Sie sammelt Auszeichnungen wie andere Leute
Schallplatten. 25 Awards hat Rhonda Vincent in ihrer
Karriere bisher sowohl von der International Bluegrass
Music Association (IBMA) als auch von der Society for
Preservation of Bluegrass
Music in America (SPBGMA) erhalten. Und es werden weitere dazu kommen. Seit
1967 ist ihre Musik auf Tonträgern zu haben und in ihrer Band, The Rage, hat
sie vier Spitzenmusiker mit jahrzehntelanger Erfahrung um sich versammelt. Zwar
kamen alle Musiker zwischen 2000 (Audie Blaylock) und August 2002 (Mickey Harris) zu Rhonda, aber
diese Formation lässt nicht nur die Herzen von Bluegrass
Fans höher schlagen.
bm:
Rhonda, Du hast enorm viele Awards erhalten und das Wall
Street Journal bezeichnete Dich als New Queen of Bluegrass
Music. Was bedeuten solche Ehrungen und Titel für Dich persönlich?
RV: Sehr viel. Wir waren letztes Jahr
dreihundert Tage auf Tour. Wenn unsere Arbeit nach so viel Aufwand mit solchen
Auszeichnungen geehrt wird, bedeutet mir das ausserordentlich viel.
bm: Wayne
Taylor von Blue Highway hat mir 1998 in einem Interview erzählt, dass es
für einen erfolgreichen Bluegrass Künstler schon
erfreulich ist, wenn er von einem Album um die 30’000 Scheiben verkauft. Wie
hat sich das Geschäft seit damals entwickelt?
RV: Das ist immer noch ähnlich. Ich habe
gerade die 50’000er Grenze in den USA überschritten. Dies ist eine unglaubliche
Zahl, auf die ich auch sehr stolz bin.
bm: Warum
ist Bluegrass plötzlich auch ausserhalb der Szene
wieder so populär? Hat der Film O Brother Where
Art Thou soviel zum Bluegrass
Revival beigetragen?
RV: Der Film hat sehr viel geholfen. Aber
der grösste Faktor in der Verbreitung der Bluegrass
Music, der Musik überhaupt, ist sicher das Internet. Wir können in der ganzen
Welt mit Musik-Liebhabern kommunizieren und viele finden über das Netz den Weg
zu neuen Stilrichtungen – auch zu Bluegrass. Die
Leute scheinen sich wieder mehr für authentische Musik zu interessieren.
bm:
Welchen Song würdest Du spielen, wenn Du all Deine Talente dem Publikum zeigen
möchtest?
RV: Wir strukturieren die Show so, dass
jeder seine Fähigkeiten zeigen kann. Für mich kann ich keinen einzelnen Song
nennen. Bei den einen spiele ich Gitarre, dann Mandoline oder Fiddle und zudem singe ich. Also kaum machbar, die Talente
in einen Song zu packen.
bm: Man
sagt, Du eröffnest Deine Shows jeweils mit dem Song Cry
Of The Whippoorwill. Dies ist ein nachtaktiver
Vogel. Gibt es dafür einen Grund, ausser dass Musiker auch „Nachtvögel“ sind?
RV: Vielleicht (lacht). Eigentlich weil es
ein schöner Song ist. Mir fiel er ein, als ich im Auto unterwegs war. Wie ich
das geschafft habe, weiss ich bis heute nicht – mit einer Hand am Steuer, der
andern am Handy und singend...
bm: Was
geht in Dir vor, wenn Du zum ersten Mal in einem unbekannten Land auf der Bühne
stehst und auf die Leute herab schaust?
RV: Ich hoffe, dass sie Englisch verstehen.
(lacht).
bm: Was
ist das Wildeste, das Dir auf all Deinen Tourneen passiert ist? Mal abgesehen
von Deinem Bandscheibenproblem im Jahr 2001 oder dem Feuer in Eurem Tourbus am
11. Januar dieses Jahres?
RV: Das Wildeste weiss ich nicht, aber das
Schlimmste. Es war im Mai 2000. Die gesamte Bühnenbeleuchtung brach über uns
zusammen. Diese riesigen Scheinwerfer aufgehängt an ihren Stahlstreben, einfach
alles. Es begann damit, dass ein Scheinwerfer ins Schwingen geriet, was wir
aber nicht bemerkten. Dann knallte das Ding samt Aufhängung herunter und traf Audie am Rücken. Der Rest der Beleuchtungsanlage brach auch
zusammen, und ein Teil des Gerüsts traf mich am Hinterkopf. Das Resultat war
eine Gehirnerschütterung sowie andere Blessuren und ein Spitalaufenthalt. Das
war wohl das dramatischste Erlebnis.
bm: Ronnie
Bowman von der Lonesome River Band erzählte
mir einmal, dass sie ihre Songs durch Fehler machen aussuchen. Wie suchst Du
Deine Lieder für CD-Produktionen aus?
RV: Ich glaube, Ronnie hat recht. Ich habe
gerade meine neue CD fertig gestellt (Anm: kommt am
29. April), und auch ich probiere Songs gerne am Live-Publikum aus, bevor ich
sie für eine CD aufnehme. Wir haben zum Beispiel einen neuen Gospelsong, Fishers
Of Men, und bevor ich den aufnahm, spielte ich ihn einige Male live. Die
Leute waren ganz verrückt danach, also entschied ich mich für die Aufnahme.
bm: Du
hast auf allen renommierten Festivals gespielt und mit den meisten Legenden
auch. Gibt es trotzdem noch einen Anlass bei dem Du auftreten oder einen
Künstler, mit dem Du die Bühne teilen möchtest?
RV: Ich würde sehr gerne ein Duett mit Ricky
Skaggs aufnehmen, das würde ich wirklich
gern...kannst Du uns zusammen bringen? (lacht).
bm: Er
sollte eigentlich von selber drauf kommen (Gelächter).
RV: Ja, mein Bruder
spielt ja schliesslich bei ihm in der Band.
bm: Nehmen
wir an, Du findest Aladin’s Wunderlampe und der Geist
gewährt Dir drei Wünsche. Welche wären das?
RV: Gesundheit und Zufriedenheit für mich
und meine Familie. Erfolg bei meinen Projekten. Und sicher auch gute Freunde.
Die sind sehr wichtig. Egal wo Du bist auf der Welt, das Gras, die Felsen und
Flüsse, alles ist gleich. Es sind die Menschen, die einen Ort zu etwas
Speziellem machen.
bm: Wenn
Du ein Interview mit Rhonda Vincent führen könntest, welche Frage stellst Du
ihr, die ich nicht gestellt habe?
RV: (lacht) Was stellst Du für Fragen...,
ach so, ich soll ja mich fragen, nicht Dich. Vielleicht würde ich mich fragen,
was ich zuhause am liebsten anziehe. Das ist etwas, das ich niemals jemandem
erzähle. Meine Familie weiss es zwar, aber wir haben so was wie ein
Stillschweige-Abkommen getroffen.
bm: Damit
hast Du die Antwort gleich selber gegeben, ein guter Schlusspunkt. Jetzt können
die Fans beginnen mit Raten. Herzlichen Dank für das Gespräch.