Interview mit Jo-El Sonnier

© March 2000 / Bruno Michel

 

bm: Jo-El, wie würdest Du Deine Musik jemandem beschreiben, der sie noch nie gehört hat?
JS: Meine Musik basiert auf all den Einflüssen, denen ich seit meiner Jugend ausgesetzt war : Rhythm & Blues, Rock’n’Roll, Country und Cajun. Ich versuche, all diese Einflüsse zu einem “Jo-El-Sonnier-Stil” zu kombinieren, möchte, dass die Leute mich durch meine Musik erkennen. Cajun Music spielt natürlich eine sehr wichtige Rolle, denn sie repräsentiert, was wir sind : Cajuns aus Louisiana.

 

bm: Country Musik ist eine Industrie geworden, mit viel Geld im Hintergrund. Warum glaubst Du, ist Country Musik so populär?

JS: Garth Brooks (lacht). Garth hat die Tür geöffnet für viele, modern denkende und spielende Country Künstler. Früher war Cajun Cajun und Country war Country. Heute ist es möglich, dass ich mit meinem Akkordeon zusammen mit Leuten wie Alabama, Charlie Daniels, Lee Greenwood, Mark Chesnutt, Alan Jackson oder Billy Ray Cyrus auftrete. Diese modernere Denkweise hat uns geholfen, auch die Cajun Musik einem breiteren Publikum vorstellen zu können. Plötzlich nehmen auch die genannten Artisten Cajun Songs in ihre Produktionen auf. Ich glaube, in dieser Countrymusikwelt hat es Platz für uns alle. So, wie BR5-49 Erfolg hat mit ihrem Revivalstil, werden vielleicht morgen andere Bands einen andern, fast vergessenen Stil wieder zu ihrem Hauptthema machen.

 

bm: Hast Du einen Lieblingskünstler?

JS: Ich schalte das Radio ein, und höre mir an, was so läuft. Natürlich gibt es Leute, deren Musik Bestand hat, wie zum Beispiel Garth Brooks, Alan Jackson, Reba McEntire oder von den Neueren Bryan White. Aufgewachsen bin ich mit Hank Williams Senior, Jimmie Rodgers oder Jimmy C. Newman. Aber wie schon gesagt, ich höre mir eigentlich alle Stilrichtungen an. Heute kommen auch schon fast vergessene Namen wieder zum Erfolg, wie beispielsweise Gene Watson. Er klingt heute wie damals, hat sich nicht verändert. Und ich glaube, das ist, was wir alle versuchen : Bleiben wer wir sind und mit offener, ehrlicher Musik unseren Platz zu halten.

 

bm: Auf was schaust Du, wenn Du Material für ein neues Album auswählst?

JS: Dem Publikum sollten die Songs etwas bedeuten. Auch ich muss eine Beziehung zu einem Song herstellen können. Die Hauptsache dabei ist, Spass zu haben, wenn wir ein Lied spielen. Es muss ein Funke überspringen, sowohl auf uns Musiker, als auch auf’s Publikum.

 

bm: Welchen Song wählst Du um all Deine Talente zu demonstrieren?

JS: Mein Leben ist Musik. Ich versuche, in jedem Song alles zu geben, ein guter Unterhalter zu sein. Entweder springt der Funke vom Lied zum Publikum oder von mir zum Publikum. In jedem Fall versuche ich, mein Bestes in jeden Auftritt zu legen. Das Akkordeon ist sehr international und seit 200 Jahren präsent. Ich denke, dass ich dieses Instrument beherrsche, und dies merkt auch das Publikum, egal in welchem Land ich spiele.

 

bm: Ein Lied ist eine Drei-Minuten-Gelegenheit, der Welt etwas mitzuteilen. Was ist Deine Message?

JS: Versuche das Beste aus jeder Situation zu machen. Es gibt, egal in welcher Phase Du gerade bist, immer jemanden, dem es schlechter geht. Bessere Zeiten werden kommen, sowohl für Dich als auch für den, dem es noch schlechter geht. Du brauchst den Willen, dann findet sich auch der Weg, im Leben Erfolg zu haben. Jeder hat seine Bestimmung. Meine ist glücklicherweise die Musik, und dafür atme, lebe und arbeite ich.

 

bm: Wer hat Deine Karriere am meisten beinflusst?
JS: Ich kann keinen speziellen Namen nennen. Die meiste Zeit habe ich mich wohl selber beeinflusst, weiter zu machen, mich zu entwickeln, neue Projekte anzugehen. Seit meinem elften Lebensjahr stehe ich auf der Bühne und produziere Platten. Ich versuche, die Tradition meiner Heimat Louisiana aufrecht zu erhalten und das zu bleiben, was ich bin : Ein traditioneller Cajun Boy.

 

bm: Wohin soll Dich Deine Musik in Zukunft bringen? Zurück in die Schweiz?
JS: Das wäre gut. Wir haben hier über die letzten fünf, sechs Jahre so viele nette Leute kennengelernt. Ich freue mich, dass uns die Menschen hier mögen und dass ich sogar auf Produktionen von Schweizer Musikern vertreten bin.  Die Schweiz wäre ideal für uns, um eine grosse Konzerttour zu machen. Wir danken allen, die uns unterstützen und uns immer wieder hierher einladen. Ansonsten? Nach Alaska. Da war ich noch nie. Und in diesem Jahr werden wir dort touren. Ich bin ich ein Veteran in diesem Geschäft und habe eine Menge Leute kommen und gehen sehen. Ich bin einfach dankbar, wenn ich nach wie vor gefragt bin und andere Musiker mit mir zusammen spielen wollen.

 

bm: Was in Deiner Karriere hat Dich bisher am meisten befriedigt?

JS: Ich bin immer noch dabei. Das ist wahrscheinlich das, was mich am meisten befriedigt. Irgendetwas muss ich offenbar richtig machen. Viele Leute nennen mich den “King of Cajun”. Dabei will ich gar kein König sein. Ich will einfach bleiben, wer ich bin und meine Musik so gut wie möglich einem breiten Publikum präsentieren. Sicher freut es mich, wenn die Leute sagen : “Du brauchst einen guten Cajun Artisten ? Ruf Jo-El Sonnier an”. Es gibt noch viel zu tun für mich, und das freut mich. Der wichtigste Schlüssel sind loyale Fans. Und die erreichst Du, wenn Du Dich als Person nicht veränderst, sondern einfach konstant gute Musik machst.

 

bm: Was hat Dir der Erfolg bisher gebracht ?

JS: Den Mut, weiter zu machen, meine Musik in andere Teile dieser Welt zu bringen.

 

bm: Hat der Erfolg Dir etwas weggenommen ?
JS: Ich denke nicht so. Wenn Du Erfolg hast, musst Du mit möglichen negativen Konsequenzen leben. Aber Du musst positiv denken. Es gibt Dir die Möglichkeit, Dich zu entwickeln und weiter zu kommen.

 

bm: Welchen Anteil hat Glück in der Karriere eines Artisten ?

JS: Ein Prozent ist wahrscheinlich Glück, 99% sind harte Arbeit. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Viele Leute fragen mich : “Wie werde ich ein Country Künstler”? Und meine Antwort ist : “Du musst aus den richtigen Gründen in diesem Geschäft sein. Und das sind nicht in erster Linie der Erfolg und die verkauften Platten. Das sind in erster Linie Liebe zur Musik und harte Arbeit. Geh da raus und sage : “Ich kann es schaffen”. Aber dann arbeite hart dafür, mach das Beste aus jedem Tag.

 

bm: Wenn Du ein Interview mit Jo-El Sonnier führen würdest, welche Frage würdest Du ihm stellen, die ich nicht gestellt habe?

JS: Ich bin kein so guter Interviewer. Vielleicht : “Was bringt mich dazu, immer weiter zu machen und meine Musik in die Welt hinaus zu tragen”.

 

bm: Und die Antwort ?

JS: Viele früheren Cajun-Musiker hatten nie die Chance zu sehen, welchen Stellenwert diese Musik einmal haben wird. Sie sind zu früh gestorben. Ich wünschte, einige dieser Artisten könnten heute hier sein und sehen, wieviel Freude diese Musik den Menschen ausserhalb von Louisiana bringt. Für mich ist es ein Anliegen und eine Ehre, dieses Vermächtnis weiter zu tragen und das ist mein Motor.

 

bm: Jo-El, wir wünschen Dir, dass Du noch lange und mit Erfolg das Vermächtnis der Cajuns weiter tragen kannst und wir freuen uns, Dich wieder in der Schweiz zu haben.