Interview mit K.C. Williams

© March 2005 / Bruno Michel

 

Beim Soundcheck von K.C. Williams hatten wir Angst, die Albisgütli Bühne sei zu klein. Gleich sieben Begleitmusiker standen neben und hinter K.C. In Europa tritt er mit seiner Band aus Deutschland auf, die sein Freund, Chris Maldener, für K.C.’s Europa-Auftritte zusammen gestellt hat. Zu Hause in den USA spielt K.C. Williams sogar mit neunköpfiger Band. Erwartete uns da etwa orchestrale Country Music, wie sie in den späten 60er und frühen 70er Jahren üblich war? Nichts da. Erstklassiger Honky Tonk Sound, eigene Lieder und Coversongs vom Feinsten. Dazu ein Frontmann, der einige sehr subtile Aussagen zum Thema Country Music von sich gab. Mit von der Partie beim Interview war David Bolli (DB) von Radio Munot.

 

bm: K.C., Du hast in den vergangenen Jahren mehrere Auszeichnungen erhalten. Was bedeutet diese Anerkennung für dich persönlich?

KCW: Es macht mich stolz, dass die Leute meine Musik mögen, speziell weil ich traditionellen Country spiele. Für mich sind alle Auszeichnungen gleich wichtig, ob klein oder gross. Es zeigt mir, dass meine Arbeit geschätzt wird. Aber keine Auszeichnung ist so speziell wie diejenige, die ich vom Publikum bekomme, dem meine Musik gefällt.

 

bm: Du spielst viel in Europa. Wie unterscheidet sich das Publikum hier vom amerikanischen?
KCW: Die Künstler sind in Europa grosse Perfektionisten, das gefällt mir. In den USA triffst du Leute, die meinen, sie müssten sich nicht weiter entwickeln. Hier wollen sie ihre Künste perfektionieren. Ich mag das.

bm: Aber siehst du auch Unterschiede beim Publikum?
KCW: Nein, überhaupt nicht. Country Music wird überall auf der Welt geliebt. Von den Fans hier genauso, wie zu Hause. Die Fans lassen dich wissen, ob sie mögen, was du auf der Bühne tust, oder nicht. Die Country Fans sind ein ehrliches Volk. Genauso, wie diese Musik.

 

bm: Tim McGraw war einer der ersten, die dein Talent entdeckt haben. Welche anderen Personen waren für deine Karriere noch wichtig?
KCW: Nun, sicher mein Bruder. Mein Vater starb, bevor ich geboren wurde und wir waren vierzehn Kinder zu Hause. Mein Bruder hat mich immer motiviert, weiter zu machen. Obwohl ich der einzige in der Familie war, den es zur Country Music zog. Dann meine Musiklehrerin in der Schule. Sie hat ebenfalls an mich geglaubt. Von den Künstlern definitiv Charley Pride. Er hat grossen Einfluss auf mich und meine Musik. Als Country noch nicht cool war, habe ich in der Schule meine Gitarre mit mir rumgeschleppt und wurde für meine Musik ausgelacht. Das hat weh getan, aber ich sehe Country als Lifestyle und K.C. Williams wird nie Pop machen, ich bleibe bei dieser Musik.

 

bm: Die heutige Industrie macht es einem traditionellen Künstler schwer. Verkauf zuwenig, und du fliegst raus. Was bringt dich dazu, deinen Weg weiter zu gehen?
KCW: Mich interessieren die Leute im Publikum mehr als die Plattenindustrie. Die Firmen wollen dir diktieren, was du tun sollst. Die sollten die Fans entscheiden lassen, was sie hören wollen. Dies wäre ein Riesenschritt vorwärts für die Country Music.

 

bm: Das selbe Problem haben wir doch auch bei den Radiostationen. Die sind auch nicht mehr frei in ihren Entscheidungen, was sie spielen wollen…

KCW: …genau. Wir brauchen wieder Radiosender, wo die Künstler hingehen und live auftreten, wie früher bei WSM Radio. Es ist eine Beleidigung, den Leuten vorzuschreiben, was sie hören sollen. Glaubst du, jemand, der mit harter Arbeit auf einer Farm aufgewachsen ist und Country Music mag, will irgend einen Jungstar hören, der über Dinge singt, von denen er noch gar nichts verstehen kann? Sicher nicht. Du musst das Thema leben, es muss in deinem Innern sein. Ich lebe Country und zwar, bis ich sterbe.

 

bm: Wenn du deine Autobiografie schreiben würdest, was wäre der Titel?
KCW: (wirkt fast besinnlich) Reaching For The Moon. Mit dem Untertitel: If I Don’t Reach The Moon, At Least I’ll Be Amongst The Stars (Anm: schwierig zu übersetzen, etwa: Nach dem Mond greifen und falls ich das nicht schaffe, bin ich doch ein Stern unter vielen.)

 

bm: Garth Brooks meinte einmal, dass ein Song eine 3-Minuten-Gelegenheit ist, eine Botschaft zu vermitteln. Welche Botschaft willst du dem Publikum vermitteln?

KCW: Meine Botschaft ist, lass die Country Music Leute wie dich und mich zusammen bringen. Was unterscheidet uns denn, ausser dass zwischen uns ein Ozean liegt? Du bist mein Bruder durch die Musik. Wenn ich dein Leben mit meiner Musik etwas aufheitern kann, dann habe ich mein Ziel erreicht. Es geht darum, die Leute zusammen zu bringen. Mein Motto ist: Lass uns die Hautfarbe vergessen und das Land vereinen. So lebe ich und so werde ich sterben. Ich bin sehr emotional bei diesem Thema.

 

bm: Eine ausgezeichnete Botschaft. Die Industrie sollte sie hören.

KCW: Genau. Man kann nichts mit ins Jenseits nehmen. Geld bedeutet am Ende gar nichts. Du musst das wahre Leben darstellen und die Leute berühren. Was haben die jungen Künstler davon, wenn sie Lieder interpretieren müssen, von denen sie nichts verstehen, damit Geld machen und letztlich doch wieder fallen gelassen werden? Was sollen sie danach tun? Die Industrie sollte die Künstler unterstützen, nicht manipulieren. Wir lassen das Publikum entscheiden, ob wir Erfolg haben. Und bleiben, wie wir sind.

 

bm: In letzter Zeit erhalten Duette wieder mehr Stellenwert. Wer wäre dein bevorzugter Duett Partner?

KCW: Ich liebe Alison Krauss. Sie hat eine solch tolle Stimme. Und Martina McBride.

 

bm: Das sind zwei recht unterschiedliche Beispiele. Die eine nur der Musik verpflichtet, die andere durchaus auch im Mainstream und Pop Sektor einzuordnen. Wie passt das in deine Philosophie? Ist es wegen der Stimme?

KCW: Richtig. Nimm als Beispiel Faith Hill. Eine ausgezeichnete Sängerin, die ebenfalls Richtung Pop ging. Aber als sie noch Country Music sang, Mann, was für ein Erlebnis. Faith steht zu ihren Popsongs. Die Leute wollen sie zurück in der Country Sparte sehen, aber das Label will von ihr das, was sich am Besten verkauft. Was soll sie tun? Schliesslich will sie ihren Job behalten. Tim und Faith sind wirklich gute Freunde von mir und echt nette Leute. Tim hat mich entdeckt, wofür ich ihm dankbar bin. Vielleicht konnte ich ein bisschen mithelfen, dass er nun wieder Country Music macht. Wir haben oft zusammen über dieses Thema gesprochen.

 

bm: Welche Redewendung benutzt du wieder und wieder?

KCW: Lass uns die Hautfarbe vergessen und das Land vereinen (lacht).

 

bm: Nimm an, du findest Aladin’s Wunderlampe. Welche drei Wünsche hast du an den Flaschengeist?
KCW: Oh mein Gott. Erstens: Frieden auf der Welt, wirklichen Frieden. Zweitens, die Gabe, Leute so zu behandeln, wie ich behandelt werden möchte. Nett und freundlich.  Und drittens (lacht), möchte ich ein bisschen Geld verdienen.

 

bm: Wenn du K.C. Williams interviewen würdest, welche Frage stellst du ihm, die ich nicht gestellt habe?
KCW: Warum wollen die grossen Plattenfirmen keine puren Country Künstler unter Vertrag nehmen. Und die Antwort, so glaube ich: Die haben Angst. Angst davor, zuzugeben, dass es ein Fehler war, die Country Musik zu verdrängen zugunsten der Verkaufszahlen. Country ist die Musik des Volkes. Vielleicht kommen sie eines Tages auf ihren Entscheid zurück.

 

bm: Genau darüber diskutiere ich immer mit meinem Freund David, dem Radiomann. Warum spielen die Radios ausschliesslich diese Nashville Produktionen.

DB: Da gibt es schon einen Grund. Wir können nur spielen, was wir bekommen. Und die grossen Firmen beliefern uns nun mal häufiger als die andern in guter Qualität.

KCW: Ich bin froh, dass du als Radiomann so denkst. Das ist genau der Punkt. Ich sage dir: Egal was du bekommst, schmeiss es in den CD Player. Die Hörer lassen dich schon wissen, ob sie es mögen oder nicht. Irgendwann im Leben möchte ich eine grosse Radiostation besitzen und die wirklichen Country Musiker unterstützen, in dem ich sie am Radio spiele.

 

bm: Wir wünschen dir, dass du dieses Ziel erreichst. Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch.

KCW: Ich bedanke mich. Sorry, dass ich fast deine ganze Minidisc gefüllt habe mit meinen Antworten (lacht).