Schon am Festival 2002 räumten die
kanadischen Jungs mit ihrem Post Atomic Hillbilly
Sound ab. So nannten sie auch ihr erstes Album. Seit ihrem letzten Auftritt bei
uns ist einiges geschehen. Sie waren für einen Juno Award
nominiert, haben eine weitere CD namens Devil
In The Rearview herausgebracht und Ende 2002
einen Musiker ausgewechselt.
Die Band aus Whitehorse,
Yukon, besteht nach wie vor aus vier Musikern, die
alle auf eine langjährige Karriere zurück blicken. Mark Thibealt
(dobro, steel, guitar, lap steel)
war im Herbst 2002 auf Tour mit seiner Frau und hatte ein gemeinsames Konzert
mit den Undertakin’ Daddies.
Er wurde von den Jungs spontan engagiert und ersetzt Nathan Tinkham.
Kevin Barr (lead
vocals, guitar, bass) kommt
von der Country Music, Bob Hamilton (vocals, mandolin, bass) dagegen aus der Bluegrass
Ecke. George McKonky ist sowas
wie ein Urgestein der Whitehorse Musikszene in
Kanada.
bm:
Welchen Fehler machen Journalisten meistens, wenn sie über Euch schreiben?
Bob: Sie halten uns für eine Bluegrass
Band. Das sind wir aber nicht, sondern wir spielen unter anderem diejenige
Musik, welche die Entstehung des Bluegrass
beeinflusst hat.
bm:
Hatte einer von Euch einen Totengräber in der Familie, oder wie kam Euer Name
zustande?
Kevin: Klar, jeder unserer Väter war Totengräber. Ich selber war auch
mal im Beerdigungsgeschäft. Das ist natürlich alles Quatsch (Gelächter).
George: Aber in Wahrheit arbeitet mein Schwager tatsächlich in einem Beerdigungsinstitut
nördlich von Toronto. Er hat ein Schild auf dem Schreibtisch, auf dem steht: Thank You For Smoking.
Kevin: Bei unserer letzten Plattentaufe luden wir den ortsansässigen
Totengräber ein. Nach der Show kam er auf uns zu und meinte: „Ich bin der wahre
Undertakin’ Daddy.“
Bob: Wir wuchsen alle mit der 50er Jahre Musik der Louvin Brothers, Hank Williams etc. auf. Es lag nahe, bei
diesen meist tragischen Songs auf den Namen zu kommen.
bm:
Die Musikindustrie lässt heute wenig Spielraum für Musik wie Eure. Was bewegt
Euch trotzdem, Euren Weg weiter zu gehen?
George: Wir ignorieren die Musikindustrie (Gelächter).
Kevin: Richtig, wir spielen einfach, was uns Spass macht.
Bob: Wenn Du nur das spielst, was die Musikbosse von Dir wollen,
hast Du das Ziel verfehlt.
bm:
Ihr habt es in Kanada bereits zur Nummer 1 in den Galaxy
Folk-Roots Charts gebracht und letztes Jahr eine Juno
Award Nominierung erhalten. Was bedeutet die Juno
Nominierung für Euch?
George: Nichts, wir haben ja nicht gewonnen (Gelächter).
Kevin: Ernsthaft. Nur schon die Nominierung ist eine Ehre. Es
bedeutet, dass einige Leute unser Schaffen bemerkt haben. Unter all den
kanadischen Stars einen Abend zu verbringen war für uns eine grossartige
Erfahrung.
bm:
Wenn Ihr Euch selber auf der Bühne ankündigen müsstet, was würden wir hören?
Alle: Hillbilly. Ja, das trifft’s wohl am
ehesten.
Kevin: Unser früheres Album hiess ja Post Atomic
Hillbilly
Bob: Aber der Name ist bei der momentanen Weltlage nicht mehr so
angesagt.
George: Jeder hat heute irgend eine Bombe, mit
der er was anstellen will.
Bob: Nach dem Weltkrieg rätselten alle, wer wohl die nächste Bombe
schmeisst. Und heute.....wo liegt bitte der Unterschied?
bm:
Viele Eurer Songs handeln von traurigen Themen. Gibt es einen Grund dafür?`
George: Ja, wir sind halt schon alle sehr depressive Kerle (Gelächter).
Kevin: Es ist real. Die Songs handeln doch von Themen, die jedem schon
in irgend einer Form passiert sind. Wir singen diese
Erlebnisse.
bm:
Wer hat Eurer Meinung nach Euren Musikstil am meisten beeinflusst?
Bob: Unter anderen Jimmy Rodgers und die Louvin
Brothers.
Mark: Die Wester Swing Künstler.
George: Kevin. Er beeinflusst mich am meisten (Gelächter). Aber auch
Jimmy Fadden von der Nitty Gritty Dirt Band und andere.
Kevin: Ich hab letzte Woche in Nashville ein Konzert von Merle Haggard besucht. Wir covern manchmal alte Songs. Damit wollen wir die Künstler
ehren, die uns diese grossartigen Lieder hinterlassen. Keine angepasste Musik
wie heute.
bm:
Gibt es einen Unterschied zwischen den Jungs, die ich auf der Bühne sehe, und
jenen, mit denen ich gerade spreche?
George: Ja, normalerweise haben wir geduscht, wenn wir auf die Bühne
gehen (Gelächter).
Bob: Ja, im Aussehen – und natürlich im Geruch.
George: Aber echt. Es ist wie hier im Interview, wo wir fast bei jeder
Frage Witze machen und lachen. Es kommt auf das Gegenüber an. Am Anfang wirken
wir vielleicht etwas ernst. Wenn aber der Feedback vom
Publikum kommt, werden wir offener und haben jede Menge Spass.
bm:
Habt Ihr jemals einen Ratschlag erhalten, den Ihr nie vergesst?
Kevin: Vor langen Jahren spielte Peter Rowan
mal spontan bei mir in einem Song mit. Ich dachte damals, dass mir solche
Ereignisse weiter helfen. Als ich mich bedankte, meinte er: „Geh Deinen eigenen
Weg und nutze Deine Chancen.“
George: Mein Daddy fragte mich anfangs, was ich für einen Auftritt
verrechne. Ich sagte „150 Dollar“. Er meinte: „Verlang 300, vielleicht kriegst
du den Gig dann nicht, aber du machst Gewinn.“
Kevin: Heute verlangen wir soviel, wie wir ohne ins Stottern zu
geraten hinkriegen (Gelächter).
Bob: Jerry Scheff, der für Ricky Nelson,
Bob Dylan und viele andere Gitarre spielte, ist zwar schon ein älteres
Semester. Er schaut sich aber immer nach Neuem um, trotz seiner Erfolge. Sowas inspiriert mich.
bm:
Wenn Ihr die Undertakin’ Daddies
interviewen müsstet, welche Frage stellt Ihr, die ich nicht gestellt habe?
Bob: Warum hat traditionelle Musik auf einmal wieder Aufwind?
Beispielsweise der Erfolg von O Brother, Where Art
Thou.
bm: Und die Antwort?
Kevin: Der Kreis schliesst sich. Die Leute haben genug.
Bob: Die Musik ist dermassen kommerzialisiert, verwässert und
austauschbar geworden, dass die Leute wieder ehrliche Musik hören wollen. Wenn
Du hunderttausende Scheiben verkaufen musst, um in den Augen der Plattenbosse
Erfolg zu haben, hast Du es als einfacher Musiker schwer.
bm: Herzlichen
Dank für das Gespräch und hoffentlich auf bald wieder in der Schweiz.