Portrait Lorrie Morgan
Als Kind hat sie so
manche Nacht Backstage in der Grand Ole Opry verbracht. Mit 13 Jahren konnte sie dort ihren ersten
Auftritt mit dem Janice Torre / Fred Spielmann Song Paper Roses feiern. Lorrie Morgan,
Tochter des berühmten, 1975 verstorbenen, George Morgan, hat ihre musikalische
Laufbahn sozusagen schon in der Wiege begonnen.
Die heute 40jährige
Sängerin hat ihre Karriere in mehreren Stufen aufgebaut. Mit 17 Jahren lebte
sie bereits von der Musik. Ein Jahr später bekam sie ein Engagement im Opryland, Nashville, wo sie für zwei Saisons in einer Bluegrass-Show auftrat. Lorrie
begann, eigene Songs zu schreiben und erhielt einen Deal mit der
Publishing Firma Acuff-Rose.
Als 21jährige tourte
sie als Opener mit George Jones. Sie heiratete den Steeler Ron Gaddis und brachte
eine Tochter zur Welt. Die Ehe hielt nur kurz und Lorrie
war als alleinerziehende Mutter genauso auf Arbeit
angewiesen, wie Tausende anderer Mütter in ihrer Lage. Sie sang Demo-Sessions und machte Plattenaufnahmen für verschiedene
Firmen, die aber mehr oder weniger unbemerkt blieben. Bereits 1985 wurde sie
Mitglied der Opry.
Der nächste
wichtige Abschnitt ihres Lebens begann wiederum Backstage
in der Opry. Sie traf Keith Whitley,
der eigentlich aus der Bluegrass Szene stammte, und
verliebte sich in ihn. Ein Jahr später heiratete sie ihn. Das Eheglück sollte
nicht von langer Dauer sein. Whitley hatte 1988
seinen Nummer-1-Hit Don’t Close Your Eyes. Im Mai 1989 starb er an einer Überdosis Alkohol
in Verbindung mit Tabletten. Was blieb, war der gemeinsame Sohn Jesse Keith,
der 1987 zur Welt kam. Nun war Lorrie schon wieder
allein, und manch anderer Mensch hätte wohl anlässlich dieses erneuten
Schicksalsschlags seine Karriere an den Nagel gehängt oder zumindest für
längere Zeit unterbrochen.
Nicht Lorrie. Zu lange hatte sie für Anerkennung und Erfolg
gekämpft. Fast gleichzeitig mit Keith’s Tod begann nämlich
ihre Plattenkarriere mit der ersten Single Dear Me aus dem Debut-Album Leave The Light
On abzuheben. Also sagte sie Ihre Tournee nicht ab, kam allen vertraglichen
Verpflichtungen nach, um dem Album die richtige und wichtige Werbepräsenz zu
geben.
Neben Dear Me waren auf
dieser Scheibe drei weitere Top-10-Hits, sowie die erste Nummer-1, Out Of Your Shoes, vertreten. Im April erreichte sie Gold-Status. Damit
war Lorrie nach K.T. Oslin die
zweite Sängerin in der Geschichte der Country Music, der es gelungen war, vom
Erstling 500'000 Kopien abzusetzen.
Da sie zu Keith‘
Lebzeiten keine Gelegenheit hatten, je ein Duett aufzunehmen, ging Lorrie im Frühjahr 1990 ins Studio und nahm ihre Stimme zum
Song Til A Tear
Becomes A Rose auf. Es folgten Touren mit Clint
Black und Alabama. Das im Frühjahr aufgenommene Duett brachte ihr und post
mortem auch Keith Whitley im Herbst 1990 eine
besondere Ehrung mit der Verleihung des Vocal Event
of The Year Award der CMA.
Im folgenden Jahr
erschienen die Alben Classics und Something In Red. Letzteres einhaltete
wiederum vier Top-10-Hits, nämlich We Both Walk,
A Picture Of Me Without You, Except For Monday und Something
In Red. Die CMA nominierte Lorrie im selben Jahr für den Female
Vocalist of The Year Award und sie wurde mit einem TNN/MCN Award
ausgezeichnet.
Lorrie wechselte noch einmal das Label, ging zu BNA und brachte
im Oktober 1992 Watch Me heraus. Für den männlichen Part im Video zum Song
I Guess You Had To Be There
hatte sie keinen geringeren als Kris Kristofferson engagiert. Die beiden trafen sich erstmals
1992 anlässlich der ACM Award-Verleihung und stellten
fest, dass sie Fans voneinander waren. Klar, dass Kristofferson
gerne die Rolle in Lorrie´s Video übernahm.
All diese Alben zeigten
eine Künstlerin, deren zahlreiche Facetten endlich von einem breiten Publikum
akzeptiert wurden.
Nach dem 93er
Weihnachtsalbum Merry Christmas From
London, beschäftigte sich Lorrie unter anderem
mit der Schauspielerei im TV-Film Proudheart und mit vielen karitativen Auftritten bei
Wohltätigkeitsveranstaltungen zu Themen wie Alkohol- und Drogenmissbrauch oder
Krebs. Und sie entwickelte sich immer mehr von der Sängerin zur Entertainerin,
ganz so, wie sie es an ihrem Vater immer geschätzt hatte. Auch George Morgan
war nicht einfach nur auf die Bühne gegangen, sondern hatte das Publikum stets
als Teil seiner Show mit eingebunden.
Lorrie hatte auf ihren bisherigen Alben keine selbst geschriebenen
Songs aufgenommen. “Ich habe Songs geschrieben seit ich 15 war,” sagt sie. “Zahllose Songs. Ich hab’ sie nie gespielt und
schrieb einfach nur für mich selbst. Meine Publizistin Susan Nadler war die Einzige, die wirklich an mich als
Songschreiberin glaubte.“ Sie erzählte Kris Kristofferson davon und er meinte :
„Lorrie, Du musst diese Songs aufnehmen. Eine Menge
Leute sind Schreiber. Wenige sind Poeten. Du bist ein Poet.“ Diese Anerkennung
des von Lorrie so sehr geschätzten Kollegen ermutigte
sie, die Songs War Paint (geschrieben
mit Tom Shapiro) und If You Came Back From Heaven (mit Richard Landis) für ihr 94er Album aufzunehmen.
Im selben Jahr
bekam Lorrie den TNN/MCN Award
Female Artist of The Year. Ein
weiterer Höhepunkt war die Veröffentlichung des Keith Whitley – Tribute Albums, für das
sie eine Reihe namhafter Stars und Songschreiber wie Alan Jackson, Ricky Skaggs, Mark Chesnutt, Daron Norwood, Joe Diffie, Diamond Rio und andere begeistern konnte.
Da sie bei ihrem Filmdebut 1993 einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen
hatte, bekam Lorrie für 1995 von ABC Television eine grössere Rolle in dem Fenseh-Film
The Lind Bergstrom Story angeboten.
“Ich war total überrascht,” sagt sie und fügt hinzu: “Ich glaube, dass Proudheart eine
Menge Türen für mich geöffnet hat und die Leute erkennen liess,
dass es mir ernst ist mit der Schauspielerei.“ Die Dreharbeiten fielen genau
mit der Veröffentlichung des Greates Hits
Albums zusammen, einer hervorragenden Zusammenstellung alter Hits, sowie drei
brandneuen Songs.
Die erste ausgekoppelte Single I
Didn´t Know My Own Strength wurde wieder ein
Top-10-Hit. Auf diesem Album ist ausserdem Keith Whitley´s letzter Song
Til A Tear Becomes A Rose
zu hören. “Es ist irgendwie traurig, ein Greatest Hits-Album herauskommen zu sehen,”
sagte Lorrie damals, “weil es bedeutet, dass ich in
eine neue Phase meines Lebens aufbreche. Ich fühle mich, als ob ich an einem
Scheideweg stehe.” Doch sie nahm auch diese Herausforderung an. So verkaufte
sie im April 1995 das Haus in Goodlettsville, in dem
sie mit Keith Whitley gewohnt hatte und zog mit ihren
beiden Kindern in ein neues Haus nördlich von Nashville.
1996 folgte das
nächste Projekt Greater Need. „Dieses
Album beschreibt mich als Frau besser, als alles, was ich bisher veröffentlicht
habe“, sagte Lorrie. „Es zeigt, wie sehr ich mich
entwickelt habe, und darauf bin ich stolz.“ Die erste, vom
Lebensmittelproduzenten Kraft gesponsorte, Tournee stand
im gleichen Jahr an. Lorrie feierte Riesenerfolge
zusammen mit ihren Kolleginnen Pam Tillis und Carlene
Carter.
im Jahr danach kam
das Album Shakin‘ Things Up und sogar gleich drei
Veröffentlichungen fanden 1998 den Weg zu den Fans: Super Hits, Essential und
Secret Love. Ihrem aktuellen 99erAlbum My Heart hat
sie ein zweites gegenüber gestellt. Girl’s Night Out,
ein Joint-Venture mit den Kolleginnen Sara Evans,
Martina McBride und Mindy McCready.
Ein Querschnitt durch die Songs von vier modernen und selbstbewussten Frauen.
Lorrie Morgan hat hart um ihren Erfolg gekämpft. Tochter eines
berühmten Vaters zu sein hat ihr nicht allzu viele Türen geöffnet. Dazu Lorrie: „Ich gebe mich nicht so schnell geschlagen. Es mag
Zeiten gegeben haben, in denen ich nahe dran war, aber das liess
ich niemanden spüren. Du musst die Eigenverantwortung übernehmen, denn niemand
tut es sonst für Dich.“
Hinter dem Image
der starken Frau verbirgt sich allerdings eine sehr sensitive Persönlichkeit -
und vielleicht ist es gerade das, zusammen mit ihren aufrichtigen Emotionen,
was den Reiz ihrer Musik, ihrer Performance ausmacht. “Ich singe gerne Songs,
die mein Leben betreffen,” sagt Lorrie. “Dinge, zu denen
ich eine Beziehung habe. Wenn ich es kann, können es auch eine Menge anderer Menschen
im Publikum.”