Portrait Hank Williams III

© January 1997 / Bruno Michel

 

Die 12. Western-Night Wohlen ging diesmal am 27. Und 28. Dezember über die Bühne. Mit der Kartbahn in Waltenschwil hat der Organisator, Stefan Gürber, nicht nur einen neuen Standort gefunden. Die Western-Night wurde grösser und besser als je zuvor.  Top Act war Hank Williams III, der Enkel des legendären Hank Williams sr. Als Geschenk erhielt Hank von Stefan Gürber und Kickbox-Weltmeister, Andy Hug, eine traditionelle Treichel, von Laien heimatlicher Folklore auch Kuhglocke genannt. Der CMC nutzte die Gunst der Stunde, um Euch diesen Künstler näher zu bringen. Das Resultat könnt Ihr hier in Form eines Interviews von Irene Schmidt und eines Portraits von Bruno Michel nachlesen.

 

Familienstammbäume haben etwas Geheimnisvolles. Man sagt, dass sich gewisse Anlagen vererben. Zuerst war da Hank, der Urheber des unbestritten wichtigsten Repertoires von Songs aus eines Mannes Feder in der modernen Country Music Geschichte, die heutige Legende. Dann kam Bocephus – Hank jr. – der Behüter der Flamme seines Vaters und einer der jungen Vertreter des wilden, stampfenden Südstaaten-Country-Rocks jener Tage. Ein Sound, der heute noch Hank jr.‘s Markenzeichen ist.

 

Und jetzt kommt die überraschende Auferstehung. Die nächste Generation in Gestalt des 23-jährigen Shelton Hank Williams – Hank III – Sohn des Bocephus und Enkel des Hank sr. Die schlaksige Gestalt, die schmale Erscheinung und das hagere Gesicht von Hank III erinnert viele Fans an seinen unvergessenen Grossvater.

 

Unter diesen Voraussetzungen scheint es passend, dass Hank III sein Albumdebut zusammen mit den Vorfahren des Williams-Vermächtnisses produziert. Unter Leitung des Produzenten und Curb A&R Vizepräsidenten, Chuck Howard, und mit Hilfe der Magie der fortgeschrittenen digitalen Studiotechnik, treffen sich Hank III, sein Vater und sein Grossvater in einem Trio-Album mit dem Titel Men With Broken Hearts wieder. Das Album stellt Hank III aber auch als Solosänger vor, natürlich mit einigen Klassikern seines Grossvaters, wie Moanin‘ The Blues oder Neath A Cold Gray Tomb Of Stone.

 

Hank III ist aber nicht jemand, der von der einfachen Karriere aufgrund berühmter Vorfahren profitiert. Seine Mutter, Gwen Yeargain Williams war Hank jr.‘s zweite Frau. Mitte der 70er Jahre wurden die beiden geschieden. Ironie des Schicksals : Zum Zeitpunkt der Scheidung war Hank III drei Jahre alt, gleich alt also, wie sein Vater, als Hank sr. starb. Vater und Sohn sahen sich in den nächsten sechs Jahren nicht mehr. Bei späteren Konzerten Hank jr.‘s in Atlanta, wo seine Ex-Frau und sein Sohn damals lebten, holte er dann jedesmal Hank III zum Schlagzeugspielen auf die Bühne. „Meine erste Show mit meinem Vater spielte ich im Alter von zehn Jahren“, erklärt Hank III mit weicher Stimme. „Kein ganzes Konzert, aber einige Songs im Fox Theater in Atlanta. Ich hatte danach immer zwei bis drei Auftritte pro Jahr mit ihm.“

 

Hank III war in jungen Jahren genau so rebellisch wie sein Vater oder sein Grossvater vor ihm. Während seiner gesamten Teenagerzeit sang er und spielte Bass, Schlagzeug oder Gitarre in einer Reihe von Hardrock-Bands  im gesamten Südosten der USA, „soweit wie wir mit 50 Dollar und einem Van eben kamen.“

 

Vielleicht wäre er dort hängengeblieben, wäre da nicht TBS Cable Network von Ted Turner gewesen. Als TBS Anfang 1995 die Arbeiten zur Serie Roots Of Country Music begann, hatte jemand die Idee, die drei Hank-Generationen in einem digital erstellten Video zusammen zu bringen, ähnlich dem Tear In My Beer Video mit Hank jr. und Hank sr. Als Chuck Howard und Hank jr.‘s Manager, Merle Kilgore, die drei Hanks auf dem fertig gemischten Tape hörten, warfen sie alle Vorsicht – und TBS – über Bord und überredeten Curb Records zu dem, was möglicherweise das Trio-Album des Jahrzehnts werden könnte.

 

Hank III verfeinerte seinen Williams Sound in 50 aufeinanderfolgenden Shows im White River Theatre in Branson, Missouri. Unter den wachsamen Augen von Altstar Mel Tillis zollte Hank III seinem Grossvater Tribut in zwei Shows pro Tag. „Wir hatten viele positive Kommentare, Du weisst schon, Leute die sagten ‚Oh ich habe mich nach 1952 in die Zeit zurückversetzt gefühlt, als Dein Grossvater noch spielte‘. Aber ich habe meinen eigenen Sound, der völlig anders ist. Ich hasse es, wenn die Leute sagen ‚Ah, Du singst besser als Dein Grossvater‘, denn ich glaube nicht, dass das stimmt.“

 

Hank III bezieht seine eigene, sympatische, volksnahe Art auf seine Kindheit inmitten der Farmersfamilie seiner Mutter. In der 500-Seelen Gemeinde Jane, Missouri beackerten die Yeargain‘s ihr Land. „Meine Mutter war immer für mich da, beriet mich, und unterstützte mich bei allem, was ich in der Musik versucht habe. Sie ist der Grund, warum ich heute hier bin“ meint Hank III.

 

Ausser zu speziellen Promotion-Anlässen wird man in der nächsten Zeit wohl nicht in den Genuss von gemeinsamen Tourneen von Vater und Sohn kommen. In „klassischer Familientradition“ sind beide zu sehr Individualisten und zu eigensinnig, dies zu tun. „Vater hat seinen eigenen Weg, Dinge zu tun und ich hab‘ meinen“, meint Hank III. „ Wir sind total gegensätzlich…ich will selber für meinen Erfolg arbeiten, mein eigenes Publikum haben und jedem meine eigene Persönlichkeit vermitteln.“ Aus all diesen „Protesten“ hört man Ähnlichkeiten heraus. Familienstammbäume haben etwas Geheimnisvolles.

 

„Ich mag einfach echte, harte Country Musik, etwas, dass Dir ins Gesicht schlägt und nicht dieses ‚liebenswerter Junge‘ Zeug“ sagt Hank III. Altstar Mel Tillis meint „ er ist noch ungeschliffen und hat Ecken und Kanten. Aber das macht ihn einmalig. Ich mag ihn so.“

 

Hank III weiss, dass er mit dem Vermächtnis seines Grossvaters verbunden ist. Immer hin- und hergerissen, genau wie sein Vater. Es ist eine Art Verpflichtung, aber auch eine Chance für einen jungen Mann, der das Beste geben will, genau wie sein Vater es vor ihm getan hat.

„Das ist mein Erbe“, sagt Hank III und zuckt mit seinen schmalen Schultern, den Schultern, die so sehr an Hank Williams sr. erinnern.