Im Alter von 67 Jahren kann Gene Watson, geboren in Palestine, Texas, auf eine vier Jahrzehnte umspannende Karriere zurück blicken. Momentan befindet er sich bereits im fünften Jahrzehnt und ist gefragt wie nie. Sein musikalisches Vermächtnis beinhaltet sechs Nummer-1-Hits und über zwanzig in den Top-10. Sein erstes Album für ein grosses Plattenlabel war Love In The Hot Afternoon, 1975. Sein aktuelles Album, A Taste Of The Truth, entstand 2009. Andere Country Musik Künstler haben zahlreiche seiner Songs aufgenommen und er absolviert nach wie vor rund 150 Auftritte pro Jahr. Gene Watson ist eine der echten Texas Music Legenden.
Anlässlich seines Auftritts im LanTex Theater in Llano, Texas, habe ich mit ihm gesprochen.
BM: Gene, du hast so vieles erreicht in deiner Karriere, es ist kaum zu glauben, dass du all diesen Erfolg nie geplant haben sollst, seit du Anfangs der 70er Jahre losgelegt hast.
GW: Aber das ist wirklich so. Wir wuchsen in einer Arbeiterfamilie auf. Mein Vater fuhr quer durchs Land, um Arbeit zu finden, und unsern Lebensunterhalt wo und wie auch immer zu verdienen. Natürlich hörte ich Musik und auch meine Familie mochte Musik sehr. Ich war immer angetan von der traditionellen Country Musik, aber vor allem mochte ich Autos. Seit früher Jugend war alles, was ich jemals machen wollte, an Autos zu arbeiten. Eine Band zu gründen war eher ein Nebeneffekt. Die Leute mochten uns, und so spielten wir in lokalen Clubs und Kneipen. Aber es war nie die Idee, das professionell zu machen und davon zu leben. Ich sage immer, ich habe die Musik nicht gesucht, sie hat mich gefunden.
BM: Du arbeitest immer noch an Autos und hast deine eigene Garage. Im 2009 hast du mit einem Freund an dessen Hot Rod gearbeitet. Ich nehme an, dieses Projekt ist fertig. Gibt's ein anderes Auto, woran du gerade arbeitest?
GW: Stimt, das mit den Autos. Aber im Moment habe ich kein Projekt in meiner Garage. Ich habe im Moment fast keine Zeit, mich um Autos zu kümmern. So verrückt wie es klingen mag, aber wir sind momentan gefragter als vor zehn Jahren. Also verbringe ich die meiste Zeit mit Musik. Aber das ist gut so. Auch ich merke, dass ich älter werde, folglich will ich so lange spielen können, wie es die Fans wünschen und uns sehen wollen. All diese vollbesetzten Häuser sind der lebende Beweis dafür, dass es noch jede Menge Fans traditioneller Country Musik gibt.
BM: Mit fast fünf Jahrzehnten Erfahrung im Musikgeschäft, was würdest du ambitionierten Jung-Künstlern raten, die sich profilieren wollen?
GW: Was es vor allem braucht ist Hartnäckigkeit und viel, viel Arbeit. Du musst 120% von dem überzeugt sein, was du machst. Weisst du, als ich anfing ging's nur um Talent und darum, dass dich die richtigen Leute sehen und hören. Vielleicht ist das heute noch so, auch wenn das mit dem Erfolg heute schneller gehen mag. Für jeden guten Sänger oder jede gute Sängerin gibt es einige, die in der Country Music eigentlich fehl am Platz sind. Also überlege gut, ob es wirklich das ist, was du willst. Es ist nicht all zu gemütlich, wochenlang in einem Bus zu leben. Also musst du wirklich sicher sein, dass du das durchstehen willst.
BM: Ich weiss, dass du Vince Gill als einen der Grössten Songschreiber und Sänger siehst. Gibt es sonst jemanden, mit dem du gerne mal die Bühne teilen würdest?
GW: Schwer zu sagen. Ich habe wirklich schon mit sehr vielen meiner Idole spielen dürfen. Es ist sehr beruhigend zu wissen, dass diese Leute auch mit mir spielen wollen (lacht). Wenn wir Aufnahmen machen, kann ich auf eine Truppe ausgezeichneter Studiomusiker zurück greifen und ich habe einige der besten Musiker dieses Geschäfts in meiner Band, The Farewell Party Band. Wenn es darum geht, Sänger oder Sängerinnen auszuwählen, überlege ich mir, wer wohl am besten zum jeweiligen Song passen würde. Zum Beispiel, als wir mein letztes Album, A Taste Of The Truth, zusammen stellten, hatte ich dieses grossartige Duett, Staying Together. Also rief ich Rhonda Vincent an, und fragte sie, ob sie ins Studio kommen und den Song mit mir aufnehmen wolle. Wir hatten bereits ein sehr erfolgreiches Duett auf meinem letzten Album, also dachte ich mir, dass es cool wäre, sie wieder dabei zu haben. Und Rhonda sagte zu. Ich bin sehr stolz, dass auch dieses Duett sehr gut ankommt. Weisst du, es war nicht einfach für mich, mich den Bluegrass Fans zu präsentieren. Aber durch die Auftritte mit Rhonda muss ich sagen, dass dieses Publikum sehr offen ist, und mich wunderbar akzeptiert hat. Ich habe sehr viel Spass bei den Auftritten mit ihr, so werden wir auch bald wieder, ende des Monats einen gemeinsamen Auftritt haben.
BM: Du sagtest ja, du wolltest nie ein Star sein, einfach ein guter Kumpel. Aber mit all deinem Erfolg kommen auch Star-Verpflichtungen. Wie gehst du damit um?
GW: Nun, ich lebe immer noch in Texas, während mein Management in Nashville sitzt und von dort aus alles koordiniert. Sie versuchen, mich nicht all zu sehr mit Details zu belästigen. Folglich bin ich auch nicht stark in die ganze Planung involviert. Aber ich versuche, Job und Privates zu trennen, vielleicht habe ich zwei Persönlichkeiten in mir. Wenn ich den Tourbus besteige, bin ich 100% Musiker. Nichts anderes ist in meinem Kopf, als versuchen, noch besser zu sein, als bei der letzten Show. Aber wenn ich dann am Ende der Tour wieder aussteige, will ich von Musik absolut nichts mehr wissen. Ich will mich ausruhen oder in meiner Garage arbeiten, bis ich das nächste Mal auf Tour gehe.
BM: Wenn du einen Moment in deinem Leben nochmals durchleben könntest, welcher wäre das?
GW: Das wäre der Moment, als ich zum ersten Mal in der Grand Ole Opry auftrat. Die Wilburn Brothers hatten das arrangiert. Ich sollte einen Song singen. Am Ende bekam ich stehenden Applaus und musste noch eine Zugabe bringen. Dies ist definitiv einer der Momente, die ich nie vergessen werde.
BM: Dein musikalisches Vermächtnis wird noch viele Jahrzehnte lang bestehen bleiben. Was wünschst du, dass die Leute heute in fünfzig Jahren über Gene Watson oder seine Musik sagen?
GW: Vor allem hoffe ich, dass sie mich als netten Kerl in Erinnerung haben. Vergiss nie, dass die Leute, welche dich die Erfolgsleiter hochsteigen sehen, dieselben sind, welche zuschauen, wenn du wieder runter kommst. Also sei nett und höflich und kenne deine Fans. Du musst Zeit mit ihnen vebringen und darauf hören, was sie von dir wollen. Und so lange uns die Leute sehen und hören wollen - und ich gesund genug bin, um ihnen eine gute Show zu bieten - will ich ihnen geben, was sie haben wollen.
BM: Gibt es einen Song, den du abgewiesen und das später bereut hast?
GW: Nein.
BM: Wenn du ein Interview mit Gene Watson führen würdest, welche Frage stellst du ihm, die ich nicht gestellt habe?
GW: Was gibt Gene Watson die notwendige Energie? Und die Antwort ist: Es ist das Publikum. Wenn du auf der Bühne einen Song anstimmst und siehst, wie sich die Gesichter der Leute aufhellen und wie sie vom ersten Ton an mitklatschen, dann gibt dir das die Energie, die du brauchst. Es dreht sich wirklich alles um die Fans.
BM: Vielen Dank für dieses Interview.