Interview mit Vicki Vann & Carl Ray

© February 2002 / Bruno Michel

 

Eigentlich heisst sie Vicki Denise Turnbough. Sie liebt Biografien und Psychologiebücher (kein Wunder als ausgebildete Psychologin) und sie mag Tiere. Mit drei Hunden, einer Katze und dem Plan, nächstens ein Pferd zu kaufen, gibt’s jede Menge zu tun in der spärlichen Freizeit. Ansonsten schaut sie sich gerne alte Filme an und isst dazu ein Gemisch aus Popcorn und M&Ms. Das ist Vicki Vann. In etwas mehr als einem Jahr hat sie die Country Produzenten von L.A. bis Nashville aufhorchen lassen.

 

Er wird wegen seiner Stimme oft mit Vince Gill oder Bryan White verglichen. Geboren und aufgewachsen auf einer Ranch in Texas, schreibt und produziert Carl Ray seit mehreren Jahren seine eigenen Songs. Heute lebt er mit Frau und zwei Kindern – die den Vater des öfteren stimmlich auf der Bühne begleiten – in der Nähe von Tulsa, OK. Mit seiner Frau Gail hat er eine Publishing Firma gegründet, die auch Carl’s Debut Album vertreibt.

 

bm: Ladies first: Vicki, du bist mit grossen Chören aufgetreten und hast Jazz-Standards zusammen mit einer 17-Mann-Band interpretiert. Warum nun Country Music?

VV: Eigentlich hat die Country Music mich gewählt, denn damit bin ich aufgewachsen. Mit den Songs von Crystal Gayle und anderen. Ich liebe alle Stilrichtungen und habe deshalb auch Verschiedenes ausprobiert. Aber wie es einer unserer Songs schon sagt: I was Country When Country Wasn’t Cool.

 

bm: Carl, Dein Heimatstaat Texas hat schon viele Country Stars hervorgebracht. Zudem wirst Du oft mit Vince Gill oder Bryan White verglichen – beides Acts die weit vom Texas Honky Tonk Sound entfernt liegen. Wer sind Deine persönlichen Favoriten?

CR: Schwierige Frage, denn ich bin mit vielen grossen Künstlern „im Ohr“ aufgewachsen. Ich liebe Musik von Johnny Nash, Merle Haggard etc. Es ist die ehrliche Musik, die ich mag. Sie ist ein Teil von mir. Ich war als Jugendlicher immer der Aussenseiter, meine Freunde bezeichneten mich als Hillbilly, aber das war mir egal.

 

bm: Es wird zunehmend schwieriger, die eigene musikalische Identität mit den Anforderungen der Musikindustrie zu vereinbaren. Wie schafft Ihr es, beides unter einen Hut zu bringen?

CR: Damit musst Du Dich heute in der Tat auseinandersetzen. Ich mag Traditional Country, aber das kannst Du in den Staaten nicht bringen, wenn Du einen grossen Vertrag willst. Trotzdem nehme ich momentan mit David Ball eine neue CD auf. Texas Swing und ähnliches. Ich will die Musik machen, die ich selber mag. Der Erfolg kommt so vielleicht nicht sofort, aber man muss Geduld haben und an seine Sache glauben.

 

bm: Die heutige Nashville Szene wird im George Strait / Alan Jackson Duett Murder On Music Row treffend charakterisiert. Wohin entwickelt sich die Country Music Eurer Meinung nach?

VV: Sie verändert und erweitert sich. Aber es wird immer traditionelle Country Music geben. Dafür haben die neuen Stars viel neues Publikum angezogen, das sich sonst nie für Country interessiert hätte. Und irgendwann landen auch die bei George Jones’ Songs.

CR: Man darf sicher sagen, dass Nashville heute vorgibt, was erfolgreich zu sein hat. Die Country Music geht heute durch ähnliche Veränderungen wie die Börse. Und wie bei den Aktien wird sich hoffentlich ein Teil der Old Economy durchsetzen. Man muss auch sehen, dass die Industrie mit den neuen, breit gestreuten Musikstilen versucht, ihre Jobs zu retten.

 

bm: Wann habt Ihr Euch entschieden, zusammen aufzutreten und wie kam es zu der Entscheidung?

VV: Wir haben uns vor einiger Zeit im Cafe Milano in Nashville getroffen. Irgendwie haben wir uns gefunden, ohne uns zu suchen.

CR: Und das wollten wir Euch hier nicht vorenthalten. Als ich mit Albi Matter über dieses Jahr sprach, kamen wir auf Vicki zu sprechen und hier sind wir nun.

 

bm: Werdet Ihr die Zusammenarbeit aufrecht erhalten, wenn Ihr wieder zu Hause seid?

CR: Country Music ist Lifestyle, nicht nur Musik. Es geht darum, dass Du mit ähnlich denkenden Leuten zusammen arbeiten kannst. Vicki ist eine dieser Personen. Also ist die Antwort ein Ja.

VV: Trotzdem werden wir beide unsere Einzelkarrieren weiter verfolgen. Aber es wird eine intensive Zusammenarbeit bleiben. Vielleicht kommt mal ein Duett-Album dabei raus.

 

bm: Wenn Ihr nicht Eure eigenen Lieder interpretiert, worauf achtet Ihr bei der Auswahl von Coversongs?

VV: Mir ist die Story wichtig. Wie fühle ich mich, wenn ich den Song höre. Das entscheidet.

CR: Einverstanden. Entweder muss mir der Song etwas geben, oder ich muss spüren, dass er dem Publikum etwas geben wird.

 

bm: Nachdem was Ihr gerade gesagt habt, sind die Worte beim Songschreiben also wichtiger als die Musik?

VV: Wenn ich schreibe, kommen meistens erst die Worte, dann die Melodie.

CR: Stimmt schon, aber ganz kann man die Meldodie nicht ausser acht lassen. Wir haben festgestellt, dass viele Leute auch die Musik mögen, nicht nur die Worte. Es muss auch mal fetzen.

 

bm: Bitte vervollständigt den Satz: Meine Freunde mögen mich weil...

VV: Oh, Mann...

CR: Ich habe keine Freunde (lacht)... Mal sehen. Weil ich geduldig bin, weil ich für sie koche und weil ich ein Geheimnis für mich behalten kann.

VV: Weil ich all die guten Drinks in meiner Bar habe (Gelächter). Nein, wohl eher weil ich meinen Traum lebe und geduldig weiter arbeite. Das finden sie irgendwie cool.

 

bm: Nehmt an, Ihr findet Aladin’s Wunderlampe. Welche drei Wünsche habt ihr an den Geist?

CR: Erstens leben wir nicht nur für uns selber, also Friede. Musikalisch möchte ich den Vertrag, der mir erlaubt, das zu spielen was ich mag. Drittens Gesundheit für mich und meine Familie.

VV: Gelassenheit, Zufriedenheit und ebenfalls Gesundheit für Freunde und Familie.

 

bm: Nehmt weiter an, Ihr führt ein Interview mit Vicki Vann und Carl Ray. Welche Frage stellt Vicki an Carl und welche Frage stellt Carl an Vicki – von denen, die ich nicht gestellt habe?

VV: Carl, wo kaufst Du all Deine Hüte, die stehen Dir grossartig (Gelächter).

CR: Die Frau ist einfach verrückt. Ich kaufe Hüte, wo immer ich sie finde, selbst in der Schweiz habe ich schon welche erstanden. Ich würde Vicki fragen, was sie am liebsten kocht.

VV: Gumbo.

CR: Yeah, Louisiana, Du hast ja kreolische Wurzeln.

 

bm: Herzlichen Dank für dieses Gespräch.

CR: Danke ebenfalls. Besucht uns alle auf unseren Webseiten www.carlray.com und www.vickivann.com.