Im Februar 1995 formierte sich im Raum Freiburg-Bern-Thun eine Band,
welche drei Jahre später im Zürcher Albisgüetli mit
dem 1. Platz in der New Talent Show ein Highlight feiern konnte. Manchmal hatte
dieser Anlass in der Vergangenheit zwei Sieger gekannt, den der Jury und den
des Publikums. Nicht so 1998 mit dem Sieg von Straight
Ahead.
Seither ist einiges passiert in und mit dieser Band. Ihre damals noch
eher statische Bühnenpräsenz beginnt sich aufzulockern, auch wenn sich
bezüglich „Action“ auf der Bühne noch einiges dazu lernen lässt. Aber die, dank
dem New-Talent-Show Sieg, zahlreich ermöglichten
Auftritte 1998 und 1999 – u.a. in Worb, auf der Klewenalp oder an ausländischen Nachwuchs-Wettbewerben –
haben gezeigt, dass hier eine Band heranwächst, von der man in Zukunft in der
Schweizer Country Szene noch viel reden und hören wird.
Die Gruppe hat sich der traditionellen Country Music verschrieben und
spielt Cover-Versionen. Dies allerdings mit viel Liebe zum Detail und mit
unverkennbarer Spielfreude. Ich wollte von den Band-Mitgliedern Hansjörg Zahnd
(HZ), Karl Binggeli (KB), Christian Gasser (CG), Udo Brügger (UB) und
dem „Oldie“ der Gruppe,
bm: Ihr beschreibt Euer Ziel so: „Dem Publikum
als Amateurband qualitativ gute Country Musik bieten.“ Reicht das allein heute,
um Erfolg zu haben?
HZ: Dieses Ziel ist eine Kurzfassung dessen,
was wir unter „qualitativ guter Musik“ verstehen. Zum Erfolg braucht es mehrere
Dinge. Gute Live-Musik zu spielen, ist ein Faktor. Ein Song muss gut
einstudiert sein, und wir müssen uns damit identifizieren können. Dann soll
unsere Freude an der Musik rüberkommen, sowie auch
unser Teamgeist in der Band. Und letztendlich muss sich auch das Publikum wohl
und integriert fühlen.
bm: Was hat sich für Euch seit dem Sieg im Albisgüetli 1998 verändert?
JO: Wir arbeiten härter, anders, motivierter.
Das Albisgüetli war ein wichtiges Forum für uns. Man
darf aber nach so einem Erfolg keinesfalls stehenbleiben.
KB: Aus diesem Sieg ergaben sich einige wichtige Auftritte
für uns. Aber ebensi wichtig war es für uns, nicht
auf diesem Sieg auszuruhen, sondern eher verstärkt an unserer Qualität weiter
zu arbeiten. Wir wären schlecht beraten gewesen, auf dem New-Talent-Show
Siegerniveau zu verharren.
bm: Zunehmende Auftritte verpflichten auch,
die Bühnenpräsenz zu verbessern. Wie arbeitet Ihr daran und welchen Level wollt
Ihr erreichen?
JO: Wir verhandeln noch über den Grad der Zielerreichung
(Gelächter). Nicht jeder von uns misst der musikalischen Karriere den gleichen
Stellenwert bei. Beruf und Familie sind für einige sicher ebenso wichtig oder
wichtiger. Also muss man eben diskutieren, gemeinsam das Repertoire definieren,
und möglichst viel an sich arbeiten. Es ist nicht nur eine Qualitätsfrage.
KB: Wir wollen keine riesige Show ausarbeiten, bei der die
Artistik auf der Bühne vor der Musik kommt. Natürlich sehen wir uns Videos an
und erkennen, dass wir da und dort noch an unseren Bewegungsabläufen arbeiten
müssen. Wir sind manchmal so stark in die Musik vertieft, dass wir vergessen,
den Zuschauern auch attraktive Optik zu bieten. Daran arbeiten wir, weil uns
bewusst ist, dass es vom Saal aus gesehen eben anders wirkt als in unseren
Köpfen.
JO: Die musikalische Qualität des Repertoires steht momentan
noch im Vordergrund. Ich stelle fest, dass gewisse Songs mittlerweile so intus
sind, dass man beginne kann, sich auf andere Dinge, wie Bühnenpräsenz, zu konzentrieren.
Wir müssen und wollen Prioritäten setzen.
bm: Nach welchen Kriterien sucht Ihr die Songs
für Euer Repertoire aus?
UB: Verschiedene. Mir muss ein Song
stimmlich liegen. Ich muss ihn fühlen und mich mit dem Inhalt identifizieren
können, um ihn glaubhaft und gut rüberzubringen. Einen Song nur textlich zu
interpretieren, liegt mir nicht.
HZ: Bevor Jürg zu uns stiess, waren wir vor allem auf
Interpretationen von Alan Jackson, Dwight Yoakam etc.
fixiert. Jürg hat unseren Horizont für Songs anderer Künstler erweitert, die
ebenfalls gut mit unseren Fähigkeiten harmonieren.
JO: Manchmal überfahre ich die Jungs fast, mit meinen Ideen
und Vorschlägen. Aber wir haben meistens einige Treffer unter diesen Ideen. Und
das hilft, unser Repertoire schnell zu verbreitern, und nicht das Image einer
Imitationsband eines bestimmten Künstlers zu erhalten.
bm: Schreibt Ihr auch eigenes Material?
UB: Es gibt einen Song von mir, der eher per
Zufall auf die neue CD kam. Er ist nicht mal in Englisch geschrieben, sondern
in Seislerdeutsch (Fribourger
Dialekt). Aber sonst schreiben wir eigentlich nicht.
HZ: Noch nicht. Für eigene englisch getextete Songs ist es noch
zu früh. Schliesslich sind wir nicht mit dieser Musik aufgewachsen, und
brauchen daher länger, um uns in die Gefühlswelt dieses Genres einzuarbeiten. Wenn
wir eines Tages glauben, dafür reif zu sein, könnte es schon sein, dass eigenes
Material einfliesst.
bm: Wer sind Eure musikalischen Vorbilder?
HZ: An der Leadgitarre stehen für
mich Albert Lee, Vince Gill oder Brent Mason im
Vordergrund. Man versucht, von diesen Idolen gewisse Sachen zu interpretieren,
und merkt dann sehr schnell, warum sie Vorbilder sind.
UB: Alan Jackson interpretiert für mich seine Lieder so, wie
auch ich fühle. Er ist kein reiner Showman, sondern
legt viel Herz in die Präsentation seiner Songs.
KB: Was ist überhaupt ein Vorbild? Für mich sind das doch
die meisten der amerikanischen Musiker, eben weil sie vom Können her so weit
fortgeschritten sind. Ich mag unsere Musik, aber auch Country Rock, wie z.B.
Brooks & Dunn oder Bluegrass. Als Bassist
orientiere ich mich an Mark Schatz, der für mich einer der Grössten ist.
JO: Ich hab schon auch Vorbilder. Wer, ist dabei weniger
wichtig, als das Bestreben, anhand solcher Vorbilder zu wachsen und sein
eigenes Können zu verbessern.
CG: Es kommt doch auf die persönliche, momentane Stimmung
an. Manchmal wählst Du traditionellen Country, dann eher Blues oder Rock. Für
mich sind gute Musiker jeder Sparte irgendwie ein Vorbild.
bm: Warum habt Ihr ausgerechnet traditionelle
Country Musik gewählt – in einer im Altersdurchschnitt eher jungen Formation, wenn
man Jürg mal weglässt (Gelächter). Warum nicht Brooks & Dunn, Confederate Railroad, the Tractors
oder die Pirates of the
JO: Ja, ich treibe diesen Altersdurchschnitt schon gewaltig
in die Höhe…
UB: Mir bringt diese Art von Musik gefühlsmässig am meisten.
Ich habe nichts gegen rockige Country Music, aber die warme, traditionelle Musik
ist mir eben doch am nächsten.
JO: Den rockigen Pfad beschreitet doch heute fast jeder.
Wenn Du einen Country-Anlass besuchst, findest Du zur
Hauptsache Bands, die Power rüberbringen wollen. Wirklich traditionelle Songs
zu spielen, trauen sich die wenigsten. Keine Missverständnisse bitte. Das hat nichts mit der musikalischen Qualität dieser
Musiker zu tun. Es scheint mir eher so, dass sie sich mit der eher ruhigen,
traditionellen Art gefühlsmässig nicht identifizieren können, oder glauben, das
Publikum nicht für sich einzunehmen.
HZ: Udo und ich sind vielleicht schon etwas „Honkytonk-lastig“. Wir können uns einfach beim Anhören
solcher Songs nicht den Gefühlen entziehen, die damit in uns ausgelöst werden.
Und diese Gefühle leben wir aus und versuchen, sie zum Ausdruck zu bringen.
bm: Nach einem Boom in den 80er und frühen
90er Jahren, verliert die Country Musik Szene Schweiz heute eher an
Attraktivität. Viele gute Festivals „sterben“, Musiker beklagen den Rückgang
von Auftrittsmöglichkeiten. Was müsste sich Eurer Meinung nach ändern, damit
die Schweizer Szene wieder an attraktiver wird?
HZ: Für viele von uns hat der Kontakt zur Country Music mit
den Festivals im Zürcher Hallenstadion begonnen. Nachdem jeder vom Erfolg
dieser Anlässe gehört hatte, versuchten viele, auf diesen Zug aufzuspringen.
Gross, grösser, am Grössten. Und plötzlich waren Gagen und Nebenauslagen
dermassen hoch, dass sich die Hallen nicht mehr füllen liessen, weil für viele Besucher
einfach der Eintrittspreis zu hoch wurde. Mein Konzept wäre, im kleineren
Rahmen wieder vermehrt gute Musik zu bieten. Eben nicht mit vielen Stars an
einem Abend, sondern mit ausgewählten Einzelkonzerten zu vernünftigen Preisen.
JO: Die Schweiz ist offensichtlich einfach zu klein, um
nebeneinander leben zu können, ohne den andern übertrumpfen zu wollen. Viele
Festivalpromoter versuchten, das Lineup des andern zu
überbieten. Wenn wir schon amerikanische Musik bringen, sollten wir uns auch
amerikanisch benehmen. Und das heisst eben, wie Hansjürg sagte, auch im
kleineren Rahmen wieder zufriedene Gigs zu liefern. Wenn 150 Leute nach einem
Anlass zufrieden nach Hause gehen, dann ist das doch ok.
Und wenn mal etwas weniger Geld in der Kasse ist, was soll‘s.
Wir sollten der Musik treu bleiben, und nicht nur noch dem Finanziellen
huldigen.
KB: Der Markt war plötzlich übersättigt. Jeder baute „sein“
Country Festival auf. Und ohne Insider-Kenntnisse wurden verlangte Gagen ohne
zu zögern bezahlt. Egal, ob die dafür gebotene Qualität gut oder schlecht war.
Diese Missverhältnisse müssen aufhören und der aktuelle Trend zeigt, dass wir
auf dem richtigen Weg sind.
bm: Was war Euer bisher grösstes Hindernis,
das es zu überwinden galt?
KB: Hatten wir überhaupt solche Hindernisse?
Ich glaube nicht. Wir haben nie versucht, schnell an ein Ziel zu gelangen,
sondern haben langsam darauf hin gearbeitet. Ich denke, es gibt dann Hindernisse,
wenn man heute beginnt und morgen schon top sein
will. Wir haben Zeit, Geduld, und wir hatten auch Glück.
HZ: Wir hatten vielleicht eher Rückschläge als Hindernisse.
Dies bezieht sich vor allem auf die Qualität. Wir haben schon zu Anfang
beschlossen, dass wir erst dann auftreten, wenn wir genügend Songs beherrschen,
nicht einfach spielen können, sondern beherrschen. Und da gab es eben öfters
Rückschläge, wenn wir uns eingestehen mussten, dass wir noch nicht bereit waren
für die Bühne.
bm: Und was war Euer bisher grösstes
Erfolgserlebnis?
UB: Für mich war das der Nachwuchswettbewerb in Kramsach, Österreich. Schon die Art, wie wir dort ankamen,
mit Tourbus usw. wie die „Grossen“. Dann ein Sieg im Ausland, ein Pokal und die
Freude daran.
JO: Ich glaube, mir war der Albisgüetli-Sieg
viel wichtiger. Der Anlass hat Tradition und Image. Darauf kannst Du aufbauen.
HZ: Die Siege waren sicher schön. Mein grösstes
Erfolgserlebnis war aber die Zeit bei den Aufnahmen zu unserer neuen CD. Die
professionelle Arbeit im Studio hat mich sehr beeindruckt.
bm: Hört Ihr auf Ratschläge von arrivierten
Insidern der Szene? Und wenn ja, wie setzt ihr sie um?
CG: Weisst Du, wir kommen aus der Bern und noch weiter
hinten, da bekommen wir gar nicht soviele Ratschläge
von Arrivierten mit…(Gelächter).
KB: Mir ist eigentlich egal, ob mir ein Insider Tips gibt oder jemand aus dem Publikum. Man muss sich diese
Tips anhören und dann für sich entscheiden, ob man
sie umsetzt oder wieder vergisst. Nur weil ein Mister X sagt, dass Du dieses
oder jenes so oder so machen musst, heisst das noch lange nicht, dass es für
Dich richtig ist. Umgekehrt kann ein zufälliger Besucher Dir wertvolle Hinweise
geben.
HZ: Richtig, Offenheit für jede Kritik, ob positiv oder
negativ, das ist unsere Devise. Du musst danach selber entscheiden, ob Du es
umsetzen kannst oder willst. Die Zusammenarbeit und der gegenseitige Feedback
in der Szene sollte sowieso viel offener gehandhabt werden. Wir freuen uns
immer, andere Bands kennenzulernen. Wir können doch
jeder vom andern lernen und profitieren.
bm: Was soll die Zukunft für Straight Ahead bereithalten?
KB: Nachdoppeln und besser werden, und damit
einem noch breiteren Publikum zugänglich werden. Gute Sachen weiterentwickeln
und Neues dazu lernen.
UB: Auch weiterhin ehrliche, gute Musik spielen zu können,
und zufriedene Leute nach den Auftritten zurück zu lassen.
CG: Menschlich so zu bleiben, wie wir sind. Manchem liegt
eben der Showman nicht im Blut. Aber wenn uns die
Leute trotzdem akzeptieren, freuen wir uns.
JO: In Zukunft sollten wir Performance und Entertainment im
Anschluss an die Musikqualität verbessern. Die Amerikaner machen es uns auch
hier wieder vor. In kleineren Umgebungen kannst Du eher die rein musikalische
Qualität als einziges Element einbringen. Bei Grossanlässen braucht es eine
gewisse Aktivität auf der Bühne.
bm: Wenn Ihr die Gruppe Straight
Ahead interviewen würdet, welche Frage stellt ihr,
die ich nicht gestellt habe?
KB: Warum sind ausgerechnet wir fünf zusammen?
bm: Ok, und warum?
UB: Durch einen glücklichen Zufall. Wir passen auch
menschlich sehr gut zusammen.
KB: Ja, die Chemie stimmt. Das merkst Du bei Proben, auf der
Bühne, aber auch privat. Wir stammen alle aus eher einfachen Verhältnissen und
der gleichen Gross-Region. Das ist sicher eine der Grundlagen.
JO: Weil wir uns beim Proben auf Caramba-Caramel,
Salami und Popcorn einigen konnten…(Gelächter). Nein, ernsthaft. Wir sind
glücklicherweise ein Team. Jeder kann für den andern mal zurückstehen und
keiner will sich partout im Vordergrund sehen.
bm: Ich wünsche Euch, dass Ihr auch weiterhin
als Team und traditionelle Country Music Interpreten Erfolg habt. Vielen Dank
für das Gespräch.