Vorschau 20. Internationales Country Music Festival Albisgütli

© December 2003 / Bruno Michel

 

Jedes Jahr um diese Zeit stellen sich mir die gleichen Fragen. Welche Künstler soll ich am Albisgütli Festival zum Interview einladen? Von wem wollen die Leser diesmal mehr wissen? Die Auswahl gestaltet sich immer schwierig und kann nie allen Interessen gerecht werden. Schön wäre es natürlich, von allen fast fünfzig Bands, die an diesem Mega Festival auftreten, mehr zu erfahren. Aber erstens würde solches Tun das Newsletter Format sprengen und zweitens ist es immer auch eine Frage der Zeit – sowohl für die Künstler, als auch für mich selber.

 

Also picke ich wieder jene Artisten heraus, von denen man hier zu Lande noch etwas weniger weiss. Geplant für die nächsten Ausgaben sind Gespräche mit Rosanne Cash, Deborah Allen, John Carter Cash, Albert Lee & Hogan’s Heroes sowie der Bluegrass Band Wildfire. Damit die Leser dieses Magazins möglichst zahlreich zu den Autritten ins Albisgütli kommen, stelle ich hier diese Acts kurz vor.

 

Der Tod ihres Vaters, der 2003 post mortem noch CMA Awards im Multipack abholte, hat Rosanne Cash wieder vermehrt ins Rampenlicht gerückt. Sie begann ihre Plattenkarriere 1979 mit dem Album Right Or Wrong. Es folgten zehn weitere Alben und zahllose Gastauftritte auf Produktionen anderer Künstler, z.B. bei Ex Partner Rodney Crowell, bei Vince Gill, Guy Clark oder Daddy Johnny Cash. Ihr aktuelles Album, Rules Of Travel, an dem sie fünf Jahre lang gearbeitet hat, kam im März 2003 auf den Markt. Sie gewann 1985 den Grammy als Best Female Country Vocal Performance und ist seit 1995 auch als Buchautorin bekannt. Sowohl ihr erstes Werk, Bodies Of Water, als auch das Kinderbuch Penelope Jane: A Fairy Tale, fand gute Kritiken. Ihre Kurzgeschichten und Essays erschienen zudem in der New York Times, dem Rolling Stone Magazin und anderen Publikationen. Durch ein medizinisches Problem verlor sie vor einigen Jahren die Fähigkeit zu singen. Rosanne: „Erst war ich gar nicht beunruhigt, weil ich schwanger war. Mir war das Baby und dessen Pflege wichtiger, als meine Stimme. Gegen Ende des Jahres 2000 merkte ich, dass ich wieder einige Töne halten konnte und begann, die Stimme mit Hilfe einer Therapeutin wieder zu trainieren“ Viele Kritiker sehen Rosanne’s aktuelles Album als das Beste ihrer Karriere. Zwei Auftritte am 19. und 21. März, die man also nicht verpassen sollte.

 

Jene Fans, die Deborah Allen letztes Jahr in Interlaken erlebt haben, werden garantiert am 9. und 10. März ins Albisgütli pilgern. Die früher eher zurückhaltende Songwriterin hat sich in den letzten Jahren zunehmend zu einem Show Act entwickelt, deren Bühnenpräsenz und Publikumsnähe nichts zu wünschen übrig lässt. Zu hoffen ist, dass sie dieses Mal vermehrt ihre eigenen Songs bringt und sich weniger auf die vielen – allerdings ebenfalls gekonnt interpretierten – Coverversionen anderer Künstler versteift. Deborah zog im Alter von 18 Jahren und mit einem gutgefüllten Rucksack voller Talent nach Nashville. Nach einem zweijährigen Abstecher nach Los Angeles, wo sie in TV Serien für Regisseur Jim Stafford spielte, ging es zurück nach Nashville. Dort wurden Firmen wie RCA oder Capitol Records auf sie aufmerksam. Bei RCA entstanden die nachträglich bespielten Duette mit Jim Reeves und ihr erstes Album für Capitol, Trouble In Paradise, erhielt beste Kritiken. Sie hat bis heute über 1000 Songs veröffentlicht, viele davon wurden von anderen Künstlern aufgenommen: LeAnn Rimes, Janie Frickie, Mary Griffin, Barbara Mandrell, Loretta Lynn oder Tammy Wynette sind nur einige Namen aus der Liste der Liebhaber von Deborah Allen Songs.

 

Wie passen Led Zeppelin und AC/DC zu Willie Nelson und Waylon Jennings? Keine Ahnung, aber in der Plattensammlung von John Carter Cash findet sich genau diese Vielfalt von Musikrichtungen und genau so vielfältig hört sich auch seine Musik über all die Jahre an. Da er viel mit seinen Eltern herum reiste, wurde er lange Zeit kritisiert, kein eigenständiger Künstler zu sein. Mit 19 Jahren begann er, mit seiner eigenen Band aufzutreten und spielte 1989 live bei Willie Nelson’s Farm Aid Anlass. Touren mit der Johnny Cash Show brachten ihn durch die Jahre. Er produzierte 1998 eine CD für seine Mutter, June Carter Cash und erhielt dafür einen Grammy Award. Auch für einen von ihm für seinen Vater, Johnny Cash, produzierten Song auf der CD Timeless: A Tribute To Hank Williams gabs einen Grammy. Durch seine vielen Besuche in Europa schuf er sich vor allem in Deutschland ein grosses Netzwerk. So produzierte unter anderem eine Scheibe für Gunter Gabriel. Seit Juli 2000 ist er zudem mit Laura, die ebenfalls aus Deutschland stammt, verheiratet und tritt regelmässig mit ihr auf. Seine neueste Produktion, Bitter Harvest, ist im September 2003 bei AGR/Universal erschienen. John Carter Cash macht Musik, die seinem Herzen entspringt und trotz vielen Einflüssen sind seine Wurzeln und das Familienerbe spürbar geblieben. Am 20. Februar wird er sein Publikum auch hier überzeugen.

 

Er hat mit Grössen wie Eric Clapton, Jimmy Page, Emmylou Harris, Ricky Skaggs oder den Everly Brothers gespielt. Die Gitarrenkünste von Albert Lee sind weit herum bekannt und begehrt. Aber Albert Lee ist auch ein eigenständiger Künstler, der für seine vier Alben, zwei davon instrumental, Grammy Nominierungen erhielt. Am 28. Februar kann das Publikum den fünffachen Gewinner der Best Country Guitarist Auszeichnung, welche jährlich vom Guitar Player Magazine verliehen wird, im Albisgütli erleben. Seine Band, die Hogan’s Heroes bilden einen würdigen Rahmen für diesen Künstler. Gerry Hogan spielt unter anderem bei der 80er Jahre Rock Band Matchbox mit. Drummer Peter Baron ist hierzulande am ehesten aus der Zeit mit der Band SuperCountry bekannt. Er war in den 70er Jahren bei Marty Wilde’s Band, die sich später den Namen Fatso zulegte und mit der Ankunft von Gerry Hogan schliesslich zu Hogan’s Heroes wurde. Brian Hodgson hat bereits mit Kenny Rogers, ShakinStevens oder Matchbox Auftritte absolviert. Pete Wingfield schliesslich ist einer der begehrtesten Keyboarder der Szene. Er startete mit der 60er Jahre Bluesband Jellybread und tourte mit Van Morrison und den Hollies. Den Besucher erwartet also eine explosive Mischung ausgezeichneter Musiker, angeführt vom heissesten Country Gitarristen unserer Zeit.

 

Last but not least will ich hier über einen Flächenbrand informieren. Wo die amerikanische Bluegrass Formation Wildfire auch hinkommt, mit ihrem Spiel entfachen sie umgehend Feuer im Publikum. Nachdem sie in Dolly Parton’s Themenpark Dollywood die ganze Saison 2000 und 2001 als Hausband live aufgetreten sind, wurde 2001 die CD Uncontained aufgenommen und Wildfire war geboren, oder sollte man sagen: der Flächenbrand entstand. Im letzten Jahr erschien dann die zweite Produktion Where Roads Divide. Phil Leadbetter (Resonanzgitarre und Gesang) spielt sein Instrument seit 1975. Er war zehn Jahre bei JD Crowe & The New South und arbeitete mit Grandpa Jones und Vern Gosdin. Leadbetter erhielt verschiedene Nominierungen nationaler und internationaler Bluegrass Organisationen, so zum Beispiel als Dobroplayer of the Year. Robert Hale (Gitarre, Gesang) war ebenfalls bei JD Crowe und tourte als Mitglied von Livewire schon durch Europa. Er gilt als einer der besten Sänger in der Szene. Darrell Webb (Mandoline, Gesang)  beeindruckt mit seinem Spiel und seinem Tenor. Bei der Lonesome River Band und bei JD Crowe erspielte er sich seine Meriten. Seine Solo CD Webbsite erschien 1998. Curt Chapman (Stehbass) ist seit über 25 Jahren im Geschäft. Als Session Musiker ist er ebenso begehrt wie als Live Künstler. Auch er war 15 Jahre lang bei JD Crowe & The New South. Barry Crabtree (Banjo) komplettiert das Quintett. Seit seinem siebten Lebensjahr spielt er Banjo, war elf Jahre Mitglied von Larry Sparks & The Lonesome Ramblers und veröffentlichte in jener Zeit drei Alben bei Rebel Records.