Portrait Chad Brock

© June 2000 / Bruno Michel

 

Gesungen hat der 37jährige Chad Brock schon sein ganzes Leben. Nach seinem Debut-Album 1998 kannten ihn die meisten aber nur als „den ehemaligen Wrestler“. Die wenigsten wissen, dass Brock einen Plattenvertrag hatte, bevor er seine Ringerkarriere begann. Mit dreizehn spielte er Gitarre, nach eigenen Aussagen besser als heute. „Ich kann nicht gleichzeitig spielen und singen. Das klappt bei mir nicht. Früher schrieb ich bekannte Songs um. Die wurden richtig schlecht. Ich glaube nicht, dass ich davon heute einen aufnehmen würde“, lacht Chad.

 

Zu verdanken hat er sein Stimmtalent seiner ehemaligen Gesangslehrerin an der High School. Florence Gabriel Reese lud Chad noch lange nach seinem Schulabgang als Sänger in ihre Aufführungen ein. Kurz bevor sie an Krebs verstarb meinte sie zu ihm: „Das einzige was Du machen musst ist singen.“ Brock nahm sich den Rat seiner Gesangslehrerin zu Herzen, lehnte ein Football-Stipendium ab und zog 1992 nach Nashville. Nach wenigen Monaten konnte er bei Warner Brothers vorsingen, doch die Sache ging in die Hose. „Ich war noch nicht bereit“, sagt Chad heute. Auf Rat einiger Freunde aus dem Business tourte er überall in den USA durch Clubs und Honky Tonks. Es sollte jedoch noch einige Zeit dauern, bis er sich durchsetzte.

 

1994 hatte er so viel Fortschritte erzielt, dass er nach einem erneuten Besuch bei Warner seinen Plattenvertrag erhielt. Davon leben konnte er nicht, also trat er weiter in der Wrestling Szene auf, bis ihn eine Verletzung im Schenkel zu einer 9-monatigen Rehabilitation zwang. Er begann, seine Songschreiber-Muskeln zu trainieren und half, einige Lieder zu schreiben.

 

Vier Jahre später kam der Wendepunkt. Norro Wilson und Buddy Cannon produzierten Chad Brock’s Debutalbum, Chad Brock. Und sie bauten es nach dem Erfolgsmuster, mit dem sie bereits Alben für Sammy Kershaw, Kenny Chesney oder George Jones produziert hatten. Der Song Ordinary Life, eine Ballade über einen verheirateten Mann, der sein Zuhause und seine Familie verlässt, weil er nach einem aufregenderen Leben sucht, wurde zum Hit. Chad hörte den Song zuvor im Studio, verliebte sich in die Story und Warner sagte Ja zur Aufnahme.

 

Im Februar 2000 folgte die zweite Produktion Yes. Wie schon das Debut-Werk, wurde auch dieses Album von den gleichen Profis produziert. „Nach Einspielung der Musiktracks flogen wir nach Fort Lauderdale um dort den Gesangspart aufzunehmen“, erzählt Chad. „Wir arbeiteten nur an wenigen Songs pro Tag, dann machten wir auf Freizeit und hatten Spass. Diese Arbeitsweise hat mich entspannt und mir geholfen, alles in meine Stimme zu legen“.

 

Das neue Album ist wieder eine ausgewogene Mischung. „Viele produzieren eine CD im Wissen, dass die Leute nur drei oder vier Songs mögen“, so Chad. „Für mich ist das kein Thema, denn es kostet die Fans gleichviel, eine CD mit zehn guten Songs zu kaufen.“ Zwei der Songs hat Chad mitgeschrieben. „Ich bin in erster Linie Sänger. Wenn ich schreibe, muss ich das Thema erlebt haben, sonst gelingt es mir nicht.“

 

All zu viele Hits dürfen es sowieso nicht mehr werden, sonst ist Chad über und über mit Footballs tätowiert. „Ich bin ein Fan der Florida Gators und habe mir eines Tages einen Football tätowieren lassen. Später scherzte ich, dass für jeden Hit ein weiterer Ball dazu kommen würde. Nun sind’s schon zwei – wenn das so weitergeht..

 

Chad Brock ist einer der Rising Stars. Sein Tourkalender beinhaltet in diesem Jahr rund 200 Daten. Er war bereits mit Alan Jackson auf Tournee, was ihm viele neue Fans eingebracht hat. Mit wem würde er noch gerne singen? Chad: „Mit Steve Wariner. Er hat so grossen Einfluss auf die Country Music heute. Steve war seiner Zeit weit voraus, aber nun wird er endlich gebührend gewürdigt.“

 

Hat er je einen Song abgelehnt, der danach für einen andern Sänger zum Hit wurde? „Ja, Kevin Sharp kam mit so einem Lied mal unter die Top 10. Aber wenn mir ein Song nicht auf Anhieb zusagt, dann wähle ich ihn nicht. Es gibt heute auch Lieder, die am Radio gespielt werden, die ich mir schon mal auf dem Demoband angehört habe. Das macht aber nichts, weil es mir wichtiger ist, dass ich mich mit ,meinen’ Songs identifizieren kann.“

 

Bald ist zu erwarten, dass Chad Brock auch die kanadische Country Szene erobert. Ein Duett mit Shirley Myers hat er bereits aufgenommen, ebenso ein Video dazu, dass in Kanada gespielt wird. Der Song ist im Stil der alten Loretta Lynn – Conway Twitty Duette. Chad verehrt Twitty, weil es der zu seinen Lebzeiten immer geschafft hat, faszinierende und interessante Songs auszuwählen.

 

Die Musik ist mittlerweile Vollbeschäftigung für Chad. Aber das Wrestling vermisst er trotzdem ein wenig „wegen dem draufgängerischen Publikum, und ich vermisse den Plan zu wissen, was als nächstes kommt.“ Vielleicht wird das Multitalent auch einmal die Schauspielkarriere versuchen. „In Comedy Serien oder SitComs würde ich schon gern mitspielen.“ Aber nicht wenn Jody Foster dabei ist. Denn das ist gemäss Chad die einzige Person auf der Welt, bei der er sprachlos wäre, wenn sie ihm gegenüber stehen würde.