Vorschau auf das 21. Int. Country Music Festival im Schützenhaus Albisgütli

© December 2004 / Bruno Michel

 

Mit über zehn Premieren im Programm sollte dem Country Music Liebhaber dieses Jahr die Auswahl seiner Albisgütli Besuche besonders leicht fallen – oder auch nicht. Für Untentschlossene seien deshalb hier diese Premieren kurz vorgestellt.

 

Dabei erlaube ich mir, die Vorstellung von Toni Vescoli weg zu lassen. „Unseren“ Toni dem Schweizer Publikum vorstellen zu wollen hiesse, Wasser in den Rhein oder Bier nach München zu tragen. Seit den frühen 60er Jahren begleitet er die meisten Schweizer musikalisch während einer oder allen Phasen ihres Lebens.

 

Mit fünf der Premieren Acts werde ich Interviews führen. Zusätzlich werde ich mit Sarah Jory diskutieren, was sich in den sechs Jahren seit unserem letzten Gespräch verändert hat und mit BR549 hoffentlich jenes Gespräch führen können, das ich vor zwei Jahren wegen geschäftlichen Terminen ausfallen lassen musste.

 

Doch nun zu den Vorstellungen.

 

Jolie Edwards

Am 4. und 5. Februar kommt mit Jolie Edwards eine Sängerin zu Gast, die im Alter von zehn Jahren beschloss, Sängerin zu werden. Sie hatte bisher zu Hause in Omaha, NE, nur für sich oder Mutter gesungen. Eines Tages stellte sie hinter verschlossener Tür einigen Freunden ihrer Mutter – die vor dieser Tür bleiben mussten – einen Song vor. Darauf hin sagte sich die junge Dame „Wenn ich Leute zum Weinen bringen kann, bringe ich sie vielleicht auch zum Lachen.“ Sie begann, an lokalen Talent Wettbewerben teilzunehmen, spielte in Bands und brachte so die restlichen Schuljahre hinter sich.


Nach ihrer Heirat hängte sie die Singerei für zwei Jahre an den Nagel. So lange, bis ihr Mann meinte, dass sie vielleicht noch glücklicher sein würde, wenn sie wieder raus auf die Bühne käme. Sie gab ihm recht, machte Fotos, begann sich nach Gigs umzusehen. Da sie keine Band mehr hatte, besorgte sie sich eine 24-Kanal Soundmaschine und pries sich als Solokünstlerin an. Sie nahm einige ihrer selbst geschriebenen Songs auf und begann, die Türklinken von Studios und Plattenfirmen zu polieren.

 

Eines der Studios, die sie besuchte war das Church Studio – früher Leon Russell’s Tulsa Studio und heute im Besitz von Steve Ripley von den Tractors. Er verschaffte ihr einige Kontakte im Business und so gelangte sie zu Dreamworks, wo sie 2001 als Leadsängerin von Jolie & The Wanted eine CD realisierte. Danach gings zu Warner Brothers. Seit kurzer Zeit liegt nun unter ihrem vollen Namen das Debutalbum LivinProof vor.

 

Monika Miller und Kelli Trottier

Die Schweizerin Monika Miller wuchs in Grindelwald auf und erlebte die Zeiten des grossen Grindelwald Festivals direkt und live. Die Schwester brachte von Amerika Reisen einige CDs mit nach Hause und der Virus war gesetzt. Monika war Mitglied des Chors Children of Grindelwald, der international und mit der Sängerin Rattlesnake Annie Erfolge feiern konnte. Danach spielte sie bei der lokalen Band City Dump und wurde später von Karl Guntern entdeckt. Die Formation Monika Miller & Band war bald geboren. Monika gewann 2003 die CMFS New Talent Show.

 

Daddy’s Little Girl, so der Name ihrer aktuellen CD, kommt aus Kanada. Kelli Trottier ist Fiddle-Virtuosin und Steptanz Jurorin in einem. 1984 gewann sie ihre erste Fiddle Meisterschaft und setzt sich seit dem hohe Ziele für ihre musikalische Karriere. Sie tourte mit der Band von Bobby Lalonde während über sechs Jahren durch Nordamerika und Europa und war somit auch schon in der Schweiz am Festival in Worb zu Gast. Ihr Talent wird sie auch künftig weit bringen. Dreimal war sie schon als Fiddle Player of the Year von der Canadian Country Music Association nominiert.

 

Clelia

Die gebürtige Australierin Clelia eröffnet die zweite Albisgütli Woche am 15. Februar im Vorprogramm von Buffalo C. Wayne.

Ihr erstes Album, Colors, das Ende 2003 erschien, zeigt das breite Spektrum der Sängerin, die im Alter von sieben Jahren in die Westschweiz auswanderte. Sie singt seit Kindesbeinen und begleitete zusammen mit dem Kinderchor der Kathedrale Genf den berühmten Ivan Rebroff während seiner Weihnachtstournee. Ob Rock, Blues, Country oder Folk, Clelia lässt sich nicht auf einen bestimmten Musikstil fixieren. Sie fühlt sich von den Eagles genau so inspiriert wie von Shania Twain oder Wynona. Obwohl sie selber meint, Ihr grösster Fehler sei blond zu sein, wird ihre interessante Stimme gepaart mit der sympathischen Erscheinung das Publikum überzeugen.

 

Ken Mellons

Er singt seit er denken kann, und wohnt seit dem dritten Lebensjahr in Nashville. Ken Mellons war Schuh- und Teppichverkäufer, half im Gemischtwaren Laden aus, alles nur, um sich die nächsten Demos finanzieren zu können und irgendwann einen Plattenvertrag zu ergattern. Mellons hat alle Höhen und Tiefen der Nashville Szene durchlebt.

 

Sein grosses Vorbild, Keith Whitley, schrieb ihm einst eine Widmung auf den Deckel einer Popcorn Tüte: „Sing weiter, gib nicht auf“, hiess es da. Und Mellons gab nicht auf. Sein Debutalbum Ken Mellons im August 1994 brachte ihm den bisher einzigen Top Hit mit Jukebox Junkie. Die Scheibe Where Forever Begins folgte ein Jahr später, aber sie konnte nicht mehr an die Erfolge der Vorgängerin anknüpfen. Danach war es fast zehn Jahre still um Ken Mellons – abgesehen von einem Best-Of-Album – bis letztes Jahr, wieder im August, die Produktion Sweet erschien. Mit ihr hofft Ken, an frühere Erfolge anknüpfen zu können.

 

Mit Ken Mellons wird traditioneller Honky Tonk Sound durch die Gütli-Halle hallen und wohl auch deshalb hat ihn Albi Matter gleich für die zwei Abende des 16. und 17. Februar verpflichtet.

 

Linda Jacob

Die 24jährige Linda Jacob nennt als ihre musikalischen Einflüsse Alison Krauss, die Dixie Chicks, Sheryl Crow und – Metallica. Seit 1999 ist die Formation rund um die attraktive Sängerin, die ihre Haarfarbe eindeutig häufiger wechselt als ihre Bandmitglieder, aktiv und tourt kreuz und quer durch Europa. Ihre neueste CD Dark wird sie am 19. Februar im Albisgütli sicher im Gepäck haben.

 

Silverwood

Das Albisgütli ist wohl das letzte grosse Festival in Europa, an dem Silverwood noch nicht gespielt haben. Bereits 1999 habe ich die Truppe um die sympathische Sängerin Miruna interviewed, als die Band im Little Joe’s in Siebnen auftrat. Seit jenen Anfängen ging es stetig aufwärts mit Silverwood.

 

Im August 2004 kam mit ihrem neusten Album, My Side Of Town, bereits die dritte Scheibe der Band. Allerdings ist das frühere Live-Album nie im Handel erschienen, sondern wurde ausschliesslich über Bandkontakte verkauft. Die Strategie war, sich bei der Entwicklung eines Nachfolgers nicht hetzen zu lassen, den Fans aber trotzdem die lang erwartete Nachfolgeproduktion zu geben. Mit ein Grund für die langen Entwicklungszeiten ist der Perfektionsdrang der Gruppe sowie die Tatsache, dass fast ausschliesslich eigene Songs eingespielt werden.

 

Und der Aufwand lohnt sich für Silverwood. Dem ersten Award 1998 als Beste Newcomer Band folgten seither nicht weniger als dreizehn weitere Auszeichnungen.

 

Two Tons Of Steel

Diese Jungs aus Texas lassen die Post abgehen, dass dem Albisgütli Saal danach einige Nägel in den Balken fehlen werden. Persönlich erlebt habe ich diesen Stahlhammer im 2002, als sie als Vorgruppe von Chely Wright im legendären Billy Bob’s Texas in Fort Worth auftraten. Ihren bisherigen Alben Dead Crickets, Live, Oh No, King Of A One Horse Town und Live At Gruene Hall folgt nun die Scheibe Transparent. Der Konzertmitschnitt aus der Gruene Hall kann übrigens auf www.twotons.com jederzeit mitgehört werden.

 

Seit 1991, als sie in kleinen Clubs mit gemeinsamen Auftritten begannen, baut die Band ihr Image laufend aus. Seit 1997 nennen sie sich Two Tons Of Steel und der Name wird ihrem Sound definitv gerechter als der alte Name Dead Crickets. Sie traten mit Grössen wie Dwight Yoakam, Jerry Lee Lewis, Rodney Crowell, Asleep At The Wheel oder Toby Keith auf. Und machten sich weit über Texas hinaus einen Namen.

 

In der Country Music Hall of Fame in Nashville läuft sechs mal täglich ein Video über den Einfluss texanischer Stars auf die Country Music. Dort werden Willie Nelson, die Dixie Chicks und Two Tons Of Steel in einem Atemzug genannt und gezeigt.

 

Das Billboard Magazine nannte den Leadsänger einen Gitarren- und Hüftschwingenden Showman. Der Sound der Band ist – zumindest in deutscher Sprache – dem Namen des Leadsängers ebenbürtig. Der Junge heisst Kevin Geil.

 

Matching Ties

Zur Truppe um den Amerikaner Paul Stowe und den Engländer Trevor Morriss (yep, 2 „s“) gesellten sich der Italiener Claudio Della Penna und der Münchner Obi Barthmann und bildeten Matching Ties. Und es passen nicht nur die Krawatten der Band zusammen. Jeder der Musiker hat seine eigene Karriere und sein Wissen als Background in die Bluegrass Formation eingebracht. Sie spielen aber auch Blues, Folk Music und modernere Newgrass Titel. Ein geschmackvoller Einstieg am 25. Februar auf

 

Alecia Nugent

die mit zwei Auftritten am 24. und 25. Februar das Publikum erfreuen wird. Am besten umschreibt Legende Carl Jackson, was wir von Alecia Nugent erwarten können: „Ich hatte die Ehre und das Privileg mit einigen der grössten weiblichen Künstlerinnen aller Zeiten wie Emmylou, Dolly, Linda, Rhonda, Alison und…Alecia aufzutreten. Ja, sie verdient es ebenfalls, nur schon an ihrem Vornamen erkannt zu werden.

 

Alecia stammt aus Hickory Grove in Louisiana. Papa Jimmy Nugent gründete in ihrem Geburtsjahr die Southland Bluegrass Band und sie wuchs mit Bluegrass und Gospelmusik auf. Ende der 90er Jahre hatte Alecia eine Hand voll Leute beisammen, die an ihren Erfolg glaubten. Es entstanden Pläne für ein Album und mit Produzent Carl Jackson entstand das Debut Alecia Nugent auf Rounder Records.

 

Mit Alecia erhält die Bluegrass Szene eine weitere vielversprechende Botschafterin, die dringend beötigt werden, um diese Musik vom Hinterwäldler Image, das ihr immer noch in den Köpfen vieler unwissender „Musikexperten“ anhaftet, zu befreien.

 

K.C. Williams

Zuhause in Milwaukee, WI, war die Hölle los. Vierzehn Kinder tobten durchs Haus der Familie. K.C. Williams war die Nummer elf. Eine lokale Radiostation veranstaltete einen Songwriter Wettbewerb und K.C. nahm daran teil. Er hat seine Wurzeln in der Gospel Musik, was seinen Songs ein spezielles Timbre verleiht.

 

Eigentlich „entdeckt“ wurde Williams von Tim McGraw, für den er am 95. Geburtstag von Harley Davidson ein Konzert eröffnete. Tims Bandmitglieder Darran Smith und Denny Hemingson halfen, K.C.’s Alben City Boy und Without A Doubt zu produzieren.

 

Ab und zu half McGraw’s Schlagzeuger, Billy „Thunder“ Mason, bei K.C. aus, aber McGraw riet ihm, seine eigene Band zu gründen. So wurden The Big Dawgs aus der Taufe gehoben. In Europa tourt Williams allerdings mit seiner hiesigen, siebenköpfigen Tourband, die von Freund und Schlagzeuger Chris Maldener aus Deutschland zusammengestellt wurde. Am 3. und 4. März stellt uns K.C. seine Musik vor.