Interview mit
Beim Soundcheck von K.C. Williams hatten
wir Angst, die Albisgütli Bühne sei zu klein. Gleich
sieben Begleitmusiker standen neben und
hinter K.C. In Europa tritt er mit seiner Band aus Deutschland auf, die sein
Freund, Chris Maldener, für K.C.’s
Europa-Auftritte zusammen gestellt hat. Zu Hause
in den USA spielt K.C. Williams sogar mit neunköpfiger Band. Erwartete uns
da etwa orchestrale Country Music, wie sie in den späten 60er und frühen 70er
Jahren üblich war? Nichts da. Erstklassiger Honky Tonk Sound, eigene Lieder
und Coversongs vom Feinsten. Dazu ein Frontmann, der einige sehr subtile Aussagen
zum Thema Country Music von sich gab. Mit von der Partie beim Interview war
bm: K.C., Du hast in den vergangenen Jahren mehrere Auszeichnungen
erhalten. Was bedeutet diese Anerkennung für dich persönlich?
KCW: Es macht mich stolz,
dass die Leute meine Musik mögen, speziell weil ich traditionellen Country
spiele. Für mich sind alle Auszeichnungen gleich wichtig, ob klein oder gross. Es zeigt mir, dass meine Arbeit geschätzt wird. Aber
keine Auszeichnung ist so speziell wie diejenige, die ich vom Publikum bekomme,
dem meine Musik gefällt.
bm: Du spielst
viel in Europa. Wie unterscheidet sich das Publikum hier vom amerikanischen?
KCW:
Die Künstler sind in Europa grosse Perfektionisten, das gefällt mir. In den USA triffst
du Leute, die meinen, sie müssten sich nicht weiter entwickeln. Hier wollen
sie ihre Künste perfektionieren. Ich mag das.
bm: Aber
siehst du auch Unterschiede beim Publikum?
KCW: Nein, überhaupt nicht. Country Music
wird überall auf der Welt geliebt. Von den Fans hier genauso, wie zu Hause. Die
Fans lassen dich wissen, ob sie mögen, was du auf der Bühne tust, oder nicht.
Die Country Fans sind ein ehrliches Volk. Genauso, wie diese Musik.
bm: Tim McGraw
war einer der ersten, die dein Talent entdeckt haben. Welche anderen Personen
waren für deine Karriere noch wichtig?
KCW: Nun, sicher mein Bruder. Mein Vater
starb, bevor ich geboren wurde und wir waren vierzehn Kinder zu Hause. Mein
Bruder hat mich immer motiviert, weiter zu machen. Obwohl ich der einzige
in der Familie war, den es zur Country Music zog. Dann meine Musiklehrerin
in der Schule. Sie hat ebenfalls an mich geglaubt. Von den Künstlern definitiv
Charley Pride. Er hat grossen
Einfluss auf mich und meine Musik. Als Country noch nicht cool war, habe ich
in der Schule meine Gitarre mit mir rumgeschleppt und wurde für meine Musik
ausgelacht. Das hat weh getan, aber ich sehe Country
als Lifestyle und
bm: Die
heutige Industrie macht es einem traditionellen Künstler schwer. Verkauf
zuwenig, und du fliegst raus. Was bringt dich dazu, deinen Weg weiter zu gehen?
KCW: Mich interessieren die Leute im
Publikum mehr als die Plattenindustrie. Die Firmen wollen dir diktieren, was du
tun sollst. Die sollten die Fans entscheiden lassen, was sie hören wollen. Dies
wäre ein Riesenschritt vorwärts für die Country Music.
bm: Das selbe Problem haben wir doch auch bei den Radiostationen.
Die sind auch nicht mehr frei in ihren Entscheidungen, was sie spielen wollen…
KCW: …genau. Wir brauchen
wieder Radiosender, wo die Künstler hingehen und live auftreten, wie früher
bei WSM Radio. Es ist eine Beleidigung, den Leuten vorzuschreiben, was sie
hören sollen. Glaubst du, jemand, der mit harter Arbeit auf einer Farm aufgewachsen
ist und Country Music mag, will irgend einen Jungstar
hören, der über Dinge singt, von denen er noch gar nichts verstehen kann?
Sicher nicht. Du musst das Thema leben, es muss in deinem Innern sein. Ich
lebe Country und zwar, bis ich sterbe.
bm: Wenn du
deine Autobiografie schreiben würdest, was wäre der Titel?
KCW: (wirkt fast besinnlich) Reaching For The Moon. Mit dem Untertitel: If I Don’t Reach
The Moon, At Least I’ll Be Amongst
The Stars (Anm: schwierig zu übersetzen, etwa: Nach
dem Mond greifen und falls ich das nicht schaffe, bin ich doch ein Stern unter
vielen.)
bm: Garth Brooks
meinte einmal, dass ein Song eine 3-Minuten-Gelegenheit ist, eine Botschaft
zu vermitteln. Welche
Botschaft willst du dem Publikum vermitteln?
KCW: Meine Botschaft ist,
lass die Country Music Leute wie dich und mich zusammen bringen. Was
unterscheidet uns denn, ausser dass zwischen uns ein
Ozean liegt? Du bist mein Bruder durch die Musik. Wenn ich dein Leben mit
meiner Musik etwas aufheitern kann, dann habe ich mein Ziel erreicht. Es geht
darum, die Leute zusammen zu bringen. Mein Motto ist: Lass uns die Hautfarbe
vergessen und das Land vereinen. So lebe ich und so werde ich sterben. Ich bin
sehr emotional bei diesem Thema.
bm: Eine
ausgezeichnete Botschaft. Die Industrie sollte sie hören.
KCW: Genau. Man kann
nichts mit ins Jenseits nehmen. Geld bedeutet am Ende gar nichts. Du musst das
wahre Leben darstellen und die Leute berühren. Was haben die jungen Künstler
davon, wenn sie Lieder interpretieren müssen, von denen sie nichts verstehen,
damit Geld machen und letztlich doch wieder fallen gelassen werden? Was sollen
sie danach tun? Die Industrie sollte die Künstler unterstützen, nicht
manipulieren. Wir lassen das Publikum entscheiden, ob wir Erfolg haben. Und
bleiben, wie wir sind.
bm: In letzter
Zeit erhalten Duette wieder mehr Stellenwert. Wer wäre dein bevorzugter Duett Partner?
KCW: Ich liebe Alison
Krauss. Sie hat eine solch tolle Stimme. Und Martina McBride.
bm: Das sind
zwei recht unterschiedliche Beispiele. Die eine nur der Musik verpflichtet,
die andere durchaus auch im Mainstream und Pop Sektor
einzuordnen. Wie passt das in deine Philosophie? Ist es wegen der Stimme?
KCW: Richtig. Nimm als
Beispiel Faith Hill. Eine ausgezeichnete Sängerin,
die ebenfalls Richtung Pop ging. Aber als sie noch Country Music sang, Mann,
was für ein Erlebnis. Faith steht zu ihren Popsongs.
Die Leute wollen sie zurück in der Country Sparte sehen, aber das Label will
von ihr das, was sich am Besten verkauft. Was soll sie tun? Schliesslich
will sie ihren Job behalten. Tim und Faith sind
wirklich gute Freunde von mir und echt nette Leute. Tim hat mich entdeckt,
wofür ich ihm dankbar bin. Vielleicht konnte ich ein bisschen mithelfen, dass
er nun wieder Country Music macht. Wir haben oft zusammen über dieses Thema
gesprochen.
bm: Welche Redewendung
benutzt du wieder und wieder?
KCW: Lass uns die
Hautfarbe vergessen und das Land vereinen (lacht).
bm: Nimm an,
du findest Aladin’s Wunderlampe. Welche drei Wünsche
hast du an den Flaschengeist?
KCW: Oh mein Gott. Erstens: Frieden auf
der Welt, wirklichen Frieden. Zweitens, die Gabe, Leute so zu behandeln, wie
ich behandelt werden möchte. Nett und freundlich.
Und drittens (lacht), möchte ich ein bisschen Geld verdienen.
bm: Wenn du
KCW: Warum wollen die grossen
Plattenfirmen keine puren Country Künstler unter Vertrag nehmen. Und die
Antwort, so glaube ich: Die haben Angst. Angst davor, zuzugeben, dass es ein
Fehler war, die Country Musik zu verdrängen zugunsten der Verkaufszahlen.
Country ist die Musik des Volkes. Vielleicht kommen sie eines Tages auf ihren
Entscheid zurück.
bm: Genau
darüber diskutiere ich immer mit meinem Freund David, dem Radiomann. Warum
spielen die Radios ausschliesslich diese Nashville
Produktionen.
DB: Da gibt
es schon einen Grund. Wir können nur spielen, was wir bekommen. Und die grossen
Firmen beliefern uns nun mal häufiger als die andern in guter Qualität.
KCW: Ich bin froh, dass
du als Radiomann so denkst. Das ist genau der Punkt. Ich sage dir: Egal was
du bekommst, schmeiss es in den CD Player.
Die Hörer lassen dich schon wissen, ob sie es mögen oder nicht. Irgendwann
im Leben möchte ich eine grosse Radiostation besitzen
und die wirklichen Country Musiker unterstützen, in dem ich sie am Radio spiele.
bm: Wir
wünschen dir, dass du dieses Ziel erreichst. Herzlichen Dank für das sehr
interessante Gespräch.
KCW: Ich bedanke mich. Sorry, dass ich fast deine ganze Minidisc
gefüllt habe mit meinen Antworten (lacht).