbeit. Ich sehe diese Awards als einen guten Anfang, der vielleicht einmal zu einem wirklichen European Award führen kann, auch mit entsprechender Würdigung in den Medien schon im Vorfeld des Anlasses.

 

bm: Hat sich der Sieg in Sinsheim auf die Anzahl Eurer Engagements ausgewirkt ?

UH: Wir verzeichnen einige zusätzliche Auftritte sowie Reaktionen von lokalen Fernsehstationen und Radios.

PB: Am Anlass selbst hatten wir einen Stand bei der CMFS. Vor unserm Sieg fühlten wir uns eher „einsam“. Das hat sich nach der Award-Verleihung gründlich geändert.

 

bm: Was bedeutet für Euch der stetige Wandel der Country Music in den letzten Jahren ?
UH: Dass wir mit unserem Konzept, verschiedene Richtungen zu präsentieren, richtig liegen. Wenn aber eine Art Songs aktuell ist, die mir stimmlich nicht liegt oder die ich gefühlsmässig nicht nachvollziehen kann, dann lasse ich es lieber bleiben. Man muss nicht alles mitmachen und lernt durch diesen Wandel auch seine eigenen Grenzen kennen.

PB: Jede Musik ändert sich im Laufe der Zeit. Wir ziehen mit, aber nicht um jeden Preis. Zudem sollten wir – trotz allen Neuerungen – die alten Songs nicht ganz vergessen.

 

bm: Ihr spielt mehrheitlich Cover-Versionen. Wie bewahrt Ihr dabei Eure eigene Identität ?
PB: Es ist wichtig, Deine Gefühle auf die jeweiligen Songs zu übertragen, das eigene Können und Wissen einzubringen.

UH: Wir spielen nicht einfach Songs nach. Natürlich ist die Melodie und der Text vorgegeben. Aber daneben bringt jeder von uns seine eigene Erfahrung mit. Viele der Arrangements schneiden wir auf uns zu.

 

bm: Nach welchen Kriterien stellt Ihr Euer Repertoire zusammen ?
UH: Wir suchen nach Songs, die nicht unbedingt jeder kennt. Ein Mix von älterem und aktuellem Material ist uns ebenfalls wichtig. Gegenwärtig planen wir eine neue Produktion, die hoffentlich im Dezember auf dem Markt sein wird. Seit unserer letzten CD „Western Fire“ ist es vier Jahre her. Produziert wird in der Schweiz, mit den Musikern der Band, eventuellen Gastmusikern und einem amerikanischen Tontechniker, der uns jeweils besucht.

PB: Unsere einheimischen Songwriter tragen zur Produktion ebenso bei, wie uns bekannte amerikanische Songwriter. Wir erhalten ein Demoband mit Text und Gitarrenmelodie. Die Arrangements schreiben wir häufig selbst.

 

bm: Was ist wichtiger in einem Song : Text oder Musik ?

UH: Für mich beides. In der Schweiz hast Du viel Publikum, das mit der Melodie mehr anfangen kann, als mit dem Text. Andere verstehen die englische Sprache und identifizieren sich mit einem Song auch über den Text.

 

bm: Welche Songs liegen Dir persönlich besser ? Balladen oder Uptempo Nummern ?
UH: Das ist abhängig von meinem jeweiligen Gefühlszustand, meiner momentanen Stimmung. Eigentlich mag ich beides.

 

bm: Welchen Song wählst Du, um all Deine Talente am besten zu zeigen ?

UH: Eher eine langsamere Nummer. Von den neueren ist es Blue oder Strawberry Wine. Bei den älteren Songs Amazing Grace. Und zur Weihnachtszeit mag ich Silent Night sehr. Das ist ein Song, bei dem ich noch heute Hühnerhaut kriege.

 

bm: Seid Ihr auf der Bühne die gleichen Personen wie im „anderen“ Leben ?

UH: Leute die mich privat oder geschäftlich kennen, haben den Eindruck, dass ich auf der Bühne lebendiger, quirliger wirke. Ich persönlich glaube, dass ich in allen Situationen einfach ich selber bin.

PB: Auf der Bühne unterliegen wir andern Anforderungen. Wir müssen gegenseitig unsere Einsätze abstimmen und beim Üben unterhalten uns ausschliesslich über das Umfeld der Musik. Privat sind wir ebenfalls ein Team, aber sicher mit anderen Schwerpunkten, was Diskussionen und Aktivitäten angeht.

 

bm: Was wünscht Ihr Euch für die kommenden Jahre ?
UH: Wenn‘s im selben Stil weitergeht wie bisher, sind wir vollumfänglich zufrieden. Als Team weiterhin Musik zu machen und an unserer Entwicklung weiter arbeiten, das sind unsere Ziele.

 

bm: Uschy, wenn Du Dich selbst interviewen müsstest, welche Frage würdest Du stellen, die ich nicht gestellt habe ?
UH: Vielleicht wie wir es ohne Management und ohne grössere Werbung als „Provinzband“ geschafft haben, zumindest im vorderen Feld der Schweizer Szene mitzumischen.

 

bm: Und die Antwort ?

UH: Es ist eine Art Schneeballeffekt. Unsere Fangemeinde hat sich durch „Weitersagen“ entwickelt. Zuerst waren wir im Raum Bern vertreten, mittlerweile sind wir auch ausserhalb erfolgreich und akzeptiert. Wir haben gar nicht die Zeit, Auftritte durch Werbung zu suchen. Vielleicht ist das ein Nachteil, der uns weniger Gigs als möglich erlaubt. Aber da wir alle berufstätig sind, könnten wir gar nicht zuviele Verpflichtungen eingehen.

 

bm: Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg für Eure Zukunft.