Portrait Reba McEntire

© November 1998 / Bruno Michel

 

Mehr als die Hälfte Ihrer 40 Lebensjahre hat Reba Nell McEntire im Music Business verbracht. Nach Ihrem ersten Nummer-1-Hit Can‘t Even Get The Blues, 1982, damals noch für Mercury, begann eine Karriere, die ihresgleichen sucht. Ihr Motto „Behandle die Leute, wie auch Du behandelt werden willst“,  hat Ihr die letzten 20 Jahre massenweise Awards, Gold- und Platin-Alben sowie weltweite Anerkennung eingebracht.

 

Tag eins der Erfolgsstory, Jahr 1955: der 28. März. In Chockie, OK, kam Reba Nell als drittes Kind Ihrer Eltern Jacqueline und Clark McEntire, zur Welt. In Ihrer Heimatstadt, knapp 120 Meilen südlich von Tulsa, wuchs sie mit Rodeos und Country Music auf. Ihr Grossvater und Vater waren Rodeo Roper, Ihre Schwester Susie ist mit dem Rodeo Star Paul Luchsinger verheiratet. Diese Verbindung zum Rodeo sollte denn auch den entscheidenden Moment in ihrem Leben spielen.

 

Mit 13 Jahren brachte sie ihre Mutter, selber eine grossartige Sängerin, die aber nie Karriere gemacht hat, in lokale Clubs, wo Reba aufzutreten begann. Zuerst mit der Kiowa Cowboy Band, danach ausschliesslich mit Ihren Geschwistern als „The Singing McEntires“. Ihre Bekanntheit wuchs und sie nahmen sogar eine Platte auf. Als Reba 19 Jahre alt war, eröffnete sie das National Finals Rodeo in Oklahoma City mit der Nationalhymne. Im Publikum befand sich der texanische Sänger Red Steagall und wusste : Hier steht ein künftiger Superstar.

 

Ob er damals schon die bis heute über vierzig Millionen verkaufter Platten voraussah, entzieht sich meiner Kenntnis. Red begann jedenfalls mit der Suche nach einem Label und landete mit Reba bei Mercury. Sie war sehr nervös und versuchte sich mit einigen Ausreden um‘s Vorsingen zu drücken. Letztlich wurde sie von ihrer Mutter überredet, sang und schloss ihren ersten Plattenvertrag mit Mercury. Der ganz grosse Erfolg sollte aber auf sich warten lassen und kam erst, als sie ihre Karriere selber in die Hand nahm und 1984 zu MCA wechselte.

 

1976 heiratete Reba zum ersten Mal. Wen wohl? Richtig, einen Rodeo Reiter. Charlie Battles, der seine Karriere zurückstellte um Reba als Manager bei ihrer musikalischen Karriere zu helfen. Auf ihren Tourneen begleitete sie jedoch seit 1980 ein Musiker an der Pedal-Steel Gitarre. Dieser Mann, Narvel Blackstock, übernahm später den Management-Job von Charlie und – abermals später – noch mehr. 1987 wurde Reba‘s Ehe mit Charlie geschieden und 1989 heiratete sie Narvel. Eine glückliche Verbindung, wie sich herausstellen sollte.

 

Am 23. Februar 1990 kam ihr Sohn Shelby Steven zur Welt, ein Ereignis, das Reba heute noch als den aufregendsten und grössten Moment in ihrem Leben bezeichnet. Reba schafft es, aus jeder Situation das Beste zu machen. „Als ich mit Shelby schwanger war, suchte ich gerade Songs aus für das Album Rumour Has It. Ich hatte eine schwierige Schwangerschaft und musste längere Zeit im Bett verbringen. Das gab mir die Gelegenheit, in aller Ruhe massenweise Songs anzuhören und mir die richtigen auszusuchen.“

 

Reba ist eine Frau, die sich – auch optisch – ständig weiter entwickelt. „Nach meiner Geburt hatte ich einen Hormonschub“, sagt sie. „Ich weiss, dass viele Leute mein volles, langes Haar mochten. Aber es wurde immer dichter und wilder. Ich beschloss, es stufenweise zu kürzen. Erst auf Schulterlänge, dann bis zu den Ohren und letztlich zu meinem aktuellen Schnitt. Die Fans haben sich dran gewöhnt.“ Aber es gibt einen Fan, dem Reba‘s neuer Look vermutlich mehr bedrückt als jeden andern. „Die Frau, die mich samt meiner alten Lockenpracht auf ihren Rücken tätowiert hatte. Sie muss vor Kummer krank geworden sein…“

 

Sie glaubt nicht nur an Veränderung, sondern auch an Disziplin, vor allem sich selbst gegenüber. „Junge, wenn ich keine Karriere in diesem Business hätte, würde ich wahrscheinlich 500 Pfund wiegen“, sagt sie lachend. „Ich esse für mein Leben gern. Am morgen wache ich auf und denke: Was soll ich jetzt essen? Aber ich habe mir selber Disziplin auferlegt : Früchte, Gemüse und etwas Kohlenhydrate. Das muss sein, denn ich will bei meinen Auftritten schlank aussehen. Früher, als ich anfing, mass ich mich mit Dolly (Parton), Tammy (Wynette), Barbara (Mandrell) oder Tina Turner. Und heute, wo ich zwanzig Jahre älter bin muss ich mich mit Shania Twain oder LeAnn Rimes messen – grosser Gott sie ist 16 und ich könnte fast Ihre Grossmutter sein…Es ist ein Wettbewerb. Ich will attraktiv bleiben, nicht nur stimmlich, auch visuell.“

 

Die neunziger Jahre brachten für Reba einen weiteren, steilen Fortgang ihrer Karriere. Neben höchst erfolgreichen Alben, die sie jährlich produziert, ausverkauften Live-Shows und ihrem Familienleben, konzentriert sie sich seit 1988 auf ihre Firma Starstruck Entertainment, heute das grösste, von einem Künstler betriebene Unternehmen der Unterhaltungsindustrie in Nashville. „Es ist schön, einen Punkt im Leben erreicht zu haben, wo du nicht mehr dem ständigen Druck ausgesetzt bist, dich selbst beweisen zu müssen“, sagt sie. Viele der neuen Sängerinnen der Country Music nennen Reba als eine ihrer wichtigsten Inspirationen. Nicht nur weil sie eine der besten Stimmen der Country Music hat, sondern auch, weil Reba eine der smartesten und cleversten Business-Frauen ist.

 

Auch im Filmgeschäft ist Reba erfolgreich aktiv. Ihr erster Kino-Film Tremors brachte Ihr gute Kritiken. Ebenso war sie in Rob Reiner‘s North zu sehen und hatte einen Gastauftritt in der beliebten Serie Little Rascals. Weiter sind Fernsehfilme zu nennen, darunter The Man From Left Field mit Burt Reynolds oder Buffalo Girls mit Melanie Griffith. Zwei Specials über sich selbst, Reba Live und Celebrating 20 Years, sind ebenfalls darunter.

 

Die Auszeichnungen, welche Reba seit 1984 gewonnen hat, würden im einzelnen eine weitere Seite in diesem Artikel füllen. Daher summarisch: 6 CMA Awards, 13 American Music Awards, 14 TNN / Music City News Awards, 10 Academy of Country Music Awards sowie zwei Grammy Awards.

 

Ihre Shows hinterlassen oft den Eindruck, näher beim Broadway als bei Nashville zu sein. Sie experimentierte mit den Grenzen zur Pop Musik und liess öfter Fans zurück, die sich fragten : Hat Reba vergessen, welche Musik sie erfolgreich gemacht hat? Reba dazu : „Es interessiert mich nicht, wenn Leute mich als Pop Country, Rock‘n‘Roll oder sonstwas einstufen. Was ich singe wird zu Country. Ich bin „country“ geboren und aufgewachsen und bin sehr stolz auf meine Wurzeln. Ich bin eine Country Sängerin. Wenn ich irgendwo einen Pop-Fan mit meiner Musik begeistern kann, freut mich das, dann habe ich etwas erreicht. Ich habe meinen Horizont musikalisch erweitert, denn Country Music ist nicht mehr wie vor zwanzig Jahren. Wir haben ein viel breiteres Spektrum heute – und ich bin froh darüber.“

 

Selektive Discographie (Jahr, Label, Albumtitel)

 

  • 1977, Mercury, Reba McEntire
  • 1978, Mercury, Out Of A Dream
  • 1980, Polygram, You Lift Me Up To Heaven
  • 1980, Mercury, Feel The Fire
  • 1981, Mercury, Heart To Heart
  • 1982, Mercury, Unlimited
  • 1983, Mercury, Behind The Scene
  • 1984, MCA, My Kind Of Country
  • 1984, MCA, Just A Little Love
  • 1985, MCA, Have I Got A Deal For You
  • 1986, Mercury, Reba Nell McEntire
  • 1986, MCA, What Am I Gonna Do About You
  • 1986, MCA, Whoever‘s In New England
  • 1987, MCA, Greatest Hits
  • 1987, MCA, Merry Christmas To You
  • 1987, MCA, The Last One To Know
  • 1988, MCA, Reba
  • 1989, MCA, Reba Live
  • 1989, MCA, Sweet Sixteen
  • 1990, MCA, Rumour Has It
  • 1991, MCA, For My Broken Heart
  • 1991, Time-Life Music, The Eary 80‘s
  • 1992, Polygram, Forever In Your Eyes
  • 1992, MCA, It‘s Your Call
  • 1992, Time-Life Music, The Late 80‘s
  • 1993, MCA, Greatest Hits Volume Two
  • 1994, MCA, Read My Mind
  • 1995, MCA, Starting Over
  • 1996, MCA, What If It‘s You
  • 1998, MCA, If You See Him
  • 1998, DreamWorks, The Prince Of Egypt - Nashville